Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 1048/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 3639/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. August 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II).
Der am 1943 geborene Kläger, der schon seit Längerem arbeitslos ist, bezog bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi), zuletzt in Höhe von 153,86 Euro wöchentlich. Unter dem 13. August 2004 hatte er eine Erklärung unterzeichnet, wonach er Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) beziehen wolle. Am 3. Dezember 2004 beantragte er Leistungen nach dem SGB II und gab dazu an, allein ein Zimmer in einer Unterkunft der Stadt Freiburg zu bewohnen und hierfür monatlich einen Pauschalbetrag in Höhe von 175,- Euro zu bezahlen.
Mit Bescheid vom 9. Dezember 2004 gewährte ihm die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zunächst für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2005 in Höhe von 492,- Euro monatlich, bestehend aus Regelleistungen in Höhe von 345,- Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 147,- Euro. Da die Kosten der Unterkunft in Höhe von 175,- Euro direkt an die Stadt F. überwiesen wurden, zahlte die Beklagte dem Kläger ab Januar 2005 einen monatlichen Betrag von 317,- Euro aus. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 10. Januar 2005 Widerspruch, mit dem zum einen dem Abzug von 28,- Euro von den Wohnkosten entgegen trat. Außerdem berief er sich auf die am 13. August 2004 unterzeichnete Erklärung gem. § 428 SGB III. Ihm stehe daher aus Vertrauensschutzgründen eine Leistung in Höhe der bisher gewährten Arbeitslosenhilfe zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, die Kosten für die Warmwasseraufbereitung, Kochenergie, Beleuchtung sowie den sonstigen elektrischen Aufwand seien in der Regelleistung enthalten und deshalb in Form eines Pauschalbetrages von 28,- Euro aus der Nutzungsgebühr von 175,- Euro herauszurechnen. Zur Frage des Vertrauensschutzes äußerte sie sich nicht.
Mit weiterem Bescheid vom 19. April 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger hinsichtlich der Höhe und der Berechnungsgrundlagen gegenüber dem Bescheid vom 9. Dezember 2004 unveränderte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 31. Oktober 2005. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 28. Juni 2005 Widerspruch.
Am 18. März 2005 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, mit welcher er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und dazu ausgeführt hat, durch seine Erklärung gem. § 428 SGB III sei ein Vertrauenstatbestand begründet worden, aufgrund dessen er Leistungen in Höhe der bisherigen Arbeitslosenhilfe verlangen könne. Außerdem sei der Pauschalabzug für Warmwasseraufbereitungs- und Haushaltsenergiekosten jedenfalls zu hoch.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. August 2005 hat das SG - unter Klageabweisung im Übrigen - den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Oktober 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 499,26 Euro (anstelle lediglich 492,- Euro) zu bewilligen.
Gegen den ihm am 16. August 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 1. September 2006 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und wiederum darauf abgestellt, er genieße Vertrauensschutz dahin gehend, Leistungen nach dem SGB II in Höhe der zuvor bezogenen Alhi zu erhalten. Bei der Stellung des Antrages nach § 428 SGB III habe er hierauf vertraut.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. August 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2005 und des Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe der bis zum 31. Dezember 2004 bezogenen Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig; insbesondere ist sie statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,- Euro übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist aber unbegründet.
Der Senat hierzu im Prozesskostenhilfeverfahren im Beschluss vom 21. Juni 2006 (L 7 AS 3640/05 PKH-A) Folgendes ausgeführt: "Der Kläger hat aus dem seit 1. Januar 2005 geltenden Gesetz (Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)) keinen Anspruch auf Gewährung von Alhi über den 31. Dezember 2004 hinaus, da es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt. Der Gesetzgeber hat die Alhi zum 1. Januar 2005 abgeschafft und durch das Alg II ersetzt. Die Alhi war zwar ebenso wie das Arbeitslosengeld (Alg) eine Entgeltersatzleistung, anders als das beitragsfinanzierte Alg war sie jedoch steuerfinanziert und hatte die Bedürftigkeit des Arbeitslosen zur Voraussetzung (§ 193 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Ihre Höhe (§ 195 SGB III) war ebenso wie die des Alg abhängig von der des Arbeitsentgelts. Sie verminderte sich um das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen (§ 195 Satz 2 SGB III). Das ab dem 1. Januar 2005 an die Stelle der Alhi getretene Alg II sieht für erwerbsfähige Hilfebedürftige die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft vor (§ 19 Satz 1 SGB II). Die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts wird nach § 20 Abs. 1 SGB II als Regelleistung gewährt; die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend sind, 345,00 EUR. Einen befristeten Zuschlag sieht das Gesetz nach Bezug von Alg vor, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige Alg II innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezugs von Alg erhält. Nach Ablauf des ersten Jahres wird der Zuschlag um 50 von Hundert vermindert. Die Höhe des Zuschlags ist in § 24 Abs. 2 SGB II geregelt; sie ist nach § 24 Abs. 3 SGB II bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auf 160,00 EUR begrenzt.
