Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 1035/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1213/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.11.2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14.01.1999.
Der am 1956 geborene Kläger war in den Jahren 1992, 1993 und 1995 u. a. wegen einer akuten Lumboischialgie in Behandlung. Im Februar und März 1996 befand er sich insbesondere wegen chronisch rezidivierender Lumboischialgien rechts bei Spinalkanalstenose in stationärer Rehabilitation. Im April 1998 wurde im Klinikum M. ein Wurzelkompressionssyndrom L 5 und S 1 rechts bei rechts medio-lateral gelegenem Nucleus pulposus-Prolaps in Höhe LWK 4/5 diagnostiziert. Die vorgeschlagene Operation lehnte der Kläger ab.
Am 14.1.1999 rutschte der Kläger während seiner Tätigkeit als Bauspengler bei der Firma K. beim Abtransport von Arbeitsmaterial von einem Gerüst auf die nächste Gerüstebene und erlitt dabei eine Schädelprellung, eine Gesichtsplatzwunde, eine Prellung der rechten Hand und eine LWS-Prellung (Durchgangsarztbericht Unfallchirurg Dr. M.). Im Laufe der ambulanten Behandlung durch Dr. M. traten neurologische Defizite auf, weshalb der Kläger am 09.02.1999 im Klinikum M. stationär aufgenommen wurde. Dort wurde ein inkomplettes Caudasyndrom bei Massenprolaps in Höhe LWK 4/5 sowie ein Zustand nach Sturz mit LWK 5-Fraktur am 14.01.1999 diagnostiziert und es wurde im Rahmen einer Operation ein subligamentär sequestrierter Bandscheibenvorfall entfernt mit Wundrevision am 10.03.1999. Die stationäre Reha-Behandlung fand in der Klinik R. mit Unterbrechungen von Februar bis April 1999 statt.
Die Beklagte holte die Stellungnahme des Chirurgen Dr. St. vom 29.07.1999 ein, der lediglich eine Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über einen Zeitraum von etwa drei Monaten aufgrund des Bruchs des 5. Lendenwirbelkörpers als unfallbedingt ansah. Der Bandscheibenvorfall in Höhe LWK 4/5 sei nicht unfallbedingt.
Mit Bescheid vom 04.12.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er habe keinen Anspruch auf Rente. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte die beratungsfachärztliche Stellungnahme des Orthopäden Dr. M. vom 08.03.2003 ein, der darauf hinwies, dass die weithin überwiegende Mehrzahl aller Bandscheibenvorfälle spontan entstehe oder anlässlich einer Bagatellbewegung, sodass dem Trauma nicht die Rolle einer richtunggebenden Verschlimmerung eines Vorschadens zuzuweisen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 15.04.2004 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und vorgebracht, es bestehe eine enge Verknüpfung zwischen dem Unfalltrauma und seinen derzeitigen Schmerzen bzw. der nach wie vor bestehenden Arbeitsunfähigkeit. Er hat u. a. die Stellungnahme von PD Dr. K., Leiter des Schmerzzentrums am Klinikum M. und den neurologisch-psychiatrischen Befundbericht des Nervenarztes H. vorgelegt.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und das Gutachten des Orthopäden Dr. M. vom 07.03.2005 eingeholt. Er hat zusammenfassend ausgeführt, beim Kläger sei es durch einen geeigneten Unfall, bei bekannter Vorschädigung, zu einer instabilen LWK 5-Fraktur mit der Folge einer schleichenden Querschnittssymptomatik gekommen, möglicherweise auch auf Grund der Tatsache, dass die Verletzung zunächst als solche nicht erkannt und auch nicht adäquat versorgt worden sei. Der jetzige Zustand mit der neurogenen Blasenstörung sei Folge des Arbeitsunfalls vom 14.01.1999. Um noch weitere Klarheit zu erlangen, empfehle er die Einholung eines weiteren Gutachtens bei einem Wirbelsäulenspezialisten. Er empfehle Dr. B.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten mit ergänzender Stellungnahme von dem Orthopäden Dr. B. eingeholt. Er hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsunfall habe zu einer vorübergehenden, nicht richtunggebenden Verschlimmerung eines anlagebedingten Caudasyndroms geführt. Die Verschlimmerung sei im Wesentlichen in der verstärkten Schmerzsymptomatik aufgrund der unfallbedingten Fraktur des 5. Lendenwirbelkörpers zu sehen. Der Wirbelbruch sei ohne Deformierung knöchern fest verheilt.
