Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 KR 677/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 295/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 5. November 2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagten haben dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Berufung zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Berechtigung des Klägers zur Abgabe und Abrechnung der Leistungen der manuellen Therapie ab dem 2. Quartal 1999 zu Lasten der AOK Bayern und der bayerischen Betriebs- und Innungskrankenkassen.
Der 1957 geborene Kläger erlernte den Beruf eines Masseurs und medizinischen Bademeisters; er besitzt die Erlaubnis der Regierung der Oberpfalz zur Führung dieser Berufsbezeichnungen. Er ist Mitglied im Verband physikalische Therapie (VPT). Mit Bescheid der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern vom 11.07.1996 wurde er in einer Gemeinschaftspraxis ab 01.04.1996 für die Abgabe von Leistungen der physikalischen Therapie zugelassen.
Der Kläger absolvierte mit Erfolg einen Lehrgang dieses Verbandes über die manuelle Therapie (340 Unterrichtseinheiten). Am 16.02.1999 beantragte er bei der Beklagten zu 1) die Erweiterung seiner Zulassung um diese Leistung.
Die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern lehnte namens und im Auftrag der AOK Bayern, des BKK-Landesverbandes Bayern, der Bundesknappschaft, des Funktionellen Landesverbandes der landwirtschaftlichen Krankenkassen und Pflegekassen in Bayern und des Landesverbandes der Innungskrankenkassen in Bayern mit Bescheid vom 10.03.1999 den Antrag ab. Entsprechend den Zulassungsempfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen sei Eingangsvoraussetzung zur Teilnahme am Kurs eine abgeschlossene Berufsausbildung als Physiotherapeut/Krankengymnast. Diese Voraussetzung gelte für alle Weiterbildungen, die nach den 31.12.1995 begonnen wurden. Nach den vorliegenden Unterlagen habe der erste Kursteil im September 1996 stattgefunden.
Der Kläger legte hiergegen am 29.03.1999 Widerspruch ein; der Widerspruch werde sich durch Zeitablauf erledigen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Zuweisung der manuellen Therapie zur Berufsgruppe der Physiotherapeuten in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien beseitigt. Diese Zuweisung sei verfassungsrechtlich unzulässig und mit höherrangigem Recht nicht in Einklang zu bringen.
Die Beklagte zu 1) wies mit dem Widerspruchsbescheid vom 21.10.1999 den Widerspruch zurück. Nach den Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen bezüglich der Zulassungserweiterung für besondere Maßnahmen der physikalischen Therapie, wozu auch die manuelle Therapie gehört, seien aufgrund der Änderungen in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Übergangsregelungen anzuwenden. Danach gelten für Weiterbildungen, die nach dem 31.12.1995 begonnen haben, die Anforderungen an die Teilnehmer gemäß den Gemeinsamen Empfehlungen, d.h. Eingangsvoraussetzung für die Teilnahme an der Weiterbildung sei eine abgeschlossene Berufsausbildung als Physiotherapeut/Krankengymnast. Dem Antrag auf Zulassungserweiterung um die Leistungen der manuellen Therapie könne nicht entsprochen werden. Am 11.10.2000 erging ein ablehnender Widerspruchsbescheid des Landesverbandes der Betriebskrankenkassen für den Bereich der Betriebskrankenkassen. Der Funktionelle Landesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen und Pflegekassen in Bayern wies mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2000 mit der gleichen Begründung wie die Beklagte zu 1) den Widerspruch zurück. Der Landesverband der Innungskrankenkassen wies mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2000 den Widerspruch gleichfalls zurück.
Der Klägerbevollmächtigte hat am 24.11.1999 beim Sozialgericht Landshut Klage gegen den Bescheid vom 10.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der AOK Bayern vom 21.10.1999 erhoben und die Zulassungserweiterung zur Abgabe von Leistungen der manuellen Therapie beantragt. Das SG hat sich mit Beschluss vom 16.08.2000 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht München verwiesen.
Am 27.10.2000 hat der Klägerbevollmächtigte beim Sozialgericht Landshut auch Klage gegen den Bescheid vom 10.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des BKK-Landesverbandes Bayern vom 11.10.2000 erhoben. Das Sozialgericht Landshut hat sich mit Beschluss vom 04.01.2001 wieder für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht München verwiesen.
Am 27.10.2000 hat der Klägerbevollmächtigte beim Sozialgericht München (SG) Klage gegen den Bescheid vom 10.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Innungskrankenkasse Bayern vom 20.10.2000 erhoben.
Das SG hat mit Beschluss vom 02.01.2003 die Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und den Rechtsstreit unter dem Az. S 19 KR 677/00 fortgeführt.
Der Klägerbevollmächtigte hat unter Bezugnahme auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. B. (Universität M.) vom 09.09.2000 und ein medizinisches Gutachten von Prof. Dr. P. , erstattet im Auftrag des Verbandes physikalische Therapie im Oktober 2000, geltend gemacht, die Zuweisung der Leistungen der manuellen Therapie allein zu Physiotherapeuten und Krankengymnasten in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses Ärzte und Krankenkassen verstoße gegen höherrangiges Recht, nämlich gegen die Ermächtigungsnorm im Sozialgesetzbuch V und gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit. Außerdem seien die Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen unbeachtlich. Die Leistungen der manuellen Therapie seien in der Vergangenheit von der Berufsgruppe der Masseure und medizinischen Bademeister und auch von Krankengymnasten und Physiotherapeuten erbracht worden. Die Befähigung zum Erlernen dieser Behandlungsmethoden beruhe auf einer Vor-Ausbildung, die in beiden Berufsgruppen vorhanden sei. Es bestehe aus medizinischer Sicht keinen Grund, einer Berufsgruppe, nämlich den Masseuren und medizinischen Bademeistern die Befähigung zum Erlernen dieser Behandlung abzusprechen bzw. nur der Gruppe der Krankengymnasten und Physiotherapeuten die Möglichkeit zur Ausübung dieser Therapie zu geben. Aus ärztlicher Sicht sei eine Aufsplitterung fachlich nicht nachvollziehbar und im Ergebnis auch nicht sinnvoll.
Die Beklagten haben demgegenüber die Auffassung vertreten, nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen sei eine Zuweisung der manuellen Therapie ausschließlich zu Physiotherapeuten und Krankengymnasten erfolgt. Die Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen haben eine abgeschlossene Berufsausbildung für die Erbringung und Abrechnung der Leistungen in diesen Berufen vorausgesetzt und im Sinne einer Übergangsregelungen als Stichtag für den Beginn der Weiterbildung den 01.01.1996 festgesetzt.
Das SG hat mit Urteil vom 05.11.2003 den Bescheid der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern vom 10.03.1999 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 21.10.1999, 11.10.2000 und 20.10.2000 aufgehoben. Es hat außerdem festgestellt, dass der Kläger berechtigt sei, Leistungen der manuellen Therapie an Versicherte der Beklagten abzugeben und diese Leistungen entsprechend den Verträgen nach § 125 Abs. 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) mit den Beklagten abzurechnen. Es handle sich hier um eine Feststellungsklage der Abrechnungsbefugnis des Klägers. Statusbegründende Verwaltungsakte im Sinne einer Zulassungserweiterung seien unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht erforderlich. Nach den Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V vom 01.08.2000 gehe es um Modalitäten und Bedingungen der Leistungserbringung, die in Verträgen zu regeln seien. In diesen Verträgen sei die Festlegung des Leistungsumfangs im Bereich der Heilmittel durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den Heilmittelrichtlinien zu berücksichtigen. Unter Beachtung dieser Vorgaben könne ein Ausschluss der Masseure und medizinischen Bademeister von der Erbringung und Abrechnung von Leistungen der manuellen Therapie nicht erkannt werden. Ein solcher Ausschluss ergebe sich nicht aus den aktuellen Heilmittelrichtlinien vom 16.10.2000/06.02.2001. Während in den früheren Fassungen dieser Heil- und Hilfsmittelrichtlinien noch eine Zuweisung bestimmter Leistungen zu bestimmten Berufsgruppen durch die Kennzeichnung mit dem Buchstaben "M" für Masseure und "P" für Physiotherapeuten vorgenommen wurde, sei die Zuweisung in der aktuell geltenden Fassung der Heilmittelrichtlinien nicht mehr enthalten. Soweit dort für die Leistung manuelle Therapie eine spezielle Qualifikation im Sinne einer abgeschlossenen Fortbildung erforderlich ist, erfülle der Kläger diese Voraussetzung. Er habe die Weiterbildung in manueller Therapie mit insgesamt 340 Unterrichtseinheiten absolviert und mit Erfolg an der Abschlussprüfung teilgenommen. Auch die Gemeinsamen Empfehlungen stünden einer Abrechnungsbefugnis des Klägers nicht entgegen, da sie schon von dem Erfordernis einer Zulassungserweiterung ausgehen und dementsprechend ausschließlich Zulassungsvoraussetzungen regeln, die hier nicht nötig sind. Die dort geregelte Zuordnung zu den Physiotherapeuten sei unbeachtlich; die berufsspezifische Zuordnung werde nicht von der Ermächtigungsnorm erfasst. Es gehe hierbei nicht um eine Frage der Versorgung, auch nicht der Qualitätssicherung, sondern um eine Ausgestaltung des Berufsbildes der Masseure/medizinischen Bademeister, die den berufsrechtlichen Regelungen vorbehalten ist. Durch die berufsrechtlichen Regelungen, insbesondere im Masseur- und Physiotherapeutengesetz, werde eine entsprechende Zuordnung nicht vorgenommen. Es bestünden erhebliche Zweifel, ob eine solche Zuweisung von Leistungen innerhalb der physikalischen Therapie zu einer Berufsgruppe unter Ausschluss der anderen im Hinblick auf den Gleichheitssatz und das Recht der Berufsfreiheit rechtmäßig ist. Auch die vertraglichen Abrechnungsbestimmungen stünden dem Begehren des Klägers nicht entgegen. Der Rahmenvertrag über die Durchführung von Behandlungen in Massageeinrichtungen, medizinischen Badebetrieben und krankengymnastischen Einrichtungen vom 01.07.1976 i.d.F. vom 01.09.2002 enthalte selbst keinen Ausschluss der vom Kläger begehrten Abrechnungsbefugnis. Schließlich sei zu beachten, dass die Beklagten mit Masseuren/medizinischen Bademeistern, die die Fortbildung zur manuellen Therapie vor dem 01.01.1996 begonnen haben, diese Leistung nach wie vor abrechnen. Es wäre konsequent, wenn die Beklagten auch eine Abrechnung der Leistungen der manuellen Therapie von Masseuren ablehnen, die ihre Weiterbildung hierzu vor dem 01.01.1996 begonnen haben. Das von den Spitzenverbänden der Krankenkassen praktizierte Stichtagsprinzip erscheine im Hinblick auf den Gleichheitssatz willkürlich.