Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 12 AS 224/05
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 3/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11b AS 45/06 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
I. Die Urteile des Sozialgerichts Chemnitz vom 29. Juni 2005 (S 12 AS 224/05) und vom 24. Januar 2006 (S 6 AS 1378/05; S 2 AS 1397/05; S 2 AS 1420/05) sowie die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2005 in der Fassung vom 21.01.2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2005, vom 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2005 und vom 28.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2005 werden aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin der Zeit vom 01.01.2005 bis 31.07.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung eines befristeten Zuschlages gemäß § 24 SGB II, der nach § 24 Abs. 2 und 3 SGB II zu berechnen ist, und unter Außerachtlassung des Kindergeldes für den Sohn J2 H ... zu gewähren.
III. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
IV. Die Beklagte hat der Klägerin 4/5 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Verfahrenszüge zu erstatten.
V. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab 01.01.2005 bis 31.01.2006.
Die am ...1961 geborene Klägerin ist mit B. H ... (B.H.), geboren am ...1957 verheiratet. Sie ist erwerbsfähig und hat zwei eheliche Kinder, J2 H ..., geb. am ...1984 und J1 H ..., geb ...1989, der noch die Schule besucht. Die Klägerin bezog bis 28.07.2004 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 121,31 EUR wöchentlich (17,33 EUR täglich) und anschließend Arbeitslosenhilfe (Alhi), nämlich vom 29.07.2004 bis 31.08.2004 in Höhe von 48,02 EUR wöchentlich, im November 2004 in Höhe von 442,20 EUR und im Dezember 2004 in Höhe von 456,94 EUR wöchentlich. B.H. bezieht seit 01.10.2004 Alg, zunächst in Höhe von 1.181,40 EUR monatlich (39,22 EUR täglich), ab 01.01.2005 in Höhe von 1.196,70 EUR monatlich (39,89 EUR täglich). Der Sohn J2 H ..., der bis zum 31.07.2005 im Haushalt seiner Eltern lebte, bezog Alg in Höhe von wöchentlich 94,78 EUR. Das Kindergeld beträgt insgesamt 308,00 EUR (154,00 EUR für J1 H ... und 154,00 EUR für J2 H ...). Der Antrag des Sohnes J2 H ... auf Abzweigung des Kindergeldes wurde von der Familienkasse mit Bescheid vom 03.01.2005 abgelehnt, da dieser im Haushalt eines Kindergeldberechtigten lebe. Durch die Haushaltsaufnahme werde ihm in ausreichender Höhe Unterhalt gewährt. Mit Mietvertrag vom 16.12.2003 mieteten die Eheleute H ... ab dem 01.04.2004 eine 4-Zimmer-Wohnung mit 108 qm für 430,00 EUR zuzüglich 173,00 EUR Betriebskostenvoraus-zahlung (jeweils 86,50 EUR für Heizungs- und Warmwasserkosten bzw. übrigen Betriebskos-ten) monatlich. Ab 01.07.2005 erhöhte der Vermieter die monatlichen Vorauszahlungen für Heizung auf 108,20 EUR und somit die Gesamtmiete auf 620,10 EUR.
Am 20.12.2004 stellte die Klägerin Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunter-haltes nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 14.01.2005 lehnte die Beklagte für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.01.2005 den Antrag ab, da die Klägerin auf Grund der nachgewiesenen Einkommens-verhältnisse nicht hilfebedürftig sei. Das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft (be-stehend aus der Klägerin, B. und J1 H ...) in Höhe von 1.424,60 EUR übersteige den Gesamt-bedarf in Höhe von 1.299,05 EUR.
Mit Bescheid vom 21.01.2005 lehnte die Beklagte für denselben Zeitraum den Antrag mit derselben Begründung ab. Zusätzlich wies sie daraufhin, dass die Abtretung des Kindergeldes des volljährigen Sohnes an diesen laut Kindergeldkasse nicht möglich sei. Das Kindergeld sei daher auch weiterhin bei der Klägerin anzurechnen.
Mit Schreiben vom 25.01.2005 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 14.01.2005 und am 28.01.2005 gegen den Bescheid vom 21.01.2005 Widerspruch ein. Das SGB II verstoße gegen Art. 2, 20, 19 Abs. 4, 80 Abs. 1 sowie Art. 12 Abs. 2 und 3 Grundgesetz (GG). Die Regelleistung des Alg II entspreche nicht mehr den tatsächlichen Entwicklungen der allgemeinen Lebenskosten. Hinzu kämen die erheblichen Belastungen durch die Gesundheitsreform. Bei der 3 % Pauschale handle es sich um eine realitätsferne und insofern willkürliche Größe. Die vorhandenen Versicherungen seien angemessen und notwendig: Hausratsversicherung 60,01 EUR Unfallversicherung 327,96 EUR Lebensversicherung 243,18 EUR Private Haftpflichtversicherung 75,60 EUR ( 83,15 EUR ab 09.03.05 – SG-Akte BL.314 ) Rechtsschutzversicherung 270,00 EUR Jährlich 976,75 EUR, monatlich 81,3958333 EUR. Es seien die tatsächlich entstandenen Kosten für Unterkunft und Heizung vollständig zu übernehmen. Der Sohn J2 stehe bundesweit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Am 07.03.2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Si-cherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II, in dem sie angab, dass keine Änderun-gen eingetreten seien. Mit Schreiben vom 10.03.2005 wies die Beklagte darauf hin, dass es nicht möglich sei einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zu stellen, da dem Antrag auf Leistungen mit Bescheid vom 14.01.2005 nicht entsprochen worden sei. Dem Schreiben wurde ein kom-pletter Vordruck für einen Neuantrag beigelegt.
Mit Bescheid vom 05.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.01.2005 in der Fassung vom 21.01.2005 als unbegründet zurück. Für die Klägerin und ihren Ehepartner ergebe sich eine Regelleistung in Höhe von jeweils 298,00 EUR, für J1 eine solche von 265,00 EUR, insgesamt also 861,00 EUR. Es seine folgende tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung geltend ge-macht worden: Kaltmiete 430, 00 EUR Heizkosten 86,50 EUR Nebenkosten 86,50 EUR Insgesamt 603,00 EUR. Hiervon abzuziehen sei der Bedarf für den Energieaufwand zur Warmwasserzubereitung: Für den Haushaltsvorstand 8,18 EUR Für Haushaltsangehörige 3,58 EUR, insgesamt also 18,92 EUR. Da die Bedarfsgemeinschaft nur aus drei Personen bestehe, würden nur ¾ der Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen, so dass hierfür 438,05 EUR anzuerkennen wären. Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft betrage demnach 1.299,60 EUR monatlich. Die Bedarfsgemeinschaft verfüge über ein Einkommen in Höhe von 1.424,60 EUR: Bei der Klägerin seien 154,00 EUR Kindergeld für den volljährigen Sohn J2 abzüglich 30,00 EUR Pauschbetrag für Versicherungen anzurechnen (§ 11 Abs. 1 SGB II). Der Ehepartner erzie-le Alg in Höhe von monatlich 1.176,60 EUR, von dem gleichfalls 30,00 EUR für Versicherungen abzugsfähig seien. Bei dem minderjährigen Sohn J1 sei Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR ohne Abzug anzurechnen.
Am 12.04.2005 stellte die Klägerin einen neuen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Am 18.04.2005 hat sich die Klägerin an das Sozialgericht Chemnitz (SG) gewandt und beantragt, die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2005 und 21.01.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2005 aufzuheben und ihr Arbeitslosengeld II bzw. Leistungen ab 01.01.2005 zu zahlen (S 12 AS 224/05).
Die finanzielle Situation ihrer Familie verschlechtere sich immer mehr. Sie benötige erhebliche Schmerzmittel. Die Kosten für Heilbehandlungen und Arzneimittel würden ihr bis zu 1 % nicht von der Krankenkasse erstattet. Es seien von ihr noch weitere Ausgabenpositio-nen nachgewiesen worden: Postgebühren, Rückrechnungen der Lastschriften, Mahngebüh-ren, Ausgaben für Bücher und Telefaxe. Der Sohn J1 benötige Kopiergeld für die Schule und für die Komplexarbeit im Fach Geographie das Internet. Auf keinen Fall sei das Kindergeld des Sohnes J2 bei der Bedarfsgemeinschaft anrechen-bar. Dieser habe einen eigenen Antrag auf Alg II gestellt. Dieser habe weitere Werbekos-ten und Pflichtversicherungen, die zu berücksichtigen seien.
Mit Bescheid vom 19.05.2005 lehnte die Beklagte den Antrag vom 07.03.2005 ab, da die Klägerin nicht hilfebedürftig sei. Das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft in dem Zeitraum 07.03.2005 bis 31.03.2005 in Höhe von 1.191,16 EUR übersteige den Gesamtbedarf in Höhe von 1.082,54 EUR.
Hiergegen legte die Klägerin am 03.06.2005 Widerspruch ein.
Das SG hat die Klage vom 18.04.2005 mit Urteil vom 29.06.2005, Az. S 12 AS 224/05, abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht abgelehnt, der Klägerin Alg II zu gewähren, da Hilfebedürf-tigkeit nicht vorliege. Die Kammer folge vollinhaltlich dem Widerspruchsbescheid. Auch gehe sie nicht von einer Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Vorschriften aus.
Gegen dieses am 15.07.2000 zugegangene Urteil hat die Klägerin am 05.08.2005 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt (Az.: L 3 AS 03/05). Im SGB II fehle eine Öffnungsklausel bei den Regelsätzen für atypische Bedarfslagen, so dass von einer Verfassungswidrigkeit auszugehen sei.