Mit Urteil vom 23.11.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das beim Kläger bestehende Caudasyndrom sei nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 14.01.1999 zurückzuführen. Dies ergebe sich insbesondere überzeugend aus dem Gutachten von Dr. B.
Gegen das am 13.02.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.03.2006 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, das Sozialgericht habe unbeachtet gelassen, dass er vor dem Arbeitsunfall trotz seiner Vorerkrankungen beruflich voll einsetzbar gewesen sei. Auch sei es fehlerhaft, ihm die Beweislast zuzuweisen. Außerdem hätte das Sozialgericht ein Obergutachten einholen müssen, nachdem Dr. Ma. und Dr. B. unterschiedlicher Auffassung gewesen seien. Weiter leide das Gutachten von Dr. B. an zahlreichen Mängeln. Die noch offenen Fragen könnten höchstwahrscheinlich durch eine "quantitative sensorische Testung (QST)" geklärt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.11.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4.12.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14.01.1999 Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, es werde nicht bestritten, dass es bei dem Unfall vom 14.01.1999 zu einem Bruch des 5. Lendenwirbelkörpers gekommen sei. Hieraus habe sich lediglich vorübergehend eine Zunahme der lumboischialgieformen Schmerzsymptomatik ergeben. Der Bruch sei zwischenzeitlich jedoch ohne Deformierung verheilt. Im Übrigen seien die Ausführungen des Sozialgerichts zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Hiervon ausgehend kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass der Arbeitsunfall vom 14.01.1999 beim Kläger Folgen mit einer MdE um 20 v. H. über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalls hinaus hinterlassen hat.
Nach Überzeugung des Senats besteht als Folge des Arbeitsunfalls vom 14.01.1999 lediglich ein Zustand nach Mehrfragmentfraktur des 5. LWK mit Hinterkantenbeteiligung und Bogenfraktur ohne Dislokation der Fragmente in den Spinalkanal. Eine hierdurch bedingte Arbeitsunfähigkeits- und Behandlungsbedürftigkeit bestand jedoch lediglich - so überzeugend Dr. St. in seiner Stellungnahme vom 29.07.1999, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet - für einen Zeitraum von etwa drei Monaten. Für die Zeit danach liegt keine MdE von wenigstens 20 v. H. vor. Erfahrungsgemäß heilen Frakturen einzelner Lendenwirbel ohne besondere Deformitätsbildung so stabil aus, dass nach Ablauf der 26. Unfallwoche keine MdE in rentenberechtigendem Grad resultiert. Eine solche ergibt sich nur, wenn es zumindest zu einer mäßigen keilförmigen Deformierung des Wirbelkörpers kommt. Dann wird in der unfallmedizinischen Literatur eine Rente als vorläufige Entschädigung von 20 v. H., danach eine MdE unter 10 v. H. angenommen. Auch bei statisch wirksamer Achsenabweichung oder Instabilität kann eine MdE von 20 v. H. angenommen werden (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, Seite 522 ff.). Beim Kläger liegt weder eine Verwachsung des Wirbelkörpers in Keilform vor, noch eine statisch wirksame Achsenabweichung noch eine bedeutsame Instabilität. So berichtet Prof. Dr. Schm. im Arztbrief vom 18.02.1999, die Fraktur in Höhe von LWK 5 sei von Seiten der Unfallchirurgie als bewegungsstabil und nicht behandlungsbedürftig eingestuft worden und auch mittels einer Funktions-Myelografie wurde keine Instabilität nachgewiesen.