Der Kläger erhält derzeit auf der Grundlage der Bestimmungen des SGB II Alg II in gesetzlicher Höhe. Sein Antrag, ihm diese in der zuletzt als Alhi bewilligten Höhe zu bezahlen, findet im Gesetz keine Grundlage. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er auf anderer Rechtsgrundlage einen Anspruch auf Alg II in einer das Gesetz übersteigenden Höhe hätte.
Bei der zur Begründung der Berufung angeführten "Übereinkunft vom 13. August 2004" handelt es sich nicht um einen Vertrag, sondern um eine einseitige Erklärung des Klägers. Es besteht auch keine schriftliche Zusage im Sinne des § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), dem Kläger weiterhin bis zum Rentenbeginn Alhi in der bisherigen Höhe zu gewähren. Die Bundesagentur für Arbeit hat mit der Entgegennahme der Erklärung keinen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf einen Weiterbezug der - unveränderten - Alhi bis zum Bezug einer Altersrente geschaffen.
Aus der Regelung des § 428 Abs. 1 SGB III ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift enthielt keine eigenständige Regelung über die Gewährung von Alg und Alhi. Sie sah den Bezug von Leistungen unter erleichterten Voraussetzungen vor. Hierzu mussten die Leistungsempfänger gegenüber der Agentur für Arbeit erklären, nicht mehr arbeitsbereit zu sein und nicht mehr alle Möglichkeiten nutzen zu wollen, ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Nach § 428 Abs. 2 SGB III waren sie verpflichtet, zum frühest möglichen Zeitpunkt eine abschlagfreie Altersrente in Anspruch zu nehmen. Eine solche Verpflichtung oblag den Beziehern von Alhi im Übrigen bereits nach § 202 Abs. 1 SGB III. Die Erklärung nach § 428 SGB III hat zu Gunsten des Klägers auch Wirkung im Rahmen der Bewilligung des Alg II. Nach der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II haben abweichend von § 2 SGB II auch erwerbsfähige Hilfebedürftige Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, ihre Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer Arbeit zu beenden. Damit steht im Falle des Klägers fest, dass die von ihm abgegebene Erklärung nach § 428 SGB III in Bezug auf Alg II die gleiche Wirkung entfaltet wie zuvor im Rahmen der Alhi.
Weitergehende Schutzwirkungen kann der Kläger aus der Erklärung nach § 428 SGB III nicht für sich herleiten. Deren Erklärungswert beschränkt sich darauf, dass auf die subjektive Verfügbarkeit - das Arbeitenwollen der Antragsteller - verzichtet wird, aber gleichwohl weiter Fürsorgeleistungen des Staates, z. B. in Form der Alhi, erbracht werden. Nur insoweit ist ein Vertrauenstatbestand gegeben, dem die Bestimmung des § 65 Abs. 4 SGB II Rechnung trägt. Diese wurde auch im Hinblick auf Bezieher von Alhi geschaffen, welche die Möglichkeiten des § 428 Abs. 1 SGB III in Anspruch genommen hatten. (vgl. die amtliche Begründung zu § 65 SGB II, BT-Drs. 15/1749). Die erleichterte Bezugsmöglichkeit der Alhi kann zu Lebensplanungen geführt haben, deren Änderungen unzumutbar wären. Mit § 65 Abs. 4 SGB II ist daher eine Vertrauensschutzbestimmung geschaffen worden, durch die zeitlich begrenzt sichergestellt wird, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige, die auf die bisherige Rechtslage - § 428 Abs. 1 SGB III - vertrauten, ihre Lebensplanung nicht mehr ändern müssen. Danach werden ältere Arbeitslose auch unter Geltung des SGB II von der Obliegenheit des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft befreit (vgl. dazu Hünecke in Gagel, Kommentar zum SGB II, 2005, § 65 Rdnr. 26; Blüggel in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2005, § 65 Rdnr. 16 ; Mayer in Oestreicher, Kommentar zum SGB XII/SGB II, Loseblattsammlung, § 65 SGB II Rdnrn. 35 ff.).
