Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 157/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 240/06
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin Rente über den 16.03.1998 hinaus beanspruchen kann.
Die 1968 geborene Klägerin erlitt am 27.06.1996 einen Wegeunfall als sie mit ihrem PKW auf einen LKW auffuhr. Die Klägerin wurde ins L1-Hospital X1eingeliefert. Dort stellte man Schürfungen und Glassplitterverletzungen an der Stirn und am linken Unterschenkel sowie eine Thoraxprellung fest und diagnostizierte eine commotio cerebri, eine Halswirbelsäulendistorsion sowie eine Talushalsmehrfragmentfraktur rechts. Bis zum 19.07.1996 wurde die Klägerin stationär behandelt. Wegen der Sprungbeinverletzung, die operativ versorgt worden war, erfolgte ambulante Weiterbehandlung. Am 03.09.1996 stellte sich die Klägerin in der Poliklinik der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E-C1 vor. In dem dazu ergangenen Bericht heißt es, subjektiv stünden die Verletzungen im Bereich des rechten Sprungbeins im Vordergrund. Hinsichtlich der Halswirbelsäulen-Distorsion der commotio cerebri und der Thoraxprellung bestünden keine Beschwerden mehr. In einem Arztbrief vom 16.01.1997 berichtete der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie I1, die Klägerin sei von ihm am 25.08.1994 erstmals wegen eines Wirbelsäulensyndroms und neurotischer Einstellung zu ihren Brüsten untersucht worden. Nunmehr habe sie erstmals vor vier Wochen einen Kopfschmerz im Stirnbereich mit Schwindelgefühlen und Übelkeit verspürt. Später berichtete I1, die Klägerin sei nach dem 30.05.1997 nicht mehr in seiner Praxis erschienen, nachdem er sie nicht weiter habe krankschreiben wollen. Zur Feststellung der verbliebenen Unfallfolgen holte die Beklagte ein chirurgisches Gutachten von I2, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik E-C1 ein. Dieser äußerte unter dem 04.07.1997, als Unfallfolgen fänden sich noch eine Umfangsminderung des rechten Ober- und Unterschenkels, eine Vergröberung der Gelenkkontur des rechten Sprunggelenks sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks. Die dadurch bedingte MdE schätzte I2 zunächst auf 20 vom Hundert ein; zur Feststellung der Dauerrente empfahl er eine Nachuntersuchung. Wegen der Schwindelbeschwerden des Klägers veranlasste die Beklagte auch eine HNO-ärztliche sowie eine neurologische Begutachtung der Klägerin. HNO-ärztlicherseits ging L2, Gutachten vom 03.09.1997) von einer nachweisbaren, objektiven vestibulären Störung des linken Gleichgewichtssystems aus, der er eine MdE von 30 vom Hundert beimaß. Neurologischerseits konnte M keine Unfallfolgen feststellen. Die von der Klägerin beklagten Kopfschmerzen deutete sie als unfallunabhängige, vaskuläre Beschwerden. Zur Überprüfung der Feststellungen von L2 holte die Beklagte ein weiteres HNO-ärztliches Gutachten ein: Bei der am 16.09.1998 erfolgten Untersuchung stellte C2 eine nur noch als rudimentär ausgeprägt zu bewertende verminderte Erregbarkeit des linken peripheren Gleichgewichtsorgans fest. Er äußerte deshalb die Überzeugung, der etwaige Schaden sei nahezu völlig ausgeheilt bzw. kompensiert. Die von der Klägerin beklagte Symptomatik könne im Übrigen nur schwerlich zu einem Unfallgeschehen in Beziehung gesetzt werden. Die typische Symptomatik einer peripher-vestibulären Störung bestehe gerade darin, dass bei Beschleunigungsbewegung des Kopfes bzw. des Körpers die periphere Gleichgewichtsregulation aus dem Gleichgewicht gerate und typischerweise ein Schwindelanfall in Richtung des geschädigten Organs ausgelöst werde. Insbesondere bei inkompletten Schädigungen bzw. latenten Reizzuständen eines Gleichgewichtsorgangs lasse sich durch die Provokation im Rahmen der kalorischen Spülung eine eindeutige, seitenbetonte Reaktion zumeist im Sinne einer überschießenden Reizantwort bzw. einer starken vegetativen Begleitsymptomatik auslösen. Dies habe sich bei der Klägerin in keiner Weise nachvollziehen lassen, so dass praktisch von einer Ausheilung des peripher-vestibulären Schadens links ausgegangen werden könne. Die dadurch bedingte MdE sei maximal auf 10 vom Hundert zu schätzen. Sodann veranlasste die Beklagte ein weiteres chirurgisches Gutachten: Unter dem 23.02.1999 berichtete T1 von einem guten funktionellen Ausheilungsergebnis: Es bestünde nur noch eine geringe Teileinschränkung bei den Kantenbewegungen sowie einbeinige Belastungsbeschwerden rechts. Die dadurch bedingte MdE sei auf 10 vom Hundert zu schätzen.