Das im Klinikum M. am 09.02.1999 diagnostizierte inkomplette Caudasyndrom bei Massenprolaps in Höhe LWK 4/5 ist nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 14.01.1999 zurückzuführen. Dies ergibt sich für den Senat überzeugend aus den Ausführungen von Dr. B. im Gutachten vom 07.04.2005 mit Ergänzung vom 02.11.2005. Der Unfall hat lediglich zu einer vorübergehenden, nicht richtunggebenden Verschlimmerung eines anlagebedingten und vorbestehenden Caudasyndroms geführt. Der Kläger befand sich nämlich bereits vom 02.04. bis 03.04.1998 in stationärer Behandlung in der Neurochirurgischen Klinik im Klinikum M. wegen eines Wurzelkompressionssyndroms L 5 und S 1 rechts bei medio-lateral gelegenem Nucleus pulposus-Prolaps in Höhe von LWK 4/5. Bereits damals klagte er über nicht eindeutig zuordenbare Blasenentleerungsstörungen im Sinne einer Pollakisurie mit kleinen Harnmengen. Dies spricht bereits damals für das Vorliegen eines Caudasyndroms im Sinne einer inkompletten Querschnittslähmung. Weiter ergibt sich aus dem Vorerkrankungsverzeichnis der AOK R.-N., dass der Kläger schon vom 21.10. bis 23.10.1998 sowie vom 26.05. bis 09.06.1995 wegen Beschwerden an der Wirbelsäule arbeitsunfähig und behandlungsbedürftig war. Auch die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. T.-B. gab in ihrem Schreiben vom 17.06.1999 an, sie habe beim Kläger im Juli 1992 zum ersten Mal eine akute Lumboischialgie diagnostiziert und den Kläger wegen dieser Beschwerden wieder im April 1993 sowie im Mai und Juni 1995 behandelt. Auch im ärztlichen Entlassungsbericht über die vom 01.02. bis 13.03.1996 in der Ziegelfeldklinik durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme werden als Hauptleiden chronisch rezidivierende Lumboischialgien rechts bei Spinalkanalstenose angegeben und der Arzt für Neurologie und Psychiatrie H. gab im Arztbrief vom 21.06.1995 an, das CT der LWS vom 07.06.1995 habe u. a. einen engen Spinalkanal und Foraminastenosen bei L 5 bis S 1 und geringere, jedoch absolute Spinalkanalstenose auch bei L 3/L 4, L 4/L 5 und Verengung der Foramina dieser Segmente ergeben sowie zusätzlich eine medio-bilaterale Protrusion L 4/L 5. Schließlich hat auch der Orthopäde Dr. P. im Arztbrief vom 30.05.1995 eine Lumboischialgie rechts diagnostiziert sowie einen Verdacht auf alten NPP L 5/ S 1 rechts geäußert. Die im Rahmen der vorübergehenden Verschlimmerung der Caudasymptomatik aufgetretene Blasenentleerungsstörung, die im Bericht der Neurochirurgischen Klinik vom 18.02.1999 noch mit einer Restharnmenge von 100 ml präoperativ angegeben wurde, war später nicht mehr vorhanden. So betrug der Restharn nach dem Bericht der Neurochirurgischen Klinik vom 22.02.1999 nur noch 0 ml.
Nicht zu folgen vermag der Senat den Ausführungen von Dr. Ma. in seinem Gutachten vom 07.03.2005. Er ist zwar der Auffassung, dass die Caudasymptomatik mit der neurogenen Blasenstörung als Folge des Arbeitsunfalls vom 14.01.1999 anzusehen sei, zeigt seine Unsicherheit bei der Beantwortung der vom Sozialgericht gestellten Fragen jedoch dadurch, dass er die Einholung eines weiteren Gutachtens bei einem Wirbelsäulenspezialisten empfiehlt um weitere Klarheit in den Fall zu bringen. Außerdem schreibt er, es sei nicht auszuschließen, dass es durch die nicht erkannte und nicht adäquat versorgte Fraktur des 5. Lendenwirbelkörpers in der Folge zu einer Irritation des Myelons gekommen sei. Dies reicht jedoch nicht aus, um einen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der nach dem Unfall bestehenden Caudasymptomatik und dem Arbeitsunfall vom 14.01.1999 zu bejahen. Hierbei darf auch nicht übersehen werden, dass Prof. Dr. Schm. im Arztbrief vom 18.02.1999 berichtet, dass bezüglich der LWK-5-Fraktur von Seiten der Unfallchirurgie keine Indikation zu einem operativen stabilisierenden Eingriff bestand.