Einen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass die neue Leistung des Alg II in gleicher Höhe wie zuvor die frühere Alhi erbracht wird, begründet die Bestimmung des § 428 Abs. 1 SGB III indessen nicht (ebenso Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, Urteil vom 19.01.2006 - L 8 AS 310/05 - juris). Für den vom Kläger zur Begründung seines Begehrens in Anspruch genommenen Vertrauensschutz bietet auch seine persönliche Situation keinen Anlass. Der Kläger hat erstmals im August 2004 erklärt, er mache von der Regelung des damals geltenden § 428 Abs. 3 SGB III Gebrauch. Zu diesem Zeitpunkt war bereits absehbar, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, die Alhi abzuschaffen und durch eine allein am Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung orientierte Sozialleistung, das Alg II, zu ersetzen. In dem kurzen Zeitraum bis zum Jahresende 2004, zu welchem die Regelungen über die Alhi aufgehoben und durch die Regelungen des SGB II ersetzt worden sind, konnte durch die bis dahin erfolgte Bewilligung kein Bestandsschutz im Sinne einer eigentumsähnlich verfestigten Position entstehen, dessen Beseitigung durch die Neuregelung gerade im Falle des Klägers gegen Grundrechte verstieße.
Dies umso mehr, als die Kürzung eines Arbeitslosenhilfeanspruches durch das neue Alg II nicht in erworbene Rechte eingreift, die dem Eigentumsschutz nach Art. 14 GG unterliegen. Denn die Alhi ist nicht beitrags-, sondern steuerfinanziert und fällt daher nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. September 2005 - 1 BvR 1773/03 - zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung von Alhi). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt aber der Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen u. a. nur in Betracht, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und zudem der Sicherung seiner Existenz dienen (vgl. BVerfGE 53, 257 , 289 ff = SozR 7610 § 1587 Nr. 1; BVerfGE 69, 272 , 300 = SozR 2200 § 165 Nr. 81; BVerfGE 72, 9 , 19 = SozR 4100 § 104 Nr. 13). Dem hat sich das Bundessozialgericht angeschlossen (vgl. z.B. BSGE 69, 76 , 77 f = SozR 3-2500 § 59 Nr. 1 S 3 f und Urteil vom 13. Dezember 2005 - B 1 KR 4/05 R - SozR 4-0000, zum Wegfall des Sterbegeldes in der Krankenversicherung zum 1. Januar 2004).
Auch aus den vom Kläger angeführten Gründen des aus Art. 20 Grundgesetz (GG) abzuleitenden Vertrauens- und Bestandsschutzes bestehen keine verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Abschaffung der Alhi zu Gunsten der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der Gesetzgeber war insbesondere nicht daran gehindert, diese Leistungsart abzuschaffen und für die Sicherstellung des Lebensunterhalts ein anderes Regelungswerk einzuführen (zum Wegfall der originären Alhi ab 1. Januar 2000 vgl. BSG SozR 4-4300 § 434b Nr. 1), zumal er sich für die Zusammenführung von Alhi und Sozialhilfe ab 1. Januar 2005 auf gewichtige Gründe berufen kann. Er hat im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz als reformbedürftig angesehen, dass allein die unterschiedliche Art des Leistungsbezuges bei Arbeitslosigkeit trotz Erwerbsfähigkeit (Sozialhilfe einerseits bzw. Alhi andererseits) den Zugang zu den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen prägte, zu unterschiedlicher sozialer Sicherung (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rente), zu unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten (Sozialgerichte/Verwaltungsgerichte) und immer wieder zu Versuchen der Leistungsverschiebung zwischen den Körperschaften geführt hatte (vgl. Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, a.a.O.). Hiervon ausgehend hält sich die Entscheidung des Gesetzgebers, die Alhi zu Gunsten des Alg II abzuschaffen, innerhalb des weiten Gestaltungsspielraums, welcher diesem auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 13. Dezember 2005, a.a.O.) bei der Ausformung sozialrechtlicher Positionen zusteht. Dass in diesem Zuge das Anspruchsniveau der staatlichen Fürsorgeleistung abgesenkt wurde, unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass z. B. derjenige, welcher als Pflichtversicherter in der gesetzlichen Krankenversicherung beitritt, von vornherein nicht erwarten darf, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Leistungen auf Dauer unverändert fortbestehen. Die gesetzlichen Sozialversicherungen sind Solidargemeinschaften auf Dauer, die sich im Laufe der Zeit vielfachen Veränderungen anpassen müssen. Wer Mitglied einer so geprägten Gemeinschaft ist, erwirbt nicht nur die damit verbundenen Chancen, sondern trägt mit den anderen Versicherten auch ihre Risiken ( BVerfGE 69, 272 , 314 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 135).