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten zu 1) vom 23.12.2003, die auch im Namen der anderen Beklagten eingelegt worden ist. Es bestehe Einigkeit, dass die ablehnenden Bescheide unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG rechtswidrig gewesen sind, deren Aufhebung durch das Urteil werde daher nicht angefochten. Der Feststellungsantrag des Klägers, er sei zur Abgabe und Abrechnung der Leistung der manuellen Therapie berechtigt, sei jedoch unbegründet. Der Kläger könne mit seiner Ausbildung, obwohl er eine Weiterbildung im Bereich manuelle Therapie nachweist, diese Leistungen nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgeben. Die einzelnen Bereiche der physikalischen Therapie seien Inhalt der Ausbildungsberufe Masseur/medizinischer Bademeister einerseits und Physiotherapeut andererseits nach dem Masseur- und Physiotherapeuten-Gesetz. Es gehe dabei um zwei unterschiedliche Ausbildungsberufe. Die Beklagten sähen die Berechtigung zur Abgabe manueller Therapie unabhängig davon, ob eine Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen worden ist, ausschließlich bei Physiotherapeuten. Aus einem Vergleich der Regelungen zur Ausbildung der Masseure/medizinischen Bademeister und Physiotherapeuten ergebe sich, dass die manuelle Therapie schon Bestandteil der Ausbildungsordnung für Physiotherapeuten ist. Im Gegensatz dazu erlernen Masseure/medizinische Bademeister Techniken der manuellen Therapie nicht bereits in der Ausbildung. Schon das Ausbildungsziel lasse eine grundsätzlich andere Ausrichtung beider Berufsgruppen erkennen. Die Ausbildung des Masseurs/medizinischen Bademeisters sei ein Lehrgang, der auf zwei Jahre angelegt ist, und an den sich eine staatliche Prüfung sowie weitere sechs Monate Praxis anschließen. Demgegenüber sei die Ausbildung des Physiotherapeuten auf 3 Jahre ausgerichtet und in Theorie, praktischen Unterricht und praktische Ausbildung gegliedert. Es gebe noch weitere unterschiedliche Voraussetzungen für die Ausbildung. Insbesondere sei zu beachten, dass die Physiotherapeuten in der Krankengymnastik (u.a. manuelle Therapie) 500 Stunden ausgebildet werden, während bei Masseuren die manuelle Therapie nicht zur Ausbildung gehört. Nach der gesetzlichen Regelung des SGB V seien die Inhalte der Rahmenempfehlungen nur beispielhaft aufgezählt; es sei also nicht erforderlich, dass die Zuweisung einer bestimmten Therapieart zu einer entsprechend kompetenten Berufsgruppe ausdrücklich als Regelungsinhalt der Rahmenempfehlungen genannt wird. Die Vertragspartner des Rahmenvertrages seien sich einig gewesen, dass die Rahmenempfehlungen mit vollständigem Inhalt Gegenstand des Rahmenvertrages werden sollten. Das SG übersehe, dass auch der einschlägige Rahmenvertrag nach § 125 Abs. 2 SGB V eine Abrechnungsbefugnis manuelle Therapie für die Berufsgruppe Masseure/medizinische Bademeister ausgeschlossen habe. Bestandteil des Rahmenvertrages sei gemäß § 6 als Anlage 2 die Vergütungsvereinbarung; darin finde sich die vertragliche Vereinbarung, dass die Leistung manuelle Therapie nicht von Masseuren/medizinischen Bademeistern durchführbar und abrechenbar ist. Der bayerische Rahmenvertrag berücksichtige insofern bereits seit langem die Rechtsprechung des BSG, wonach die Krankenkassen im Sinne der Qualitätssicherung eine spezielle Qualifikation fordern können und die so definierten Modalitäten für die Abrechnung mit den Verbänden der Leistungserbringer zu vereinbaren haben. Entgegen dem SG sei bei Änderung rechtlicher Voraussetzungen und Möglichkeiten eine Übergangsfrist mit Stichtagsregelung verfassungsrechtlich geboten.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.11.2003 in Ziff. 2) und 3) aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es sei willkürlich, ausschließlich Physiotherapeuten die Leistung der manuellen Therapie zu gestatten, obwohl Masseure und medizinische Bademeister bis zum genannten Stichtag über mehr als ein Jahrzehnt hinaus bewiesen haben, dass sie diese Leistung ebenso zu erbringen in der Lage sind. Die Masseure und medizinischen Bademeister, die unter den Besitzstandsschutz fallen, könnten auch heute noch die manuelle Therapie gegenüber Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen erbringen und abrechnen. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt des Berufswahl- und Berufsausübungsrechts seien Maßnahmen der Beklagten zulässig, mit denen der Kläger von der Ausübung der manuellen Therapie ausgeschlossen sein sollte. Die Beklagten würden die Bedeutung des Rechts der Berufsfreiheit übersehen. Nach der Rechtsprechung des BSG können die von der Nachfragemacht der Krankenkassen ausgehenden Wirkungen einer Beeinträchtigung der Berufsauswahl sehr nahe kommen. Masseure und medizinische Bademeister einerseits und Physiotherapeuten andererseits hätten in den Grundfächern, auf die die manuelle Therapie aufbaut, nämlich in der Anatomie, der allgemeinen und speziellen Krankheitslehre die gleiche Anzahl von Unterrichtsstunden. Auch habe der Sachverständige Prof. Dr. P. festgestellt, dass Masseure in besonderem Maße für die Ausübung der manuellen Therapie qualifiziert sind.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Im Streit steht im vorliegenden Fall die Befugnis des Klägers zur Erbringung und Abrechnung von Leistungen der manuellen Therapie ab dem 2. Quartal 1999 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich der AOK Bayern, der Bayerischen Betriebskrankenkassen und der Innungskrankenkassen Bayern. Da die Beklagten bis zuletzt diese Abrechnungsbefugnis des Klägers bestreiten, ist das für die hier einschlägige Feststellungsklage vorausgesetzte Feststellungsinteresse gegeben (§ 55 Abs. 1 SGG). Das vorliegende Verfahren betrifft somit nicht die im Verwaltungsverfahren beteiligten landwirtschaftlichen Krankenkassen und die Bundesknappschaft.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die vom Kläger in Anspruch genommene Ausbildungsstätte "Verband Physikalische Therapie" eine Ausbildungsstätte ist, deren Ausbildungen grundsätzlich von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannt werden. Unstreitig ist ferner zwischen den Beteiligten, dass die angefochtenen Bescheide, soweit sie von einer Erweiterung der Zulassung des Klägers für die Erbringung und Abrechnung der manuellen Therapie ausgehen, rechtswidrig sind. Dies wird von den Beklagten auch im Schriftsatz vom 29.04.2004 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eingeräumt. Mit Urteil vom 24.07.2003 (SozR 4-2500 § 124 Nr. 1) hat das BSG entschieden, dass die Frage, ob ein zugelassener Leistungserbringer eine von bestimmten Qualifikationen abhängige Leistung (Zertifikatsposition) im Heilmittelbereich zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen und abrechnen darf (Abrechnungsbefugnis), vertraglicher Art ist und nicht durch Verwaltungsakt der Krankenkasse zu regeln ist. Es handelt sich hierbei um Modalitäten und Bedingungen der Leistungserbringung, die in Rahmenverträgen nach § 125 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) zu regeln ist. Die leistungsspezifische Abrechnungsbefugnis betrifft nicht die Zulassung als solche. Die Zulassung nach § 124 SGB V verleiht das Recht für Leistungserbringer, in einem bestimmten Bereich (z. B. Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie), Versicherte der die Zulassung aussprechenden Krankenkassen auf Kosten dieser Kassen zu behandeln (§ 124 Abs. 5 Satz 2 SGB V). Der Kläger ist aufgrund des Bescheides vom 11.07.1996 ab 01.04.1996 für die Abgabe von Leistungen der physikalischen Therapie zugelassen, wozu auch nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des (Gemeinsamen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen die manuelle Therapie zählt.
Wie das BSG in dieser Entscheidung weiter ausgeführt hat, ist die Rechtsgrundlage des Begehrens, bestimmte Leistungen der physikalischen Therapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen und abzurechnen, § 125 Abs. 2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit dem daraufhin abgeschlossen Rahmenvertrag sowie den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des (Gemeinsamen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Demgegenüber verleiht die Zulassung einen besonderen Status, besagt aber nichts darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen berufsrechtlich erlaubte Leistungen auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht und abgerechnet werden dürfen.
Unabhängig davon, dass gemäß § 124 Abs. 1 SGB V Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden dürfen, geht es hier um spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten für die Erbringung und Abrechnung bestimmter Leistungen der physikalischen Therapie und im weiteren darum, ob eine Berufsgruppe von Heilmittelerbringern, die bisher die manuelle Therapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen und abrechnen durfte, durch Zuweisung der Leistungserbringung an eine andere Berufsgruppe der Heilmittelerbringer von der Leistungserbringung durch untergesetzliche Normen ausgeschlossen werden darf.
Diese untergesetzlichen Normen sind die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des (Gemeinsamen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V, die gemeinsamen Rahmenempfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V, die die Richtlinien zu beachten haben, und die Rahmenverträge der Landesverbände der Krankenkassen mit den Leistungserbringern bzw. deren Verbände (§ 125 Abs. 2 SGB V), die auf die o.g. Rahmenempfehlungen Bezug nehmen.