Nicht gefolgt werden kann dem Vorbringen des Klägers, angesichts der zeitlichen Korrelation zwischen Unfall und Auftreten der Beschwerden habe die Beklagte die Beweislast. Zuzugeben ist dem Kläger zwar, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn und der Beschwerden besteht. Der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn kann jedoch rein zeitlich nicht begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den eingetretenen Gesundheitsstörungen und dem Unfallereignis nicht wahrscheinlich, so geht dies grundsätzlich nach dem im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der hieraus eine ihm günstige Rechtslage herleiten will, hier also des Klägers. Eine Beweislastumkehr hat das Bundessozialgericht nur vereinzelt angenommen. So im Fall der Beweisvereitelung (BSGE 41, 297, 301; BSGE 59, 235, 241). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.
Die Tatsache, dass der Kläger vor dem Arbeitsunfall arbeitsfähig war, spricht nicht für das Vorliegen eines wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhangs zwischen Auftreten der Caudasymptomatik sowie des Massenprolapses und dem Arbeitsunfall, sondern allenfalls für eine entsprechende Möglichkeit. Immerhin war der Kläger auch vor der stationären Behandlung im April 1998, als ein Bandscheibenvorfall in Höhe von LWK 4/5 diagnostiziert wurde und ebenfalls Blasenentleerungsstörungen vorlagen, arbeitsfähig. Damals aber stand kein Unfallereignis im Raum.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist das Gutachten des Dr. B. nach Auffassung des Senats nicht mit Mängeln behaftet. So ist es im vorliegenden Fall unschädlich, dass Dr. B. den Kläger nicht untersucht hat und das Gutachten nach Aktenlage erstattet worden ist. Dr. B. hat das Gutachten im Jahr 2005 erstattet. Er hatte sich darin aber insbesondere damit auseinanderzusetzen, ob die nach dem Arbeitsunfall im Jahr 1999 aufgetretene Caudasymptomatik mit Wahrscheinlichkeit auf diesen zurückzuführen war. Hierbei kam es jedoch entscheidend auf die in den ersten Monaten nach dem Arbeitsunfall erhobenen Befunde sowie die vor dem Unfall bestehenden Erkrankungen an. Außerdem war der Kläger kurz vor der Gutachtenerstellung von Dr. Ma. im März 2005 untersucht worden und Dr. B. lagen diese Untersuchungsbefunde vor. Eine Rücksprache mit den behandelnden Ärzten des Klägers war zur Erstellung des Gutachtens nicht erforderlich, nachdem Dr. B. zahlreiche medizinische Unterlagen in den Akten der Beklagten sowie in den Sozialgerichtsakten vorlagen. Nicht erforderlich war es, dass Dr. B. dazu Stellung nimmt, worin die beim Kläger aufgetretene schwere Symptomatik, wenn nicht im Arbeitsunfall, ihre Ursache hat.
Die Einholung eines Obergutachtens bzw. die Durchführung einer "quantitativen sensorischen Testung" hält der Senat nicht für erforderlich. Die Tatsache, dass unterschiedliche ärztliche Auffassungen zur Kausalitätsfrage vorliegen führt nur dann zur Einholung eines weiteren Gutachtens, wenn keines dieser Gutachten für den Senat überzeugend ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Der Senat hält das Gutachten von Dr. B. für nachvollziehbar und überzeugend.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14.01.1999.