In gleicher Weise besteht in der Arbeitslosenversicherung grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen eines Hilfeempfängers auf künftigen Fortbestand des bisherigen Anspruchsniveaus staatlicher Leistungen. Der Gesetzgeber ist vielmehr, da es sich bei der Alhi ebenso wie beim Alg II um eine steuerfinanzierte Sozialleistung handelt, grundsätzlich nicht gehindert, die Leistung - unter Beachtung des existenziellen Minimums - abzusenken. Dass hierbei verfassungsmäßige Rechte des Klägers verletzt worden wären, vermag der Senat nicht zu erkennen, zumal dieser hinsichtlich der Höhe der Zahlungen nicht anders gestellt ist als jeder Bezieher von Alhi im Jahr 2004, dessen Anspruch aufgrund der damals geltenden Bestimmungen höher war als die ab 2005 eingeführte Regelleistung.
Bei dieser Sachlage gibt es nach Auffassung des Senats für den vom Kläger behaupteten Anspruch keine denkbare Anspruchsgrundlage. Das vorliegende Verfahren bietet auch keine Veranlassung zu einer Auseinandersetzung mit der Verfassungsmäßigkeit der Bemessung der monatlichen Regelleistung gem. § 20 Abs. 2 SGB II unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde und des Sozialstaatsprinzips. Denn der Kläger macht nicht substantiiert eine generelle Unterdeckung seines individuellen Bedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts durch die Bemessung der Regelleistung des Arbeitslosengeldes II geltend, sondern beruft sich wie ausgeführt unter Heranziehung von § 428 SGB III - pauschal - darauf, dass dieses aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Besitzstandswahrung nicht unterhalb des Anspruchsniveaus der bis zum 31. Dezember 2004 bezogenen Arbeitslosenhilfe liegen dürfe. Mit diesem Argument kann er jedoch aus den dargestellten Gründen nicht durchdringen."
An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch nach nochmaliger Prüfung fest und sieht - auch mit Blick darauf, dass die Kläger-Seite gegen die Richtigkeit der vom Senat im Prozesskostenhilfeverfahren vertretenen Auffassung nichts vorgebracht hat - zur Vermeidung von Wiederholungen von weiter gehenden Ausführungen ab. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Bundessozialgericht (BSG) in einem Urteil vom heutigen Tag (B 11b AS 9/06 R; im Internet verfügbar unter www.spiegel-online.de) die vom Senat vertretene Auffassung teilt, wonach älteren Arbeitnehmern, die von der Regelung des § 428 SGB III Gebrauch gemacht haben, kein Anspruch auf Alg II in der Höhe der früheren Alhi zusteht. Nach dieser Entscheidung war der Gesetzgeber auch nicht gehalten, für bisherige Arbeitslosenhilfebezieher - wie den Kläger - eine ähnliche Regelung zu schaffen, wie dies etwa durch den befristeten Zuschlag für Arbeitslosengeldbezieher geschehen ist. In einer weiteren Entscheidung vom heutigen Tag (B 11b AS 1/06 R) vertritt das BSG zudem die Auffassung, dass keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen gegen die gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen (§ 20 Abs. 2 und 3 SGB II) und die aus den Gesetzesmaterialien nachzuvollziehende Art der Bedarfsermittlung und deren Ergebnis. Weiter gehende als die im SGB II normierten Leistungen stehen dem Kläger danach nicht zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen - jedenfalls nach Verkündung der o. g. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom heutigen Tag - nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II).