Gegenstand der einheitlichen und gemeinsamen Rahmenempfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer sind nach § 125 Abs. 1 Satz 4 SGB V insbesondere: 1. Inhalt der einzelnen Heilmittel einschließlich Umfang und Häufigkeit ihrer Anwendungen, 2. Maßnahmen zur Fortbildung und Qualitätssicherung, 3. die Zusammenarbeit mit dem verordnenden Vertragsarzt, 4. Maßnahmen der Wirtschaftlichkeit und 5. Vorgaben für Vergütungsstrukturen. Unter Berücksichtigung dieser Rahmenempfehlungen schließen z.B. die Landesverbände der Krankenkassen mit Wirkung für die Mitgliedskassen Verträge mit Leistungserbringern oder mit deren Verbänden über die Einzelheiten der Versorgung mit Heilmitteln, über die Preise, deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung. Somit ist die Abrechnungsbefugnis einzelner Leistungen unter der Voraussetzung spezieller beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten eine Angelegenheit der Modalitäten und Bedingungen der Leistungserbringung, die Gegenstand der gemeinsamen Rahmenempfehlungen sein können. Das BSG hat in der Entscheidung vom 24.07.2003 (a.a.O.) und in der Entscheidung vom 22.07.2004 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 2) insoweit keine Bedenken getragen und in der letztgenannten Entscheidung auch die Regelung von Weiterbildungsvoraussetzungen für die Leistungen der manuellen Therapie in den Heilmittelrichtlinien und Landesverträgen zugelassen. Es hat hier außerdem für Recht erkannt, dass das Erfordernis der Weiterbildung im Bereich der manuellen Therapie zwecks Sicherung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung für einen zugelassenen Physiotherapeuten eine durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigte, zumutbare Einschränkung der Berufsausübung (Art. 12 Grundgesetz ) darstellt.
Der vorliegende Fall liegt jedoch insofern anders, als die Beklagten unter Berufung auf Vorschriften in den Heilmittelrichtlinien, Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen und auf die Rahmenverträge einen Teil der bisher zur Erbringung und Abrechnung befugten Berufsgruppe trotz der neu erworbenen Weiterbildung über eine Stichtagsregelung von der Leistungserbringung ausschließen. In diesem Fall geht es nicht mehr um eine Regelung der Berufsausübung, sondern um eine Regelung, die einem Eingriff in das Recht der Berufswahl gleichkommt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sehen die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien in den einschlägigen Fassungen nicht durchweg vor, dass die Leistungen der manuellen Therapie nur den Physiotherapeuten/Krankengymnasten vorbehalten sind und dass von der Erbringung und Abrechnung dieser Leistungen Masseure und medizinische Bademeister ausgeschlossen sind. In den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in der Neufassung vom 17.06.1992, geändert durch Beschluss vom 09.03.1993, war in Abschnitt B Nr. 38 die Leistung manuelle Therapie aufgenommen und definiert als Behandlung von Gelenkblockierungen und ihrer muskulären, reflektorischen Fixierung durch gezielte (impulslose) Mobilisation oder durch Anwendung von Weichteiltechniken. Zur Abrechnung berechtigt waren die Berufsgruppen der Masseure und der Physiotherapeuten. Nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in der Fassung vom 17.06.1992, geändert am 14.02.1995 hingegen (Abschnitt B. Maßnahmen der physikalischen Therapie, Nr. 33.3) sind Maßnahmen der physikalischen Therapie, soweit sie nicht von Vertragsärzten durchgeführt werden, Aufgabe von Therapeuten, die durch die Landesverbände der Krankenkassen und Verbände der Ersatzkassen gemäß § 214 Abs. 2 SGB V zugelassen sind. Die Erbringung dieser Leistungen erfolgte durch die Berufsgruppen der Masseure, Masseure und medizinischen Bademeister sowie Physiotherapeuten/Krankengymnasten. Speziell für die manuelle Therapie, als eine Maßnahme der Krankengymnastik bestand ein Vorbehalt zu Gunsten der Physiotherapeuten/Krankengymnasten unter der Voraussetzung einer zusätzlichen, abgeschlossenen Weiterbildung. Eine entsprechende Regelung enthielten die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien vom 17.06.1992, geändert am 18.02.1998 in B. Maßnahmen der physikalischen Therapie, Nr.35.2.4.
In den Heilmittelrichtlinien vom 16.10.2000/06.02.2001 ist in Abschnitt III. Maßnahmen der physikalischen Therapie, Nr.17 geregelt, dass für bestimmte Maßnahmen spezielle Qualifikationen erforderlich sind, die über die im Rahmen der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgehen. Derartige Maßnahmen, für deren Durchführung eine zusätzliche, abgeschlossenen Weiterbildung/Fortbildung erforderlich ist, sind mit einem -) gekennzeichnet. Dies betrifft auch gemäß Nr. 17.2.7 die manuelle Therapie.
Die Heilmittel-Richtlinien vom 01.12.2003/16.03.2004 regeln in Abschnitt III. A. Maßnahmen der physikalischen Therapie, Nr. 17.A. gleichfalls, dass für bestimmte Maßnahmen der physikalischen Therapie spezielle Qualifikationen notwendig sind, die über die im Rahmen der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgehen. Solche Maßnahmen, für deren Durchführung eine zusätzliche, abgeschlossene Weiterbildung/Fortbildung erforderlich ist, sind mit einem -) gekennzeichnet. Hierzu gehört gemäß Nr. 17. A. 2.7 auch die manuelle Therapie. Das heißt, dass die neueren Heilmittel-Richtlinien eine Zuordnung der manuellen Therapie zu einer bestimmten Berufsgruppe nicht mehr vorgenommen haben, sondern lediglich eine spezielle Fortbildung bzw. Weiterbildung voraussetzen, die über die im Rahmen der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgeht. Da auch keine näheren Angaben zu den erforderlichen Qualifikationsnachweisen gemacht werden, können die Beklagten sich hier insoweit nicht mit Recht auf die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien berufen.
Die Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 124 Abs.4 SGB V vom 29.05.1995 zu der einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs.4 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistung an Versicherte abgegeben werden, enthielten in Abschnitt III. Krankengymnasten/Physiotherapeuten in den Nrn.1.1, 4. und 4.2. einen Zulassungsvorbehalt für die Berufsgruppe der Krankengymnasten und Physiotherapeuten sowie folgende Stichtagsregelung: Weiterbildungen, die nach dem 31.12.1995 beginnen, können nur anerkannt werden und zu einer Zulassungserweiterung führen, soweit diese den nachfolgenden Anforderungen entsprechen und in Weiterbildungsstätten durchgeführt werden, die in den maßgeblichen Anlagen 1 bis 7 aufgeführt sind. Gleiches gilt für die Kursabschnitte bereits begonnener Weiterbildungen, die nach dem 31.12.1995 durchgeführt werden. Die Gemeinsamen Empfehlungen vom 26.08.1996, 26.07.2000 und 19.04.2001 regelten gleichfalls die Zuordnung der manuellen Therapie zu der Berufsgruppe der Physiotherapeuten und setzten eine Erweiterung und Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten in einer speziellen Weiterbildung in einem Kurssystem voraus. Auch die Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gem. § 125 Abs.1 SGB V über eine einheitliche Versorgung mit Heilmitteln zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene vom 01.08.2001 enthalten in der Anlage 3 vom 17.01.2005 unter dem Abschnitt 2. manuelle Therapie ebenso eine Zuordnung zu der Berufsgruppe der Physiotherapeuten und das Erfordernis einer speziellen Weiterbildung in einem Kurssystem.
In dem Rahmenvertrag über die Durchführung von Behandlungen in Massageeinrichtungen, medizinischen Badebetrieben und krankengymnastischen Einrichtungen zum 01.07.1976, der unter anderem zwischen dem Verband physikalische Therapie, Vereinigung für die physiotherapeutischen Berufe (VPT) e.V. Landesgruppe Bayern einerseits und dem AOK-Landesverband Bayern, dem BKK-Landesverband Bayern und dem Landesverband der Innungskrankenkassen in Bayern geschlossen wurde, ist in der Anlage 4 eine Vergütungsvereinbarung enthalten, die unter § 1 VIII. Manuelle Therapie in der "Position X 1201 manuelle Therapie" eine Leistungserbringung durch Krankengymnasten/Physiotherapeuten mit dem Hinweis vorsieht, dass ein abgeschlossener anerkannter Weiterbildungslehrgang entsprechend den Zulassungsempfehlungen nachzuweisen ist. Im Rahmenvertrag vom 01.07.1976 in den Fassungen vom 01.10.2001 und 01.09.2002 ist bei diesen Leistungspositionen der Zusatz angebracht: Besitzstandswahrung für Altfälle. Die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene abgeschlossenen Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V i.d.F. vom 01.08.2001 über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln sind danach zu beachten, soweit sich aus diesem Vertrag nichts Abweichendes ergibt. Eine gleichlautende Regelung enthält auch die Fassung des Rahmenvertrags vom 01.09.2002.
Soweit der Kläger durch diese untergesetzlichen Vorschriften von der Erbringung und Abrechnung der manuellen Therapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen wird, verstoßen diese Regelungen gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Bei den die Erbringungs- und Abrechnungsbefugnis des Klägers einschränkenden Regelungen der Heilmittelrichtlinien, Gemeinsamen Empfehlungen und des Landesvertrags handelt es sich um untergesetzliche Normen, die nur gültig sind, wenn sie mit höherrangigem Recht zu vereinbaren sind. Während nach der früheren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen als Erfahrungssätze angesehen wurden, die unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse generalisierende Aussagen über die Effektivität und Effizienz einzelner Untersuchungs- und Behandlungsmethoden treffen, die im Einzelfall widerlegt werden konnten (BSG vom 05.05.1988, BSGE 63, 163), hat das BSG in der neueren Rechtsprechung unter Bezugnahme auf § 92 Abs. 7 SGB V (nunmehr Abs. 8) den Richtlinien als gesetzlichen Bestandteil der Bundesmantelverträge die gleiche Rechtsnormqualität wie diesen zugemessen. Dabei entfalten die Richtlinien ihre normative Wirkung nicht nur gegenüber den Partnern der Bundesmantelverträge und der Gesamtverträge, sondern auch gegenüber den Versicherten (BSG vom 20.03.1996 SozR 3-2500 § 92 Nr.6). Die Gemeinsamen Empfehlungen im Sinne des § 125 Abs. 1 SGB V sind als kollektive Verständigung von Trägern der Krankenversicherung zu sehen, in denen Erfahrung, Sachverstand und unter Umständen auch gegenläufige Interessen zusammengeführt werden. Diese Gemeinsamen (Rahmen)empfehlungen nehmen faktisch Einfluss auf die Landesverträge bezüglich des Inhalts der einzelnen Heilmittel, der Maßnahmen der Qualitätssicherung und Einzelheiten der Versorgung, somit mittelbar auch auf die Rechte und Pflichten der einzelnen Leistungserbringer. Zweck dieser Gemeinsamen Rahmenempfehlungen ist, die Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln einschließlich der Preisgestaltung und Abrechnung möglichst einheitlich zu regeln. Die Rahmenempfehlungen sollen im Hinblick auf den engen sachlichen Zusammenhang mit den Heilmittelrichtlinien des (Gemeinsamen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen unter deren Berücksichtigung erarbeitet und abgegeben werden. Anders als die Richtlinien haben die Rahmenempfehlungen selbst weder normative Wirkung noch verwaltungsinterne Verbindlichkeit gegenüber den regionalen Vertragsparteien. Diese Wirkung entsteht durch die Verweisung in den Landesverträgen auf die Empfehlungen.