Der am 1956 geborene Kläger war in den Jahren 1992, 1993 und 1995 u. a. wegen einer akuten Lumboischialgie in Behandlung. Im Februar und März 1996 befand er sich insbesondere wegen chronisch rezidivierender Lumboischialgien rechts bei Spinalkanalstenose in stationärer Rehabilitation. Im April 1998 wurde im Klinikum M. ein Wurzelkompressionssyndrom L 5 und S 1 rechts bei rechts medio-lateral gelegenem Nucleus pulposus-Prolaps in Höhe LWK 4/5 diagnostiziert. Die vorgeschlagene Operation lehnte der Kläger ab.
Am 14.1.1999 rutschte der Kläger während seiner Tätigkeit als Bauspengler bei der Firma K. beim Abtransport von Arbeitsmaterial von einem Gerüst auf die nächste Gerüstebene und erlitt dabei eine Schädelprellung, eine Gesichtsplatzwunde, eine Prellung der rechten Hand und eine LWS-Prellung (Durchgangsarztbericht Unfallchirurg Dr. M.). Im Laufe der ambulanten Behandlung durch Dr. M. traten neurologische Defizite auf, weshalb der Kläger am 09.02.1999 im Klinikum M. stationär aufgenommen wurde. Dort wurde ein inkomplettes Caudasyndrom bei Massenprolaps in Höhe LWK 4/5 sowie ein Zustand nach Sturz mit LWK 5-Fraktur am 14.01.1999 diagnostiziert und es wurde im Rahmen einer Operation ein subligamentär sequestrierter Bandscheibenvorfall entfernt mit Wundrevision am 10.03.1999. Die stationäre Reha-Behandlung fand in der Klinik R. mit Unterbrechungen von Februar bis April 1999 statt.
Die Beklagte holte die Stellungnahme des Chirurgen Dr. St. vom 29.07.1999 ein, der lediglich eine Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über einen Zeitraum von etwa drei Monaten aufgrund des Bruchs des 5. Lendenwirbelkörpers als unfallbedingt ansah. Der Bandscheibenvorfall in Höhe LWK 4/5 sei nicht unfallbedingt.
Mit Bescheid vom 04.12.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er habe keinen Anspruch auf Rente. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte die beratungsfachärztliche Stellungnahme des Orthopäden Dr. M. vom 08.03.2003 ein, der darauf hinwies, dass die weithin überwiegende Mehrzahl aller Bandscheibenvorfälle spontan entstehe oder anlässlich einer Bagatellbewegung, sodass dem Trauma nicht die Rolle einer richtunggebenden Verschlimmerung eines Vorschadens zuzuweisen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 15.04.2004 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und vorgebracht, es bestehe eine enge Verknüpfung zwischen dem Unfalltrauma und seinen derzeitigen Schmerzen bzw. der nach wie vor bestehenden Arbeitsunfähigkeit. Er hat u. a. die Stellungnahme von PD Dr. K., Leiter des Schmerzzentrums am Klinikum M. und den neurologisch-psychiatrischen Befundbericht des Nervenarztes H. vorgelegt.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und das Gutachten des Orthopäden Dr. M. vom 07.03.2005 eingeholt. Er hat zusammenfassend ausgeführt, beim Kläger sei es durch einen geeigneten Unfall, bei bekannter Vorschädigung, zu einer instabilen LWK 5-Fraktur mit der Folge einer schleichenden Querschnittssymptomatik gekommen, möglicherweise auch auf Grund der Tatsache, dass die Verletzung zunächst als solche nicht erkannt und auch nicht adäquat versorgt worden sei. Der jetzige Zustand mit der neurogenen Blasenstörung sei Folge des Arbeitsunfalls vom 14.01.1999. Um noch weitere Klarheit zu erlangen, empfehle er die Einholung eines weiteren Gutachtens bei einem Wirbelsäulenspezialisten. Er empfehle Dr. B.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten mit ergänzender Stellungnahme von dem Orthopäden Dr. B. eingeholt. Er hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsunfall habe zu einer vorübergehenden, nicht richtunggebenden Verschlimmerung eines anlagebedingten Caudasyndroms geführt. Die Verschlimmerung sei im Wesentlichen in der verstärkten Schmerzsymptomatik aufgrund der unfallbedingten Fraktur des 5. Lendenwirbelkörpers zu sehen. Der Wirbelbruch sei ohne Deformierung knöchern fest verheilt.