Neurologischerseits bestätigte L3 (Gutachten vom 23.04.1999) die Beurteilung von M. Von Seiten seines Fachgebiets konnte er keine Unfallfolgen feststellen. Eine testpsychologische Zusatzbegutachtung ergab ein durchschnittlich ausgeprägtes logisch-abstraktes Denkvermögen der Klägerin bei einer im unteren Normbereich anzusiedelnen prämorbiden allgemeinen intellektuellen Leistungsfähigkeit (Gutachten Dipl.-Psychologe N1 vom 07.05.1999). Auch augenärztlicherseits waren keine Unfallfolgen nachweisbar (Gutachten G vom 11.06.1999). Nachdem der beratende Arzt T2 aufgrund dieser medizinischen Feststellungen die unfallbedingte MdE für die Dauer eines Jahres nach dem Unfall auf 25 vom Hundert geschätzt hatte, bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 25.10.1999 Rente nach einer MdE von 25 vom Hundert bis zum 16.03.1998 und lehnte die Weitergewährung von Rente ab. Der Widerspruch der Klägerin war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.06.2000). Mit ihrer am 29.06.2000 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, die bei ihr vorliegende Sehbeeinträchtigung, ihre anhaltenden Kopfschmerzen sowie die bei ihr festgestellten Bandscheibenprotusionen seien Folge des Wegeunfalls vom 27.06.1996. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass sie unfallbedingt an einer Kollapsneigung, an Absencen, Schwindel und Übelkeit leide.
In der mündlichen Verhandlung vom 12.09.2006 ist für die Klägerin niemand aufgetreten. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses ist die am 03.08.2006 abgesandte Terminsmitteilung am 08.06.2006 dem Klägerbevollmächtigten zugegangen. Am 07.09.2006 hat er um Verlegung des Verhandlungstermins mit der Begründung ersucht, er müsse einen bereits seit längerem vom Arbeitsgericht N2 angesetzten Verhandlungstermin wahrnehmen, die Rechtsanwältin, die ihn im hier anhängigen Verfahren habe vertreten sollen, sei kurzfristig verhindert gewesen.
Schriftsätzlich begehrt die Klägerin, den Bescheid der Beklagten vom 25.10.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin wegen der Folgen des Wegeunfalls nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu entschädigen und die Rente über den 16.03.1998 hinaus bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25 % fortzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG internistischerseits L3, orthopädischerseits A, HNO-ärztlicherseits L4 und neurologisch-psychiatrischerseits N3-T3 gehört. Dieser hat von Seiten seines Fachgebiets die unfallbedingte MdE bis März 2006 auf 20 vom Hundert geschätzt. Demgegenüber haben L4 und L3 keine Unfallfolgen feststellen können. A hat die unfallbedingte MdE in Übereinstimmung mit T2 bis zum 16.03.1998 auf 25 vom Hundert und danach auf 10 vom Hundert geschätzt. Das Gericht hat Arztbriefe des B-Krankenhauses, L5, über stationäre Aufenthalte der Klägerin vom 08. bis 19.03.2004 und vom 05. bis 13.08.2004 beigezogen. Neurologisch-psychiatrischerseits hat die Beklagte eine gutachtliche Stellungnahme von X2 vorgelegt, der auf der Grundlage der Arztbriefe des B-Krankenhauses geäußert hat, die von der Klägerin geklagten subjektiven Störungen seien wesentlich durch private Konflikte bedingt worden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht hat am 12.09.2006 auch in Abwesenheit des Klägerbevollmächtigten verhandeln und entscheiden können. Im Hinblick darauf, dass auf Antrag des Klägerbevollmächtigten bereits zwei Verhandlungstermine aufgehoben worden waren, hätte dieser näher darlegen müssen, warum er den Termin am Arbeitsgericht vorgezogen hat. Hier ist bereits erstmals für den 06.06.2006 terminiert worden, dieser Termin ist ebenso wie der Verhandlungstermin vom 15.08.2006 auf Antrag des Klägerbevollmächtigten aufgehoben worden. Dennoch hat der Klägerbevollmächtigte den Termin vor dem Arbeitsgericht und nicht den Termin vor dem Sozialgericht wahrgenommen. Auch auf den Hinweis des Gerichts, es sei nicht beabsichtigt, den Verhandlungstermin zu verlegen hat der Klägerbevollmächtigte sein Anliegen nicht näher begründet. Für die Kammer ist es daher nicht ersichtlich gewesen, dass der Klägerbevollmächtigte unvermeidbar gehindert gewesen ist, den Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht wahrzunehmen. Er muss sich daher auf Vertretung durch andere Rechtsanwälte, auch außerhalb seiner Praxis verweisen lassen (vgl. Meyer-Ladewig-Keller-Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 62 Randnummer 6 b mit Hinweis auf Urteil des BSG vom 18.06.2003 – B 13 RJ 223/02 B - ).