Der am 1943 geborene Kläger, der schon seit Längerem arbeitslos ist, bezog bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi), zuletzt in Höhe von 153,86 Euro wöchentlich. Unter dem 13. August 2004 hatte er eine Erklärung unterzeichnet, wonach er Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) beziehen wolle. Am 3. Dezember 2004 beantragte er Leistungen nach dem SGB II und gab dazu an, allein ein Zimmer in einer Unterkunft der Stadt Freiburg zu bewohnen und hierfür monatlich einen Pauschalbetrag in Höhe von 175,- Euro zu bezahlen.
Mit Bescheid vom 9. Dezember 2004 gewährte ihm die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zunächst für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2005 in Höhe von 492,- Euro monatlich, bestehend aus Regelleistungen in Höhe von 345,- Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 147,- Euro. Da die Kosten der Unterkunft in Höhe von 175,- Euro direkt an die Stadt F. überwiesen wurden, zahlte die Beklagte dem Kläger ab Januar 2005 einen monatlichen Betrag von 317,- Euro aus. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 10. Januar 2005 Widerspruch, mit dem zum einen dem Abzug von 28,- Euro von den Wohnkosten entgegen trat. Außerdem berief er sich auf die am 13. August 2004 unterzeichnete Erklärung gem. § 428 SGB III. Ihm stehe daher aus Vertrauensschutzgründen eine Leistung in Höhe der bisher gewährten Arbeitslosenhilfe zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, die Kosten für die Warmwasseraufbereitung, Kochenergie, Beleuchtung sowie den sonstigen elektrischen Aufwand seien in der Regelleistung enthalten und deshalb in Form eines Pauschalbetrages von 28,- Euro aus der Nutzungsgebühr von 175,- Euro herauszurechnen. Zur Frage des Vertrauensschutzes äußerte sie sich nicht.
Mit weiterem Bescheid vom 19. April 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger hinsichtlich der Höhe und der Berechnungsgrundlagen gegenüber dem Bescheid vom 9. Dezember 2004 unveränderte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 31. Oktober 2005. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 28. Juni 2005 Widerspruch.
Am 18. März 2005 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, mit welcher er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und dazu ausgeführt hat, durch seine Erklärung gem. § 428 SGB III sei ein Vertrauenstatbestand begründet worden, aufgrund dessen er Leistungen in Höhe der bisherigen Arbeitslosenhilfe verlangen könne. Außerdem sei der Pauschalabzug für Warmwasseraufbereitungs- und Haushaltsenergiekosten jedenfalls zu hoch.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. August 2005 hat das SG - unter Klageabweisung im Übrigen - den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Oktober 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 499,26 Euro (anstelle lediglich 492,- Euro) zu bewilligen.
Gegen den ihm am 16. August 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 1. September 2006 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und wiederum darauf abgestellt, er genieße Vertrauensschutz dahin gehend, Leistungen nach dem SGB II in Höhe der zuvor bezogenen Alhi zu erhalten. Bei der Stellung des Antrages nach § 428 SGB III habe er hierauf vertraut.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. August 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 2005 und des Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe der bis zum 31. Dezember 2004 bezogenen Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig; insbesondere ist sie statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,- Euro übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist aber unbegründet.
Der Senat hierzu im Prozesskostenhilfeverfahren im Beschluss vom 21. Juni 2006 (L 7 AS 3640/05 PKH-A) Folgendes ausgeführt: "Der Kläger hat aus dem seit 1. Januar 2005 geltenden Gesetz (Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)) keinen Anspruch auf Gewährung von Alhi über den 31. Dezember 2004 hinaus, da es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt. Der Gesetzgeber hat die Alhi zum 1. Januar 2005 abgeschafft und durch das Alg II ersetzt. Die Alhi war zwar ebenso wie das Arbeitslosengeld (Alg) eine Entgeltersatzleistung, anders als das beitragsfinanzierte Alg war sie jedoch steuerfinanziert und hatte die Bedürftigkeit des Arbeitslosen zur Voraussetzung (§ 193 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Ihre Höhe (§ 195 SGB III) war ebenso wie die des Alg abhängig von der des Arbeitsentgelts. Sie verminderte sich um das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen (§ 195 Satz 2 SGB III). Das ab dem 1. Januar 2005 an die Stelle der Alhi getretene Alg II sieht für erwerbsfähige Hilfebedürftige die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft vor (§ 19 Satz 1 SGB II). Die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts wird nach § 20 Abs. 1 SGB II als Regelleistung gewährt; die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend sind, 345,00 EUR. Einen befristeten Zuschlag sieht das Gesetz nach Bezug von Alg vor, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige Alg II innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezugs von Alg erhält. Nach Ablauf des ersten Jahres wird der Zuschlag um 50 von Hundert vermindert. Die Höhe des Zuschlags ist in § 24 Abs. 2 SGB II geregelt; sie ist nach § 24 Abs. 3 SGB II bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auf 160,00 EUR begrenzt.