Mit Urteil vom 23.11.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das beim Kläger bestehende Caudasyndrom sei nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 14.01.1999 zurückzuführen. Dies ergebe sich insbesondere überzeugend aus dem Gutachten von Dr. B.
Gegen das am 13.02.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.03.2006 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, das Sozialgericht habe unbeachtet gelassen, dass er vor dem Arbeitsunfall trotz seiner Vorerkrankungen beruflich voll einsetzbar gewesen sei. Auch sei es fehlerhaft, ihm die Beweislast zuzuweisen. Außerdem hätte das Sozialgericht ein Obergutachten einholen müssen, nachdem Dr. Ma. und Dr. B. unterschiedlicher Auffassung gewesen seien. Weiter leide das Gutachten von Dr. B. an zahlreichen Mängeln. Die noch offenen Fragen könnten höchstwahrscheinlich durch eine "quantitative sensorische Testung (QST)" geklärt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.11.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4.12.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14.01.1999 Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, es werde nicht bestritten, dass es bei dem Unfall vom 14.01.1999 zu einem Bruch des 5. Lendenwirbelkörpers gekommen sei. Hieraus habe sich lediglich vorübergehend eine Zunahme der lumboischialgieformen Schmerzsymptomatik ergeben. Der Bruch sei zwischenzeitlich jedoch ohne Deformierung verheilt. Im Übrigen seien die Ausführungen des Sozialgerichts zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Hiervon ausgehend kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass der Arbeitsunfall vom 14.01.1999 beim Kläger Folgen mit einer MdE um 20 v. H. über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalls hinaus hinterlassen hat.
Nach Überzeugung des Senats besteht als Folge des Arbeitsunfalls vom 14.01.1999 lediglich ein Zustand nach Mehrfragmentfraktur des 5. LWK mit Hinterkantenbeteiligung und Bogenfraktur ohne Dislokation der Fragmente in den Spinalkanal. Eine hierdurch bedingte Arbeitsunfähigkeits- und Behandlungsbedürftigkeit bestand jedoch lediglich - so überzeugend Dr. St. in seiner Stellungnahme vom 29.07.1999, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet - für einen Zeitraum von etwa drei Monaten. Für die Zeit danach liegt keine MdE von wenigstens 20 v. H. vor. Erfahrungsgemäß heilen Frakturen einzelner Lendenwirbel ohne besondere Deformitätsbildung so stabil aus, dass nach Ablauf der 26. Unfallwoche keine MdE in rentenberechtigendem Grad resultiert. Eine solche ergibt sich nur, wenn es zumindest zu einer mäßigen keilförmigen Deformierung des Wirbelkörpers kommt. Dann wird in der unfallmedizinischen Literatur eine Rente als vorläufige Entschädigung von 20 v. H., danach eine MdE unter 10 v. H. angenommen. Auch bei statisch wirksamer Achsenabweichung oder Instabilität kann eine MdE von 20 v. H. angenommen werden (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, Seite 522 ff.). Beim Kläger liegt weder eine Verwachsung des Wirbelkörpers in Keilform vor, noch eine statisch wirksame Achsenabweichung noch eine bedeutsame Instabilität. So berichtet Prof. Dr. Schm. im Arztbrief vom 18.02.1999, die Fraktur in Höhe von LWK 5 sei von Seiten der Unfallchirurgie als bewegungsstabil und nicht behandlungsbedürftig eingestuft worden und auch mittels einer Funktions-Myelografie wurde keine Instabilität nachgewiesen.