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 25.10.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2000 ist rechtmäßig. Die Klägerin kann über den 16.03.1998 hinaus keine Rente beanspruchen. Gemäß § 56 SGB VII setzt die Bewilligung von Rente eine unfallbedingte MdE von mindestens 20 vom Hundert voraus. Daran fehlt es hier. Zwar ist der gemäß § 109 SGG gehörte Sachverständige N3-T3 gegenteiliger Auffassung. Er hat vorgeschlagen von Seiten des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets eine MdE von 20 vom Hundert bis spätestens März 2006 anzunehmen. Seinem Vorschlag kann jedoch nicht gefolgt werden. Davon hat sich die Kammer insbesondere aufgrund der Darlegungen der X2, L3 und M überzeugt. Danach können die von der Klägerin geklagten Gesundheitsstörungen in Form von Schwindel, Übelkeit und Kopfschmerzen nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit als wesentliche Folgen des Unfalls vom 27.06.1996 angesehen werden, sondern sind wesentliche Folge der bei ihr vorliegenden Persönlichkeitsstruktur und – unfallunabhängiger – privater Konflikte. Bei ihrem stationären Aufenthalt vom 08. bis zum 19.03.2004 im B-Krankenhaus L5 hat die Klägerin angegeben, ihre Schwindelerscheinungen hätten sich erstmals bei einer allein unternommenen Reise manifestiert, sie müsse Menschenmengen meiden. Diese Angaben weisen auf eine unfallunabhängige Ursache ihrer Beschwerden hin, zumal die Klägerin ausweislich des Berichts vom 03.09.1996 seinerzeit über keine Beschwerden von Seiten der commotio cerebri klagte und der behandelnden Neurologe und Psychiater I1 davon berichtete, die Klägerin, die ihm bereits vor dem Unfall mit einer neurotischen Einstellung aufgefallen war, habe erstmals im Dezember 1996 über Kopfschmerzen, Schwindelgefühle und Übelkeit geklagt. Die psychosomatischen Beschwerden der Klägerin sind damit erstmals mehr als 8 Monate nach dem Unfall aufgetreten. Ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Unfall lässt sich deshalb nicht mehr konstatieren. Dies mag – wie N3-T3 meint – auf Kommunikationsprobleme der Klägerin zurückzuführen sein. Zu überzeugen vermag diese Erklärung die Kammer jedoch nicht, da die Klägerin offensichtlich in der Lage ist ihre Beschwerden auch Ärzten gegenüber zu schildern. Darüber hinaus deuten die anamnestischen Hinweise in den Arztbriefen des B-Krankenhauses L5 auch auf vorrangige, unfallunabhängige Konflikte hin, die inbesondere im Arztbrief des B-Krankenhauses L5 vom 01.09.2004 beschrieben worden sind. Ferner ist seinerzeit eine bipolare affektive Störung festgestellt worden, die - wie X2 ausgeführt hat – naturgemäß nicht unfallbedingt sein kann, sondern eine akute Belastungsreaktion darstellt. Die Ausführungen von L2, der HNO-ärztlicherseits eine unfallbedingte MdE von 30 vom Hundert wegen objektiver vestibulärer Störungen des linken Gleichgewichtssystems angenommen hat, hält die Kammer nicht für plausibel. Vielmehr geht sie mit C2 davon aus, dass eine nennenswerte Beeinträchtigung der peripheren Gleichgewichtsorgane nicht feststellbar ist, so dass wegen fehlender objektiver Befunde Hno-ärztlicherseits eine unfallbedingte MdE verneint werden muss. Der Sachverständige L4 hat diese Zusammenhangsbeurteilung von C2 bestätigt. Internistischerseits lassen sich – so L3 – ebenfalls keine Unfallfolgen ermitteln. Es verbleibt daher bei den unfallchirurgischerseits beschriebenen Befunden, denen A nach dem 16.03.1998 eine MdE von 10 vom Hundert beimisst. In Übereinstimmung mit den Vorgutachtern von Seiten seines Fachgebiets hat der Sachverständige dabei