S 26 R 13/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 13/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 214/06
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).

Die am 00.00.1921 im L (L) in Litauen geborene Klägerin ist Jüdin und Verfolgte des Nazi-Regime und lebt seit ca. 1957 in Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit.

Sie beantragte am 11.10.2002 die Gewährung einer Regelaltersrente aus der Deutschen Rentenversicherung, unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Sie gab dabei an, zwar nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört zu haben (Bl. 8 Rückseite der Verwaltungsakte); sie habe aber von August 1941 bis Oktober 1942 während des Aufenthaltes im Ghetto Kowno auch außerhalb des Ghettos Tätigkeiten als Arbeiterin für eine Firma T-E verrichtet. Sie habe Waggons entladen und ähnliche Arbeiten verrichtet. Auf dem Weg von und zur Arbeit sei sie bewacht worden. Sie haben 8 bis 10 Stunden täglich gearbeitet. Die Arbeit sei durch den Judenrat vermittelt worden. Bekommen habe sie dafür vom Judenrat Mittagessen und wöchentlich zusätzliche Lebensmittel und auch Arbeitskleidung (Bl. 10, 17, 53, 54 der Verwaltungsakte). Im Herbst 1942 seit sie nach Stuttow und in andere Konzentrationslager gekommen.

Die Beklagte zog die Vorgänge der Claims Conference bei. Da hatte die Klägerin angegeben, bis 1944 im Ghetto Kowno gewesen zu sein und dann erst nach Stuttow überstellt worden zu sein. Die Beklagte zog auch die Entschädigungsakte der Bezirksregierung Düsseldorf bei. Dort hatte die Klägerin 1958 angegeben, sie habe am Flugplatz von Kowno Zwangsarbeit in Form von Erdarbeiten verrichten müssen (Bl. 43 Verwaltungsakte). Ein Zeuge S bestätigte das 1966 (Bl. 67 Verwaltungsakte). Eine Zeugin C sprach von verschiedenen Zwangsarbeiten der Klägerin (Bl. 66 Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 10.08.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen eine entgeltlichen aus eigenen Willensentschluss zu Stande gekommenen freiwilligen Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr sei nach den eigenen Schilderungen der Klägerin in ihren Entschädigungsakten von ihren Arbeitseinsätzen, dies jeweils als Zwangsarbeit anzusehen gewesen, die nach dem ZRBG nicht anerkannt werden könne. Weitere Arbeiten habe sie damals nicht erwähnt. Auch seien die Angaben zu den Zeiträumen, in denen sie in Kowno gewesen sei, widersprüchlich.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 12.08.2004 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, sie habe für die geschilderte Arbeit für die Firma T-E Lohn in Form von besserem Essen bzw. zusätzlichen Lebensmittel und Arbeitskleidung erhalten. Weil Essen und Lebensmittel damals wertvoller als Barlohn gewesen seien, hätten diverse Senate des LSG NRW solche Sachbezüge bereits als ausreichende Entlohnung im Sinne des ZRBG angesehen. Erst ab Herbst 1942 habe sie nur noch Zwangsarbeiten verrichtet, diese in Kowno bis Ende 1943.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung gab sie ihre bisherige Begründung ausführlich wieder und führte noch ergänzend aus, bei den Arbeitsverrichtungen außerhalb des Ghettos Kaunas handele es sich um eine für die damalige Zeit nationalsozialistischer Verfolgung typische Form von Zwangsarbeit oder direkter Kontrolle und Aufsicht der Besatzer bei Unterbringung im Ghetto und nur notdürftiger Versorgung. Der Arbeitseinsatz außerhalb des Ghettos trage vorrangig die Merkmale einer bewachten Zwangsarbeit, weil die Bewachung nicht nur auf dem Transport von und zur Arbeitsstätte erfolgt sei, sondern auch während des Arbeitseinsatzes angedauert habe. Die Zuweisung jüdischer Arbeitskräfte zu Arbeiten außerhalb des Ghettos in Arbeitskommandos trage demnach die charakteristischen Züge von Zwangsarbeit, so dass Ansprüche nach dem ZRBG nicht bestünden. Im Übrigen gehe die Beklagte davon aus, dass für die Tätigkeiten während des Ghetto-Aufenthaltes Einsatz geringfügiges Entgelt gewährt worden sei, nur in Form von Essen bzw. Beköstigung. Dies reiche aber für einen Entgelt im Sinne des ZRBG nicht aus. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 11.01.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.