Den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 19.05.2005 wies die Beklagte mit Bescheid vom 13.10.2005 als unbegründet zurück. Da der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II am 07.03.2005 gestellt worden sei, ergebe sich eine tageweise Berechnung für 25 Tage im Monat März 2005. Die Summe der Regelleistungen für die Bedarfsgemeinschaft betrage demnach 717,49 EUR, die anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung für 25 Tage 365,05 EUR. Das anteilige Kindergeld betrage jeweils 128,33 EUR und das anteilige Alg 984,50 EUR. Von dem anteiligen Kindergeld für den volljährigen Sohn i.H.v. 128,33 EUR sei ein Abzugsbetrag von 25 EUR anzu-rechnen.
Hiergegen hat sich die Klägerin am 10.11.05 2005 an das SG gewandt und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den gesetzlichen Vorschriften ab 01.02.2005 zu gewähren (Az. S 2 AS 1378/05).
Mit Urteil vom 24. Januar 2006, Az. 2 AS 1378/05, hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung von Leistungen zum Lebensunterhalt verneint. Der Ehemann beziehe ein monatliches Alg in Höhe von 1.196,70 EUR und nicht 1.181,40 EUR. Der Antrag der Klägerin sei bereits am 21.02.2005 ge-stellt worden, so dass die Berechnung schon für den Monat Februar (anteilig) hätte vorge-nommen werden müssen. Auch bei einer auf acht Tage bezogenen Bedarfs- und Einkom-mensberechnung sei jedoch kein das Einkommen übersteigender Bedarf zu ermitteln. Die Kosten der Warmwasserzubereitung seien durch den Regelbedarf abgegolten. Im Übrigen hat das SG auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.
Gegen dieses am 10.02.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.02.2006 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt (Az. L 3 AS 17/06). Im Wesentlichen rügt sie die Verfassungswidrigkeit der Regelungen des SGB II.
Im Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 01.06.2005 gab die Klägerin u.a. an, dass der Sohn J2 H ... mit in der Wohnung lebe. Im Übrigen machte sie im Wesentlichen dieselben Angaben wie in den früheren Anträgen.
Mit Bescheid vom 28.07.2005 lehnte die Beklagte den Antrag vom 01.06.2005 für den Zeitraum vom 01.06.2005 bis 30.11.2005 ab, da die Klägerin nicht hilfebedürftig sei. Das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.305,40 EUR übersteige den Ge-samtbedarf in Höhe von 1.299,05 EUR.
Hiergegen legte die Klägerin am 01.08.2005 Widerspruch ein. Am 01.08.2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass ihr Sohn J2 zum 01.08.2005 aus der elterlichen Wohnung ausziehe und somit nicht mehr zur Wohngemeinschaft gehöre.
Am 07.08.2005 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 09.08.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.01.2006 Leistungen in Höhe von 139,66 EUR monatlich. Dabei berücksich-tigte sie für Unterkunft und Heizung 584,08 EUR.
Ebenfalls mit Bescheid vom 09.08.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin und den in ihrer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen vom 01.08.2005 bis 31.01.2006 Leistungen in Höhe von 143,26 EUR monatlich: Regelleistungen 861,00 EUR Unterkunft und Heizung 587,66 EUR Gesamtbedarf 1.448,66 EUR
Gesamteinkommen 1.305,40 EUR Alg 1.181,40 EUR -Versicherungen 30,00 EUR Kindergeld für J1 154,00 EUR.
Am 18.08.2005 beantragte die Klägerin ein zinsloses Darlehen für die Bezahlung der Ne-benkostennachzahlung für das Jahr 2004 in Höhe von 153,97 EUR.
Mit Änderungsbescheid vom 29.08.2005 bewilligte die Beklagte unter Berücksichtigung der Betriebskostenabrechnung 2004 Leistungen wie folgt: - Vom 01.08.2005 bis 31.08.2005 275,84 EUR - Vom 01.09.2005 bis 31.01.2005 160,36 EUR. Es sei eine Änderung der Miete eingetreten. Von der Betriebskostennachzahlung könnten nur ¾ anerkannt werden, da zum Zeitpunkt des Zugangs der Betriebskostenabrechnung noch vier Personen im Haushalt gewohnt hätten.
Mit Bescheid vom 18.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 01.08.2005 gegen den Bescheid vom 28.07.2005 als unbegründet zurück. Insgesamt errechne sich eine Summe der Regelleistung für die Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 861,00 EUR (298,00 EUR, 298,00 EUR, 265,00 EUR) sowie Kosten für Unterkunft und Hei-zung von 438,07 EUR monatlich. Der volljährige Sohn J2 trage seine Kosten für Unterkunft und Heizung zu ¼ selbst, da er der Bedarfsgemeinschaft nicht zugehörig sei. Die Betriebs-kostenabrechnung vom 31.05.2005 habe im Bescheid vom 28.07.2005 keine Berücksichti-gung finden können, da diese erst am 18.08.2005 eingereicht worden sei. Der Gesamtbe-darf der Bedarfsgemeinschaft betrage daher vor Einkommensanrechnung monatlich 1.299,07 EUR. Die Bedarfsgemeinschaft verfüge über ein monatliches Einkommen in Höhe von 1.305,40 EUR: Arbeitslosengeld 1.181,40 EUR -Versicherungen 30,00 EUR Kindergeld für J1 154,00 EUR Kindergeld für J2 154,00 EUR -Versicherungen 30,00 EUR. Kindergeld für volljährige Kinder sei grundsätzlich als Einkommen dem Kindergeldbe-rechtigten zuzurechnen. Dies gelte nur dann nicht, wenn die zuständige Familienkasse auf Antrag das Kindergeld an das volljährige Kind auszahle.
Hiergegen hat sich die Klägerin am 14.11.2005 an das SG gewandt und beantragt, den Be-scheid vom 28.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den gesetzlichen Vorschriften ab 01.06.2005 zu gewähren (Az. S 2 AS 1397/05).
Mit Urteil vom 24.01.2006 Az. S 2 AS 1397/05 hat das SG die Klage unter Verweisung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid abgewiesen. Dieses Urteil ist der Klägerin am 10.02.2006 zugestellt worden. Hiergegen hat die Klägerin am 02.03.2006 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt (Az.: L 3 AS 18/06). Im Wesentlichen rügt sie auch hierzu die Verfassungswidrigkeit des SGB II.
Am 15.08.2005 legte die Klägerin gegen die Bescheide vom 09.08.2005 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 18.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch nach Erteilung des Än-derungsbescheides vom 29.08.2005 als unbegründet zurück. Die Summe der Regelleistungen errechne sich für die Bedarfsgemeinschaft auf 861,00 EUR. Für Unterkunft und Heizung seien folgende Aufwendungen geltendgemacht worden: Kaltmiete 430,00 EUR Heizkosten 108,20 EUR Nebenkosten 81,90 EUR Insgesamt 603,00 EUR (wohl richtig 610,10 EUR). Hiervon seien als Bedarf für den Energieaufwand zur Warmwasserzubereitung 15,34 EUR abzusetzen (8,16 EUR, 3,58 EUR, 3,58 EUR). Kosten für Unterkunft und Heizung im Monat August 2005: Kaltmiete 430,00 EUR Heizkosten abz. Pauschalabzug 92,86 EUR Nebenkosten 81,90 EUR Betriebskostennachzahlung davon ¾115,48 EUR Insgesamt 720,24 EUR Für den Monat August 2005 sei der Klägerin die am 18.08.2005 eingereichte Betriebskos-tennachzahlung in Höhe von 115,48 EUR bewilligt und den Kosten der Unterkunft und Hei-zung zugerechnet worden. Die Betriebskostennachzahlung in Höhe von insgesamt 153,97 EUR seien nur zu ¾ anerkannt worden, da der volljährige Sohn J2 zum Zeitpunkt der Kostenentstehung der Haushaltsgemeinschaft angehörig gewesen sei. Kosten für Unterkunft und Heizung im Zeitraum September 2005 bis Januar 2006: Kaltmiete 430,00 EUR Heizkosten abzüglich Pauschalabzug 92,86 EUR Nebenkosten 81,90 EUR Insgesamt 604,76 EUR.
Hiergegen hat sich die Klägerin am 17.11.2005 an das SG gewandt und beantragt, die Be-scheide vom 09.08.2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu ver-urteilen, ihr höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu bewilligen (Az.: S 2 AS 1420/05).
Mit Urteil vom 24.01.2006, Az.: S 2 AS 1420/05 hat das SG die Klage unter Verweisung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid abgewiesen. Dieses Urteil wurde der Klägerin am 10.02.2006 zugestellt.
Hiergegen hat die Klägerin am 02. 03.2006 Berufung zum Sächsischen Landessozialge-richt eingelegt (Az.: L 3 AS 19/05). Im Wesentlichen rügt sie weiterhin die Verfassungswidrigkeit des SGB II.
Mit Beschluss vom 20.07.2006 hat der Senat die Verfahren L 3 AS 3/05, L 3 AS 17/06, L 3 AS 18/06 und L 3 AS 19/06 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbun-den und das Verfahren unter dem Az.: L 3 AS 3/05 fortgeführt.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 20.07.2006 für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.01.2006 dem Grunde nach die Bewilligung eines Zuschlages nach § 24 SGB II anerkannt. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Klägerin beantragt, die Urteile des Sozialgerichts Chemnitz vom 29.Juni 2005 (Az.: S 12 AS 224/05) und vom 24. Januar 2006 (Az.: S 2 AS 1378/05; S 2 AS 1397/05; S 2 AS 1420/05) sowie die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2005 in der Fassung vom 21.01.2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2005, vom 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2005 und vom 28.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2005 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 09.08.23005 in der Fassung des Änderungsbe-scheides vom 29.08.2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2005 die Beklagte zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebens-unterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 4.838,31 EUR abzüglich der durch das Teil-anerkenntnis anerkannten Zahlungen bezüglich des Zuschlages nach § 24 SGB II ab dem 01.08.2005 zu gewähren. Der Betrag von 4.838,31 EUR ergebe sich aus der Differenz zu der Höhe der zuletzt gewährten Alhi-Zahlung abzüglich der ab August 2005 geleisteten Zahlungen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich hierzu auf ihr bisheriges Vorbringen sowie das Urteil des SG.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften Berufungen sind zulässig, sie wurden insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, § 151 Abs. 1 SGG.