konstatiert, dass die rechte Sprungbeinfraktur der Klägerin anatomiegerecht abgeheilt ist. Eine Kalksalzminderung als Folge einer Schonung des rechten Beins im Alltagsgebrauch lässt sich röntgenologisch nicht verifizieren. Darüber hinaus besteht auch keine nachweisbare Schwellneigung, lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk, eine Muskelminderung im rechten Ober- und Unterschenkel besteht nicht, so dass davon ausgegangen werden kann, dass beide Beine gleichmäßig belastet werden. Ein Vergleich mit den unfallmedizinischen Erfahrungswerten ergibt, dass den von A beschriebenen Befunden, die im Wesentlichen mit den von den Vorgutachtern erhobenen Befunde übereinstimmen, keine rentenberechtigende MdE beigemessen kann. Die unfallmedizinischen Erfahrungswerte sehen nämlich selbst bei einer Versteifung des unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung lediglich eine MdE von 15 vom Hundert vor. Eine so weitgehende Funktionsbeeinträchtigung besteht bei der Klägerin nicht. Zu Recht hat deshalb A die unfallbedingte MdE niedriger veranschlagt.
Auch augenärztlicherseits lassen sich keine Unfallfolgen feststellen: Nach den plausiblen Ausführungen von G können die von der Klägerin beschriebenen Sehbehinderungen beider Augen schon deshalb nicht – von Seiten seines Fachgebiets – den Unfallfolgen zugerechnet werden, weil durchgangsärztlich eine Schädigung der Augen nicht beschrieben worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin Rente über den 16.03.1998 hinaus beanspruchen kann.
Die 1968 geborene Klägerin erlitt am 27.06.1996 einen Wegeunfall als sie mit ihrem PKW auf einen LKW auffuhr. Die Klägerin wurde ins L1-Hospital X1eingeliefert. Dort stellte man Schürfungen und Glassplitterverletzungen an der Stirn und am linken Unterschenkel sowie eine Thoraxprellung fest und diagnostizierte eine commotio cerebri, eine Halswirbelsäulendistorsion sowie eine Talushalsmehrfragmentfraktur rechts. Bis zum 19.07.1996 wurde die Klägerin stationär behandelt. Wegen der Sprungbeinverletzung, die operativ versorgt worden war, erfolgte ambulante Weiterbehandlung. Am 03.09.1996 stellte sich die Klägerin in der Poliklinik der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E-C1 vor. In dem dazu ergangenen Bericht heißt es, subjektiv stünden die Verletzungen im Bereich des rechten Sprungbeins im Vordergrund. Hinsichtlich der Halswirbelsäulen-Distorsion der commotio cerebri und der Thoraxprellung bestünden keine Beschwerden mehr. In einem Arztbrief vom 16.01.1997 berichtete der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie I1, die Klägerin sei von ihm am 25.08.1994 erstmals wegen eines Wirbelsäulensyndroms und neurotischer Einstellung zu ihren Brüsten untersucht worden. Nunmehr habe sie erstmals vor vier Wochen einen Kopfschmerz im Stirnbereich mit Schwindelgefühlen und Übelkeit verspürt. Später berichtete I1, die Klägerin sei nach dem 30.05.1997 nicht mehr in seiner Praxis erschienen, nachdem er sie nicht weiter habe krankschreiben wollen. Zur Feststellung der verbliebenen Unfallfolgen holte die Beklagte ein chirurgisches Gutachten von I2, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik E-C1 ein. Dieser äußerte unter dem 04.07.1997, als Unfallfolgen fänden sich noch eine Umfangsminderung des rechten Ober- und Unterschenkels, eine Vergröberung der Gelenkkontur des rechten Sprunggelenks sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks. Die dadurch bedingte MdE schätzte I2 zunächst auf 20 vom Hundert ein; zur Feststellung der Dauerrente empfahl er eine Nachuntersuchung. Wegen der Schwindelbeschwerden