L 14 B 848/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 25 AS 728/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 848/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 8. September 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Streitig sind Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Die 1979 geborene Antragstellerin lebte mit dem 1976 geborenen S M zusammen, sie bezogen im Juli 2004 gemeinsam eine in F, A gelegene 4 Zimmer-Wohnung. Die Antragstellerin hat ein gemeinsames Kind mit S M (einen 2003 geborenen Sohn) und eine 1997 geborene Tochter. Bis März 2005 bezog sie Arbeitslosengeld in Höhe von 21,13 Euro täglich. Einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) lehnte die Antragsgegnerin am 22. März 2005 ab, da mit Rücksicht auf das Arbeitseinkommen von S M der Bedarf der Antragstellerin gedeckt sei. Lediglich zu den Aufwendungen für freiwillige Krankenversicherung gewährte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 14. Juni 2006 von Mai bis Juli 2005 einen Zuschuss von monatlich 79,37 Euro.

Am 4. August 2005 beantragte die Antragstellerin erneut Leistungen nach dem SGB II und gab an, seit dem 15. Juli 2005 (unter der bisherigen Anschrift) dauernd getrennt zu leben. Durch Bescheid vom 24. August 2005 gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin und ihren beiden Kindern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von August 2005 bis Januar 2006 in Höhe von monatlich 521,45 Euro (August 2005) bzw. 411,45 Euro (September 2005 bis Januar 2006). Ab Dezember 2005 mietete die Antragstellerin eine 3-Zimmer-Wohnung in F, Jstraße an. Diese wolle sie nunmehr mit ihren Kindern beziehen. Die Antragsgegnerin bewilligte 1.852,- Euro für die Erstausstattung der Wohnung (Bescheid vom 6. Dezember 2005) und änderte die laufende Bewilligung ab Dezember 2005 durch (weiteren) Bescheid vom 6. Dezember 2005, indem sie für Dezember 2005 Leistungen in Höhe von 468,94 Euro und für Januar 2006 in Höhe von 493,94 Euro festsetzte. Auf den Fortzahlungsantrag vom 26. Januar 2006 bewilligte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 27. Januar 2006 monatliche Leistungen in Höhe von 538,44 Euro für die Zeit von Februar bis August 2006. Die monatlichen Leistungen ab Februar erhöhte sie durch Bescheid vom 28. März 2006 auf 549,74 Euro.

Im April 2006 ging bei der Antragsgegnerin eine anonyme Anzeige ein, wonach die Antragstellerin die Wohnung in der Jstraße lediglich einmal in der Woche zur Abholung der Post aufsuche und im Übrigen weiter mit Herrn M in der alten Wohnung zusammenlebe. Der von der Antragsgegnerin daraufhin beauftragte Außendienst traf die Antragstellerin am 27. April 2004 in der Wohnung A an, besichtigte zusammen mit der Antragstellerin die Wohnung in der Jstraße und kam zu dem Ergebnis, dass es sich um eine Scheinwohnung handele. Daraufhin wies die Antragsgegnerin mit Anhörungsschreiben vom 10. Mai 2006 darauf hin, dass die Antragstellerin nach ihren Erkenntnissen in der Vergangenheit zu Unrecht Leistungen bezogen habe, da sie weiterhin eine eheähnliche Gemeinschaft mit S M führe. Die Leistungen würden storniert. Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 21. Juni 2006 hob die Antragsgegnerin unter Hinweis auf § 45 des Sozialgesetzbuchs, Zehntes Buch (SGB X) die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vom 1. August 2005 bis 31. Mai 2006 in Höhe von 6.935,34 Euro auf und forderte die Rückzahlung. Auch dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Auf den Antrag auf Fortzahlung der Leistungen ab August 2006 erklärte die Antragsgegnerin durch Schreiben vom 29. August 2006, dass eine abschließende Entscheidung im laufenden Widerspruchsverfahren erfolgen werde.