Das im Klinikum M. am 09.02.1999 diagnostizierte inkomplette Caudasyndrom bei Massenprolaps in Höhe LWK 4/5 ist nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 14.01.1999 zurückzuführen. Dies ergibt sich für den Senat überzeugend aus den Ausführungen von Dr. B. im Gutachten vom 07.04.2005 mit Ergänzung vom 02.11.2005. Der Unfall hat lediglich zu einer vorübergehenden, nicht richtunggebenden Verschlimmerung eines anlagebedingten und vorbestehenden Caudasyndroms geführt. Der Kläger befand sich nämlich bereits vom 02.04. bis 03.04.1998 in stationärer Behandlung in der Neurochirurgischen Klinik im Klinikum M. wegen eines Wurzelkompressionssyndroms L 5 und S 1 rechts bei medio-lateral gelegenem Nucleus pulposus-Prolaps in Höhe von LWK 4/5. Bereits damals klagte er über nicht eindeutig zuordenbare Blasenentleerungsstörungen im Sinne einer Pollakisurie mit kleinen Harnmengen. Dies spricht bereits damals für das Vorliegen eines Caudasyndroms im Sinne einer inkompletten Querschnittslähmung. Weiter ergibt sich aus dem Vorerkrankungsverzeichnis der AOK R.-N., dass der Kläger schon vom 21.10. bis 23.10.1998 sowie vom 26.05. bis 09.06.1995 wegen Beschwerden an der Wirbelsäule arbeitsunfähig und behandlungsbedürftig war. Auch die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. T.-B. gab in ihrem Schreiben vom 17.06.1999 an, sie habe beim Kläger im Juli 1992 zum ersten Mal eine akute Lumboischialgie diagnostiziert und den Kläger wegen dieser Beschwerden wieder im April 1993 sowie im Mai und Juni 1995 behandelt. Auch im ärztlichen Entlassungsbericht über die vom 01.02. bis 13.03.1996 in der Ziegelfeldklinik durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme werden als Hauptleiden chronisch rezidivierende Lumboischialgien rechts bei Spinalkanalstenose angegeben und der Arzt für Neurologie und Psychiatrie H. gab im Arztbrief vom 21.06.1995 an, das CT der LWS vom 07.06.1995 habe u. a. einen engen Spinalkanal und Foraminastenosen bei L 5 bis S 1 und geringere, jedoch absolute Spinalkanalstenose auch bei L 3/L 4, L 4/L 5 und Verengung der Foramina dieser Segmente ergeben sowie zusätzlich eine medio-bilaterale Protrusion L 4/L 5. Schließlich hat auch der Orthopäde Dr. P. im Arztbrief vom 30.05.1995 eine Lumboischialgie rechts diagnostiziert sowie einen Verdacht auf alten NPP L 5/ S 1 rechts geäußert. Die im Rahmen der vorübergehenden Verschlimmerung der Caudasymptomatik aufgetretene Blasenentleerungsstörung, die im Bericht der Neurochirurgischen Klinik vom 18.02.1999 noch mit einer Restharnmenge von 100 ml präoperativ angegeben wurde, war später nicht mehr vorhanden. So betrug der Restharn nach dem Bericht der Neurochirurgischen Klinik vom 22.02.1999 nur noch 0 ml.
Nicht zu folgen vermag der Senat den Ausführungen von Dr. Ma. in seinem Gutachten vom 07.03.2005. Er ist zwar der Auffassung, dass die Caudasymptomatik mit der neurogenen Blasenstörung als Folge des Arbeitsunfalls vom 14.01.1999 anzusehen sei, zeigt seine Unsicherheit bei der Beantwortung der vom Sozialgericht gestellten Fragen jedoch dadurch, dass er die Einholung eines weiteren Gutachtens bei einem Wirbelsäulenspezialisten empfiehlt um weitere Klarheit in den Fall zu bringen. Außerdem schreibt er, es sei nicht auszuschließen, dass es durch die nicht erkannte und nicht adäquat versorgte Fraktur des 5. Lendenwirbelkörpers in der Folge zu einer Irritation des Myelons gekommen sei. Dies reicht jedoch nicht aus, um einen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der nach dem Unfall bestehenden Caudasymptomatik und dem Arbeitsunfall vom 14.01.1999 zu bejahen. Hierbei darf auch nicht übersehen werden, dass Prof. Dr. Schm. im Arztbrief vom 18.02.1999 berichtet, dass bezüglich der LWK-5-Fraktur von Seiten der Unfallchirurgie keine Indikation zu einem operativen stabilisierenden Eingriff bestand.