Der Kläger erhält derzeit auf der Grundlage der Bestimmungen des SGB II Alg II in gesetzlicher Höhe. Sein Antrag, ihm diese in der zuletzt als Alhi bewilligten Höhe zu bezahlen, findet im Gesetz keine Grundlage. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er auf anderer Rechtsgrundlage einen Anspruch auf Alg II in einer das Gesetz übersteigenden Höhe hätte.
Bei der zur Begründung der Berufung angeführten "Übereinkunft vom 13. August 2004" handelt es sich nicht um einen Vertrag, sondern um eine einseitige Erklärung des Klägers. Es besteht auch keine schriftliche Zusage im Sinne des § 34 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), dem Kläger weiterhin bis zum Rentenbeginn Alhi in der bisherigen Höhe zu gewähren. Die Bundesagentur für Arbeit hat mit der Entgegennahme der Erklärung keinen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf einen Weiterbezug der - unveränderten - Alhi bis zum Bezug einer Altersrente geschaffen.
Aus der Regelung des § 428 Abs. 1 SGB III ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift enthielt keine eigenständige Regelung über die Gewährung von Alg und Alhi. Sie sah den Bezug von Leistungen unter erleichterten Voraussetzungen vor. Hierzu mussten die Leistungsempfänger gegenüber der Agentur für Arbeit erklären, nicht mehr arbeitsbereit zu sein und nicht mehr alle Möglichkeiten nutzen zu wollen, ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Nach § 428 Abs. 2 SGB III waren sie verpflichtet, zum frühest möglichen Zeitpunkt eine abschlagfreie Altersrente in Anspruch zu nehmen. Eine solche Verpflichtung oblag den Beziehern von Alhi im Übrigen bereits nach § 202 Abs. 1 SGB III. Die Erklärung nach § 428 SGB III hat zu Gunsten des Klägers auch Wirkung im Rahmen der Bewilligung des Alg II. Nach der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 4 SGB II haben abweichend von § 2 SGB II auch erwerbsfähige Hilfebedürftige Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, ihre Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer Arbeit zu beenden. Damit steht im Falle des Klägers fest, dass die von ihm abgegebene Erklärung nach § 428 SGB III in Bezug auf Alg II die gleiche Wirkung entfaltet wie zuvor im Rahmen der Alhi.
Weitergehende Schutzwirkungen kann der Kläger aus der Erklärung nach § 428 SGB III nicht für sich herleiten. Deren Erklärungswert beschränkt sich darauf, dass auf die subjektive Verfügbarkeit - das Arbeitenwollen der Antragsteller - verzichtet wird, aber gleichwohl weiter Fürsorgeleistungen des Staates, z. B. in Form der Alhi, erbracht werden. Nur insoweit ist ein Vertrauenstatbestand gegeben, dem die Bestimmung des § 65 Abs. 4 SGB II Rechnung trägt. Diese wurde auch im Hinblick auf Bezieher von Alhi geschaffen, welche die Möglichkeiten des § 428 Abs. 1 SGB III in Anspruch genommen hatten. (vgl. die amtliche Begründung zu § 65 SGB II, BT-Drs. 15/1749). Die erleichterte Bezugsmöglichkeit der Alhi kann zu Lebensplanungen geführt haben, deren Änderungen unzumutbar wären. Mit § 65 Abs. 4 SGB II ist daher eine Vertrauensschutzbestimmung geschaffen worden, durch die zeitlich begrenzt sichergestellt wird, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige, die auf die bisherige Rechtslage - § 428 Abs. 1 SGB III - vertrauten, ihre Lebensplanung nicht mehr ändern müssen. Danach werden ältere Arbeitslose auch unter Geltung des SGB II von der Obliegenheit des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft befreit (vgl. dazu Hünecke in Gagel, Kommentar zum SGB II, 2005, § 65 Rdnr. 26; Blüggel in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2005, § 65 Rdnr. 16 ; Mayer in Oestreicher, Kommentar zum SGB XII/SGB II, Loseblattsammlung, § 65 SGB II Rdnrn. 35 ff.).