Am 23. August 2006 hat sich die Antragstellerin an das Sozialgericht Cottbus gewandt und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der die Antragsgegnerin verpflichtet werden soll, während des laufenden Widerspruchsverfahrens weiter monatlich 549,74 Euro zu gewähren. Das Sozialgericht hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung und den gleichfalls gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 8. September 2006 abgelehnt. Bei sachgerechter Auslegung begehre die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Dafür bestehe aber keine Veranlassung, weil der Widerspruch ohne Aussicht auf Erfolg sei. Entscheidungserheblich sei das Fortbestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit Herrn M, wofür die Ergebnisse des Hausbesuches sowie der Inhalt der Widerspruchsschreiben sprächen.

Gegen den ihr am 14. September 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerin sei nicht in der Lage, die Miete für die Wohnung in der Jägerstraße oder die Energiekosten zu bestreiten. Der Vermieter habe mittlerweile wegen Zahlungsverzugs gekündigt. Es drohe die Einstellung der Stromlieferungen. Auch ärztliche Behandlungen seien nicht gesichert. Zu Unrecht sei das Sozialgericht von dem Fortbestand der eheähnlichen Gemeinschaft ausgegangen. Die Wohnung in der Jstraße habe im April 2006 nur deshalb einen unbenutzten Eindruck gemacht, weil die Kinder wegen des Fehlens eines Kleiderschranks damals noch öfter beim Vater geschlafen hätten. Dass bei der Besichtigung der Wohnung in der Jstraße keine Lebensmittel aufgefunden worden seien, erkläre sich aus dem Mangel an Geld. Die Versorgung der Kinder sei über die Wohnung des Vaters abgesichert worden. Auch der wenige Meter von der Jstraße entfernte Garten der Wohnung A sei von den Kindern weiter zum Spielen genutzt worden. Die Antragstellerin hat neun Fotographien der in der Jstraße gelegenen Wohnung, eine Verbrauchsabrechnung für Strom und Wasser und eine eidesstattliche Erklärung des S M vorgelegt. Sie beantragt (nach dem Sinn ihres Vorbringens),

den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 8. September 2006 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr ab Antragstellung für die Dauer des Widerspruchsverfahrens monatlich 549,74 Euro zu zahlen und für beide Instanzen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Falls eine Notlage eingetreten sei, habe sich die Antragstellerin das selbst zuzuschreiben, denn sie habe nicht erwarten dürfen, dass die Kosten für eine nur zum Schein angemietete Wohnung übernommen würden.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zulässigerweise werden im Beschwerdeverfahren Leistungen für Zeiträume ab August 2006 begehrt. Die Antragstellerin hat schon vor dem Sozialgericht Leistungen bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens (gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Juni 2006) begehrt, und das Widerspruchsverfahren ist nach Aktenlage bis heute nicht abgeschlossen. Das Sozialgericht hat zwar nach dem Tenor seines Beschlusses vom 8. September 2006 nur über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 21. Juni 2006 entschieden. Eine Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für den gegen den Rücknahmebescheid gerichteten Widerspruch kann Leistungszeiträume lediglich bis einschließlich Juli 2006 betreffen, weil für weitere Zeiträume noch keine Leistungen bewilligt worden sind (vgl. Bescheid vom 27. Januar 2006 in der Gestalt des Bescheides vom 28. März 2006), so dass allein die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nicht dazu führen könnte, dass die Antragsgegnerin – wenn auch nur vorläufig - die begehrten weiteren Leistungen erbringen müsste. Allerdings ist davon auszugehen, dass das Sozialgericht den gestellten Antrag vollständig erledigen wollte, so dass es (inzidenter) auch über Leistungen ab August 2006 entschieden hat.

In der Sache ist die Beschwerde nicht begründet. Nach Auffassung des Senats ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der die Antragsgegnerin verpflichtet wird, der Antragstellerin weitere Leistungen zu gewähren, auch für Zeiten ab dem 1. August 2006 nicht gerechtfertigt.

Nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann durch eine einstweilige Anordnung ein streitiges Rechtsverhältnis vorläufig geregelt werden, wenn das zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für die Monate ab August 2006 ist bisher noch kein Bescheid erteilt worden, so dass einstweiliger Rechtsschutz nur nach § 86 b Abs. 2 SGG gewährt werden kann. Erforderlich für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs überwiegend wahrscheinlich erscheint. Daran fehlt es aber. Nach Aktenlage bestehen erhebliche Zweifel, ob die Antragstellerin die – in der Vergangenheit unstreitig bestanden habende - Bedarfsgemeinschaft mit S M aufgelöst hat. Diese Zweifel sind auch durch das bisherige Antragsvorbringen nicht ausgeräumt worden.