Bei den Verträgen nach § 125 Abs. 2 SGB V handelt es sich um öffentlich-rechtliche Rahmenverträge, die die allgemeinen Bedingungen und Modalitäten der Leistungserbringung festlegen. Sie binden die Vertragsparteien, also die den Landesverbänden angeschlossen Krankenkassen und die vertragschließenden Berufsverbände und die Mitglieder der Berufsverbände bzw. Berufsangehörige, die einen Verpflichtungsschein unterzeichnet haben und denen die Zulassung erteilt worden ist (z.B. Rahmenvertrag vom 01.07.1976 i.d.F. vom 01.09.2002, § 1).
Die in diesen untergesetzliche Normen enthaltenen Einschränkungen der Leistungserbringung und Abrechnungsbefugnis zu Lasten des Klägers greifen in dessen Recht der Berufsfreiheit ein (Art. 12 Abs. 1 GG). Danach haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden. Dieses Recht gliedert sich in die freie Berufswahl und freie Berufsausübung. Durch die Berufsausübung wird die gesamte berufliche Tätigkeit geschützt, insbesondere Form, Mittel und Umfang sowie Inhalt der Betätigung. Zum Recht der Berufswahl gehört auch der Entschluss, den Beruf zu wechseln oder die berufliche Betätigung völlig zu beenden. Eine Beschränkung der Berufswahl liegt nicht nur dann vor, wenn die Zulassung zu einem Beruf oder oder der Entzug der Zulassung geregelt wird. Auch bloße Ausübungsregelungen können derart gravierend sein, dass sie die Berufsangehörigen zur Berufsaufgabe zwingen. Eine solche Regelung muss die Bedingungen einer Berufswahlbeschränkung erfüllen, vorausgesetzt, der Zwang zur Berufsaufgabe tritt nicht nur in Einzelfällen auf. In Zweifelsfällen ist von einem Grenzfall zwischen einer Berufswahl- und einer Berufsausübungsbeschränkungen auszugehen, mit der Folge, dass auch die Anforderungen entsprechend anzusetzen sind. Die Einstufung als Berufswahl- oder Berufsausübungsbeschränkung hängt auch davon ab, ob die Ausübung eines Berufs oder eine bloße Berufsmodalität ausgeschlossen wird. Auch die Auferlegung von Berufspflichten und die Beschränkung der Berufsausübung kann sich im Ergebnis als eine Beschneidung des freien Berufszugangs erweisen und muss den Gründen genügen, die die Einschränkung der Berufswahl rechtfertigen können. Die Differenzierung ist von Bedeutung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Einschränkung der Berufsfreiheit. Eingriffe in die freie Berufstätigkeit bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, die die wesentlichen Maßgaben der Einschränkung des Grundrechts mit hinreichender Bestimmtheit regelt. Sachlich sind die gesetzlichen Grundlagen nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie inhaltlich durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und wenn sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, wenn also das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist und in einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist. Sofern die Einschränkung die Wahl des Berufs beeinträchtigt, bestehen nach der sog. Stufenlehre strengere Anforderungen, insbesondere muss der Eingriff durch überragende Gründe des Gemeinwohls zwingend geboten sein. Das Gewicht eines eine Einschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigenden öffentlichen Interesses muss um so schwerer sein, je einschneidender es sich auf die freie Wahl des Berufs auswirkt. Ferner ist auch der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in dem Sinne zu beachten, dass das Grundrecht verletzt ist, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.
Die Einschränkung der Berufsfreiheit setzt aufgrund des Gesetzesvorbehalts außerdem voraus, dass der Gesetzgeber die für die Berufstätigkeit wesentlichen Bestimmungen selbst treffen muss (Wesentlichkeitsgrundsatz); zur Setzung autonomen Rechts darf sich der Gesetzgeber seiner Rechtsetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluss auf den Inhalt der von anderen Normgebern zu erlassenden Normen nicht gänzlich aufgeben. Dies gilt umso mehr, je intensiver der Eingriff in die freie berufliche Betätigung ist. Dabei ist auch der Bestimmtheitsgrundsatz zu beachten.
Die gesetzliche Ermächtigung für die Gemeinsamen Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V enthält keine Grundlage für eine Einschränkung der Berufswahl beziehungsweise Berufsausübung in dem Sinn, dass bestimmte Leistungen nur bestimmten nichtärztlichen Therapeuten vorbehalten werden dürfen und umgekehrt eine andere Gruppe von Therapeuten von der Leistungserbringung ausgeschlossen werden darf. Die Gemeinsamen Rahmenempfehlungen können nicht den Zugang bestimmter Berufsgruppen zur Erbringung der manuellen Therapie begrenzen, sofern die Angehörigen dieser Berufsgruppen die gesetzlich vorgeschriebene Befähigung, Ausbildung und Sachkunde haben. Eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung für berufsregelnde Festlegungen enthält auch nicht § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V für die Heilmittelrichtlinien des (Gemeinsamen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Dieser Auffassung ist offensichtlich auch der Bundesausschuss, da in den neueren Fassungen der Heilmittelrichtlinien von der Zuordnung der manuellen Therapie zu einer bestimmten Berufsgruppe nicht mehr die Rede ist, sondern nur noch von einer speziellen Qualifikation, die über die im Rahmen der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgeht, also nur noch von einer zusätzlichen abgeschlossenen Weiterbildung/Fortbildung.
Es liegen überdies keine, die Einschränkung der Tätigkeit des Klägers rechtfertigenden Gründe im Sinne einer subjektiven Berufswahlbeschränkung vor. Subjektive Berufswahlbeschränkungen können auch in der Festsetzung zusätzlicher Kenntnisse und Fähigkeiten bestehen; sie dürfen allerdings nicht außer Verhältnis zu der damit verbundenen Tätigkeit stehen. Es handelt sich hier um eine wesentliche Beschränkung, weil der Kläger und andere von der Abrechnungsbefugnis ausgeschlossene Masseure die Leistungen nur noch bei Privatpatienten erbringen können, aber nicht mehr bei dem wesentlich größeren Kreis der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen. Eine derartige berufliche Einschränkung muss, wie bereits dargestellt wurde, durch überragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und den rechtlichen Anforderungen des Gleichheitssatzes und der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dies ist nicht der Fall, auch wenn die Volksgesundheit und ein leistungsfähiges System der Krankenversicherung derartig überragend wichtige Gemeinschaftsgüter sind und einem (untergesetzlichen) Normgeber ein gewisser Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. Durch die Leistungserbringungs- und Abrechnungsbefugnis der manuellen Therapie durch Masseure werden diese Gemeinschaftsgüter nicht verletzt, da vor der Rechtsänderung diese Berufsgruppe die Leistung auch nach Auffassung der Krankenkassen im allgemeinen einwandfrei erbracht hat und die von der Stichtagsregelung nicht ausgeschlossene Berufsgruppe die streitigen Leistungen weiterhin erbringen und abrechnen darf. Bedenken bezüglich der fachlichen Eignung und Befähigung dieser Berufsgruppe gab es offensichtlich früher nicht. Gesetzlicher Maßstab für den Leistungsstandard der Leistungserbringer ist § 70 SGB V, wonach die Krankenkassen und die Leistungserbringer eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten haben. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang mit Recht wie die von der Stichtagsregelung nicht betroffene Gruppe der Masseure auf seine abgeschlossene Berufsausbildung, Zulassung zur Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie und auf die spezielle abgeschlossene Fortbildung im Bereich der manuellen Therapie berufen.
Die ausschließliche Zuordnung der manuellen Therapie zu der Berufsgruppe der Physiotherapeuten ist auch unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art.3 Abs.1 GG) nicht gerechtfertigt, der einer ungleichen Behandlung von wesentlich Gleichem entgegensteht, falls nicht sachliche Differenzierungsgründe vorliegen. Es sind hier keine sachlichen Gründe ersichtlich, weshalb nunmehr der Berufsgruppe der Masseure die Befähigung zu dieser Leistung abzusprechen ist. Denn die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis in beiden Berufsgruppen hängen von der Ableistung der vorgeschriebenen Ausbildung und dem Bestehen der staatlichen Prüfung, der Zuverlässigkeit und gesundheitlichen Geeignetheit für die Berufsausübung ab (§ 2 Masseur- und Physiotherapeutengesetzt). Zwar beträgt die Ausbildungszeit bei Masseuren und medizinischen Bademeistern zwei Jahre, während bei den Physiotherapeuten die Ausbildung drei Jahre dauert. Der Kläger hat sich aber die speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten für die manuelle Therapie in einem Lehrgang einer Einrichtung seines Berufsverbandes, der Partner des Rahmenvertrags ist, in 340 Stunden angeeignet. Er hat also die Weiterbildung in der manuellen Therapie erfolgreich absolviert und damit die erforderlichen zusätzlichen, über die Berufsausbildung hinausgehenden Kenntnisse und Fähigkeiten erworben. Damit bestehen keine Zweifel an seiner grundsätzlichen fachlichen Befähigung für die Leistung der manuellen Therapie.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1, 4 i.V.m. § 184 SGG. § 197 a SGG gilt nicht, da das Verfahren vor dem 02.01.2002 rechtshängig wurde. Für vorher rechtshängige Verfahren gilt für alle Instanzen noch § 183 SGG in der früheren Fassung, auch wenn das Rechtsmittel erst nach dem 01.01.2002 eingelegt wurde (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Sechstes SGG-Änderungsgesetz). Damit fallen Gerichtskosten nicht an.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG).