Nicht gefolgt werden kann dem Vorbringen des Klägers, angesichts der zeitlichen Korrelation zwischen Unfall und Auftreten der Beschwerden habe die Beklagte die Beweislast. Zuzugeben ist dem Kläger zwar, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn und der Beschwerden besteht. Der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn kann jedoch rein zeitlich nicht begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den eingetretenen Gesundheitsstörungen und dem Unfallereignis nicht wahrscheinlich, so geht dies grundsätzlich nach dem im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der hieraus eine ihm günstige Rechtslage herleiten will, hier also des Klägers. Eine Beweislastumkehr hat das Bundessozialgericht nur vereinzelt angenommen. So im Fall der Beweisvereitelung (BSGE 41, 297, 301; BSGE 59, 235, 241). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.
Die Tatsache, dass der Kläger vor dem Arbeitsunfall arbeitsfähig war, spricht nicht für das Vorliegen eines wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhangs zwischen Auftreten der Caudasymptomatik sowie des Massenprolapses und dem Arbeitsunfall, sondern allenfalls für eine entsprechende Möglichkeit. Immerhin war der Kläger auch vor der stationären Behandlung im April 1998, als ein Bandscheibenvorfall in Höhe von LWK 4/5 diagnostiziert wurde und ebenfalls Blasenentleerungsstörungen vorlagen, arbeitsfähig. Damals aber stand kein Unfallereignis im Raum.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist das Gutachten des Dr. B. nach Auffassung des Senats nicht mit Mängeln behaftet. So ist es im vorliegenden Fall unschädlich, dass Dr. B. den Kläger nicht untersucht hat und das Gutachten nach Aktenlage erstattet worden ist. Dr. B. hat das Gutachten im Jahr 2005 erstattet. Er hatte sich darin aber insbesondere damit auseinanderzusetzen, ob die nach dem Arbeitsunfall im Jahr 1999 aufgetretene Caudasymptomatik mit Wahrscheinlichkeit auf diesen zurückzuführen war. Hierbei kam es jedoch entscheidend auf die in den ersten Monaten nach dem Arbeitsunfall erhobenen Befunde sowie die vor dem Unfall bestehenden Erkrankungen an. Außerdem war der Kläger kurz vor der Gutachtenerstellung von Dr. Ma. im März 2005 untersucht worden und Dr. B. lagen diese Untersuchungsbefunde vor. Eine Rücksprache mit den behandelnden Ärzten des Klägers war zur Erstellung des Gutachtens nicht erforderlich, nachdem Dr. B. zahlreiche medizinische Unterlagen in den Akten der Beklagten sowie in den Sozialgerichtsakten vorlagen. Nicht erforderlich war es, dass Dr. B. dazu Stellung nimmt, worin die beim Kläger aufgetretene schwere Symptomatik, wenn nicht im Arbeitsunfall, ihre Ursache hat.
Die Einholung eines Obergutachtens bzw. die Durchführung einer "quantitativen sensorischen Testung" hält der Senat nicht für erforderlich. Die Tatsache, dass unterschiedliche ärztliche Auffassungen zur Kausalitätsfrage vorliegen führt nur dann zur Einholung eines weiteren Gutachtens, wenn keines dieser Gutachten für den Senat überzeugend ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Der Senat hält das Gutachten von Dr. B. für nachvollziehbar und überzeugend.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
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