des Klägers veranlasste die Beklagte auch eine HNO-ärztliche sowie eine neurologische Begutachtung der Klägerin. HNO-ärztlicherseits ging L2, Gutachten vom 03.09.1997) von einer nachweisbaren, objektiven vestibulären Störung des linken Gleichgewichtssystems aus, der er eine MdE von 30 vom Hundert beimaß. Neurologischerseits konnte M keine Unfallfolgen feststellen. Die von der Klägerin beklagten Kopfschmerzen deutete sie als unfallunabhängige, vaskuläre Beschwerden. Zur Überprüfung der Feststellungen von L2 holte die Beklagte ein weiteres HNO-ärztliches Gutachten ein: Bei der am 16.09.1998 erfolgten Untersuchung stellte C2 eine nur noch als rudimentär ausgeprägt zu bewertende verminderte Erregbarkeit des linken peripheren Gleichgewichtsorgans fest. Er äußerte deshalb die Überzeugung, der etwaige Schaden sei nahezu völlig ausgeheilt bzw. kompensiert. Die von der Klägerin beklagte Symptomatik könne im Übrigen nur schwerlich zu einem Unfallgeschehen in Beziehung gesetzt werden. Die typische Symptomatik einer peripher-vestibulären Störung bestehe gerade darin, dass bei Beschleunigungsbewegung des Kopfes bzw. des Körpers die periphere Gleichgewichtsregulation aus dem Gleichgewicht gerate und typischerweise ein Schwindelanfall in Richtung des geschädigten Organs ausgelöst werde. Insbesondere bei inkompletten Schädigungen bzw. latenten Reizzuständen eines Gleichgewichtsorgangs lasse sich durch die Provokation im Rahmen der kalorischen Spülung eine eindeutige, seitenbetonte Reaktion zumeist im Sinne einer überschießenden Reizantwort bzw. einer starken vegetativen Begleitsymptomatik auslösen. Dies habe sich bei der Klägerin in keiner Weise nachvollziehen lassen, so dass praktisch von einer Ausheilung des peripher-vestibulären Schadens links ausgegangen werden könne. Die dadurch bedingte MdE sei maximal auf 10 vom Hundert zu schätzen. Sodann veranlasste die Beklagte ein weiteres chirurgisches Gutachten: Unter dem 23.02.1999 berichtete T1 von einem guten funktionellen Ausheilungsergebnis: Es bestünde nur noch eine geringe Teileinschränkung bei den Kantenbewegungen sowie einbeinige Belastungsbeschwerden rechts. Die dadurch bedingte MdE sei auf 10 vom Hundert zu schätzen.
Neurologischerseits bestätigte L3 (Gutachten vom 23.04.1999) die Beurteilung von M. Von Seiten seines Fachgebiets konnte er keine Unfallfolgen feststellen. Eine testpsychologische Zusatzbegutachtung ergab ein durchschnittlich ausgeprägtes logisch-abstraktes Denkvermögen der Klägerin bei einer im unteren Normbereich anzusiedelnen prämorbiden allgemeinen intellektuellen Leistungsfähigkeit (Gutachten Dipl.-Psychologe N1 vom 07.05.1999). Auch augenärztlicherseits waren keine Unfallfolgen nachweisbar (Gutachten G vom 11.06.1999). Nachdem der beratende Arzt T2 aufgrund dieser medizinischen Feststellungen die unfallbedingte MdE für die Dauer eines Jahres nach dem Unfall auf 25 vom Hundert geschätzt hatte, bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 25.10.1999 Rente nach einer MdE von 25 vom Hundert bis zum 16.03.1998 und lehnte die Weitergewährung von Rente ab. Der Widerspruch der Klägerin war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.06.2000). Mit ihrer am 29.06.2000 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, die bei ihr vorliegende Sehbeeinträchtigung, ihre anhaltenden Kopfschmerzen sowie die bei ihr festgestellten Bandscheibenprotusionen seien Folge des Wegeunfalls vom 27.06.1996. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass sie unfallbedingt an einer Kollapsneigung, an Absencen, Schwindel und Übelkeit leide.