Nach § 9 SGB II setzt Hilfebedürftigkeit voraus, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen vorhanden ist. Nach § 7 Abs. 3 SGB II gehören in eine Bedarfsgemeinschaft mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen dessen Kinder sowie der in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Partner. Unter einer eheähnlichen Gemeinschaft ist eine auf Dauer angelegte Gemeinschaft zwischen Mann und Frau zu verstehen, neben der für eine weitere Gemeinschaft gleicher Art kein Platz ist und in der innere Bindungen ein gegenseitiges Einstehen füreinander erwarten lassen (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17. November 1992, 1 BvL 8/87 = SozR 3-4100, § 137 Nr. 3). Die Antragstellerin beansprucht Leistungen ohne Berücksichtigung des Einkommens von S M. Dann muss die - ursprünglich zwischen beiden bestanden habende - eheähnliche Gemeinschaft mittlerweile aufgelöst worden sein. Eine eheähnliche Gemeinschaft erfordert zwar das (Fort )Bestehen einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft. Allein die Anmietung einer weiteren Wohnung, eine entsprechende polizeiliche Anmeldung und eine – von der Antragsgegnerin finanzierte - Ausstattung der Wohnung mit Möbeln belegen aber nicht die Auflösung des gemeinsamen Haushalts. Dazu ist vielmehr die tatsächliche Trennung des bisherigen gemeinsamen und die Gründung und Führung eines neuen eigenen Haushaltes erforderlich.

Die in der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin zu findenden Feststellungen lassen nicht zweifelhaft erscheinen, dass die Antragstellerin jedenfalls zur Zeit des Hausbesuches (27. April 2006) keinen eigenen Haushalt in der Jstraße geführt hat. Die Antragstellerin hat nicht in Abrede gestellt, dass der Aktenvermerk über den Hausbesuch in der Jstrasse insoweit wahrheitsgemäß ist, als tatsächlich keine Lebensmittel in dem dortigen Kühlschrank vorhanden waren und sie damals auch erklärte, dass die Kinder sich noch in der Wohnung des Vaters befänden und erst nach vollständiger Einrichtung zu 100 Prozent in die neue Wohnung überwechseln würden. Das völlige Fehlen von Lebensmitteln widerspricht aber dem Vortrag, dass in der Jstraße ein eigener Haushalt geführt worden sei. Es lässt sich – gerade in einem Haushalt mit Kindern - nicht durch die (ausnahmsweise) beabsichtigte Einnahme einer Mahlzeit in einer anderen Wohnung erklären. Auch die angeblich unzureichenden finanziellen Mittel sind keine Erklärung. Denn die Antragstellerin erhielt im April 2006 noch Leistungen von der Antragsgegnerin ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen von S M, die (auch) zur Finanzierung von Lebensmitteln bestimmt waren. Wenn die Versorgung - wie die Antragstellerin über ihre Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2006 vorgetragen hat - über die Wohnung des Kindesvaters erfolgte, wurde nicht eigenständig gewirtschaftet, was aber Voraussetzung für einen eigenen Haushalt wäre. Im Übrigen hat die Antragstellerin durch die Angabe, erst nach vollständiger Einrichtung mit den Kindern in die Wohnung einziehen zu können, selbst eingeräumt, dass ihre Kinder jedenfalls bisher den Lebensmittelpunkt noch nicht in der Jstraße hatten. Dass allein die Antragstellerin dort ohne ihre Kinder einen eigenen Haushalt geführt haben könnte, ist schon angesichts des Lebensalters der Kinder lebensfremd.