Einen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass die neue Leistung des Alg II in gleicher Höhe wie zuvor die frühere Alhi erbracht wird, begründet die Bestimmung des § 428 Abs. 1 SGB III indessen nicht (ebenso Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, Urteil vom 19.01.2006 - L 8 AS 310/05 - juris). Für den vom Kläger zur Begründung seines Begehrens in Anspruch genommenen Vertrauensschutz bietet auch seine persönliche Situation keinen Anlass. Der Kläger hat erstmals im August 2004 erklärt, er mache von der Regelung des damals geltenden § 428 Abs. 3 SGB III Gebrauch. Zu diesem Zeitpunkt war bereits absehbar, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, die Alhi abzuschaffen und durch eine allein am Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung orientierte Sozialleistung, das Alg II, zu ersetzen. In dem kurzen Zeitraum bis zum Jahresende 2004, zu welchem die Regelungen über die Alhi aufgehoben und durch die Regelungen des SGB II ersetzt worden sind, konnte durch die bis dahin erfolgte Bewilligung kein Bestandsschutz im Sinne einer eigentumsähnlich verfestigten Position entstehen, dessen Beseitigung durch die Neuregelung gerade im Falle des Klägers gegen Grundrechte verstieße.
Dies umso mehr, als die Kürzung eines Arbeitslosenhilfeanspruches durch das neue Alg II nicht in erworbene Rechte eingreift, die dem Eigentumsschutz nach Art. 14 GG unterliegen. Denn die Alhi ist nicht beitrags-, sondern steuerfinanziert und fällt daher nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. September 2005 - 1 BvR 1773/03 - zur Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung von Alhi). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt aber der Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen u. a. nur in Betracht, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und zudem der Sicherung seiner Existenz dienen (vgl. BVerfGE 53, 257 , 289 ff = SozR 7610 § 1587 Nr. 1; BVerfGE 69, 272 , 300 = SozR 2200 § 165 Nr. 81; BVerfGE 72, 9 , 19 = SozR 4100 § 104 Nr. 13). Dem hat sich das Bundessozialgericht angeschlossen (vgl. z.B. BSGE 69, 76 , 77 f = SozR 3-2500 § 59 Nr. 1 S 3 f und Urteil vom 13. Dezember 2005 - B 1 KR 4/05 R - SozR 4-0000, zum Wegfall des Sterbegeldes in der Krankenversicherung zum 1. Januar 2004).
Auch aus den vom Kläger angeführten Gründen des aus Art. 20 Grundgesetz (GG) abzuleitenden Vertrauens- und Bestandsschutzes bestehen keine verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Abschaffung der Alhi zu Gunsten der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der Gesetzgeber war insbesondere nicht daran gehindert, diese Leistungsart abzuschaffen und für die Sicherstellung des Lebensunterhalts ein anderes Regelungswerk einzuführen (zum Wegfall der originären Alhi ab 1. Januar 2000 vgl. BSG SozR 4-4300 § 434b Nr. 1), zumal er sich für die Zusammenführung von Alhi und Sozialhilfe ab 1. Januar 2005 auf gewichtige Gründe berufen kann. Er hat im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz als reformbedürftig angesehen, dass allein die unterschiedliche Art des Leistungsbezuges bei Arbeitslosigkeit trotz Erwerbsfähigkeit (Sozialhilfe einerseits bzw. Alhi andererseits) den Zugang zu den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen prägte, zu unterschiedlicher sozialer Sicherung (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rente), zu unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten (Sozialgerichte/Verwaltungsgerichte) und immer wieder zu Versuchen der Leistungsverschiebung zwischen den Körperschaften geführt hatte (vgl. Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, a.a.O.). Hiervon ausgehend hält sich die Entscheidung des Gesetzgebers, die Alhi zu Gunsten des Alg II abzuschaffen, innerhalb des weiten Gestaltungsspielraums, welcher diesem auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 13. Dezember 2005, a.a.O.) bei der Ausformung sozialrechtlicher Positionen zusteht. Dass in diesem Zuge das Anspruchsniveau der staatlichen Fürsorgeleistung abgesenkt wurde, unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass z. B. derjenige, welcher als Pflichtversicherter in der gesetzlichen Krankenversicherung beitritt, von vornherein nicht erwarten darf, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Leistungen auf Dauer unverändert fortbestehen. Die gesetzlichen Sozialversicherungen sind Solidargemeinschaften auf Dauer, die sich im Laufe der Zeit vielfachen Veränderungen anpassen müssen. Wer Mitglied einer so geprägten Gemeinschaft ist, erwirbt nicht nur die damit verbundenen Chancen, sondern trägt mit den anderen Versicherten auch ihre Risiken ( BVerfGE 69, 272 , 314 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 135).