Zur Begründung nimmt die Klägerin sinngemäß Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend macht sie geltend, für ihre Tätigkeit habe sie Lohn in Form von Sachbezügen zur beliebigen Verfügung bekommen, also ihr Essen am Arbeitsplatz, zusätzliche Lebensmittel für zu Hause, Kleidung, Heizmaterial und freie Unterkunft. Dies hätte die Geringfügigkeitsgrenze im Sinne der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts (BSG) überschritten. In anderen gleichgelagerten Fällen habe die Beklagte Anerkennung nach dem ZRBG ausgesprochen. Im Übrigen sei die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis - dem sie nicht angehört habe - keine Anspruchsvoraussetzungen (Schriftsatz vom 12.06.2006). Die Wartezeit wäre auch bereits erfüllt mit israelischen Beiträgen.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2004 zu verurteilen, ihr unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihr anlässlich des Aufenthaltes im Ghetto Kowno von August 1941 bis Oktober 1942 zurückgelegten Zeiten einer Beschäftigung - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden Ersatzzeiten eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen seit dem 01.07.1997 zuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend macht sie geltend: In den Ghetto-Werkstätten in Kaunas hätten 4600 Juden gearbeitet, die statt Lohn nur Lebensmittel erhalten hätten, die nicht mehr als Hungerrationen gewesen seien. Zum Überleben hätten sich die Ghettobewohner vom Erlös ihrer letzten Nahrungsmittel verschaffen müssen, die unter großen Gefahren ins Ghetto geschmuggelt worden seien. Sie verweise auf den Zyklopädie des Holokaust. Unter Berücksichtigung auch des Urteils des 13. Senats des BSG vom 07.10.2004 und der hier maßgeblichen individuellen Verhältnisse der Klägerin sei hiervon schon nicht ausreichend Entgelt im Sinne des ZRBG auszugehen bzw. sei ein solches Entgelt auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Alleine Ersatzzeiten - wie hier mit Schriftsatz vom 03.08.2006 anerkannt - reichten nicht aus für eine Altersrentengewährung.

Das Gericht hat die Entschädigungsakten der Bezirksregierung Düsseldorf beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und dem Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagte und dem Inhalt der Entschädigungsakte Bezug genommen; alle diese Akten und Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte in Abwesenheit des Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil dieser mit der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt. Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 10.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2004, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zurecht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der da eingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG), also mit nicht zu entsprechen, weil Beitragszeiten nach dem ZRBG hier nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend glaubhaft gemacht sind und weil alleine Ersatzzeiten wegen Verfolgung nicht ausreichen, einen Rentenanspruch zu begründen; aber selbst wenn Tatbstände freiwilliger und entgeltlicher Beschäftigung vorliegen würden, die Beitragszeiten im Sinne des ZRBG dem Grunde nach darzustellen geeignet wären, könnte ein Rentenanspruch auch nicht entstehen, weil die Klägerin nicht zum deutschen Sprach- und Kulturkreis gehört, da die Zugehörigkeit dazu Anspruchsvoraussetzungen für eine Altersrente ist.

Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gem. § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden und hält sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Insbesondere hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 10.08.2004 auch bereits die entscheidende Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG mit den dortigen wesentlichen Voraussetzungen wiedergegeben, wonach schon dem Grunde nach Zeiten nach dem ZRBG für die Klägerin nicht in Betracht kommen.

Ergänzend führt das Gericht noch Folgendes aus: Voraussetzung für die Gewährung einer Regelaltersrente ist nach § 35 des Sozialgesetzbuches (SGB) VI neben der Vollendung des 65. Lebensjahres die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit. Darauf anrechenbare Zeiten im Sinne von §§ 5 ff. SGB VI hat die Klägerin aber nicht; die Anwendbarkeit des ZRBG, also des "Ghetto-Gesetzes" zu ihren Gunsten zur Begründung von Beitragszeiten der Deutschen Rentenversicherung und zur Zahlbarmachung einer Rente auch ins Ausland, scheitert hier schon daran, dass eine Beschäftigung während eines Aufenthaltes in einem Ghetto im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG nicht nachgewiesen bzw. ausreichend glaubhaft gemacht ist, wie auch eine "entgeltliche" Beschäftigung aus "eigenem Willensentschluss" darzustellen geeignet wäre.

I. Es fehlt schon einem schlüssigen und auch glaubhaften Vortrag für die Annahme von regelmäßigen - auch regelmäßig entgeltlichen - Tätigkeiten, für die - um rentenversicherungsrechtlich relevant zu sein - sogar eine Entgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vorgelegen haben müsste (§ 1227 der 1941 und 1942 geltenden Reichsversicherungsordnung). Soweit die Klägerin noch im Entschädigungsverfahren nach dem BEG 1958 angegeben hat, sie habe während eines Aufenthaltes im Ghetto Kaunas bzw. Kowno am Flugplatz gearbeitet und soweit es - im Widerspruch zum heutigen Vorbringen - zutreffen sollte, da sie tatsächlich am Flugplatz gearbeitet hat, so wäre diese Art von Tätigkeit schon nicht als freiwillige Tätigkeit aus eigenem Willensentschluss anzusehen, da die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen im BEG-Verfahren während der Tätigkeit am Flugplatz "Zwangsarbeiten" verrichten musste. Diese Tätigkeiten auf dem Flugplatz "B" von Kaunas waren nach allgemeinen historischen Erkenntnissen als Zwangsarbeit unter schlimmsten Bedingungen anzusehen. Nach den Erkenntnissen des Karl-Ernst-Osthaus-Museums in Hagen (www.keom.de unter "Deutschland - Ein Denkmal") wurden Juden für die Tätigkeit auf dem Flugplatz eingesetzt, nachdem schon die dort zuvor arbeitenden Sowjetischen Kriegsgefangenen massenweise an Überarbeitung und Hunger gestorben waren. So hat auch bereits das LSG NRW (Urteil vom 12.12.2005 - L 3 R 96/05) entschieden, dass die Tätigkeit der Juden auf dem Flughafen von Kaunas nicht von Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit geprägt war, sondern von Zwangsarbeit in typischer Form unter schwersten Bedingungen (so ähnlich auch Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.06.2005 - S 12 RJ 89/04). Soweit die Klägerin unter Abweichung bzw. Ergänzung von ihren früheren Angaben im Entschädigungsverfahren nunmehr geltend macht, sie habe als Arbeiterin für eine Firma T-E Tätigkeiten verrichtet, wie Entladen von Waggons, bei Beköstigung und wöchentlicher Zuwendung von zusätzlichen Lebensmitteln und auch Arbeitskleidung, ist nicht glaubhaft, dass ihr für diese Tätigkeiten, für die sie auch keine Zeugen benannt hat, mehr als nur das gerade Notwendigste zum Lebensunterhalt zugewandt wurde, dass auch über Hungerrationen hinausgegangen wäre. Denn auf dem ganz überwiegenden Teil aller Ghetto-Tätigkeiten in Kaunas bzw. Kowno traf bei den damaligen historischen Gegebenheiten die Annahme wirklich freier und vor allem auch regelmäßigen entgeltliche Arbeitsverhältnisse - statt Sklaven- bzw. Zwangsarbeit - ganz überwiegend nicht zu, was der Zeitfolge Alex A. Faitelson in seinem Buch "Im jüdischen Widerstand" auf den Punkt brachte, mit dem Satz: "Immer wieder kam uns der Bibelvers aus der Exudus im Sinn: Wir waren Pharaos Sklaven in Ägypten" (Alex Faitelson, Im jüdischen Widerstand, Elster-Verlag, 1998 - ISBN 3-891517-269-4, Seite 52). Begünstigt durch das ZRBG kann somit nicht die Masse der Ghetto-Arbeiter werden, sondern praktisch nur wenige, z.B. die - besser als die Masse gestellten - ehemaligen Angehörigen des Judenrates in Kaunas (vgl. Alex Faitelson, Im jüdischen Widerstand, Seite 99-101 zu den Lebensverhältnissen der jüdischen Bevölkerung einerseits und des Judenrates in Kaunas andererseits). Daraus folgt, dass einen Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung des Erhalts eines potentiellen versicherungspflichtigen Entgeltes nicht nur geringe Anforderungen zu stellen sind, gerade auch und in Bezug auf die ehemaligen Arbeiter und Ghettoinsassen von Kaunas (Kowno).

II. Die der Klägerin frei gewährte Unterkunft im Ghetto kann auch nicht als Entgeltbestandteil angesehen werden, denn die Unterbringung im Ghetto war schon Teil der Verfolgung, und es wurden auch Juden im Ghetto untergebracht, die nicht arbeiteten. Die Zuweisung von Wohnraum im Ghetto kann damit nicht als besondere Form einer Entgelterbringung angesehen werden.

III. Soweit die Klägerin sich durch ihren Bevollmächtigten darauf beruft, in vergleichbaren Fällen habe die Beklagte auch schon Anerkennungen ausgesprochen, und soweit sie sich auf frühere Entscheidungen des LSG NRW beruft, wonach gute Verpflegung als ausreichendes Entgelt im Sinne des ZRBG hätte angesehen werden können, hat diese Vorbringen keinen Erfolg. Wenn auch möglicherweise zu Unrecht ausgesprochene Anerkennungen in anderen Fällen kann sich die Klägerin nach dem Grundsatz "keine Gleichbehandlung im Unrecht" nicht berufen. Frühere Erwägungen des LSG NRW, gute oder ausreichende Verpflegung als ausreichendes Entgelt im Sinne des ZRBG anzusehen, haben heute keinen Bestandteil mehr. Denn nach der grundlegenden Entscheidung des BSG im Urteil vom 07.10.2004 (B 13 RJ 59/03 R) verlangen Beschäftigungsverhältnisse in einem Ghetto neben freiwilliger Eingehung als weitere Voraussetzung auch das Vorliegen einer Entgeltzahlung als unverzichtbare Voraussetzungen für die Notwendige Qualifizierung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses als "versicherungspflichtig". Dieses Merkmal kann weder wegen den damaligen Lebensumständen in den Ghettos (LSG NRW, Urteil vom 18.07.2005 - L 3 RJ 101/04: Die Lebensmittelrationen lagen regelmäßig unter der Geringfügigkeitsgrenze) noch mit den Voraussetzungen des Fremdrentenrechts unberücksichtigt bleiben. Der Erhalt irgendeiner Gegenleistungen wie z. B. Verpflegung erfüllt für sich noch nicht den Begriff einer echten und auch glaubhaften Gegenleistung.

IV. Im Übrigen steht der Anwendbarkeit des ZRBG bzw. der Begründung von Beitragszeiten zur Erfüllung der Wartezeiten der §§ 15, 16, 17 a FRG auch entgegen, dass die Klägerin nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört hat, wie sie selbst im Rentenantrag und im Klageverfahren angegeben hat. Nach dem Urteil des LSG NRW vom 13.01.2006 (L 4 RJ 13/04) kommt die Anwendbarkeit des ZRBG bzw. des FRG nur dem Personenkreis zu Gute, der auch dem dSK angehörte, denn das ZRBG hat keine Anspruchserweiterung herbeigeführt und nur die Zahlbarmachung der Renten ins Ausland ermöglicht. Da die in Rede stehenden Tätigkeiten im Ghetto Kaunas im damaligen Reichskommisariat Ostland verrichtet wurden, in denen nicht die deutschen Reichsversicherungsgesetze galten, wäre das ZRBG bzw. das FRG nur für die Klägerin anwendbar, wenn sie dem dSK angehört hätte. Das hat sie aber verneint.

V. Die Kammer verkennt nicht das Verfolgungsschicksal der Klägerin, sieht aber nach Lage der gesetzlichen Vorschriften und der zuletzt vom Bundessozialgericht und dem LSG NRW aufgestellten Voraussetzungen, keine Möglichkeit, den geltend gemachten Anspruch auch der Klägerin zu entsprechen. Das ZRBG in der bisher bestehenden Form gibt solches für sie nicht her.

VI. Die Kosten für die Entscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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