Die Berufungen sind zum überwiegenden Teil auch begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2005 in der Fassung vom 21.01.2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.08.2005, vom 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2005, vom 28.07.2005 in der Gestalt des Wider-spruchbescheides vom 18.10.2005 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
1. Das SG hat zu Unrecht bis zum 31.07.2005 das Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR für den volljährigen Sohn J2 als Einkommen der Klägerin bedarfsmindernd berücksichtigt.
Die Klägerin ist anspruchsberechtigt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Hilfebe-dürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensun-terhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht aus-reichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen er-hält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Sie ist erwerbsfähig, da sie mehr als drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann und hat das 65. Lebensjahr noch nicht erfüllt. Sie ist auch hilfebedürftig, weil sie ihren Lebensunterhalt nicht vollständig aus dem zu berücksichtigenden Einkommen sichern kann, obwohl, da die Klägerin in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, auch das Einkommen und Vermögen des Ehemanns zu berück-sichtigen ist (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Zu der Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 SGB II gehören neben der Klägerin deren Ehemann B. H ... und der gemeinsame Sohn J1 H ..., geb ...1989. Zu dieser Bedarfsgemein-schaft gehört nicht der am ...1984 geborene und somit volljährige Sohn J2 H ..., auch wenn er bis zum 31.07.2005 mit der Klägerin und den übrigen Familienmitgliedern in ei-nem Haushalt zusammenlebte (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II).
Bei der Leistungsgewährung nach dem SGB II ist gemäß § 11 Abs. 1 SGB II Einkommen zu berücksichtigen. Das der Klägerin ausgezahlte Kindergeld für den volljährigen Sohn J2 H ... ist im konkre-ten Fall kein Einkommen der Klägerin im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II und daher auch nicht bei der Bedarfsberechnung einkommensmindernd anzurechnen.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II ist das Kindergeld für minderjährige Kinder soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhaltes benötigt wird, als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Da der Sohn J2 bereits volljährig ist, findet die Rege-lung des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II dem Wortlaut nach auf ihn keine Anwendung.
Zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bestand grundsätzlich Einigkeit darüber, dass das Kindergeld beim jeweils Kindergeldberechtigten anzusetzen war (vgl. Brühl in Lehr- und Praxiskommentar BSHG, 6. Auflage 2003, § 77 Rdnr 48f). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wurde zum Teil angenommen, wenn der Kindergeldberechtigte das an ihn aus-gezahlte Kindergeld seinem einkommens- und vermögenslosen Kind gezielt zuwendete (vgl. Brühl, a.a.O, Rdnr. 49). Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 17.12.2003 (Az.: 5 C 25/05 – NJW 2004, 2541) ist Kindergeld sozialhilferechtlich Einkommen dessen, an den es ausgezahlt wird: "Steuerrechtlich steht nach § 62 EstG der Anspruch auf Kindergeld für Kinder i.S.d. § 63 EStG anders als nach § 1 Abs. 2 BKGG für den dort bezeichnete Sonderfall nicht dem Kind für sich selbst zu, sondern einem mit dem Kind, für das Kindergeld gewährt wird, nicht identischen Anspruchsberechtigten. Da Kindergeld für jedes Kind nur einem Berech-tigten gezahlt wird (§ 64 Abs. 1 EstG), beurteilt sich bei mehreren Berechtigten nach § 64 Abs. 2 EstG, wem von ihnen das Kindergeld gezahlt wird. In Sonderfällen sieht § 74 EstG vor, dass das Kindergeld an Dritte ausgezahlt werden kann beziehungsweise auszuzahlen ist. An Kinder des Kindergeldberechtigten kann es nach § 74 Abs. 1 Satz 1 EstG in ange-messener Höhe ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihnen gegenüber sei-nen gesetzlichen Unterhaltspflichten nicht nachkommt. Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 EstG kann Kindergeld zudem an Kinder, die bei der Festsetzung des Kindergeldes berücksichtigt werden, bis zur Höhe des Betrages, der sich bei entsprechender Anwendung des § 76 EstG ergibt, ausgezahlt werden. Dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leis-tungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kinder-geld. Schließlich ist auf Antrag das Kindergeld an ein unterhaltsberechtigtes Kind auszu-zahlen, wenn der gesetzlich unterhaltspflichtige Kindergeldberechtigte auf Grund richterli-cher Anordnung länger als einen Monat in einer Anstalt oder Einrichtung untergebracht ist (§ 74 Abs. 2 EstG). Aus dem Zweck des Kindergeldes folgt keine von der Auszahlung unabhängige Zuord-nung als Einkommen des Kindes ... Ein Zweck des Kindergeldes ist, die steuerliche Frei-stellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes zu be-wirken (§ 31 EstG). Mit diesem Zweck wird Kindergeld nicht dem Kind selbst (vertreten durch die Eltern) als Einkommen zur Sicherung seines Existenzminimums gewährt, son-dern es bleibt der Teil des elterlichen Einkommens steuerfrei, den diese zur Existenzsiche-rung ihres Kindes benötigen ... Zum anderen dient das Kindergeld, soweit es für den Zweck der steuerlichen Freistellung nicht erforderlich ist, der Förderung der Familie und nicht etwa allein oder vorrangig der Förderung des Kindes, für das Kindergeld gewährt wird. Auch das Zivilrecht ordnet Kindergeld nicht abweichend vom Steuerrecht dem Kind als Einkommen zu ..."
Nach Ansicht des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 15.06.2005, Az.: L 8 AS 118/05 ER) ist diese Rechtslage auch für die Anrechnung des Kindergeldes nach dem SGB II durch § 11 Abs. 1 SGB I maßgebend. Danach folgt aus § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II im Umkehrschluss, dass das für volljährige Kinder gezahlte Kindergeld dem Kindergeld-berechtigten zuzurechnen ist, hier also der Klägerin. Nach anderer Ansicht ist bei volljährigen Kindern das Kindergeld dem Einkommen des Kindergeldberechtigten (in der Regel ein Elternteil) dann nicht zuzurechnen, wenn dieser das Kindergeld an das Kind weitergibt, so dass das volljährige Kind tatsächlich darüber verfügen kann (so auch Brühl in: Münder, Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 1. Auflage 2005, § 11, Rn. 20; Hasske in: Estelmann, Kommentar zum SGB II, Stand: Februar 2005, § 11, Rnr. 25).
Im vorliegenden Fall liegt die Besonderheit vor, dass der Antrag des Sohnes J2 auf Ab-zweigung des Kindergeldes von der Familienkasse mit Bescheid vom 03.01.2005 in Ges-talt des Einspruchsbescheides vom 16.03.2005 gerade mit der Begründung, dass J2 H ... in der Wohnung seiner Eltern leben würde und der kindergeldberechtigte Eltern-teil mit der Haushaltsaufnahme seine Unterhaltspflicht erfülle, abgewiesen wurde. Der Umfang der Unterhaltsleistungen erreiche das auf das Kind entfallende Kindergeld. J2 H ... ist somit die Möglichkeit nach § 74 EstG, auf die das LSG Niedersachsen-Bremen in seiner Entscheidung verweist, wenn der Kindergeldberechtigte dem Kind ge-genüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt, verwehrt worden. Einerseits geht die Beklagte selbst davon aus, dass die Klägerin an ihren Sohn keinen Un-terhalt in Form von Gewährung von Unterkunft in der ehelichen Wohnung leistet, indem sie die Kosten für Unterkunft und Heizung um den Anteil des Sohnes J2 – zu Recht – re-duziert, andererseits unterstellt sie, dass der Klägerin dennoch das Kindergeld zustehe. Da die Klägerin mangels ausreichender Leistungsfähigkeit gegenüber ihrem volljährigen Kind nicht barunterhaltspflichtig ist, ist unter diesen Umständen das Kindergeld, das tat-sächlich an den volljährigen Sohn J2 weitergegeben wurde, kein Einkommen der Kläge-rin.
2. Der Klägerin steht auch für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.07.2005 ein befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II zu, da sie bis 28.07.2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 121,31 EUR wöchentlich/17,33 EUR täglich bezogen hat.
§ 24 Abs. 1 SGB II trifft folgende Regelung: "Soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeitslosengeld II innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld (Alg) bezieht, erhält er in diesem Zeit-raum einen monatlichen Zuschlag. Nach Ablauf des ersten Jahres wird der Zuschlag um 50 v.H. vermindert." Die Höhe des Zuschlages bestimmt sich zunächst nach § 24 Abs. 2. Danach beträgt der Zuschlag
"zwei Drittel des Unterschiedsbetrages zwischen 1. dem von den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld und dem nach dem Wohngeldgesetz erhaltenen Wohngeld und 2. dem an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen zu zahlenden Arbeitslosengeld II nach § 19 Satz 1 Nr. 1 sowie Satz 2 oder Sozialgeld § 28 SGB II."
Umstritten ist, ob ein solcher Anspruch auch dann in Betracht kommt, wenn der Klägerin ? wie im vorliegenden Fall – kein Arbeitslosengeld II i.S.d. § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II ge-zahlt wird, weil das seiner Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung stehende Einkommen hö-her als deren Bedarf (ohne Berücksichtigung des Zuschlages nach § 24 SGB II) ist. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, dass eine Voraussetzung des Anspruchs nach § 24 Abs. 1 SGB II ist, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige Alg II bezieht. (Söhning in: ju-risPK-SGB II Rdnr. 20ff.; Rixen in:Eicher/Spellbrink, § 24 SGB II Rdnr. 3; Müller in: Hauck/Noftz, SGB II § 24 Rdnr. 25; Herrmann/Söhngen, SozSich 2004, 412, 416). Danach wäre weder Alg II noch der befristete Zuschlag zu gewähren, wenn die Einkünfte der Bedarfsgemeinschaft gerade eben ausreichen, um den Bedarf nach §§ 20,21 und 23 Abs. 3 SGB II noch selbst zu decken und die Kosten der Unterkunft und Heizung zu tra-gen. Hierfür spricht der Wortlaut des § 24 SGB II: Die Bezeichnung als "Zuschlag" sowie die Berechnungsregelung in § 24 Abs. 2 SGB II ("zu zahlendes Alg II nach § 19 Satz 1 Nr. 1 sowie Satz 2") sprechen dafür, dass dieser Zuschlag nur zusätzlich zu einem ohnehin zu zahlenden Alg II gewährt werden soll.