II. Die Beklagten haben dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Berufung zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Berechtigung des Klägers zur Abgabe und Abrechnung der Leistungen der manuellen Therapie ab dem 2. Quartal 1999 zu Lasten der AOK Bayern und der bayerischen Betriebs- und Innungskrankenkassen.
Der 1957 geborene Kläger erlernte den Beruf eines Masseurs und medizinischen Bademeisters; er besitzt die Erlaubnis der Regierung der Oberpfalz zur Führung dieser Berufsbezeichnungen. Er ist Mitglied im Verband physikalische Therapie (VPT). Mit Bescheid der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern vom 11.07.1996 wurde er in einer Gemeinschaftspraxis ab 01.04.1996 für die Abgabe von Leistungen der physikalischen Therapie zugelassen.
Der Kläger absolvierte mit Erfolg einen Lehrgang dieses Verbandes über die manuelle Therapie (340 Unterrichtseinheiten). Am 16.02.1999 beantragte er bei der Beklagten zu 1) die Erweiterung seiner Zulassung um diese Leistung.
Die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern lehnte namens und im Auftrag der AOK Bayern, des BKK-Landesverbandes Bayern, der Bundesknappschaft, des Funktionellen Landesverbandes der landwirtschaftlichen Krankenkassen und Pflegekassen in Bayern und des Landesverbandes der Innungskrankenkassen in Bayern mit Bescheid vom 10.03.1999 den Antrag ab. Entsprechend den Zulassungsempfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen sei Eingangsvoraussetzung zur Teilnahme am Kurs eine abgeschlossene Berufsausbildung als Physiotherapeut/Krankengymnast. Diese Voraussetzung gelte für alle Weiterbildungen, die nach den 31.12.1995 begonnen wurden. Nach den vorliegenden Unterlagen habe der erste Kursteil im September 1996 stattgefunden.
Der Kläger legte hiergegen am 29.03.1999 Widerspruch ein; der Widerspruch werde sich durch Zeitablauf erledigen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Zuweisung der manuellen Therapie zur Berufsgruppe der Physiotherapeuten in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien beseitigt. Diese Zuweisung sei verfassungsrechtlich unzulässig und mit höherrangigem Recht nicht in Einklang zu bringen.
Die Beklagte zu 1) wies mit dem Widerspruchsbescheid vom 21.10.1999 den Widerspruch zurück. Nach den Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen bezüglich der Zulassungserweiterung für besondere Maßnahmen der physikalischen Therapie, wozu auch die manuelle Therapie gehört, seien aufgrund der Änderungen in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Übergangsregelungen anzuwenden. Danach gelten für Weiterbildungen, die nach dem 31.12.1995 begonnen haben, die Anforderungen an die Teilnehmer gemäß den Gemeinsamen Empfehlungen, d.h. Eingangsvoraussetzung für die Teilnahme an der Weiterbildung sei eine abgeschlossene Berufsausbildung als Physiotherapeut/Krankengymnast. Dem Antrag auf Zulassungserweiterung um die Leistungen der manuellen Therapie könne nicht entsprochen werden. Am 11.10.2000 erging ein ablehnender Widerspruchsbescheid des Landesverbandes der Betriebskrankenkassen für den Bereich der Betriebskrankenkassen. Der Funktionelle Landesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen und Pflegekassen in Bayern wies mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2000 mit der gleichen Begründung wie die Beklagte zu 1) den Widerspruch zurück. Der Landesverband der Innungskrankenkassen wies mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2000 den Widerspruch gleichfalls zurück.
Der Klägerbevollmächtigte hat am 24.11.1999 beim Sozialgericht Landshut Klage gegen den Bescheid vom 10.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der AOK Bayern vom 21.10.1999 erhoben und die Zulassungserweiterung zur Abgabe von Leistungen der manuellen Therapie beantragt. Das SG hat sich mit Beschluss vom 16.08.2000 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht München verwiesen.
Am 27.10.2000 hat der Klägerbevollmächtigte beim Sozialgericht Landshut auch Klage gegen den Bescheid vom 10.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des BKK-Landesverbandes Bayern vom 11.10.2000 erhoben. Das Sozialgericht Landshut hat sich mit Beschluss vom 04.01.2001 wieder für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht München verwiesen.
Am 27.10.2000 hat der Klägerbevollmächtigte beim Sozialgericht München (SG) Klage gegen den Bescheid vom 10.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Innungskrankenkasse Bayern vom 20.10.2000 erhoben.
Das SG hat mit Beschluss vom 02.01.2003 die Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und den Rechtsstreit unter dem Az. S 19 KR 677/00 fortgeführt.
Der Klägerbevollmächtigte hat unter Bezugnahme auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. B. (Universität M.) vom 09.09.2000 und ein medizinisches Gutachten von Prof. Dr. P. , erstattet im Auftrag des Verbandes physikalische Therapie im Oktober 2000, geltend gemacht, die Zuweisung der Leistungen der manuellen Therapie allein zu Physiotherapeuten und Krankengymnasten in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses Ärzte und Krankenkassen verstoße gegen höherrangiges Recht, nämlich gegen die Ermächtigungsnorm im Sozialgesetzbuch V und gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit. Außerdem seien die Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen unbeachtlich. Die Leistungen der manuellen Therapie seien in der Vergangenheit von der Berufsgruppe der Masseure und medizinischen Bademeister und auch von Krankengymnasten und Physiotherapeuten erbracht worden. Die Befähigung zum Erlernen dieser Behandlungsmethoden beruhe auf einer Vor-Ausbildung, die in beiden Berufsgruppen vorhanden sei. Es bestehe aus medizinischer Sicht keinen Grund, einer Berufsgruppe, nämlich den Masseuren und medizinischen Bademeistern die Befähigung zum Erlernen dieser Behandlung abzusprechen bzw. nur der Gruppe der Krankengymnasten und Physiotherapeuten die Möglichkeit zur Ausübung dieser Therapie zu geben. Aus ärztlicher Sicht sei eine Aufsplitterung fachlich nicht nachvollziehbar und im Ergebnis auch nicht sinnvoll.
Die Beklagten haben demgegenüber die Auffassung vertreten, nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen sei eine Zuweisung der manuellen Therapie ausschließlich zu Physiotherapeuten und Krankengymnasten erfolgt. Die Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen haben eine abgeschlossene Berufsausbildung für die Erbringung und Abrechnung der Leistungen in diesen Berufen vorausgesetzt und im Sinne einer Übergangsregelungen als Stichtag für den Beginn der Weiterbildung den 01.01.1996 festgesetzt.
Das SG hat mit Urteil vom 05.11.2003 den Bescheid der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern vom 10.03.1999 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 21.10.1999, 11.10.2000 und 20.10.2000 aufgehoben. Es hat außerdem festgestellt, dass der Kläger berechtigt sei, Leistungen der manuellen Therapie an Versicherte der Beklagten abzugeben und diese Leistungen entsprechend den Verträgen nach § 125 Abs. 2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) mit den Beklagten abzurechnen. Es handle sich hier um eine Feststellungsklage der Abrechnungsbefugnis des Klägers. Statusbegründende Verwaltungsakte im Sinne einer Zulassungserweiterung seien unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht erforderlich. Nach den Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V vom 01.08.2000 gehe es um Modalitäten und Bedingungen der Leistungserbringung, die in Verträgen zu regeln seien. In diesen Verträgen sei die Festlegung des Leistungsumfangs im Bereich der Heilmittel durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den Heilmittelrichtlinien zu berücksichtigen. Unter Beachtung dieser Vorgaben könne ein Ausschluss der Masseure und medizinischen Bademeister von der Erbringung und Abrechnung von Leistungen der manuellen Therapie nicht erkannt werden. Ein solcher Ausschluss ergebe sich nicht aus den aktuellen Heilmittelrichtlinien vom 16.10.2000/06.02.2001. Während in den früheren Fassungen dieser Heil- und Hilfsmittelrichtlinien noch eine Zuweisung bestimmter Leistungen zu bestimmten Berufsgruppen durch die Kennzeichnung mit dem Buchstaben "M" für Masseure und "P" für Physiotherapeuten vorgenommen wurde, sei die Zuweisung in der aktuell geltenden Fassung der Heilmittelrichtlinien nicht mehr enthalten. Soweit dort für die Leistung manuelle Therapie eine spezielle Qualifikation im Sinne einer abgeschlossenen Fortbildung erforderlich ist, erfülle der Kläger diese Voraussetzung. Er habe die Weiterbildung in manueller Therapie mit insgesamt 340 Unterrichtseinheiten absolviert und mit Erfolg an der Abschlussprüfung teilgenommen. Auch die Gemeinsamen Empfehlungen stünden einer Abrechnungsbefugnis des Klägers nicht entgegen, da sie schon von dem Erfordernis einer Zulassungserweiterung ausgehen und dementsprechend ausschließlich Zulassungsvoraussetzungen regeln, die hier nicht nötig sind. Die dort geregelte Zuordnung zu den Physiotherapeuten sei unbeachtlich; die berufsspezifische Zuordnung werde nicht von der Ermächtigungsnorm erfasst. Es gehe hierbei nicht um eine Frage der Versorgung, auch nicht der Qualitätssicherung, sondern um eine Ausgestaltung des Berufsbildes der Masseure/medizinischen Bademeister, die den berufsrechtlichen Regelungen vorbehalten ist. Durch die berufsrechtlichen Regelungen, insbesondere im Masseur- und Physiotherapeutengesetz, werde eine entsprechende Zuordnung nicht vorgenommen. Es bestünden erhebliche Zweifel, ob eine solche Zuweisung von Leistungen innerhalb der physikalischen Therapie zu einer Berufsgruppe unter Ausschluss der anderen im Hinblick auf den Gleichheitssatz und das Recht der Berufsfreiheit rechtmäßig ist. Auch die vertraglichen Abrechnungsbestimmungen stünden dem Begehren des Klägers nicht entgegen. Der Rahmenvertrag über die Durchführung von Behandlungen in Massageeinrichtungen, medizinischen Badebetrieben und krankengymnastischen Einrichtungen vom 01.07.1976 i.d.F. vom 01.09.2002 enthalte selbst keinen Ausschluss der vom Kläger begehrten Abrechnungsbefugnis. Schließlich sei zu beachten, dass die Beklagten mit Masseuren/medizinischen Bademeistern, die die Fortbildung zur manuellen Therapie vor dem 01.01.1996 begonnen haben, diese Leistung nach wie vor abrechnen. Es wäre konsequent, wenn die Beklagten auch eine Abrechnung der Leistungen der manuellen Therapie von Masseuren ablehnen, die ihre Weiterbildung hierzu vor dem 01.01.1996 begonnen haben. Das von den Spitzenverbänden der Krankenkassen praktizierte Stichtagsprinzip erscheine im Hinblick auf den Gleichheitssatz willkürlich.