In der mündlichen Verhandlung vom 12.09.2006 ist für die Klägerin niemand aufgetreten. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses ist die am 03.08.2006 abgesandte Terminsmitteilung am 08.06.2006 dem Klägerbevollmächtigten zugegangen. Am 07.09.2006 hat er um Verlegung des Verhandlungstermins mit der Begründung ersucht, er müsse einen bereits seit längerem vom Arbeitsgericht N2 angesetzten Verhandlungstermin wahrnehmen, die Rechtsanwältin, die ihn im hier anhängigen Verfahren habe vertreten sollen, sei kurzfristig verhindert gewesen.
Schriftsätzlich begehrt die Klägerin, den Bescheid der Beklagten vom 25.10.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin wegen der Folgen des Wegeunfalls nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu entschädigen und die Rente über den 16.03.1998 hinaus bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 25 % fortzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG internistischerseits L3, orthopädischerseits A, HNO-ärztlicherseits L4 und neurologisch-psychiatrischerseits N3-T3 gehört. Dieser hat von Seiten seines Fachgebiets die unfallbedingte MdE bis März 2006 auf 20 vom Hundert geschätzt. Demgegenüber haben L4 und L3 keine Unfallfolgen feststellen können. A hat die unfallbedingte MdE in Übereinstimmung mit T2 bis zum 16.03.1998 auf 25 vom Hundert und danach auf 10 vom Hundert geschätzt. Das Gericht hat Arztbriefe des B-Krankenhauses, L5, über stationäre Aufenthalte der Klägerin vom 08. bis 19.03.2004 und vom 05. bis 13.08.2004 beigezogen. Neurologisch-psychiatrischerseits hat die Beklagte eine gutachtliche Stellungnahme von X2 vorgelegt, der auf der Grundlage der Arztbriefe des B-Krankenhauses geäußert hat, die von der Klägerin geklagten subjektiven Störungen seien wesentlich durch private Konflikte bedingt worden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht hat am 12.09.2006 auch in Abwesenheit des Klägerbevollmächtigten verhandeln und entscheiden können. Im Hinblick darauf, dass auf Antrag des Klägerbevollmächtigten bereits zwei Verhandlungstermine aufgehoben worden waren, hätte dieser näher darlegen müssen, warum er den Termin am Arbeitsgericht vorgezogen hat. Hier ist bereits erstmals für den 06.06.2006 terminiert worden, dieser Termin ist ebenso wie der Verhandlungstermin vom 15.08.2006 auf Antrag des Klägerbevollmächtigten aufgehoben worden. Dennoch hat der Klägerbevollmächtigte den Termin vor dem Arbeitsgericht und nicht den Termin vor dem Sozialgericht wahrgenommen. Auch auf den Hinweis des Gerichts, es sei nicht beabsichtigt, den Verhandlungstermin zu verlegen hat der Klägerbevollmächtigte sein Anliegen nicht näher begründet. Für die Kammer ist es daher nicht ersichtlich gewesen, dass der Klägerbevollmächtigte unvermeidbar gehindert gewesen ist, den Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht wahrzunehmen. Er muss sich daher auf Vertretung durch andere Rechtsanwälte, auch außerhalb seiner Praxis verweisen lassen (vgl. Meyer-Ladewig-Keller-Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 62 Randnummer 6 b mit Hinweis auf Urteil des BSG vom 18.06.2003 – B 13 RJ 223/02 B - ).