Nach anderer Ansicht ist der befristete Zuschlag nach dem Bezug von Alg gemäß § 24 SGB II Bestandteil der Leistung Alg II (so Brünner in:LPK-SGB II § 24 Rdnr 6; Mecke in: Eicher/Spellbrink, SGB II § 9 Rdnr. 19 ; wohl auch Eicher in:Eicher/Spellbrink, SGB II § 16 Rdnr. 38; Marschner in: Estelmann, SGB II § 24 Rdnr. 10; Putz, info also 2005, 99, 101f.; LSG Celle-Bremen, Beschluss vom 05.07.2005-L 8 AS 71/05 ER).
Hierfür spricht zunächst der Wortlaut des § 19 Satz 1 SGB II: Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Alg II 1. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kos- ten für Unterkunft und Heizung, 2. unter den Voraussetzungen des § 24 einen befristeten Zuschlag.
Dieses Ergebnis wird auch durch die historische Entwicklung dieser Vorschrift sowie durch die systematische Einordnung bestätigt. In den Materialien (BTDrucks. 15/16 S. 57/58) ist zur Begründung der Norm folgendes ausgeführt: "Zu Abs. 1 Im Bericht der Arbeitsgruppe "Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe" der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen dargestellte "Stufenmodell" sieht für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die nach Beendigung des Bezuges von Alg in die neue, aus Arbeitslosenhilfe und Sozial-hilfe zusammengeführte Leistung kommen, zur Abfederung finanzieller Härten einen zeit-lich befristeten, degressiven Zuschlag vor ( Bericht der Arbeitsgruppe, 3.2 Seite 19)." ... "Der befristete Zuschlag soll berücksichtigen, dass der ehemalige Arbeitslosengeldemp-fänger durch häufig langjährige Erwerbstätigkeit - im Unterschied zu solchen Empfängern der neuen Leistung, die nur jeweils kurzfristig bzw. noch nie erwerbstätig waren - vor dem Bezug der neuen Leistung einen Anspruch in der Arbeitslosenversicherung erworben hat. Er soll in vertretbarem Umfang einen Teil der Einkommenseinbußen abfedern, die in der Regel beim Übertritt in die neue Leistung entstehen werden. Die Halbierung des Zuschla-ges ein Jahr nach dem Alg-Bezug und dem Wegfall zu Beginn des 3.Jahres nach dem Ende des Alg-Bezuges tragen der zunehmenden Entfernung vom Arbeitsmarkt Rechnung und erhöhen den Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ..." "Zu Abs.2 ... Daher ist die Differenz zwischen zuletzt bezogenen Alg und den hierbei gegebenenfalls erhaltenen Wohngeld auf der einen Seite und dem im Einzelfall zu zahlenden Alg II ? unter Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen einschließlich etwaiger Freibeträge aus Erwerbstätigkeit nach § 30 ? und dem gegebenenfalls an Angehörige der Bedarfsgemein-schaft zu zahlenden Sozialgeld auf der anderen Seite zu bilden."
Der befristete Zuschlag nach § 24 SGB II soll also finanzielle Härten abfangen, die entste-hen können, wenn der Bezug des entgeltbezogenen Alg endet und an dessen Stelle das bedarfsorientierte Alg II auf Sozialhilfeniveau tritt, und stellt somit einen mit dem Über-gang vom Bezug von Alg in den Bezug von Alg II entstandenen Sonderbedarf dar.
Auch erscheint es verfassungsrechtlich bedenklich, dass alle Personen und Bedarfsgemein-schaften, die ihren Lebensunterhalt noch selbst bestreiten können, keinen Anspruch auf einen befristeten Zuschlag hätten. Vielmehr ist die Regelung verfassungskonform dahinge-hend auszulegen, dass der Zuschlag unerlässliches Element von Alg II i.S. von § 19 Satz 1 SGB II und nicht nur akzessorisch zum Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebens-unterhaltes ist. Der befristete Zuschlag ist Bestandteil der Leistung Alg II und daher dem Grundbedarf zuzurechnen.
Für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.01.2006 ergibt sich die Bewilligung eines Zuschlages nach § 24 SGB II bereits aus dem Anerkenntnis der Beklagten.
3. Im Übrigen waren die Berufungen der Klägerin unbegründet und somit zurückzuweisen. Gemäß § 19 Abs.1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosen-geld II ( Alg II) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der ange-messenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Dabei umfasst die Regelleistung zur Siche-rung des Lebensunterhaltes insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarf für das tägliche Leben sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Um-welt und eine Teilnahme am kulturellen Leben (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Die monatli-che Regelleistung beträgt – zum streitgegenständlichen Zeitpunkt – für Personen, die al-leinstehend sind, in den neuen Bundesländern 331,00 EUR (§ 20 Abs. 2 SGB II). Haben zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt der Regelsatz jeweils 90 v.H. der Regelleistung nach Abs. 2 (§ 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II), demnach 298,00 EUR bzw. für Kinder ab Beginn des 15. Lebensjahres 80 v.H., also 265,00 EUR. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
a) Die Kosten für Unterkunft und Heizung sind von der Beklagten zutreffend berechnet worden.
Zu Recht hat die Beklagte bis zum 30.07.2005 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung nur zu drei Viertel angesetzt, da der volljährige Sohn J2 H ... (J2.H.) bis dahin zwar nicht zur Bedarfsgemeinschaft, wohl aber zur Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 9 Abs. 5 SGB II zählte. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sind die Kosten für die Erwärmung von Wasser bereits im Regelsatz (§ 20 SGB II) berücksichtigt und fallen somit nicht unter die nach § 22 SGB II zu erbringenden Aufwendungen (so auch BayLSG, Beschluss vom 27.06.2005-L 11 B 227/05 AS-ER). Die von der Beklagten vorgenommene Pauschalierung ist zur Vermeidung von unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand und zur Beschleuni-gung des Leistungsverfahrens nicht zu beanstanden.
b) Die Zuzahlung zu Medikamenten und die Praxisgebühr führt im Hinblick auf die Mög-lichkeit zur Befreiung bei Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Grenze durch die Krankenkasse nicht zu einer Erhöhung des Bedarfs.
c) Nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sind vom Einkommen Beiträge zu privaten Versicherun-gen abzusetzen, soweit diese gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe ange-messen sind. Ergänzt wird diese Vorschrift durch § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Ein-kommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeits-losengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V), der die abzusetzenden dem Grunde und der Höhe nach angemessenen Beiträge zu privaten Versi-cherungen pauschaliert. Demnach sind vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger mo-natlich pauschal 30 EUR für Beiträge zu privaten Versicherungen abzusetzen. Die Bestim-mung des § 3 Nr. 1 Alg II-V ist ermächtigungskonform. Dem Verordnungsgeber ist ein nicht unerheblicher Gestaltungsspielraum zuzubilligen, in dessen Grenzen er eine an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten orientierte politische Entscheidung treffen kann; er darf nur nicht über den von der Ermächtigung vorgegebenen Rahmen hinausgehen. Bei der Bemessung der Höhe dieser Pauschale war zu berücksichtigen, dass sie sachlich nachvoll-ziehbar sein musste und durch sie die im Regelfall üblichen und wirtschaftlich sinnvollen Versicherungskosten abgedeckt werden müssen (BSG, 09.12.2004, B 7 AL 24/04 R). Die-se Grenzen sind vorliegend noch gewahrt, da der festgelegte Betrag von 30,00 EUR die Bei-träge zu privaten Versicherungen, die bei in einfachen wirtschaftlichen Verhältnissen le-benden Bürgern in Deutschland allgemein üblich sind, abdeckt. Die Pauschale reicht zu-mindest aus, um die Beiträge günstiger Anbieter abzudecken. Soweit die geltend gemachten Versicherungsbeiträge in Höhe von 81,39 EUR monatlich die Versicherungspauschale von 30 EUR übersteigen, blieben diese zu Recht unberücksichtigt.
d) Die gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen (§ 20 Abs. 2 SGB II) und die hiermit verbundene Einschränkung des Leistungsumfanges für ehemalige Bezieher von Arbeitslosenhilfe (Alhi) , den das Vierte Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Ar-beitsmarkt vom 24.12.2004 (BGBl. I, 2954, sog. "Hartz IV") vorgenommen hat, ist verfas-sungsgemäß und verstößt weder gegen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) noch gegen das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 GG). Tragendes Grundprinzip ist dabei der Bedarfsdeckungsgrundsatz im Sinne einer Deckung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein. § 20 Abs. 2 SGB II unterschreitet das verfassungsrechtlich vorgegebene Mindestleistungsniveau nicht. Die staatliche Gewährleistungspflicht be-schränkt sich nicht auf die bloße Sicherung der körperlichen Existenz ("das physiologisch Notwendige"), sondern umfasst auch die Gewährleistung eines "soziokulturellen Exis-tenzminimums" (Rothkegel, in SGb 2006,74) sowie einen Schutz vor öffentlicher Stigma-tisierung und sozialer Ausgrenzung (BVerwG, Urteil vom 25.11.1993, 5 C 8/90=E 94,326,333). Bei der hierzu erforderlichen materiellen Ausstattung ist allerdings eine Be-schränkung auf die niedrigste Ausstattungskategorie (und im Regelfall auf Gebrauchtwa-ren) zumutbar (BVerwG, Urteil vom 01.10.1998, 5 C 19/97). Orientierungspunkt ist dabei der Lebensstandard wirtschaftlich schwächerer Bevölkerungskreise (vgl. Brünnerin LPK-SGB II § 20 Rdnr 18). Der Gesetzgeber hat in § 20 Abs. 2 SGB II beiden Komponenten des verfassungsrechtlich garantierten Leistungsniveaus Rechnung getragen. Er hat insbesondere in § 20 Abs. 2 SGB II die Erstreckung der verfassungsrechtlichen Garantie auch auf die soziokulturelle Existenz berücksichtigt. Ergänzt wird § 20 Abs. 2 SGB II um eine Reihe von Handlungs-instrumenten, mit denen die Stigmatisierung und Ausgrenzung Hilfebedürftiger entgegen gewirkt werden kann. So sind zumindest manche der Fälle, in denen bereits unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) eine drohende soziale Ausgrenzung bei Leistungs-verweigerung angenommen worden ist, im SGB II durch Leistungen außerhalb der Regel-leistung abgedeckt: Teilnahme an mehrtägigen Klassenfahrten (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II), Erstausstattung mit Haushaltsgeräten (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 SGB II) und nicht zuletzt Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II). Dem Gesetzgeber kommt hierbei ein weiter sozialpolitischer Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990, 1 BvL 20/84=E 82, 60, 80=SozR 3-5870 § 10 Nr. 1). Aufgrund dieses Gestaltungsspielraums ist der Gesetzgeber gerade nicht an ein bestimmtes Konzept und ein bestimmtes System von Sozialleistungen gebunden , solange Hilfebedürf-tige nur in der Lage sind, ihren notwendigen Lebensunterhalt aus den erbrachten Leistun-gen zu decken. Bei der Festlegung des Regelsatzes ist es Aufgabe des Gesetzgebers, den Mindestbedarf anhand oben genannter Vorgaben einzuschätzen (BVerfGE 87, 153). Seine Entscheidung unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (BVerwGE 102, 366), da es sich um einen Akt wertender und gestaltender sozialpolitischer Entscheidung handelt. Dabei darf der Gesetzgeber jedoch eine den Anforderungen einer Massenverwaltung Rechnung tragende, typisierende Regelung unter Vernachlässigung der Besonderheiten einzelner Fälle treffen (BVerfGE 40, 121). Eine pauschalierende Leistungsbemessung ist demnach zulässig. Die Gerichte haben lediglich zu prüfen, ob sich die Festlegung auf ausreichende Erfah-rungswerte stützt und die Wertung vertretbar ist (vgl. BVerwGE 102, 366). Der Gesetzgeber hat die Festlegung des Regelsatzes auf die statistischen Erfahrungswerte gestützt. Im Rahmen seiner wertenden Entscheidungen hat der Gesetzgeber bei diesen ihm vorliegenden statistischen Werten entsprechende Zu- und Abschläge vorgenommen und die Tatsache, dass die Erfahrungswerte aus 1998 stammen, dadurch berücksichtigt, dass er diese mit Hilfe der Rentenwerte auf den Zeitpunkt 01.01.2005 hochgerechnet hat (vgl. Gehrenkamp in Merkler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 20 Rdnr. 17). So genannte Einmalleistungen hat er durch eine Erhöhung des Regelsatzes in diesen einbezogen. Angesichts des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums greift auch der häufig geäußerte Einwand nicht durch, der Gesetzgeber habe sich bei der Festsetzung der Regelsätze nach § 20 Abs. 2 SGB II eines fehlerhaften Verfahrens bedient (so z.B. Sartorius, info also 2005, 56, 57f. m.w.N) und seine Entscheidung nicht hinreichend transparent gemacht (für eine Darlegungslast des Gesetzgebers bei Neustrukturierungen im Sozialleistungsrecht: Lang,in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 20, Rdnr. 111). Maßgeblich für die Beurtei-lung, ob ein Eingriff in die Menschenwürde und ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip vorliegt, ist allein, ob es zu einer Unterschreitung des vom GG vorgegebenen Leistungsni-veaus kommt. Allein die Möglichkeit, einen höheren Regelsatz auf Grund anderer Berechnungen und Wertentscheidungen festzulegen, macht den Regelsatz nicht verfassungswidrig.
Die Klägerin führt auch keine konkreten Gründe an, die diesen Regelsatz gerade bei ihr verfassungswidrig erscheinen lassen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin der Zeit vom 01.01.2005 bis 31.07.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung eines befristeten Zuschlages gemäß § 24 SGB II, der nach § 24 Abs. 2 und 3 SGB II zu berechnen ist, und unter Außerachtlassung des Kindergeldes für den Sohn J2 H ... zu gewähren.
III. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
IV. Die Beklagte hat der Klägerin 4/5 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Verfahrenszüge zu erstatten.
V. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab 01.01.2005 bis 31.01.2006.
Die am ...1961 geborene Klägerin ist mit B. H ... (B.H.), geboren am ...1957 verheiratet. Sie ist erwerbsfähig und hat zwei eheliche Kinder, J2 H ..., geb. am ...1984 und J1 H ..., geb ...1989, der noch die Schule besucht. Die Klägerin bezog bis 28.07.2004 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 121,31 EUR wöchentlich (17,33 EUR täglich) und anschließend Arbeitslosenhilfe (Alhi), nämlich vom 29.07.2004 bis 31.08.2004 in Höhe von 48,02 EUR wöchentlich, im November 2004 in Höhe von 442,20 EUR und im Dezember 2004 in Höhe von 456,94 EUR wöchentlich. B.H. bezieht seit 01.10.2004 Alg, zunächst in Höhe von 1.181,40 EUR monatlich (39,22 EUR täglich), ab 01.01.2005 in Höhe von 1.196,70 EUR monatlich (39,89 EUR täglich). Der Sohn J2 H ..., der bis zum 31.07.2005 im Haushalt seiner Eltern lebte, bezog Alg in Höhe von wöchentlich 94,78 EUR. Das Kindergeld beträgt insgesamt 308,00 EUR (154,00 EUR für J1 H ... und 154,00 EUR für J2 H ...). Der Antrag des Sohnes J2 H ... auf Abzweigung des Kindergeldes wurde von der Familienkasse mit Bescheid vom 03.01.2005 abgelehnt, da dieser im Haushalt eines Kindergeldberechtigten lebe. Durch die Haushaltsaufnahme werde ihm in ausreichender Höhe Unterhalt gewährt. Mit Mietvertrag vom 16.12.2003 mieteten die Eheleute H ... ab dem 01.04.2004 eine 4-Zimmer-Wohnung mit 108 qm für 430,00 EUR zuzüglich 173,00 EUR Betriebskostenvoraus-zahlung (jeweils 86,50 EUR für Heizungs- und Warmwasserkosten bzw. übrigen Betriebskos-ten) monatlich. Ab 01.07.2005 erhöhte der Vermieter die monatlichen Vorauszahlungen für Heizung auf 108,20 EUR und somit die Gesamtmiete auf 620,10 EUR.
Am 20.12.2004 stellte die Klägerin Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunter-haltes nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 14.01.2005 lehnte die Beklagte für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.01.2005 den Antrag ab, da die Klägerin auf Grund der nachgewiesenen Einkommens-verhältnisse nicht hilfebedürftig sei. Das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft (be-stehend aus der Klägerin, B. und J1 H ...) in Höhe von 1.424,60 EUR übersteige den Gesamt-bedarf in Höhe von 1.299,05 EUR.
Mit Bescheid vom 21.01.2005 lehnte die Beklagte für denselben Zeitraum den Antrag mit derselben Begründung ab. Zusätzlich wies sie daraufhin, dass die Abtretung des Kindergeldes des volljährigen Sohnes an diesen laut Kindergeldkasse nicht möglich sei. Das Kindergeld sei daher auch weiterhin bei der Klägerin anzurechnen.
Mit Schreiben vom 25.01.2005 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 14.01.2005 und am 28.01.2005 gegen den Bescheid vom 21.01.2005 Widerspruch ein. Das SGB II verstoße gegen Art. 2, 20, 19 Abs. 4, 80 Abs. 1 sowie Art. 12 Abs. 2 und 3 Grundgesetz (GG). Die Regelleistung des Alg II entspreche nicht mehr den tatsächlichen Entwicklungen der allgemeinen Lebenskosten. Hinzu kämen die erheblichen Belastungen durch die Gesundheitsreform. Bei der 3 % Pauschale handle es sich um eine realitätsferne und insofern willkürliche Größe. Die vorhandenen Versicherungen seien angemessen und notwendig: Hausratsversicherung 60,01 EUR Unfallversicherung 327,96 EUR Lebensversicherung 243,18 EUR Private Haftpflichtversicherung 75,60 EUR ( 83,15 EUR ab 09.03.05 – SG-Akte BL.314 ) Rechtsschutzversicherung 270,00 EUR Jährlich 976,75 EUR, monatlich 81,3958333 EUR. Es seien die tatsächlich entstandenen Kosten für Unterkunft und Heizung vollständig zu übernehmen. Der Sohn J2 stehe bundesweit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Am 07.03.2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Si-cherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II, in dem sie angab, dass keine Änderun-gen eingetreten seien. Mit Schreiben vom 10.03.2005 wies die Beklagte darauf hin, dass es nicht möglich sei einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zu stellen, da dem Antrag auf Leistungen mit Bescheid vom 14.01.2005 nicht entsprochen worden sei. Dem Schreiben wurde ein kom-pletter Vordruck für einen Neuantrag beigelegt.
Mit Bescheid vom 05.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.01.2005 in der Fassung vom 21.01.2005 als unbegründet zurück. Für die Klägerin und ihren Ehepartner ergebe sich eine Regelleistung in Höhe von jeweils 298,00 EUR, für J1 eine solche von 265,00 EUR, insgesamt also 861,00 EUR. Es seine folgende tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung geltend ge-macht worden: Kaltmiete 430, 00 EUR Heizkosten 86,50 EUR Nebenkosten 86,50 EUR Insgesamt 603,00 EUR. Hiervon abzuziehen sei der Bedarf für den Energieaufwand zur Warmwasserzubereitung: Für den Haushaltsvorstand 8,18 EUR Für Haushaltsangehörige 3,58 EUR, insgesamt also 18,92 EUR. Da die Bedarfsgemeinschaft nur aus drei Personen bestehe, würden nur ¾ der Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen, so dass hierfür 438,05 EUR anzuerkennen wären. Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft betrage demnach 1.299,60 EUR monatlich. Die Bedarfsgemeinschaft verfüge über ein Einkommen in Höhe von 1.424,60 EUR: Bei der Klägerin seien 154,00 EUR Kindergeld für den volljährigen Sohn J2 abzüglich 30,00 EUR Pauschbetrag für Versicherungen anzurechnen (§ 11 Abs. 1 SGB II). Der Ehepartner erzie-le Alg in Höhe von monatlich 1.176,60 EUR, von dem gleichfalls 30,00 EUR für Versicherungen abzugsfähig seien. Bei dem minderjährigen Sohn J1 sei Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR ohne Abzug anzurechnen.
Am 12.04.2005 stellte die Klägerin einen neuen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Am 18.04.2005 hat sich die Klägerin an das Sozialgericht Chemnitz (SG) gewandt und beantragt, die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2005 und 21.01.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2005 aufzuheben und ihr Arbeitslosengeld II bzw. Leistungen ab 01.01.2005 zu zahlen (S 12 AS 224/05).
Die finanzielle Situation ihrer Familie verschlechtere sich immer mehr. Sie benötige erhebliche Schmerzmittel. Die Kosten für Heilbehandlungen und Arzneimittel würden ihr bis zu 1 % nicht von der Krankenkasse erstattet. Es seien von ihr noch weitere Ausgabenpositio-nen nachgewiesen worden: Postgebühren, Rückrechnungen der Lastschriften, Mahngebüh-ren, Ausgaben für Bücher und Telefaxe. Der Sohn J1 benötige Kopiergeld für die Schule und für die Komplexarbeit im Fach Geographie das Internet. Auf keinen Fall sei das Kindergeld des Sohnes J2 bei der Bedarfsgemeinschaft anrechen-bar. Dieser habe einen eigenen Antrag auf Alg II gestellt. Dieser habe weitere Werbekos-ten und Pflichtversicherungen, die zu berücksichtigen seien.
Mit Bescheid vom 19.05.2005 lehnte die Beklagte den Antrag vom 07.03.2005 ab, da die Klägerin nicht hilfebedürftig sei. Das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft in dem Zeitraum 07.03.2005 bis 31.03.2005 in Höhe von 1.191,16 EUR übersteige den Gesamtbedarf in Höhe von 1.082,54 EUR.
Hiergegen legte die Klägerin am 03.06.2005 Widerspruch ein.
Das SG hat die Klage vom 18.04.2005 mit Urteil vom 29.06.2005, Az. S 12 AS 224/05, abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht abgelehnt, der Klägerin Alg II zu gewähren, da Hilfebedürf-tigkeit nicht vorliege. Die Kammer folge vollinhaltlich dem Widerspruchsbescheid. Auch gehe sie nicht von einer Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Vorschriften aus.
Gegen dieses am 15.07.2000 zugegangene Urteil hat die Klägerin am 05.08.2005 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt (Az.: L 3 AS 03/05). Im SGB II fehle eine Öffnungsklausel bei den Regelsätzen für atypische Bedarfslagen, so dass von einer Verfassungswidrigkeit auszugehen sei.
Den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 19.05.2005 wies die Beklagte mit Bescheid vom 13.10.2005 als unbegründet zurück. Da der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II am 07.03.2005 gestellt worden sei, ergebe sich eine tageweise Berechnung für 25 Tage im Monat März 2005. Die Summe der Regelleistungen für die Bedarfsgemeinschaft betrage demnach 717,49 EUR, die anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung für 25 Tage 365,05 EUR. Das anteilige Kindergeld betrage jeweils 128,33 EUR und das anteilige Alg 984,50 EUR. Von dem anteiligen Kindergeld für den volljährigen Sohn i.H.v. 128,33 EUR sei ein Abzugsbetrag von 25 EUR anzu-rechnen.
Hiergegen hat sich die Klägerin am 10.11.05 2005 an das SG gewandt und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den gesetzlichen Vorschriften ab 01.02.2005 zu gewähren (Az. S 2 AS 1378/05).
Mit Urteil vom 24. Januar 2006, Az. 2 AS 1378/05, hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung von Leistungen zum Lebensunterhalt verneint. Der Ehemann beziehe ein monatliches Alg in Höhe von 1.196,70 EUR und nicht 1.181,40 EUR. Der Antrag der Klägerin sei bereits am 21.02.2005 ge-stellt worden, so dass die Berechnung schon für den Monat Februar (anteilig) hätte vorge-nommen werden müssen. Auch bei einer auf acht Tage bezogenen Bedarfs- und Einkom-mensberechnung sei jedoch kein das Einkommen übersteigender Bedarf zu ermitteln. Die Kosten der Warmwasserzubereitung seien durch den Regelbedarf abgegolten. Im Übrigen hat das SG auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.
Gegen dieses am 10.02.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.02.2006 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt (Az. L 3 AS 17/06). Im Wesentlichen rügt sie die Verfassungswidrigkeit der Regelungen des SGB II.
Im Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 01.06.2005 gab die Klägerin u.a. an, dass der Sohn J2 H ... mit in der Wohnung lebe. Im Übrigen machte sie im Wesentlichen dieselben Angaben wie in den früheren Anträgen.
Mit Bescheid vom 28.07.2005 lehnte die Beklagte den Antrag vom 01.06.2005 für den Zeitraum vom 01.06.2005 bis 30.11.2005 ab, da die Klägerin nicht hilfebedürftig sei. Das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.305,40 EUR übersteige den Ge-samtbedarf in Höhe von 1.299,05 EUR.
Hiergegen legte die Klägerin am 01.08.2005 Widerspruch ein. Am 01.08.2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass ihr Sohn J2 zum 01.08.2005 aus der elterlichen Wohnung ausziehe und somit nicht mehr zur Wohngemeinschaft gehöre.
Am 07.08.2005 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 09.08.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.01.2006 Leistungen in Höhe von 139,66 EUR monatlich. Dabei berücksich-tigte sie für Unterkunft und Heizung 584,08 EUR.
Ebenfalls mit Bescheid vom 09.08.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin und den in ihrer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen vom 01.08.2005 bis 31.01.2006 Leistungen in Höhe von 143,26 EUR monatlich: Regelleistungen 861,00 EUR Unterkunft und Heizung 587,66 EUR Gesamtbedarf 1.448,66 EUR
Gesamteinkommen 1.305,40 EUR Alg 1.181,40 EUR -Versicherungen 30,00 EUR Kindergeld für J1 154,00 EUR.
Am 18.08.2005 beantragte die Klägerin ein zinsloses Darlehen für die Bezahlung der Ne-benkostennachzahlung für das Jahr 2004 in Höhe von 153,97 EUR.
Mit Änderungsbescheid vom 29.08.2005 bewilligte die Beklagte unter Berücksichtigung der Betriebskostenabrechnung 2004 Leistungen wie folgt: - Vom 01.08.2005 bis 31.08.2005 275,84 EUR - Vom 01.09.2005 bis 31.01.2005 160,36 EUR. Es sei eine Änderung der Miete eingetreten. Von der Betriebskostennachzahlung könnten nur ¾ anerkannt werden, da zum Zeitpunkt des Zugangs der Betriebskostenabrechnung noch vier Personen im Haushalt gewohnt hätten.
Mit Bescheid vom 18.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 01.08.2005 gegen den Bescheid vom 28.07.2005 als unbegründet zurück. Insgesamt errechne sich eine Summe der Regelleistung für die Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 861,00 EUR (298,00 EUR, 298,00 EUR, 265,00 EUR) sowie Kosten für Unterkunft und Hei-zung von 438,07 EUR monatlich. Der volljährige Sohn J2 trage seine Kosten für Unterkunft und Heizung zu ¼ selbst, da er der Bedarfsgemeinschaft nicht zugehörig sei. Die Betriebs-kostenabrechnung vom 31.05.2005 habe im Bescheid vom 28.07.2005 keine Berücksichti-gung finden können, da diese erst am 18.08.2005 eingereicht worden sei. Der Gesamtbe-darf der Bedarfsgemeinschaft betrage daher vor Einkommensanrechnung monatlich 1.299,07 EUR. Die Bedarfsgemeinschaft verfüge über ein monatliches Einkommen in Höhe von 1.305,40 EUR: Arbeitslosengeld 1.181,40 EUR -Versicherungen 30,00 EUR Kindergeld für J1 154,00 EUR Kindergeld für J2 154,00 EUR -Versicherungen 30,00 EUR. Kindergeld für volljährige Kinder sei grundsätzlich als Einkommen dem Kindergeldbe-rechtigten zuzurechnen. Dies gelte nur dann nicht, wenn die zuständige Familienkasse auf Antrag das Kindergeld an das volljährige Kind auszahle.
Hiergegen hat sich die Klägerin am 14.11.2005 an das SG gewandt und beantragt, den Be-scheid vom 28.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den gesetzlichen Vorschriften ab 01.06.2005 zu gewähren (Az. S 2 AS 1397/05).
Mit Urteil vom 24.01.2006 Az. S 2 AS 1397/05 hat das SG die Klage unter Verweisung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid abgewiesen. Dieses Urteil ist der Klägerin am 10.02.2006 zugestellt worden. Hiergegen hat die Klägerin am 02.03.2006 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt (Az.: L 3 AS 18/06). Im Wesentlichen rügt sie auch hierzu die Verfassungswidrigkeit des SGB II.