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten zu 1) vom 23.12.2003, die auch im Namen der anderen Beklagten eingelegt worden ist. Es bestehe Einigkeit, dass die ablehnenden Bescheide unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG rechtswidrig gewesen sind, deren Aufhebung durch das Urteil werde daher nicht angefochten. Der Feststellungsantrag des Klägers, er sei zur Abgabe und Abrechnung der Leistung der manuellen Therapie berechtigt, sei jedoch unbegründet. Der Kläger könne mit seiner Ausbildung, obwohl er eine Weiterbildung im Bereich manuelle Therapie nachweist, diese Leistungen nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgeben. Die einzelnen Bereiche der physikalischen Therapie seien Inhalt der Ausbildungsberufe Masseur/medizinischer Bademeister einerseits und Physiotherapeut andererseits nach dem Masseur- und Physiotherapeuten-Gesetz. Es gehe dabei um zwei unterschiedliche Ausbildungsberufe. Die Beklagten sähen die Berechtigung zur Abgabe manueller Therapie unabhängig davon, ob eine Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen worden ist, ausschließlich bei Physiotherapeuten. Aus einem Vergleich der Regelungen zur Ausbildung der Masseure/medizinischen Bademeister und Physiotherapeuten ergebe sich, dass die manuelle Therapie schon Bestandteil der Ausbildungsordnung für Physiotherapeuten ist. Im Gegensatz dazu erlernen Masseure/medizinische Bademeister Techniken der manuellen Therapie nicht bereits in der Ausbildung. Schon das Ausbildungsziel lasse eine grundsätzlich andere Ausrichtung beider Berufsgruppen erkennen. Die Ausbildung des Masseurs/medizinischen Bademeisters sei ein Lehrgang, der auf zwei Jahre angelegt ist, und an den sich eine staatliche Prüfung sowie weitere sechs Monate Praxis anschließen. Demgegenüber sei die Ausbildung des Physiotherapeuten auf 3 Jahre ausgerichtet und in Theorie, praktischen Unterricht und praktische Ausbildung gegliedert. Es gebe noch weitere unterschiedliche Voraussetzungen für die Ausbildung. Insbesondere sei zu beachten, dass die Physiotherapeuten in der Krankengymnastik (u.a. manuelle Therapie) 500 Stunden ausgebildet werden, während bei Masseuren die manuelle Therapie nicht zur Ausbildung gehört. Nach der gesetzlichen Regelung des SGB V seien die Inhalte der Rahmenempfehlungen nur beispielhaft aufgezählt; es sei also nicht erforderlich, dass die Zuweisung einer bestimmten Therapieart zu einer entsprechend kompetenten Berufsgruppe ausdrücklich als Regelungsinhalt der Rahmenempfehlungen genannt wird. Die Vertragspartner des Rahmenvertrages seien sich einig gewesen, dass die Rahmenempfehlungen mit vollständigem Inhalt Gegenstand des Rahmenvertrages werden sollten. Das SG übersehe, dass auch der einschlägige Rahmenvertrag nach § 125 Abs. 2 SGB V eine Abrechnungsbefugnis manuelle Therapie für die Berufsgruppe Masseure/medizinische Bademeister ausgeschlossen habe. Bestandteil des Rahmenvertrages sei gemäß § 6 als Anlage 2 die Vergütungsvereinbarung; darin finde sich die vertragliche Vereinbarung, dass die Leistung manuelle Therapie nicht von Masseuren/medizinischen Bademeistern durchführbar und abrechenbar ist. Der bayerische Rahmenvertrag berücksichtige insofern bereits seit langem die Rechtsprechung des BSG, wonach die Krankenkassen im Sinne der Qualitätssicherung eine spezielle Qualifikation fordern können und die so definierten Modalitäten für die Abrechnung mit den Verbänden der Leistungserbringer zu vereinbaren haben. Entgegen dem SG sei bei Änderung rechtlicher Voraussetzungen und Möglichkeiten eine Übergangsfrist mit Stichtagsregelung verfassungsrechtlich geboten.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.11.2003 in Ziff. 2) und 3) aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es sei willkürlich, ausschließlich Physiotherapeuten die Leistung der manuellen Therapie zu gestatten, obwohl Masseure und medizinische Bademeister bis zum genannten Stichtag über mehr als ein Jahrzehnt hinaus bewiesen haben, dass sie diese Leistung ebenso zu erbringen in der Lage sind. Die Masseure und medizinischen Bademeister, die unter den Besitzstandsschutz fallen, könnten auch heute noch die manuelle Therapie gegenüber Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen erbringen und abrechnen. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt des Berufswahl- und Berufsausübungsrechts seien Maßnahmen der Beklagten zulässig, mit denen der Kläger von der Ausübung der manuellen Therapie ausgeschlossen sein sollte. Die Beklagten würden die Bedeutung des Rechts der Berufsfreiheit übersehen. Nach der Rechtsprechung des BSG können die von der Nachfragemacht der Krankenkassen ausgehenden Wirkungen einer Beeinträchtigung der Berufsauswahl sehr nahe kommen. Masseure und medizinische Bademeister einerseits und Physiotherapeuten andererseits hätten in den Grundfächern, auf die die manuelle Therapie aufbaut, nämlich in der Anatomie, der allgemeinen und speziellen Krankheitslehre die gleiche Anzahl von Unterrichtsstunden. Auch habe der Sachverständige Prof. Dr. P. festgestellt, dass Masseure in besonderem Maße für die Ausübung der manuellen Therapie qualifiziert sind.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Im Streit steht im vorliegenden Fall die Befugnis des Klägers zur Erbringung und Abrechnung von Leistungen der manuellen Therapie ab dem 2. Quartal 1999 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich der AOK Bayern, der Bayerischen Betriebskrankenkassen und der Innungskrankenkassen Bayern. Da die Beklagten bis zuletzt diese Abrechnungsbefugnis des Klägers bestreiten, ist das für die hier einschlägige Feststellungsklage vorausgesetzte Feststellungsinteresse gegeben (§ 55 Abs. 1 SGG). Das vorliegende Verfahren betrifft somit nicht die im Verwaltungsverfahren beteiligten landwirtschaftlichen Krankenkassen und die Bundesknappschaft.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die vom Kläger in Anspruch genommene Ausbildungsstätte "Verband Physikalische Therapie" eine Ausbildungsstätte ist, deren Ausbildungen grundsätzlich von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannt werden. Unstreitig ist ferner zwischen den Beteiligten, dass die angefochtenen Bescheide, soweit sie von einer Erweiterung der Zulassung des Klägers für die Erbringung und Abrechnung der manuellen Therapie ausgehen, rechtswidrig sind. Dies wird von den Beklagten auch im Schriftsatz vom 29.04.2004 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eingeräumt. Mit Urteil vom 24.07.2003 (SozR 4-2500 § 124 Nr. 1) hat das BSG entschieden, dass die Frage, ob ein zugelassener Leistungserbringer eine von bestimmten Qualifikationen abhängige Leistung (Zertifikatsposition) im Heilmittelbereich zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen und abrechnen darf (Abrechnungsbefugnis), vertraglicher Art ist und nicht durch Verwaltungsakt der Krankenkasse zu regeln ist. Es handelt sich hierbei um Modalitäten und Bedingungen der Leistungserbringung, die in Rahmenverträgen nach § 125 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) zu regeln ist. Die leistungsspezifische Abrechnungsbefugnis betrifft nicht die Zulassung als solche. Die Zulassung nach § 124 SGB V verleiht das Recht für Leistungserbringer, in einem bestimmten Bereich (z. B. Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie), Versicherte der die Zulassung aussprechenden Krankenkassen auf Kosten dieser Kassen zu behandeln (§ 124 Abs. 5 Satz 2 SGB V). Der Kläger ist aufgrund des Bescheides vom 11.07.1996 ab 01.04.1996 für die Abgabe von Leistungen der physikalischen Therapie zugelassen, wozu auch nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des (Gemeinsamen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen die manuelle Therapie zählt.
Wie das BSG in dieser Entscheidung weiter ausgeführt hat, ist die Rechtsgrundlage des Begehrens, bestimmte Leistungen der physikalischen Therapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen und abzurechnen, § 125 Abs. 2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit dem daraufhin abgeschlossen Rahmenvertrag sowie den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des (Gemeinsamen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Demgegenüber verleiht die Zulassung einen besonderen Status, besagt aber nichts darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen berufsrechtlich erlaubte Leistungen auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht und abgerechnet werden dürfen.
Unabhängig davon, dass gemäß § 124 Abs. 1 SGB V Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden dürfen, geht es hier um spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten für die Erbringung und Abrechnung bestimmter Leistungen der physikalischen Therapie und im weiteren darum, ob eine Berufsgruppe von Heilmittelerbringern, die bisher die manuelle Therapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen und abrechnen durfte, durch Zuweisung der Leistungserbringung an eine andere Berufsgruppe der Heilmittelerbringer von der Leistungserbringung durch untergesetzliche Normen ausgeschlossen werden darf.
Diese untergesetzlichen Normen sind die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des (Gemeinsamen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V, die gemeinsamen Rahmenempfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V, die die Richtlinien zu beachten haben, und die Rahmenverträge der Landesverbände der Krankenkassen mit den Leistungserbringern bzw. deren Verbände (§ 125 Abs. 2 SGB V), die auf die o.g. Rahmenempfehlungen Bezug nehmen.
Gegenstand der einheitlichen und gemeinsamen Rahmenempfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer sind nach § 125 Abs. 1 Satz 4 SGB V insbesondere: 1. Inhalt der einzelnen Heilmittel einschließlich Umfang und Häufigkeit ihrer Anwendungen, 2. Maßnahmen zur Fortbildung und Qualitätssicherung, 3. die Zusammenarbeit mit dem verordnenden Vertragsarzt, 4. Maßnahmen der Wirtschaftlichkeit und 5. Vorgaben für Vergütungsstrukturen. Unter Berücksichtigung dieser Rahmenempfehlungen schließen z.B. die Landesverbände der Krankenkassen mit Wirkung für die Mitgliedskassen Verträge mit Leistungserbringern oder mit deren Verbänden über die Einzelheiten der Versorgung mit Heilmitteln, über die Preise, deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung. Somit ist die Abrechnungsbefugnis einzelner Leistungen unter der Voraussetzung spezieller beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten eine Angelegenheit der Modalitäten und Bedingungen der Leistungserbringung, die Gegenstand der gemeinsamen Rahmenempfehlungen sein können. Das BSG hat in der Entscheidung vom 24.07.2003 (a.a.O.) und in der Entscheidung vom 22.07.2004 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 2) insoweit keine Bedenken getragen und in der letztgenannten Entscheidung auch die Regelung von Weiterbildungsvoraussetzungen für die Leistungen der manuellen Therapie in den Heilmittelrichtlinien und Landesverträgen zugelassen. Es hat hier außerdem für Recht erkannt, dass das Erfordernis der Weiterbildung im Bereich der manuellen Therapie zwecks Sicherung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung für einen zugelassenen Physiotherapeuten eine durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigte, zumutbare Einschränkung der Berufsausübung (Art. 12 Grundgesetz ) darstellt.
Der vorliegende Fall liegt jedoch insofern anders, als die Beklagten unter Berufung auf Vorschriften in den Heilmittelrichtlinien, Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen und auf die Rahmenverträge einen Teil der bisher zur Erbringung und Abrechnung befugten Berufsgruppe trotz der neu erworbenen Weiterbildung über eine Stichtagsregelung von der Leistungserbringung ausschließen. In diesem Fall geht es nicht mehr um eine Regelung der Berufsausübung, sondern um eine Regelung, die einem Eingriff in das Recht der Berufswahl gleichkommt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sehen die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien in den einschlägigen Fassungen nicht durchweg vor, dass die Leistungen der manuellen Therapie nur den Physiotherapeuten/Krankengymnasten vorbehalten sind und dass von der Erbringung und Abrechnung dieser Leistungen Masseure und medizinische Bademeister ausgeschlossen sind. In den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in der Neufassung vom 17.06.1992, geändert durch Beschluss vom 09.03.1993, war in Abschnitt B Nr. 38 die Leistung manuelle Therapie aufgenommen und definiert als Behandlung von Gelenkblockierungen und ihrer muskulären, reflektorischen Fixierung durch gezielte (impulslose) Mobilisation oder durch Anwendung von Weichteiltechniken. Zur Abrechnung berechtigt waren die Berufsgruppen der Masseure und der Physiotherapeuten. Nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in der Fassung vom 17.06.1992, geändert am 14.02.1995 hingegen (Abschnitt B. Maßnahmen der physikalischen Therapie, Nr. 33.3) sind Maßnahmen der physikalischen Therapie, soweit sie nicht von Vertragsärzten durchgeführt werden, Aufgabe von Therapeuten, die durch die Landesverbände der Krankenkassen und Verbände der Ersatzkassen gemäß § 214 Abs. 2 SGB V zugelassen sind. Die Erbringung dieser Leistungen erfolgte durch die Berufsgruppen der Masseure, Masseure und medizinischen Bademeister sowie Physiotherapeuten/Krankengymnasten. Speziell für die manuelle Therapie, als eine Maßnahme der Krankengymnastik bestand ein Vorbehalt zu Gunsten der Physiotherapeuten/Krankengymnasten unter der Voraussetzung einer zusätzlichen, abgeschlossenen Weiterbildung. Eine entsprechende Regelung enthielten die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien vom 17.06.1992, geändert am 18.02.1998 in B. Maßnahmen der physikalischen Therapie, Nr.35.2.4.
In den Heilmittelrichtlinien vom 16.10.2000/06.02.2001 ist in Abschnitt III. Maßnahmen der physikalischen Therapie, Nr.17 geregelt, dass für bestimmte Maßnahmen spezielle Qualifikationen erforderlich sind, die über die im Rahmen der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgehen. Derartige Maßnahmen, für deren Durchführung eine zusätzliche, abgeschlossenen Weiterbildung/Fortbildung erforderlich ist, sind mit einem -) gekennzeichnet. Dies betrifft auch gemäß Nr. 17.2.7 die manuelle Therapie.
Die Heilmittel-Richtlinien vom 01.12.2003/16.03.2004 regeln in Abschnitt III. A. Maßnahmen der physikalischen Therapie, Nr. 17.A. gleichfalls, dass für bestimmte Maßnahmen der physikalischen Therapie spezielle Qualifikationen notwendig sind, die über die im Rahmen der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgehen. Solche Maßnahmen, für deren Durchführung eine zusätzliche, abgeschlossene Weiterbildung/Fortbildung erforderlich ist, sind mit einem -) gekennzeichnet. Hierzu gehört gemäß Nr. 17. A. 2.7 auch die manuelle Therapie. Das heißt, dass die neueren Heilmittel-Richtlinien eine Zuordnung der manuellen Therapie zu einer bestimmten Berufsgruppe nicht mehr vorgenommen haben, sondern lediglich eine spezielle Fortbildung bzw. Weiterbildung voraussetzen, die über die im Rahmen der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgeht. Da auch keine näheren Angaben zu den erforderlichen Qualifikationsnachweisen gemacht werden, können die Beklagten sich hier insoweit nicht mit Recht auf die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien berufen.
Die Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen gemäß § 124 Abs.4 SGB V vom 29.05.1995 zu der einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs.4 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistung an Versicherte abgegeben werden, enthielten in Abschnitt III. Krankengymnasten/Physiotherapeuten in den Nrn.1.1, 4. und 4.2. einen Zulassungsvorbehalt für die Berufsgruppe der Krankengymnasten und Physiotherapeuten sowie folgende Stichtagsregelung: Weiterbildungen, die nach dem 31.12.1995 beginnen, können nur anerkannt werden und zu einer Zulassungserweiterung führen, soweit diese den nachfolgenden Anforderungen entsprechen und in Weiterbildungsstätten durchgeführt werden, die in den maßgeblichen Anlagen 1 bis 7 aufgeführt sind. Gleiches gilt für die Kursabschnitte bereits begonnener Weiterbildungen, die nach dem 31.12.1995 durchgeführt werden. Die Gemeinsamen Empfehlungen vom 26.08.1996, 26.07.2000 und 19.04.2001 regelten gleichfalls die Zuordnung der manuellen Therapie zu der Berufsgruppe der Physiotherapeuten und setzten eine Erweiterung und Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten in einer speziellen Weiterbildung in einem Kurssystem voraus. Auch die Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gem. § 125 Abs.1 SGB V über eine einheitliche Versorgung mit Heilmitteln zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene vom 01.08.2001 enthalten in der Anlage 3 vom 17.01.2005 unter dem Abschnitt 2. manuelle Therapie ebenso eine Zuordnung zu der Berufsgruppe der Physiotherapeuten und das Erfordernis einer speziellen Weiterbildung in einem Kurssystem.
In dem Rahmenvertrag über die Durchführung von Behandlungen in Massageeinrichtungen, medizinischen Badebetrieben und krankengymnastischen Einrichtungen zum 01.07.1976, der unter anderem zwischen dem Verband physikalische Therapie, Vereinigung für die physiotherapeutischen Berufe (VPT) e.V. Landesgruppe Bayern einerseits und dem AOK-Landesverband Bayern, dem BKK-Landesverband Bayern und dem Landesverband der Innungskrankenkassen in Bayern geschlossen wurde, ist in der Anlage 4 eine Vergütungsvereinbarung enthalten, die unter § 1 VIII. Manuelle Therapie in der "Position X 1201 manuelle Therapie" eine Leistungserbringung durch Krankengymnasten/Physiotherapeuten mit dem Hinweis vorsieht, dass ein abgeschlossener anerkannter Weiterbildungslehrgang entsprechend den Zulassungsempfehlungen nachzuweisen ist. Im Rahmenvertrag vom 01.07.1976 in den Fassungen vom 01.10.2001 und 01.09.2002 ist bei diesen Leistungspositionen der Zusatz angebracht: Besitzstandswahrung für Altfälle. Die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene abgeschlossenen Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V i.d.F. vom 01.08.2001 über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln sind danach zu beachten, soweit sich aus diesem Vertrag nichts Abweichendes ergibt. Eine gleichlautende Regelung enthält auch die Fassung des Rahmenvertrags vom 01.09.2002.
Soweit der Kläger durch diese untergesetzlichen Vorschriften von der Erbringung und Abrechnung der manuellen Therapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen wird, verstoßen diese Regelungen gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Bei den die Erbringungs- und Abrechnungsbefugnis des Klägers einschränkenden Regelungen der Heilmittelrichtlinien, Gemeinsamen Empfehlungen und des Landesvertrags handelt es sich um untergesetzliche Normen, die nur gültig sind, wenn sie mit höherrangigem Recht zu vereinbaren sind. Während nach der früheren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen als Erfahrungssätze angesehen wurden, die unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse generalisierende Aussagen über die Effektivität und Effizienz einzelner Untersuchungs- und Behandlungsmethoden treffen, die im Einzelfall widerlegt werden konnten (BSG vom 05.05.1988, BSGE 63, 163), hat das BSG in der neueren Rechtsprechung unter Bezugnahme auf § 92 Abs. 7 SGB V (nunmehr Abs. 8) den Richtlinien als gesetzlichen Bestandteil der Bundesmantelverträge die gleiche Rechtsnormqualität wie diesen zugemessen. Dabei entfalten die Richtlinien ihre normative Wirkung nicht nur gegenüber den Partnern der Bundesmantelverträge und der Gesamtverträge, sondern auch gegenüber den Versicherten (BSG vom 20.03.1996 SozR 3-2500 § 92 Nr.6). Die Gemeinsamen Empfehlungen im Sinne des § 125 Abs. 1 SGB V sind als kollektive Verständigung von Trägern der Krankenversicherung zu sehen, in denen Erfahrung, Sachverstand und unter Umständen auch gegenläufige Interessen zusammengeführt werden. Diese Gemeinsamen (Rahmen)empfehlungen nehmen faktisch Einfluss auf die Landesverträge bezüglich des Inhalts der einzelnen Heilmittel, der Maßnahmen der Qualitätssicherung und Einzelheiten der Versorgung, somit mittelbar auch auf die Rechte und Pflichten der einzelnen Leistungserbringer. Zweck dieser Gemeinsamen Rahmenempfehlungen ist, die Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln einschließlich der Preisgestaltung und Abrechnung möglichst einheitlich zu regeln. Die Rahmenempfehlungen sollen im Hinblick auf den engen sachlichen Zusammenhang mit den Heilmittelrichtlinien des (Gemeinsamen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen unter deren Berücksichtigung erarbeitet und abgegeben werden. Anders als die Richtlinien haben die Rahmenempfehlungen selbst weder normative Wirkung noch verwaltungsinterne Verbindlichkeit gegenüber den regionalen Vertragsparteien. Diese Wirkung entsteht durch die Verweisung in den Landesverträgen auf die Empfehlungen.