Diese gegen die Begründung eines eigenen Haushalts sprechenden Indizien werden durch die eidesstattliche Erklärung des S M vom 11. September 2006 nicht widerlegt. Soweit dort ausgeführt wird, dass die Antragstellerin mit den Kindern im Januar/Februar 2006 nach Einrichtung der Wohnung in der Jstraße ausgezogen sei und beide Kinder mitgenommen habe, ist das mit dem Ergebnis des Hausbesuchs vom April 2006 unvereinbar, weil dort davon die Rede war, dass die Kinder erst nach einer noch vorzunehmenden weiteren Ausstattung der Wohnung umziehen würden. Auch die Aufnahme sexueller Beziehungen zu einer anderen Frau im August 2005 belegt nicht die Auflösung der eheähnlichen Gemeinschaft. So ist keine Rede davon, dass S M nun diese Frau anstelle der Antragstellerin in die Wohnung A aufgenommen habe. Es wird auch sonst nicht nachvollziehbar, warum Herr M die im Jahre 2004 gemeinsam mit der Antragstellerin und den Kindern bezogene Wohnung trotz – angeblicher - Trennung der Haushalte beibehalten hat, obwohl sie nach Größe und Kosten eine erhebliche Belastung darstellt. Herr M räumt selbst ein, die Wohnung zu nutzen, um die Kinder häufig zu sehen und zu betreuen.

Die übersandten Fotographien der Wohnung in der Jstraße und die vorgelegte Verbrauchsabrechnung für Wasser und Strom geben kein anderes Bild. Der Senat lässt ausdrücklich dahingestellt, ob die Aufnahmen den Eindruck einer benutzten Wohnung hervorrufen, in der Kinder leben, weist aber jedenfalls darauf hin, dass die Aufnahmen im Nachhinein gemacht worden sind und schon deswegen nichts über den Zustand der Wohnung im April 2006 aussagen. Die Verbrauchsabrechnungen für Wasser und Strom betreffen den Zeitpunkt bis August 2006. Abgesehen davon, dass die Verbrauchswerte auffällig gering sind, lässt sich den Rechnungen auch nicht entnehmen, welche Verbräuche auf die Zeit bis April 2006 entfallen. Der Senat hält es nach alledem nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin im April 2006 einen eigenen Haushalt geführt hat.

Der Senat hat keinen Anlass für Ermittlungen dazu gesehen, ob sich die Lebensumstände der Antragstellerin nach dem April 2006 so geändert haben, dass die eheähnliche Gemeinschaft zwischen ihr und S M nunmehr als aufgelöst anzusehen ist. Zwar ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die Einstellung der Leistungen der Anlass für eine Trennung war, weil die Aufrechterhaltung der eheähnlichen Gemeinschaft möglicherweise davon abhing, dass die Antragstellerin eigenes Einkommen hatte. Die Antragstellerin hat aber nichts dazu vorgetragen, dass S M ihr oder den Kindern angesichts der Folgen der Ermittlungen der Antragsgegnerin vom April 2006 seine bisherige Hilfe entzogen hat oder eine sonstige Veränderung der Lebensumstände erfolgt ist. Die Antragstellerin hat in ihrem Folgeantrag vom August 2006 ihre persönlichen Verhältnisse ausdrücklich als unverändert bezeichnet. Auch im Beschwerdeverfahren sind keine anderen Angaben erfolgt. Der Amtsermittlungsgrundsatz geht nicht so weit, dass die Glaubhaftigkeit nicht vorgetragener Tatsachen geprüft werden könnte.

Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die Antragstellerin nach Aktenlage auf der Grundlage der für die Vergangenheit mitgeteilten Einnahmen auch bei Annahme des Fortbestehens einer eheähnlichen Gemeinschaft einen Leistungsanspruch ab August 2006 hätte. Einem Bedarf von je 311,- Euro für die Antragstellerin und Herrn M (§ 20 Abs. 3 SGB II in der ab 1. Juli 2006 geltenden Fassung), 207,- Euro für jedes der beiden Kinder (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB II) und 497,- Euro als Kosten der Wohnung A stünden Einnahmen in Höhe von 924,60 Euro als anzurechnendes Einkommen von S M (nach den Berechnungen der Antragsgegnerin), 308,- Euro Kindergeld und 257,- Euro als gezahlter Unterhalt für die Tochter gegenüber. Daraus würde sich ein monatlicher Gesamtbedarf von 1.533,- Euro ergeben, der durch die Einnahmen in Höhe von 1.489,60 Euro nicht vollständig gedeckt wäre. Ergänzend zu den Leistungen der Grundsicherung kommt bis März 2007 die Gewährung eines Zuschlags nach § 24 SGB II in Betracht. Auch ein Zuschlag wegen des vorangegangenen Bezugs von Arbeitslosengeld würde aber keine Leistungen in der von der Antragstellerin beantragten Höhe rechtfertigen, da dieser Zuschlag bei einer aus einer erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, deren Partner und zwei Kindern bestehenden Bedarfsgemeinschaft im zweiten Jahr nach Auslaufen des Arbeitslosengeldes nach § 24 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 SGB II höchstens 220,- Euro im Monat betragen kann. Im Übrigen liegen keine aktuellen Angaben zu den Einkommensverhältnissen von S M, den Unterhaltszahlungen und den Kosten der Wohnung A vor, so dass eine exakte Berechnung nicht möglich ist.