In gleicher Weise besteht in der Arbeitslosenversicherung grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen eines Hilfeempfängers auf künftigen Fortbestand des bisherigen Anspruchsniveaus staatlicher Leistungen. Der Gesetzgeber ist vielmehr, da es sich bei der Alhi ebenso wie beim Alg II um eine steuerfinanzierte Sozialleistung handelt, grundsätzlich nicht gehindert, die Leistung - unter Beachtung des existenziellen Minimums - abzusenken. Dass hierbei verfassungsmäßige Rechte des Klägers verletzt worden wären, vermag der Senat nicht zu erkennen, zumal dieser hinsichtlich der Höhe der Zahlungen nicht anders gestellt ist als jeder Bezieher von Alhi im Jahr 2004, dessen Anspruch aufgrund der damals geltenden Bestimmungen höher war als die ab 2005 eingeführte Regelleistung.
Bei dieser Sachlage gibt es nach Auffassung des Senats für den vom Kläger behaupteten Anspruch keine denkbare Anspruchsgrundlage. Das vorliegende Verfahren bietet auch keine Veranlassung zu einer Auseinandersetzung mit der Verfassungsmäßigkeit der Bemessung der monatlichen Regelleistung gem. § 20 Abs. 2 SGB II unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde und des Sozialstaatsprinzips. Denn der Kläger macht nicht substantiiert eine generelle Unterdeckung seines individuellen Bedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts durch die Bemessung der Regelleistung des Arbeitslosengeldes II geltend, sondern beruft sich wie ausgeführt unter Heranziehung von § 428 SGB III - pauschal - darauf, dass dieses aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Besitzstandswahrung nicht unterhalb des Anspruchsniveaus der bis zum 31. Dezember 2004 bezogenen Arbeitslosenhilfe liegen dürfe. Mit diesem Argument kann er jedoch aus den dargestellten Gründen nicht durchdringen."
An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch nach nochmaliger Prüfung fest und sieht - auch mit Blick darauf, dass die Kläger-Seite gegen die Richtigkeit der vom Senat im Prozesskostenhilfeverfahren vertretenen Auffassung nichts vorgebracht hat - zur Vermeidung von Wiederholungen von weiter gehenden Ausführungen ab. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Bundessozialgericht (BSG) in einem Urteil vom heutigen Tag (B 11b AS 9/06 R; im Internet verfügbar unter www.spiegel-online.de) die vom Senat vertretene Auffassung teilt, wonach älteren Arbeitnehmern, die von der Regelung des § 428 SGB III Gebrauch gemacht haben, kein Anspruch auf Alg II in der Höhe der früheren Alhi zusteht. Nach dieser Entscheidung war der Gesetzgeber auch nicht gehalten, für bisherige Arbeitslosenhilfebezieher - wie den Kläger - eine ähnliche Regelung zu schaffen, wie dies etwa durch den befristeten Zuschlag für Arbeitslosengeldbezieher geschehen ist. In einer weiteren Entscheidung vom heutigen Tag (B 11b AS 1/06 R) vertritt das BSG zudem die Auffassung, dass keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen gegen die gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen (§ 20 Abs. 2 und 3 SGB II) und die aus den Gesetzesmaterialien nachzuvollziehende Art der Bedarfsermittlung und deren Ergebnis. Weiter gehende als die im SGB II normierten Leistungen stehen dem Kläger danach nicht zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen - jedenfalls nach Verkündung der o. g. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom heutigen Tag - nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved