Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 3195/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 3194/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) sowie die Zuerkennung des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Der am 07.02.1954 geborene Kläger erlitt im April 1999 einen akuten Hinterwandinfarkt. Am 02.07.1999 erfolgte in der Universitätsklinik Heidelberg wegen einer schweren koronaren 3-Gefäßerkrankung eine vierfache Bypass-Operation. Der postoperative Verlauf war ausweislich des Berichts der Rehabilitationsklinik Königstuhl vom 10.11.1999, wo sich der Kläger vom 17.09.1999 bis 15.10.1999 in stationärer Behandlung befand, komplikationslos.
Am 29.07.1999 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt Heidelberg die Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz sowie die Ausstellung eines entsprechenden Ausweises. Nach Einholung eines Befundberichtes des behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin Dr. W. sowie Beiziehung des Entlassungsberichts der Rehabilitationsklinik Königstuhl stellte der Beklagte mit Bescheid vom 18.01.2000 einen GdB von 40 ab Antragstellung wegen folgender Funktionsbeeinträchtigungen fest: Herzleistungsminderung, Bypassoperation.
Am 13.04.2000 stellte der Kläger den Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung wegen Verschlimmerung der bereits festgestellten Behinderungen und auf Feststellung weiterer gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen.
Nach Einholung eines Befundberichtes bei Dr. W., eines Arztbriefes des Internisten/Kardiologen Priv.-Doz. Dr. S. sowie weiterer medizinischer Unterlagen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29.06.2000 den Antrag ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der Beklagte zog die von Dr. E. am 20.03.2000 und 21.11.2000 für die LVA Baden erstatteten Gutachten bei. Im Gutachten vom 21.11.2000 stellte Dr. E. die Diagnosen eines Zustandes nach Vierfach-Bypass-OP des Herzens bei coronarer Dreigefäßerkrankung, eines Zustandes nach Hinterwandinfarkt, von Herzrhythmusstörungen, einer leicht eingeschränkten linksventrikulären Funktion, einer geringen Mitral- und Aorteninsuffizienz, Fett- und Cholesterinstoffwechselstörung, einer Hyperuricämie und eines Leberparenchymschadens. Am Untersuchungstag sei der Kläger 2 min bis 75 Watt belastbar gewesen, höhergradige Herzrhythmusstörungen oder Ischämiezeichen hätten nicht vorgelegen. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit hinsichtlich längerer Anmarschwege liege nicht vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2001 half der Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und stellte einen GdB von 50 seit dem 13.04.2000 fest. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen wurden dem zugrundegelegt: 1. Herzleistungsminderung, Bypassoperation, abgelaufener Herzinfarkt, Bluthochdruck 2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule 3. Leberschaden.
Am 08.07.2004 stellte der Kläger den weiteren Antrag auf Erhöhung des bei ihm festgestellten GdB. Zur Begründung gab er an, die Herzrhythmusstörungen, die Rückenschmerzen und die Atemnot hätten sich verschlimmert, neu hinzugetreten seien dauernde Rückenschmerzen, ein Schwindelgefühl sowie Herzrhythmusstörungen. Der Beklagte zog Arztbriefe des Internisten Priv.-Doz. Dr. S. vom 04.12.2003, 21.05.2004 und 14.06.2004 sowie den Arztbrief des Orthopäden Dr. P. vom 20.04.2004 mit den Diagnosen eines LWS-Syndroms, eines Verdachts auf Osteoporose sowie einer Spondyl-arthrose lumbosacral bei. In Letzterem wird weiter ausgeführt, bei noch relativ gutem Knochendichtewert bestehe aufgrund der neuen Regelung keine Möglichkeit, wie bei manifester Osteoporose, ein Calcium/D 3-Präparat zu verordnen, der Kläger solle sich die entsprechende Medikation eben selbst besorgen.
Mit Bescheid vom 17.08.2004 anerkannte der Beklagte einen GdB von 60 seit 29.06.2004 und berücksichtigte dabei folgende Funktionsbehinderungen: 1. Herzleistungsminderung, coronarer Bypass, abgelaufener Herzinfarkt, Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen (Einzel-GdB 40), 2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) (Einzel-GdB 30), 3. Leberschaden (Einzel-GdB 10). Die Voraussetzungen zur Feststellung des Merkzeichens G seien nicht erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, er könne die meisten Wege nicht zu Fuß zurücklegen. Wegen der Einnahme starker Schmerzmittel könne er auch nicht Auto fahren und sei auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2004, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 19.10.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, insbesondere im Sommer leide er bereits bei minimalen körperlichen Anstrengungen unter akuter Atemnot und habe täglich erhebliche Rückenschmerzen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Anhörung der behandelnden Ärzte Dr. W. und Dr. S. als sachverständige Zeugen.
Dr. W. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 22.11.2004 mitgeteilt, insbesondere durch die Herzleistungsminderung und immer wieder auftretende Herzrhythmusstörungen sei das Allgemeinbefinden des Klägers stark beeinträchtigt. Eine Bandscheibenprotrusion bei LWK 3/4 sowie eine Spinalkanalstenose bereiteten starke Schmerzen und minderten die Beweglichkeit in der Lendenwirbelsäule sowie das Gehvermögen. Ein Leberschaden habe keine Auswirkungen auf das Allgemeinbefinden. Er bewerte die Herzleistungsminderung mit einem GdB von 40, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) mit einem GdB von 40 sowie den Leberschaden mit einem GdB von 10. Er halte eine Gesamtminderung von 60 vom Hundert für angezeigt. In Anbetracht der starken Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und der kurzen Gehstrecke bestehe eine wesentliche Gehbehinderung, so dass er das Merkzeichen G für angezeigt halte.
Dr. S., Facharzt für Anästhesiologie, hat unter dem 02.12.2004 mitgeteilt, der Kläger stehe seit dem 03.07.2004 in seiner schmerztherapeutischen Behandlung. Es bestehe eine chronische Lumbalgie mit typischem Anlaufschmerz und Verstärkung bei längerem Stehen und Gehen. Die Schmerzwahrnehmung und Schmerzverarbeitung übersteige in pathologischer Weise die üblichen Einschränkungen und Funktionsbehinderungen degenerativer Wirbelsäulenveränderungen. Eine Bewertung des GdB könne er nicht vornehmen, weil ihm die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP 2004) nicht vorlägen.
Das SG hat weiter die medizinischen Unterlagen aus dem Rentenverfahren S 2 RJ 3965/04 vor dem SG Mannheim beigezogen. Im dort enthaltenen Schreiben vom 22.03.2005 führt Dr. P. aus, der Kläger habe sich am 02.12.2004 bei einem häuslichen Unfall eine Prellung des rechten Kniegelenkes zugezogen. Aus den radiologisch nachgewiesenen Verschleißveränderungen der kleinen Wirbelgelenke in Höhe des lumbosacralen Übergangs (Spondylarthrose) resultiere eine gewisse Minderbelastbarkeit für körperlich schwere und durchgehend mittelschwere Arbeiten; bezüglich der Kniegelenksbeschwerden sei Kläger bei der letzten Vorstellung am 28.12.2004 weitgehend beschwerdefrei gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.07.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Gesamt-GdB sei in den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt worden. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen G) lägen nicht vor. Beim Kläger bestünden lediglich lokale funktionelle Beeinträchtigungen an der Lendenwirbelsäule ohne wesentliche Beeinträchtigung der Motorik der Beine. Unbeachtlich sei, dass beim Kläger zeitweilig starke Rückenschmerzen aufträten. Zu berücksichtigen seien Behinderungen nämlich nur dann, wenn sie über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten andauerten. Die Beurteilung des Hausarztes Dr. W., bereits eine Gehstrecke von mehr als 30 Metern führe zu unzumutbaren Schmerzen, entbehre einer objektivierbaren Grundlage.
Gegen den am 12.07.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger über das SG Mannheim am 14.07.2005 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Er trägt vor, er habe seit 18 Jahren einen Meniskusschaden im linken Knie sowie starke Abnutzungserscheinungen in beiden Kniegelenken. Hinzu kämen dauerhafte Rückenschmerzen, weshalb er starke Schmerzmittel nehmen müsse und zu dauernden Pausen gezwungen sei. Im Sommer komme bei schwülen Temperaturen eine Atemnot hinzu, weshalb ihm schwarz vor Augen werde, wenn er im Freien wenige Meter zurücklege. Er verlasse deshalb das Haus auch nicht und könne auch keine zwei Kilometer in 30 Minuten gehen. Mit Schreiben vom 11.11.2006 hat er vorgetragen, er habe dauernde Schmerzen in der Lendenwirbelgegend, gehe zweimal wöchentlich zur Krankengymnastik und könne seine Einkäufe nur noch teilweise selbst erledigen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 07. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2004 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mehr als 60 und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend, zumal der Kläger keine neuen Tatsachen oder ärztlich begründete Argumente vorgetragen habe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Zulassungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 60; auch liegen die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" nicht vor.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers gegenüber dem im Widerspruchsbescheid vom 08.01.2001 festgestellten Gesundheitszustand ist lediglich insoweit eingetreten, als der damals festgestellte GdB von 50 nunmehr ab dem 29.06.2004 mit 60 festzusetzen ist. Eine darüber hinausgehende Änderung liegt nicht vor. Dem hat die Beklagte mit Bescheid vom 17.08.2004 entsprochen.
Wegen der rechtlichen Voraussetzungen der zu treffenden Entscheidung, der bei der Feststellung des GdB anzuwendenden Maßstäbe sowie der danach für die von der Herzerkrankung und den Gesundheitsstörungen des Klägers auf orthopädischem Fachgebiet ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen anzusetzenden Einzel-GdB verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Ergänzend ist auszuführen, dass nach den AHP gem. Ziff. 26.9 ein GdB von 20 bis 40 anzusetzen ist für Krankheiten des Herzens mit Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens zwei Minuten). Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt. So war er ausweislich des Arztbriefes von Priv.-Doz. Dr. S. vom 21.05.2004 im Belastungs-EKG jeweils zwei Minuten mit 75 und 100 Watt belastbar. Die Belastung musste wegen Zeichen peripherer Ermüdung abgebrochen werden, ohne dass eine Innenschichtischämie, Stenokardien oder pathologische Messdaten auftraten. Damit ist zwischenzeitlich eine Besserung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten, nachdem er bei der Untersuchung durch Dr. E. im November 2000 nur 2 Minuten bis 75 Watt belastbar war. Auch stehen ventrikuläre Herzrhythmusstörungen nicht im Vordergrund, wie dem Arztbrief von Priv.-Doz. Dr. S. vom 26.08.2004 entnommen kann, so dass ein GdB von 40 für die Herzerkrankung großzügig bemessen ist.
Auch soweit der Kläger in der Berufungsbegründung als weitere Erkrankungen einen Meniskusschaden am rechten Knie sowie starke Abnutzungserscheinungen in beiden Kniegelenken geltend macht, führt dies zu keiner Erhöhung des GdB. Zum einen besteht der Meniskusschaden nach den Angaben des Klägers bereits seit 18 Jahren, ohne dass der Kläger diesen bisher vorgetragen hätte. Zum anderen ist eine entsprechende Erkrankung vom behandelnden Orthopäden Dr. P. nicht angegeben worden ist. Dr. P. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 22.03.2005 im Verfahren S 2 R 3965/04 vielmehr mitgeteilt, bei der Vorstellung am 28.12.2004 sei der Kläger - nach Prellung des rechten Kniegelenks bei einem häuslichen Unfall am 02.12.2004 - weitgehend beschwerdefrei gewesen. Weitere Einschränkungen aufgrund eines Meniskusschadens lagen somit nicht mehr vor.
Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger an einer Osteoporose erkrankt ist, wie von Dr. S. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 02.12.2004 angegeben. Der Kläger hat Dr. S. vor dessen Zeugenbefragung lediglich dreimal, nämlich am 30.07., 25.08. und 09.11.2004, konsultiert. Hierbei fand eine schmerztherapeutische Behandlung und keine Knochendichtemessung statt. Demgegenüber hat Dr. P. im Arztbrief vom 20.04.2004 angegeben, bei der vorhergehenden Knochendichtemessung sei ein relativ guter Wert festgestellt worden. Es könne deshalb nicht - wie bei einer manifesten Osteoporose - ein Calcium/D 3-Präparat verordnet werden. Danach besteht beim Kläger allenfalls der Verdacht auf Osteoporose.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Eine solche Einschränkung liegt dann vor, wenn der betroffene Behinderte nicht mehr in der Lage ist, eine Wegstrecke von zwei Kilometer Länge in etwa 30 Minuten zurückzulegen (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. z.B. Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 -). Nach den AHP 2004 sind die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40.
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor, da seine Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet mit einem Teil-GdB von 30 zutreffend bewertet sind und auch keine der vorgenannten besonderen Gehbehinderungen vorliegen.
Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist nach den AHP eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 anzunehmen (AHP 2004 Ziff. 30). Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da, wie oben ausgeführt, die Herzerkrankung des Klägers allenfalls in Gruppe 2 der Ziff. 26.9 einzustufen ist.
Im Übrigen ist auch dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren zu entnehmen, dass keine dauernde Beeinträchtigung hinsichtlich des Gehvermögens vorliegt. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass er im Sommer bei hochsommerlichen Temperaturen unter Atemnot leidet und er unter diesen Voraussetzungen keine längeren Fußwege zurücklegen kann. Dies betrifft jedoch lediglich kürzere Zeiträume und stellt keinen mindestens 6 Monate anhaltenden Dauerzustand dar. Auch der Umstand, dass er nicht mehr alle Hausarbeiten durchführen und alle Einkäufe selbst erledigen kann, rechtfertigt nicht die Zuerkennung des Merkzeichens "G". Da außerdem keine Anhaltspunkte für eine Änderung im gesundheitlichen Zustand des Klägers nach Erlass des Gerichtsbescheides vorlagen, ergab sich keine Notwendigkeit einer nochmaligen Anhörung der behandelnden Ärzte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) sowie die Zuerkennung des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Der am 07.02.1954 geborene Kläger erlitt im April 1999 einen akuten Hinterwandinfarkt. Am 02.07.1999 erfolgte in der Universitätsklinik Heidelberg wegen einer schweren koronaren 3-Gefäßerkrankung eine vierfache Bypass-Operation. Der postoperative Verlauf war ausweislich des Berichts der Rehabilitationsklinik Königstuhl vom 10.11.1999, wo sich der Kläger vom 17.09.1999 bis 15.10.1999 in stationärer Behandlung befand, komplikationslos.
Am 29.07.1999 beantragte der Kläger beim Versorgungsamt Heidelberg die Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz sowie die Ausstellung eines entsprechenden Ausweises. Nach Einholung eines Befundberichtes des behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin Dr. W. sowie Beiziehung des Entlassungsberichts der Rehabilitationsklinik Königstuhl stellte der Beklagte mit Bescheid vom 18.01.2000 einen GdB von 40 ab Antragstellung wegen folgender Funktionsbeeinträchtigungen fest: Herzleistungsminderung, Bypassoperation.
Am 13.04.2000 stellte der Kläger den Antrag auf Erhöhung des Grades der Behinderung wegen Verschlimmerung der bereits festgestellten Behinderungen und auf Feststellung weiterer gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen.
Nach Einholung eines Befundberichtes bei Dr. W., eines Arztbriefes des Internisten/Kardiologen Priv.-Doz. Dr. S. sowie weiterer medizinischer Unterlagen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29.06.2000 den Antrag ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der Beklagte zog die von Dr. E. am 20.03.2000 und 21.11.2000 für die LVA Baden erstatteten Gutachten bei. Im Gutachten vom 21.11.2000 stellte Dr. E. die Diagnosen eines Zustandes nach Vierfach-Bypass-OP des Herzens bei coronarer Dreigefäßerkrankung, eines Zustandes nach Hinterwandinfarkt, von Herzrhythmusstörungen, einer leicht eingeschränkten linksventrikulären Funktion, einer geringen Mitral- und Aorteninsuffizienz, Fett- und Cholesterinstoffwechselstörung, einer Hyperuricämie und eines Leberparenchymschadens. Am Untersuchungstag sei der Kläger 2 min bis 75 Watt belastbar gewesen, höhergradige Herzrhythmusstörungen oder Ischämiezeichen hätten nicht vorgelegen. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit hinsichtlich längerer Anmarschwege liege nicht vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2001 half der Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und stellte einen GdB von 50 seit dem 13.04.2000 fest. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück. Folgende Funktionsbeeinträchtigungen wurden dem zugrundegelegt: 1. Herzleistungsminderung, Bypassoperation, abgelaufener Herzinfarkt, Bluthochdruck 2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule 3. Leberschaden.
Am 08.07.2004 stellte der Kläger den weiteren Antrag auf Erhöhung des bei ihm festgestellten GdB. Zur Begründung gab er an, die Herzrhythmusstörungen, die Rückenschmerzen und die Atemnot hätten sich verschlimmert, neu hinzugetreten seien dauernde Rückenschmerzen, ein Schwindelgefühl sowie Herzrhythmusstörungen. Der Beklagte zog Arztbriefe des Internisten Priv.-Doz. Dr. S. vom 04.12.2003, 21.05.2004 und 14.06.2004 sowie den Arztbrief des Orthopäden Dr. P. vom 20.04.2004 mit den Diagnosen eines LWS-Syndroms, eines Verdachts auf Osteoporose sowie einer Spondyl-arthrose lumbosacral bei. In Letzterem wird weiter ausgeführt, bei noch relativ gutem Knochendichtewert bestehe aufgrund der neuen Regelung keine Möglichkeit, wie bei manifester Osteoporose, ein Calcium/D 3-Präparat zu verordnen, der Kläger solle sich die entsprechende Medikation eben selbst besorgen.
Mit Bescheid vom 17.08.2004 anerkannte der Beklagte einen GdB von 60 seit 29.06.2004 und berücksichtigte dabei folgende Funktionsbehinderungen: 1. Herzleistungsminderung, coronarer Bypass, abgelaufener Herzinfarkt, Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen (Einzel-GdB 40), 2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) (Einzel-GdB 30), 3. Leberschaden (Einzel-GdB 10). Die Voraussetzungen zur Feststellung des Merkzeichens G seien nicht erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, er könne die meisten Wege nicht zu Fuß zurücklegen. Wegen der Einnahme starker Schmerzmittel könne er auch nicht Auto fahren und sei auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2004, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 19.10.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, insbesondere im Sommer leide er bereits bei minimalen körperlichen Anstrengungen unter akuter Atemnot und habe täglich erhebliche Rückenschmerzen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Anhörung der behandelnden Ärzte Dr. W. und Dr. S. als sachverständige Zeugen.
Dr. W. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 22.11.2004 mitgeteilt, insbesondere durch die Herzleistungsminderung und immer wieder auftretende Herzrhythmusstörungen sei das Allgemeinbefinden des Klägers stark beeinträchtigt. Eine Bandscheibenprotrusion bei LWK 3/4 sowie eine Spinalkanalstenose bereiteten starke Schmerzen und minderten die Beweglichkeit in der Lendenwirbelsäule sowie das Gehvermögen. Ein Leberschaden habe keine Auswirkungen auf das Allgemeinbefinden. Er bewerte die Herzleistungsminderung mit einem GdB von 40, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) mit einem GdB von 40 sowie den Leberschaden mit einem GdB von 10. Er halte eine Gesamtminderung von 60 vom Hundert für angezeigt. In Anbetracht der starken Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und der kurzen Gehstrecke bestehe eine wesentliche Gehbehinderung, so dass er das Merkzeichen G für angezeigt halte.
Dr. S., Facharzt für Anästhesiologie, hat unter dem 02.12.2004 mitgeteilt, der Kläger stehe seit dem 03.07.2004 in seiner schmerztherapeutischen Behandlung. Es bestehe eine chronische Lumbalgie mit typischem Anlaufschmerz und Verstärkung bei längerem Stehen und Gehen. Die Schmerzwahrnehmung und Schmerzverarbeitung übersteige in pathologischer Weise die üblichen Einschränkungen und Funktionsbehinderungen degenerativer Wirbelsäulenveränderungen. Eine Bewertung des GdB könne er nicht vornehmen, weil ihm die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP 2004) nicht vorlägen.
Das SG hat weiter die medizinischen Unterlagen aus dem Rentenverfahren S 2 RJ 3965/04 vor dem SG Mannheim beigezogen. Im dort enthaltenen Schreiben vom 22.03.2005 führt Dr. P. aus, der Kläger habe sich am 02.12.2004 bei einem häuslichen Unfall eine Prellung des rechten Kniegelenkes zugezogen. Aus den radiologisch nachgewiesenen Verschleißveränderungen der kleinen Wirbelgelenke in Höhe des lumbosacralen Übergangs (Spondylarthrose) resultiere eine gewisse Minderbelastbarkeit für körperlich schwere und durchgehend mittelschwere Arbeiten; bezüglich der Kniegelenksbeschwerden sei Kläger bei der letzten Vorstellung am 28.12.2004 weitgehend beschwerdefrei gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.07.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Gesamt-GdB sei in den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt worden. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen G) lägen nicht vor. Beim Kläger bestünden lediglich lokale funktionelle Beeinträchtigungen an der Lendenwirbelsäule ohne wesentliche Beeinträchtigung der Motorik der Beine. Unbeachtlich sei, dass beim Kläger zeitweilig starke Rückenschmerzen aufträten. Zu berücksichtigen seien Behinderungen nämlich nur dann, wenn sie über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten andauerten. Die Beurteilung des Hausarztes Dr. W., bereits eine Gehstrecke von mehr als 30 Metern führe zu unzumutbaren Schmerzen, entbehre einer objektivierbaren Grundlage.
Gegen den am 12.07.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger über das SG Mannheim am 14.07.2005 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Er trägt vor, er habe seit 18 Jahren einen Meniskusschaden im linken Knie sowie starke Abnutzungserscheinungen in beiden Kniegelenken. Hinzu kämen dauerhafte Rückenschmerzen, weshalb er starke Schmerzmittel nehmen müsse und zu dauernden Pausen gezwungen sei. Im Sommer komme bei schwülen Temperaturen eine Atemnot hinzu, weshalb ihm schwarz vor Augen werde, wenn er im Freien wenige Meter zurücklege. Er verlasse deshalb das Haus auch nicht und könne auch keine zwei Kilometer in 30 Minuten gehen. Mit Schreiben vom 11.11.2006 hat er vorgetragen, er habe dauernde Schmerzen in der Lendenwirbelgegend, gehe zweimal wöchentlich zur Krankengymnastik und könne seine Einkäufe nur noch teilweise selbst erledigen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 07. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2004 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mehr als 60 und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend, zumal der Kläger keine neuen Tatsachen oder ärztlich begründete Argumente vorgetragen habe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Zulassungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 60; auch liegen die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" nicht vor.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers gegenüber dem im Widerspruchsbescheid vom 08.01.2001 festgestellten Gesundheitszustand ist lediglich insoweit eingetreten, als der damals festgestellte GdB von 50 nunmehr ab dem 29.06.2004 mit 60 festzusetzen ist. Eine darüber hinausgehende Änderung liegt nicht vor. Dem hat die Beklagte mit Bescheid vom 17.08.2004 entsprochen.
Wegen der rechtlichen Voraussetzungen der zu treffenden Entscheidung, der bei der Feststellung des GdB anzuwendenden Maßstäbe sowie der danach für die von der Herzerkrankung und den Gesundheitsstörungen des Klägers auf orthopädischem Fachgebiet ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen anzusetzenden Einzel-GdB verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Ergänzend ist auszuführen, dass nach den AHP gem. Ziff. 26.9 ein GdB von 20 bis 40 anzusetzen ist für Krankheiten des Herzens mit Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens zwei Minuten). Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt. So war er ausweislich des Arztbriefes von Priv.-Doz. Dr. S. vom 21.05.2004 im Belastungs-EKG jeweils zwei Minuten mit 75 und 100 Watt belastbar. Die Belastung musste wegen Zeichen peripherer Ermüdung abgebrochen werden, ohne dass eine Innenschichtischämie, Stenokardien oder pathologische Messdaten auftraten. Damit ist zwischenzeitlich eine Besserung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten, nachdem er bei der Untersuchung durch Dr. E. im November 2000 nur 2 Minuten bis 75 Watt belastbar war. Auch stehen ventrikuläre Herzrhythmusstörungen nicht im Vordergrund, wie dem Arztbrief von Priv.-Doz. Dr. S. vom 26.08.2004 entnommen kann, so dass ein GdB von 40 für die Herzerkrankung großzügig bemessen ist.
Auch soweit der Kläger in der Berufungsbegründung als weitere Erkrankungen einen Meniskusschaden am rechten Knie sowie starke Abnutzungserscheinungen in beiden Kniegelenken geltend macht, führt dies zu keiner Erhöhung des GdB. Zum einen besteht der Meniskusschaden nach den Angaben des Klägers bereits seit 18 Jahren, ohne dass der Kläger diesen bisher vorgetragen hätte. Zum anderen ist eine entsprechende Erkrankung vom behandelnden Orthopäden Dr. P. nicht angegeben worden ist. Dr. P. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 22.03.2005 im Verfahren S 2 R 3965/04 vielmehr mitgeteilt, bei der Vorstellung am 28.12.2004 sei der Kläger - nach Prellung des rechten Kniegelenks bei einem häuslichen Unfall am 02.12.2004 - weitgehend beschwerdefrei gewesen. Weitere Einschränkungen aufgrund eines Meniskusschadens lagen somit nicht mehr vor.
Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger an einer Osteoporose erkrankt ist, wie von Dr. S. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 02.12.2004 angegeben. Der Kläger hat Dr. S. vor dessen Zeugenbefragung lediglich dreimal, nämlich am 30.07., 25.08. und 09.11.2004, konsultiert. Hierbei fand eine schmerztherapeutische Behandlung und keine Knochendichtemessung statt. Demgegenüber hat Dr. P. im Arztbrief vom 20.04.2004 angegeben, bei der vorhergehenden Knochendichtemessung sei ein relativ guter Wert festgestellt worden. Es könne deshalb nicht - wie bei einer manifesten Osteoporose - ein Calcium/D 3-Präparat verordnet werden. Danach besteht beim Kläger allenfalls der Verdacht auf Osteoporose.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens "G".
Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Eine solche Einschränkung liegt dann vor, wenn der betroffene Behinderte nicht mehr in der Lage ist, eine Wegstrecke von zwei Kilometer Länge in etwa 30 Minuten zurückzulegen (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. z.B. Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 -). Nach den AHP 2004 sind die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40.
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor, da seine Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet mit einem Teil-GdB von 30 zutreffend bewertet sind und auch keine der vorgenannten besonderen Gehbehinderungen vorliegen.
Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist nach den AHP eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 anzunehmen (AHP 2004 Ziff. 30). Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da, wie oben ausgeführt, die Herzerkrankung des Klägers allenfalls in Gruppe 2 der Ziff. 26.9 einzustufen ist.
Im Übrigen ist auch dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren zu entnehmen, dass keine dauernde Beeinträchtigung hinsichtlich des Gehvermögens vorliegt. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass er im Sommer bei hochsommerlichen Temperaturen unter Atemnot leidet und er unter diesen Voraussetzungen keine längeren Fußwege zurücklegen kann. Dies betrifft jedoch lediglich kürzere Zeiträume und stellt keinen mindestens 6 Monate anhaltenden Dauerzustand dar. Auch der Umstand, dass er nicht mehr alle Hausarbeiten durchführen und alle Einkäufe selbst erledigen kann, rechtfertigt nicht die Zuerkennung des Merkzeichens "G". Da außerdem keine Anhaltspunkte für eine Änderung im gesundheitlichen Zustand des Klägers nach Erlass des Gerichtsbescheides vorlagen, ergab sich keine Notwendigkeit einer nochmaligen Anhörung der behandelnden Ärzte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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