Jedenfalls fehlt es an dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund. Die Antragstellerin macht geltend, dass ihr der Verlust der in der Jstraße angemieteten Wohnung drohe. Es ist aber nicht ersichtlich, dass dieser Verlust wesentliche Nachteile mit sich bringen würde, da nicht glaubhaft geworden ist, dass diese Wohnung tatsächlich der Lebensmittelpunkt für die Antragstellerin und ihre Kinder ist. Nach dem bisherigen Vortrag geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin und ihre Kinder nach wie vor in der Wohnung A Unterkunft finden können. Die sich bei Annahme des Fortbestehens der eheähnlichen Gemeinschaft ergebende Differenz zu den dann noch geschuldeten Leistungen der Grundsicherung ist geringfügig. Die Antragsgegnerin hat nach Aktenlage auch bereits monatlich Lebensmittelgutscheine in Wert von 50 Euro ausgehändigt. Der notwendige Lebensbedarf ist damit gesichert. Der möglicherweise zu bewilligende Zuschlag nach § 24 SGB II rechtfertigt den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht, da die maßgeblichen Berechnungsgrundlagen weiter aufgeklärt werden müssen und jedenfalls nicht das Existenzminimum betroffen ist.

Bezüglich der Monate Juni und Juli 2006 hat die Antragsgegnerin Leistungen durch Bescheid vom 27. Januar 2006 in der Gestalt des Bescheides vom 28. März 2006 bereits bewilligt, aber noch nicht ausgezahlt. Diese Bewilligung ist bisher nicht aufgehoben worden, insbesondere nicht durch den Bescheid vom 21. Juni 2006. Dort ist ausdrücklich nur von einer Aufhebung für die Monate bis Mai 2006 die Rede. Da seit Einstellung der Zahlungen mehr als zwei Monate vergangen sind, müssen die Leistungen gemäß § 331 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs, Drittes Buch iVm § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II unverzüglich nachgezahlt werden. Gleichwohl ist die Klägerin für die Durchsetzung ihrer Ansprüche auf ein Hauptsacheverfahren zu verweisen. Denn das für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Eilbedürfnis ist auch insoweit aus den schon erörterten Gründen nicht gegeben. Im Übrigen begehrt die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren gerichtlichen Rechtsschutz ausdrücklich nur für die Zeit ab Eingang des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Gericht (23. August 2006), so dass schon aus diesem Grund keine einstweilige Anordnung für die Monate Juni und Juli 2006 ergehen darf (§ 123 SGG entsprechend).

Hinzuweisen ist schließlich noch darauf, dass in Bezug auf die Rückforderung der für die Zeit vom 1. August 2005 bis 31. Mai 2006 erbrachten Leistungen kein Raum für eine gerichtliche Eilentscheidung ist. Insoweit hat bereits der erhobene Widerspruch aufschiebende Wirkung, da § 39 SGB II die Rückforderung bereits erbrachter Leistungen nicht erfasst (vgl. im einzelnen Beschluss des erkennenden Senats vom 28. Juli 2006, L 14 B 350/06 AS ER).

Nicht zu beanstanden ist der Beschluss des Sozialgerichts insoweit, als er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, da die nach den §§ 73 a SGG, 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) für eine positive Entscheidung erforderliche Erfolgsaussicht gefehlt hat.

Nach alldem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Mangels Erfolgsaussicht kann auch für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe gewährt werden (§§ 73 a SGG, 114 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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