Am 15.08.2005 legte die Klägerin gegen die Bescheide vom 09.08.2005 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 18.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch nach Erteilung des Än-derungsbescheides vom 29.08.2005 als unbegründet zurück. Die Summe der Regelleistungen errechne sich für die Bedarfsgemeinschaft auf 861,00 EUR. Für Unterkunft und Heizung seien folgende Aufwendungen geltendgemacht worden: Kaltmiete 430,00 EUR Heizkosten 108,20 EUR Nebenkosten 81,90 EUR Insgesamt 603,00 EUR (wohl richtig 610,10 EUR). Hiervon seien als Bedarf für den Energieaufwand zur Warmwasserzubereitung 15,34 EUR abzusetzen (8,16 EUR, 3,58 EUR, 3,58 EUR). Kosten für Unterkunft und Heizung im Monat August 2005: Kaltmiete 430,00 EUR Heizkosten abz. Pauschalabzug 92,86 EUR Nebenkosten 81,90 EUR Betriebskostennachzahlung davon ¾115,48 EUR Insgesamt 720,24 EUR Für den Monat August 2005 sei der Klägerin die am 18.08.2005 eingereichte Betriebskos-tennachzahlung in Höhe von 115,48 EUR bewilligt und den Kosten der Unterkunft und Hei-zung zugerechnet worden. Die Betriebskostennachzahlung in Höhe von insgesamt 153,97 EUR seien nur zu ¾ anerkannt worden, da der volljährige Sohn J2 zum Zeitpunkt der Kostenentstehung der Haushaltsgemeinschaft angehörig gewesen sei. Kosten für Unterkunft und Heizung im Zeitraum September 2005 bis Januar 2006: Kaltmiete 430,00 EUR Heizkosten abzüglich Pauschalabzug 92,86 EUR Nebenkosten 81,90 EUR Insgesamt 604,76 EUR.
Hiergegen hat sich die Klägerin am 17.11.2005 an das SG gewandt und beantragt, die Be-scheide vom 09.08.2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu ver-urteilen, ihr höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu bewilligen (Az.: S 2 AS 1420/05).
Mit Urteil vom 24.01.2006, Az.: S 2 AS 1420/05 hat das SG die Klage unter Verweisung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid abgewiesen. Dieses Urteil wurde der Klägerin am 10.02.2006 zugestellt.
Hiergegen hat die Klägerin am 02. 03.2006 Berufung zum Sächsischen Landessozialge-richt eingelegt (Az.: L 3 AS 19/05). Im Wesentlichen rügt sie weiterhin die Verfassungswidrigkeit des SGB II.
Mit Beschluss vom 20.07.2006 hat der Senat die Verfahren L 3 AS 3/05, L 3 AS 17/06, L 3 AS 18/06 und L 3 AS 19/06 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbun-den und das Verfahren unter dem Az.: L 3 AS 3/05 fortgeführt.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 20.07.2006 für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.01.2006 dem Grunde nach die Bewilligung eines Zuschlages nach § 24 SGB II anerkannt. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Klägerin beantragt, die Urteile des Sozialgerichts Chemnitz vom 29.Juni 2005 (Az.: S 12 AS 224/05) und vom 24. Januar 2006 (Az.: S 2 AS 1378/05; S 2 AS 1397/05; S 2 AS 1420/05) sowie die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2005 in der Fassung vom 21.01.2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2005, vom 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2005 und vom 28.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2005 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 09.08.23005 in der Fassung des Änderungsbe-scheides vom 29.08.2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2005 die Beklagte zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebens-unterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 4.838,31 EUR abzüglich der durch das Teil-anerkenntnis anerkannten Zahlungen bezüglich des Zuschlages nach § 24 SGB II ab dem 01.08.2005 zu gewähren. Der Betrag von 4.838,31 EUR ergebe sich aus der Differenz zu der Höhe der zuletzt gewährten Alhi-Zahlung abzüglich der ab August 2005 geleisteten Zahlungen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich hierzu auf ihr bisheriges Vorbringen sowie das Urteil des SG.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften Berufungen sind zulässig, sie wurden insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, § 151 Abs. 1 SGG.
Die Berufungen sind zum überwiegenden Teil auch begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 14.01.2005 in der Fassung vom 21.01.2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.08.2005, vom 19.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2005, vom 28.07.2005 in der Gestalt des Wider-spruchbescheides vom 18.10.2005 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
1. Das SG hat zu Unrecht bis zum 31.07.2005 das Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR für den volljährigen Sohn J2 als Einkommen der Klägerin bedarfsmindernd berücksichtigt.
Die Klägerin ist anspruchsberechtigt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Hilfebe-dürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensun-terhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht aus-reichend aus eigenen Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen er-hält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Sie ist erwerbsfähig, da sie mehr als drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann und hat das 65. Lebensjahr noch nicht erfüllt. Sie ist auch hilfebedürftig, weil sie ihren Lebensunterhalt nicht vollständig aus dem zu berücksichtigenden Einkommen sichern kann, obwohl, da die Klägerin in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, auch das Einkommen und Vermögen des Ehemanns zu berück-sichtigen ist (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Zu der Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 SGB II gehören neben der Klägerin deren Ehemann B. H ... und der gemeinsame Sohn J1 H ..., geb ...1989. Zu dieser Bedarfsgemein-schaft gehört nicht der am ...1984 geborene und somit volljährige Sohn J2 H ..., auch wenn er bis zum 31.07.2005 mit der Klägerin und den übrigen Familienmitgliedern in ei-nem Haushalt zusammenlebte (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II).
Bei der Leistungsgewährung nach dem SGB II ist gemäß § 11 Abs. 1 SGB II Einkommen zu berücksichtigen. Das der Klägerin ausgezahlte Kindergeld für den volljährigen Sohn J2 H ... ist im konkre-ten Fall kein Einkommen der Klägerin im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II und daher auch nicht bei der Bedarfsberechnung einkommensmindernd anzurechnen.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II ist das Kindergeld für minderjährige Kinder soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhaltes benötigt wird, als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Da der Sohn J2 bereits volljährig ist, findet die Rege-lung des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II dem Wortlaut nach auf ihn keine Anwendung.
Zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bestand grundsätzlich Einigkeit darüber, dass das Kindergeld beim jeweils Kindergeldberechtigten anzusetzen war (vgl. Brühl in Lehr- und Praxiskommentar BSHG, 6. Auflage 2003, § 77 Rdnr 48f). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wurde zum Teil angenommen, wenn der Kindergeldberechtigte das an ihn aus-gezahlte Kindergeld seinem einkommens- und vermögenslosen Kind gezielt zuwendete (vgl. Brühl, a.a.O, Rdnr. 49). Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 17.12.2003 (Az.: 5 C 25/05 – NJW 2004, 2541) ist Kindergeld sozialhilferechtlich Einkommen dessen, an den es ausgezahlt wird: "Steuerrechtlich steht nach § 62 EstG der Anspruch auf Kindergeld für Kinder i.S.d. § 63 EStG anders als nach § 1 Abs. 2 BKGG für den dort bezeichnete Sonderfall nicht dem Kind für sich selbst zu, sondern einem mit dem Kind, für das Kindergeld gewährt wird, nicht identischen Anspruchsberechtigten. Da Kindergeld für jedes Kind nur einem Berech-tigten gezahlt wird (§ 64 Abs. 1 EstG), beurteilt sich bei mehreren Berechtigten nach § 64 Abs. 2 EstG, wem von ihnen das Kindergeld gezahlt wird. In Sonderfällen sieht § 74 EstG vor, dass das Kindergeld an Dritte ausgezahlt werden kann beziehungsweise auszuzahlen ist. An Kinder des Kindergeldberechtigten kann es nach § 74 Abs. 1 Satz 1 EstG in ange-messener Höhe ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihnen gegenüber sei-nen gesetzlichen Unterhaltspflichten nicht nachkommt. Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 EstG kann Kindergeld zudem an Kinder, die bei der Festsetzung des Kindergeldes berücksichtigt werden, bis zur Höhe des Betrages, der sich bei entsprechender Anwendung des § 76 EstG ergibt, ausgezahlt werden. Dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leis-tungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kinder-geld. Schließlich ist auf Antrag das Kindergeld an ein unterhaltsberechtigtes Kind auszu-zahlen, wenn der gesetzlich unterhaltspflichtige Kindergeldberechtigte auf Grund richterli-cher Anordnung länger als einen Monat in einer Anstalt oder Einrichtung untergebracht ist (§ 74 Abs. 2 EstG). Aus dem Zweck des Kindergeldes folgt keine von der Auszahlung unabhängige Zuord-nung als Einkommen des Kindes ... Ein Zweck des Kindergeldes ist, die steuerliche Frei-stellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes zu be-wirken (§ 31 EstG). Mit diesem Zweck wird Kindergeld nicht dem Kind selbst (vertreten durch die Eltern) als Einkommen zur Sicherung seines Existenzminimums gewährt, son-dern es bleibt der Teil des elterlichen Einkommens steuerfrei, den diese zur Existenzsiche-rung ihres Kindes benötigen ... Zum anderen dient das Kindergeld, soweit es für den Zweck der steuerlichen Freistellung nicht erforderlich ist, der Förderung der Familie und nicht etwa allein oder vorrangig der Förderung des Kindes, für das Kindergeld gewährt wird. Auch das Zivilrecht ordnet Kindergeld nicht abweichend vom Steuerrecht dem Kind als Einkommen zu ..."
Nach Ansicht des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 15.06.2005, Az.: L 8 AS 118/05 ER) ist diese Rechtslage auch für die Anrechnung des Kindergeldes nach dem SGB II durch § 11 Abs. 1 SGB I maßgebend. Danach folgt aus § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II im Umkehrschluss, dass das für volljährige Kinder gezahlte Kindergeld dem Kindergeld-berechtigten zuzurechnen ist, hier also der Klägerin. Nach anderer Ansicht ist bei volljährigen Kindern das Kindergeld dem Einkommen des Kindergeldberechtigten (in der Regel ein Elternteil) dann nicht zuzurechnen, wenn dieser das Kindergeld an das Kind weitergibt, so dass das volljährige Kind tatsächlich darüber verfügen kann (so auch Brühl in: Münder, Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 1. Auflage 2005, § 11, Rn. 20; Hasske in: Estelmann, Kommentar zum SGB II, Stand: Februar 2005, § 11, Rnr. 25).