Bei den Verträgen nach § 125 Abs. 2 SGB V handelt es sich um öffentlich-rechtliche Rahmenverträge, die die allgemeinen Bedingungen und Modalitäten der Leistungserbringung festlegen. Sie binden die Vertragsparteien, also die den Landesverbänden angeschlossen Krankenkassen und die vertragschließenden Berufsverbände und die Mitglieder der Berufsverbände bzw. Berufsangehörige, die einen Verpflichtungsschein unterzeichnet haben und denen die Zulassung erteilt worden ist (z.B. Rahmenvertrag vom 01.07.1976 i.d.F. vom 01.09.2002, § 1).
Die in diesen untergesetzliche Normen enthaltenen Einschränkungen der Leistungserbringung und Abrechnungsbefugnis zu Lasten des Klägers greifen in dessen Recht der Berufsfreiheit ein (Art. 12 Abs. 1 GG). Danach haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden. Dieses Recht gliedert sich in die freie Berufswahl und freie Berufsausübung. Durch die Berufsausübung wird die gesamte berufliche Tätigkeit geschützt, insbesondere Form, Mittel und Umfang sowie Inhalt der Betätigung. Zum Recht der Berufswahl gehört auch der Entschluss, den Beruf zu wechseln oder die berufliche Betätigung völlig zu beenden. Eine Beschränkung der Berufswahl liegt nicht nur dann vor, wenn die Zulassung zu einem Beruf oder oder der Entzug der Zulassung geregelt wird. Auch bloße Ausübungsregelungen können derart gravierend sein, dass sie die Berufsangehörigen zur Berufsaufgabe zwingen. Eine solche Regelung muss die Bedingungen einer Berufswahlbeschränkung erfüllen, vorausgesetzt, der Zwang zur Berufsaufgabe tritt nicht nur in Einzelfällen auf. In Zweifelsfällen ist von einem Grenzfall zwischen einer Berufswahl- und einer Berufsausübungsbeschränkungen auszugehen, mit der Folge, dass auch die Anforderungen entsprechend anzusetzen sind. Die Einstufung als Berufswahl- oder Berufsausübungsbeschränkung hängt auch davon ab, ob die Ausübung eines Berufs oder eine bloße Berufsmodalität ausgeschlossen wird. Auch die Auferlegung von Berufspflichten und die Beschränkung der Berufsausübung kann sich im Ergebnis als eine Beschneidung des freien Berufszugangs erweisen und muss den Gründen genügen, die die Einschränkung der Berufswahl rechtfertigen können. Die Differenzierung ist von Bedeutung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Einschränkung der Berufsfreiheit. Eingriffe in die freie Berufstätigkeit bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, die die wesentlichen Maßgaben der Einschränkung des Grundrechts mit hinreichender Bestimmtheit regelt. Sachlich sind die gesetzlichen Grundlagen nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie inhaltlich durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und wenn sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, wenn also das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich ist und in einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist. Sofern die Einschränkung die Wahl des Berufs beeinträchtigt, bestehen nach der sog. Stufenlehre strengere Anforderungen, insbesondere muss der Eingriff durch überragende Gründe des Gemeinwohls zwingend geboten sein. Das Gewicht eines eine Einschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigenden öffentlichen Interesses muss um so schwerer sein, je einschneidender es sich auf die freie Wahl des Berufs auswirkt. Ferner ist auch der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in dem Sinne zu beachten, dass das Grundrecht verletzt ist, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.
Die Einschränkung der Berufsfreiheit setzt aufgrund des Gesetzesvorbehalts außerdem voraus, dass der Gesetzgeber die für die Berufstätigkeit wesentlichen Bestimmungen selbst treffen muss (Wesentlichkeitsgrundsatz); zur Setzung autonomen Rechts darf sich der Gesetzgeber seiner Rechtsetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluss auf den Inhalt der von anderen Normgebern zu erlassenden Normen nicht gänzlich aufgeben. Dies gilt umso mehr, je intensiver der Eingriff in die freie berufliche Betätigung ist. Dabei ist auch der Bestimmtheitsgrundsatz zu beachten.
Die gesetzliche Ermächtigung für die Gemeinsamen Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V enthält keine Grundlage für eine Einschränkung der Berufswahl beziehungsweise Berufsausübung in dem Sinn, dass bestimmte Leistungen nur bestimmten nichtärztlichen Therapeuten vorbehalten werden dürfen und umgekehrt eine andere Gruppe von Therapeuten von der Leistungserbringung ausgeschlossen werden darf. Die Gemeinsamen Rahmenempfehlungen können nicht den Zugang bestimmter Berufsgruppen zur Erbringung der manuellen Therapie begrenzen, sofern die Angehörigen dieser Berufsgruppen die gesetzlich vorgeschriebene Befähigung, Ausbildung und Sachkunde haben. Eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung für berufsregelnde Festlegungen enthält auch nicht § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V für die Heilmittelrichtlinien des (Gemeinsamen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Dieser Auffassung ist offensichtlich auch der Bundesausschuss, da in den neueren Fassungen der Heilmittelrichtlinien von der Zuordnung der manuellen Therapie zu einer bestimmten Berufsgruppe nicht mehr die Rede ist, sondern nur noch von einer speziellen Qualifikation, die über die im Rahmen der Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgeht, also nur noch von einer zusätzlichen abgeschlossenen Weiterbildung/Fortbildung.
Es liegen überdies keine, die Einschränkung der Tätigkeit des Klägers rechtfertigenden Gründe im Sinne einer subjektiven Berufswahlbeschränkung vor. Subjektive Berufswahlbeschränkungen können auch in der Festsetzung zusätzlicher Kenntnisse und Fähigkeiten bestehen; sie dürfen allerdings nicht außer Verhältnis zu der damit verbundenen Tätigkeit stehen. Es handelt sich hier um eine wesentliche Beschränkung, weil der Kläger und andere von der Abrechnungsbefugnis ausgeschlossene Masseure die Leistungen nur noch bei Privatpatienten erbringen können, aber nicht mehr bei dem wesentlich größeren Kreis der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen. Eine derartige berufliche Einschränkung muss, wie bereits dargestellt wurde, durch überragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und den rechtlichen Anforderungen des Gleichheitssatzes und der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dies ist nicht der Fall, auch wenn die Volksgesundheit und ein leistungsfähiges System der Krankenversicherung derartig überragend wichtige Gemeinschaftsgüter sind und einem (untergesetzlichen) Normgeber ein gewisser Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. Durch die Leistungserbringungs- und Abrechnungsbefugnis der manuellen Therapie durch Masseure werden diese Gemeinschaftsgüter nicht verletzt, da vor der Rechtsänderung diese Berufsgruppe die Leistung auch nach Auffassung der Krankenkassen im allgemeinen einwandfrei erbracht hat und die von der Stichtagsregelung nicht ausgeschlossene Berufsgruppe die streitigen Leistungen weiterhin erbringen und abrechnen darf. Bedenken bezüglich der fachlichen Eignung und Befähigung dieser Berufsgruppe gab es offensichtlich früher nicht. Gesetzlicher Maßstab für den Leistungsstandard der Leistungserbringer ist § 70 SGB V, wonach die Krankenkassen und die Leistungserbringer eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten haben. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang mit Recht wie die von der Stichtagsregelung nicht betroffene Gruppe der Masseure auf seine abgeschlossene Berufsausbildung, Zulassung zur Erbringung von Leistungen der physikalischen Therapie und auf die spezielle abgeschlossene Fortbildung im Bereich der manuellen Therapie berufen.
Die ausschließliche Zuordnung der manuellen Therapie zu der Berufsgruppe der Physiotherapeuten ist auch unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art.3 Abs.1 GG) nicht gerechtfertigt, der einer ungleichen Behandlung von wesentlich Gleichem entgegensteht, falls nicht sachliche Differenzierungsgründe vorliegen. Es sind hier keine sachlichen Gründe ersichtlich, weshalb nunmehr der Berufsgruppe der Masseure die Befähigung zu dieser Leistung abzusprechen ist. Denn die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis in beiden Berufsgruppen hängen von der Ableistung der vorgeschriebenen Ausbildung und dem Bestehen der staatlichen Prüfung, der Zuverlässigkeit und gesundheitlichen Geeignetheit für die Berufsausübung ab (§ 2 Masseur- und Physiotherapeutengesetzt). Zwar beträgt die Ausbildungszeit bei Masseuren und medizinischen Bademeistern zwei Jahre, während bei den Physiotherapeuten die Ausbildung drei Jahre dauert. Der Kläger hat sich aber die speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten für die manuelle Therapie in einem Lehrgang einer Einrichtung seines Berufsverbandes, der Partner des Rahmenvertrags ist, in 340 Stunden angeeignet. Er hat also die Weiterbildung in der manuellen Therapie erfolgreich absolviert und damit die erforderlichen zusätzlichen, über die Berufsausbildung hinausgehenden Kenntnisse und Fähigkeiten erworben. Damit bestehen keine Zweifel an seiner grundsätzlichen fachlichen Befähigung für die Leistung der manuellen Therapie.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1, 4 i.V.m. § 184 SGG. § 197 a SGG gilt nicht, da das Verfahren vor dem 02.01.2002 rechtshängig wurde. Für vorher rechtshängige Verfahren gilt für alle Instanzen noch § 183 SGG in der früheren Fassung, auch wenn das Rechtsmittel erst nach dem 01.01.2002 eingelegt wurde (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Sechstes SGG-Änderungsgesetz). Damit fallen Gerichtskosten nicht an.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG).
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