Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 63 AS 1715/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 369/06 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes.
Der Antragsteller bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II). Durch Bescheid vom 24. Januar 2006 hob der Antragsgegner seinen Bewilligungsbescheid vom 30. August 2005 für die Zeit ab 14. Juli 2005 ganz in Höhe von 7.773,11 Euro auf, da der Antragsteller anderweitig Einkommen erzielt habe. Die bereits erbrachten Leistungen seien zu erstatten. Am 25. Januar 2006 wies der Antragsgegner den Antragsteller schriftlich auf das Bestehen einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 7.819,91 EUR hin, die Forderung sei zum 10. Februar 2006 fällig. Mit Schreiben vom 9. Februar 2006 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 24. Januar 2006 ein und hat am 23. Februar 2006 beim Sozialgericht Berlin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt. Durch Beschluss vom 27. April 2006 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen und die für das Verfahren beantragte Prozesskostenhilfe versagt. Dem Antragsteller fehle das erforderliche Rechtschutzbedürfnis, weil der Widerspruch bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung habe.
Gegen den ihm am 4. Mai 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom selben Tage, mit der er geltend macht, dass wegen § 39 SGB II der Widerspruch nicht kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung habe. Soweit sich der Antragsgegner nunmehr selbst ausdrücklich zur gegenteiligen Rechtsansicht bekannt habe, sei dies vorher nicht erkennbar gewesen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2006 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht zu gewähren.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die den Antragsteller betreffende Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nach den §§ 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 114 der Zivilprozessordnung, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Zutreffend hat bereits das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass eine Erfolgsaussicht nicht gegeben war, weil von Anfang an das Rechtschutzbedürfnis fehlte. Das – stets erforderliche - Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag auf gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Vollziehung nach § 86 b Abs. 1 SGG fehlt insbesondere dann, wenn die Vollziehung des Verwaltungsaktes bereits ohne gerichtliche Entscheidung ausgeschlossen ist (Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 86 b Rdnr. 7). So lag es aber hier bezüglich der vom Antragsgegner im Bescheid vom 24. Januar 2006 festgestellten Rückzahlungsverpflichtung.
Nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nach § 86 a Abs. 2 SGG (1.) bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten, (2.) in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechtes und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen, (3.) für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen, (4.) in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen, und (5.) in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Einer dieser Fälle liegt nicht vor, insbesondere wird die sofortige Vollziehbarkeit nicht durch ein Bundesgesetz angeordnet.
Zu Unrecht beruft sich der Antragsteller insoweit auf § 39 SGB II. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Der Rücknahmebescheid des Antragsgegners enthält zwei Verwaltungsakte, nämlich den über die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen sowie den über die Rückforderung bereits gewährter Leistungen. § 39 Nr. 1 SGB II erfasst zwar die Bewilligung und Aufhebung von Leistungen nach dem SGB II, nicht aber die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Leistungen, für die sich eine Rechtsgrundlage erst in § 50 des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch finden kann (vgl. im einzelnen Beschluss des erkennenden Senats vom 28. Juli 2006, L 14 B 350/06 AS ER). Der Antragsgegner hat sich auch nie berühmt, dass er die Rückforderung ohne Rücksicht auf den eingelegten Widerspruch sofort vollstrecken könne. Der Bescheid vom 24. Januar 2006 enthält keinen entsprechenden Hinweis. Die Zahlungsaufforderung ist vor Erhebung des Widerspruchs ergangen, so dass sich aus ihr nichts Gegenteiliges ergibt. Auch im Verfahren vor dem Sozialgericht hat der Antragsgegner lediglich ausgeführt, dass er den Bescheid vom 24. Januar 2006 für rechtmäßig hält, daraus aber kein Recht zur sofortigen Vollstreckung abgeleitet. Der Antragsgegner hat zudem keinerlei Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller ergriffen.
Weder die objektive Rechtslage noch das tatsächliche Verhalten des Antragsgegners begründeten somit ein Rechtschutzbedürfnis des Antragstellers, weswegen der gleichwohl gestellte Antrag auf gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig anzusehen war und die für ihn beantragte Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden konnte.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes.