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 25.10.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2000 ist rechtmäßig. Die Klägerin kann über den 16.03.1998 hinaus keine Rente beanspruchen. Gemäß § 56 SGB VII setzt die Bewilligung von Rente eine unfallbedingte MdE von mindestens 20 vom Hundert voraus. Daran fehlt es hier. Zwar ist der gemäß § 109 SGG gehörte Sachverständige N3-T3 gegenteiliger Auffassung. Er hat vorgeschlagen von Seiten des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets eine MdE von 20 vom Hundert bis spätestens März 2006 anzunehmen. Seinem Vorschlag kann jedoch nicht gefolgt werden. Davon hat sich die Kammer insbesondere aufgrund der Darlegungen der X2, L3 und M überzeugt. Danach können die von der Klägerin geklagten Gesundheitsstörungen in Form von Schwindel, Übelkeit und Kopfschmerzen nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit als wesentliche Folgen des Unfalls vom 27.06.1996 angesehen werden, sondern sind wesentliche Folge der bei ihr vorliegenden Persönlichkeitsstruktur und – unfallunabhängiger – privater Konflikte. Bei ihrem stationären Aufenthalt vom 08. bis zum 19.03.2004 im B-Krankenhaus L5 hat die Klägerin angegeben, ihre Schwindelerscheinungen hätten sich erstmals bei einer allein unternommenen Reise manifestiert, sie müsse Menschenmengen meiden. Diese Angaben weisen auf eine unfallunabhängige Ursache ihrer Beschwerden hin, zumal die Klägerin ausweislich des Berichts vom 03.09.1996 seinerzeit über keine Beschwerden von Seiten der commotio cerebri klagte und der behandelnden Neurologe und Psychiater I1 davon berichtete, die Klägerin, die ihm bereits vor dem Unfall mit einer neurotischen Einstellung aufgefallen war, habe erstmals im Dezember 1996 über Kopfschmerzen, Schwindelgefühle und Übelkeit geklagt. Die psychosomatischen Beschwerden der Klägerin sind damit erstmals mehr als 8 Monate nach dem Unfall aufgetreten. Ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Unfall lässt sich deshalb nicht mehr konstatieren. Dies mag – wie N3-T3 meint – auf Kommunikationsprobleme der Klägerin zurückzuführen sein. Zu überzeugen vermag diese Erklärung die Kammer jedoch nicht, da die Klägerin offensichtlich in der Lage ist ihre Beschwerden auch Ärzten gegenüber zu schildern. Darüber hinaus deuten die anamnestischen Hinweise in den Arztbriefen des B-Krankenhauses L5 auch auf vorrangige, unfallunabhängige Konflikte hin, die inbesondere im Arztbrief des B-Krankenhauses L5 vom 01.09.2004 beschrieben worden sind. Ferner ist seinerzeit eine bipolare affektive Störung festgestellt worden, die - wie X2 ausgeführt hat – naturgemäß nicht unfallbedingt sein kann, sondern eine akute Belastungsreaktion darstellt. Die Ausführungen von L2, der HNO-ärztlicherseits eine unfallbedingte MdE von 30 vom Hundert wegen objektiver vestibulärer Störungen des linken Gleichgewichtssystems angenommen hat, hält die Kammer nicht für plausibel. Vielmehr geht sie mit C2 davon aus, dass eine nennenswerte Beeinträchtigung der peripheren Gleichgewichtsorgane nicht feststellbar ist, so dass wegen fehlender objektiver Befunde Hno-ärztlicherseits eine unfallbedingte MdE verneint werden muss. Der Sachverständige L4 hat diese Zusammenhangsbeurteilung von C2 bestätigt. Internistischerseits lassen sich – so L3 – ebenfalls keine Unfallfolgen ermitteln. Es verbleibt daher bei den unfallchirurgischerseits beschriebenen Befunden, denen A nach dem 16.03.1998 eine MdE von 10 vom Hundert beimisst. In Übereinstimmung mit den Vorgutachtern von Seiten seines Fachgebiets hat der Sachverständige dabei konstatiert, dass die rechte Sprungbeinfraktur der Klägerin anatomiegerecht abgeheilt ist. Eine Kalksalzminderung als Folge einer Schonung des rechten Beins im Alltagsgebrauch lässt sich röntgenologisch nicht verifizieren. Darüber hinaus besteht auch keine nachweisbare Schwellneigung, lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk, eine Muskelminderung im rechten Ober- und Unterschenkel besteht nicht, so dass davon ausgegangen werden kann, dass beide Beine gleichmäßig belastet werden. Ein Vergleich mit den unfallmedizinischen Erfahrungswerten ergibt, dass den von A beschriebenen Befunden, die im Wesentlichen mit den von den Vorgutachtern erhobenen Befunde übereinstimmen, keine rentenberechtigende MdE beigemessen kann. Die unfallmedizinischen Erfahrungswerte sehen nämlich selbst bei einer Versteifung des unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung lediglich eine MdE von 15 vom Hundert vor. Eine so weitgehende Funktionsbeeinträchtigung besteht bei der Klägerin nicht. Zu Recht hat deshalb A die unfallbedingte MdE niedriger veranschlagt.
Auch augenärztlicherseits lassen sich keine Unfallfolgen feststellen: Nach den plausiblen Ausführungen von G können die von der Klägerin beschriebenen Sehbehinderungen beider Augen schon deshalb nicht – von Seiten seines Fachgebiets – den Unfallfolgen zugerechnet werden, weil durchgangsärztlich eine Schädigung der Augen nicht beschrieben worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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