Der Antragsteller bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II). Durch Bescheid vom 24. Januar 2006 hob der Antragsgegner seinen Bewilligungsbescheid vom 30. August 2005 für die Zeit ab 14. Juli 2005 ganz in Höhe von 7.773,11 Euro auf, da der Antragsteller anderweitig Einkommen erzielt habe. Die bereits erbrachten Leistungen seien zu erstatten. Am 25. Januar 2006 wies der Antragsgegner den Antragsteller schriftlich auf das Bestehen einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 7.819,91 EUR hin, die Forderung sei zum 10. Februar 2006 fällig. Mit Schreiben vom 9. Februar 2006 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 24. Januar 2006 ein und hat am 23. Februar 2006 beim Sozialgericht Berlin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt. Durch Beschluss vom 27. April 2006 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen und die für das Verfahren beantragte Prozesskostenhilfe versagt. Dem Antragsteller fehle das erforderliche Rechtschutzbedürfnis, weil der Widerspruch bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung habe.
Gegen den ihm am 4. Mai 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom selben Tage, mit der er geltend macht, dass wegen § 39 SGB II der Widerspruch nicht kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung habe. Soweit sich der Antragsgegner nunmehr selbst ausdrücklich zur gegenteiligen Rechtsansicht bekannt habe, sei dies vorher nicht erkennbar gewesen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2006 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht zu gewähren.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die den Antragsteller betreffende Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nach den §§ 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 114 der Zivilprozessordnung, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Zutreffend hat bereits das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass eine Erfolgsaussicht nicht gegeben war, weil von Anfang an das Rechtschutzbedürfnis fehlte. Das – stets erforderliche - Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag auf gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Vollziehung nach § 86 b Abs. 1 SGG fehlt insbesondere dann, wenn die Vollziehung des Verwaltungsaktes bereits ohne gerichtliche Entscheidung ausgeschlossen ist (Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 86 b Rdnr. 7). So lag es aber hier bezüglich der vom Antragsgegner im Bescheid vom 24. Januar 2006 festgestellten Rückzahlungsverpflichtung.
Nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt nach § 86 a Abs. 2 SGG (1.) bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten, (2.) in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechtes und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen, (3.) für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen, (4.) in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen, und (5.) in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet. Einer dieser Fälle liegt nicht vor, insbesondere wird die sofortige Vollziehbarkeit nicht durch ein Bundesgesetz angeordnet.
Zu Unrecht beruft sich der Antragsteller insoweit auf § 39 SGB II. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Der Rücknahmebescheid des Antragsgegners enthält zwei Verwaltungsakte, nämlich den über die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen sowie den über die Rückforderung bereits gewährter Leistungen. § 39 Nr. 1 SGB II erfasst zwar die Bewilligung und Aufhebung von Leistungen nach dem SGB II, nicht aber die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Leistungen, für die sich eine Rechtsgrundlage erst in § 50 des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch finden kann (vgl. im einzelnen Beschluss des erkennenden Senats vom 28. Juli 2006, L 14 B 350/06 AS ER). Der Antragsgegner hat sich auch nie berühmt, dass er die Rückforderung ohne Rücksicht auf den eingelegten Widerspruch sofort vollstrecken könne. Der Bescheid vom 24. Januar 2006 enthält keinen entsprechenden Hinweis. Die Zahlungsaufforderung ist vor Erhebung des Widerspruchs ergangen, so dass sich aus ihr nichts Gegenteiliges ergibt. Auch im Verfahren vor dem Sozialgericht hat der Antragsgegner lediglich ausgeführt, dass er den Bescheid vom 24. Januar 2006 für rechtmäßig hält, daraus aber kein Recht zur sofortigen Vollstreckung abgeleitet. Der Antragsgegner hat zudem keinerlei Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller ergriffen.
Weder die objektive Rechtslage noch das tatsächliche Verhalten des Antragsgegners begründeten somit ein Rechtschutzbedürfnis des Antragstellers, weswegen der gleichwohl gestellte Antrag auf gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig anzusehen war und die für ihn beantragte Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden konnte.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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BRB
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