Im vorliegenden Fall liegt die Besonderheit vor, dass der Antrag des Sohnes J2 auf Ab-zweigung des Kindergeldes von der Familienkasse mit Bescheid vom 03.01.2005 in Ges-talt des Einspruchsbescheides vom 16.03.2005 gerade mit der Begründung, dass J2 H ... in der Wohnung seiner Eltern leben würde und der kindergeldberechtigte Eltern-teil mit der Haushaltsaufnahme seine Unterhaltspflicht erfülle, abgewiesen wurde. Der Umfang der Unterhaltsleistungen erreiche das auf das Kind entfallende Kindergeld. J2 H ... ist somit die Möglichkeit nach § 74 EstG, auf die das LSG Niedersachsen-Bremen in seiner Entscheidung verweist, wenn der Kindergeldberechtigte dem Kind ge-genüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt, verwehrt worden. Einerseits geht die Beklagte selbst davon aus, dass die Klägerin an ihren Sohn keinen Un-terhalt in Form von Gewährung von Unterkunft in der ehelichen Wohnung leistet, indem sie die Kosten für Unterkunft und Heizung um den Anteil des Sohnes J2 – zu Recht – re-duziert, andererseits unterstellt sie, dass der Klägerin dennoch das Kindergeld zustehe. Da die Klägerin mangels ausreichender Leistungsfähigkeit gegenüber ihrem volljährigen Kind nicht barunterhaltspflichtig ist, ist unter diesen Umständen das Kindergeld, das tat-sächlich an den volljährigen Sohn J2 weitergegeben wurde, kein Einkommen der Kläge-rin.
2. Der Klägerin steht auch für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.07.2005 ein befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II zu, da sie bis 28.07.2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 121,31 EUR wöchentlich/17,33 EUR täglich bezogen hat.
§ 24 Abs. 1 SGB II trifft folgende Regelung: "Soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeitslosengeld II innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld (Alg) bezieht, erhält er in diesem Zeit-raum einen monatlichen Zuschlag. Nach Ablauf des ersten Jahres wird der Zuschlag um 50 v.H. vermindert." Die Höhe des Zuschlages bestimmt sich zunächst nach § 24 Abs. 2. Danach beträgt der Zuschlag
"zwei Drittel des Unterschiedsbetrages zwischen 1. dem von den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuletzt bezogenen Arbeitslosengeld und dem nach dem Wohngeldgesetz erhaltenen Wohngeld und 2. dem an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen zu zahlenden Arbeitslosengeld II nach § 19 Satz 1 Nr. 1 sowie Satz 2 oder Sozialgeld § 28 SGB II."
Umstritten ist, ob ein solcher Anspruch auch dann in Betracht kommt, wenn der Klägerin ? wie im vorliegenden Fall – kein Arbeitslosengeld II i.S.d. § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II ge-zahlt wird, weil das seiner Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung stehende Einkommen hö-her als deren Bedarf (ohne Berücksichtigung des Zuschlages nach § 24 SGB II) ist. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, dass eine Voraussetzung des Anspruchs nach § 24 Abs. 1 SGB II ist, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige Alg II bezieht. (Söhning in: ju-risPK-SGB II Rdnr. 20ff.; Rixen in:Eicher/Spellbrink, § 24 SGB II Rdnr. 3; Müller in: Hauck/Noftz, SGB II § 24 Rdnr. 25; Herrmann/Söhngen, SozSich 2004, 412, 416). Danach wäre weder Alg II noch der befristete Zuschlag zu gewähren, wenn die Einkünfte der Bedarfsgemeinschaft gerade eben ausreichen, um den Bedarf nach §§ 20,21 und 23 Abs. 3 SGB II noch selbst zu decken und die Kosten der Unterkunft und Heizung zu tra-gen. Hierfür spricht der Wortlaut des § 24 SGB II: Die Bezeichnung als "Zuschlag" sowie die Berechnungsregelung in § 24 Abs. 2 SGB II ("zu zahlendes Alg II nach § 19 Satz 1 Nr. 1 sowie Satz 2") sprechen dafür, dass dieser Zuschlag nur zusätzlich zu einem ohnehin zu zahlenden Alg II gewährt werden soll.
Nach anderer Ansicht ist der befristete Zuschlag nach dem Bezug von Alg gemäß § 24 SGB II Bestandteil der Leistung Alg II (so Brünner in:LPK-SGB II § 24 Rdnr 6; Mecke in: Eicher/Spellbrink, SGB II § 9 Rdnr. 19 ; wohl auch Eicher in:Eicher/Spellbrink, SGB II § 16 Rdnr. 38; Marschner in: Estelmann, SGB II § 24 Rdnr. 10; Putz, info also 2005, 99, 101f.; LSG Celle-Bremen, Beschluss vom 05.07.2005-L 8 AS 71/05 ER).
Hierfür spricht zunächst der Wortlaut des § 19 Satz 1 SGB II: Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Alg II 1. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kos- ten für Unterkunft und Heizung, 2. unter den Voraussetzungen des § 24 einen befristeten Zuschlag.
Dieses Ergebnis wird auch durch die historische Entwicklung dieser Vorschrift sowie durch die systematische Einordnung bestätigt. In den Materialien (BTDrucks. 15/16 S. 57/58) ist zur Begründung der Norm folgendes ausgeführt: "Zu Abs. 1 Im Bericht der Arbeitsgruppe "Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe" der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen dargestellte "Stufenmodell" sieht für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die nach Beendigung des Bezuges von Alg in die neue, aus Arbeitslosenhilfe und Sozial-hilfe zusammengeführte Leistung kommen, zur Abfederung finanzieller Härten einen zeit-lich befristeten, degressiven Zuschlag vor ( Bericht der Arbeitsgruppe, 3.2 Seite 19)." ... "Der befristete Zuschlag soll berücksichtigen, dass der ehemalige Arbeitslosengeldemp-fänger durch häufig langjährige Erwerbstätigkeit - im Unterschied zu solchen Empfängern der neuen Leistung, die nur jeweils kurzfristig bzw. noch nie erwerbstätig waren - vor dem Bezug der neuen Leistung einen Anspruch in der Arbeitslosenversicherung erworben hat. Er soll in vertretbarem Umfang einen Teil der Einkommenseinbußen abfedern, die in der Regel beim Übertritt in die neue Leistung entstehen werden. Die Halbierung des Zuschla-ges ein Jahr nach dem Alg-Bezug und dem Wegfall zu Beginn des 3.Jahres nach dem Ende des Alg-Bezuges tragen der zunehmenden Entfernung vom Arbeitsmarkt Rechnung und erhöhen den Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ..." "Zu Abs.2 ... Daher ist die Differenz zwischen zuletzt bezogenen Alg und den hierbei gegebenenfalls erhaltenen Wohngeld auf der einen Seite und dem im Einzelfall zu zahlenden Alg II ? unter Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen einschließlich etwaiger Freibeträge aus Erwerbstätigkeit nach § 30 ? und dem gegebenenfalls an Angehörige der Bedarfsgemein-schaft zu zahlenden Sozialgeld auf der anderen Seite zu bilden."
Der befristete Zuschlag nach § 24 SGB II soll also finanzielle Härten abfangen, die entste-hen können, wenn der Bezug des entgeltbezogenen Alg endet und an dessen Stelle das bedarfsorientierte Alg II auf Sozialhilfeniveau tritt, und stellt somit einen mit dem Über-gang vom Bezug von Alg in den Bezug von Alg II entstandenen Sonderbedarf dar.
Auch erscheint es verfassungsrechtlich bedenklich, dass alle Personen und Bedarfsgemein-schaften, die ihren Lebensunterhalt noch selbst bestreiten können, keinen Anspruch auf einen befristeten Zuschlag hätten. Vielmehr ist die Regelung verfassungskonform dahinge-hend auszulegen, dass der Zuschlag unerlässliches Element von Alg II i.S. von § 19 Satz 1 SGB II und nicht nur akzessorisch zum Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebens-unterhaltes ist. Der befristete Zuschlag ist Bestandteil der Leistung Alg II und daher dem Grundbedarf zuzurechnen.
Für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.01.2006 ergibt sich die Bewilligung eines Zuschlages nach § 24 SGB II bereits aus dem Anerkenntnis der Beklagten.
3. Im Übrigen waren die Berufungen der Klägerin unbegründet und somit zurückzuweisen. Gemäß § 19 Abs.1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosen-geld II ( Alg II) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der ange-messenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Dabei umfasst die Regelleistung zur Siche-rung des Lebensunterhaltes insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarf für das tägliche Leben sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Um-welt und eine Teilnahme am kulturellen Leben (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Die monatli-che Regelleistung beträgt – zum streitgegenständlichen Zeitpunkt – für Personen, die al-leinstehend sind, in den neuen Bundesländern 331,00 EUR (§ 20 Abs. 2 SGB II). Haben zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt der Regelsatz jeweils 90 v.H. der Regelleistung nach Abs. 2 (§ 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II), demnach 298,00 EUR bzw. für Kinder ab Beginn des 15. Lebensjahres 80 v.H., also 265,00 EUR. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
a) Die Kosten für Unterkunft und Heizung sind von der Beklagten zutreffend berechnet worden.
Zu Recht hat die Beklagte bis zum 30.07.2005 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung nur zu drei Viertel angesetzt, da der volljährige Sohn J2 H ... (J2.H.) bis dahin zwar nicht zur Bedarfsgemeinschaft, wohl aber zur Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 9 Abs. 5 SGB II zählte. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sind die Kosten für die Erwärmung von Wasser bereits im Regelsatz (§ 20 SGB II) berücksichtigt und fallen somit nicht unter die nach § 22 SGB II zu erbringenden Aufwendungen (so auch BayLSG, Beschluss vom 27.06.2005-L 11 B 227/05 AS-ER). Die von der Beklagten vorgenommene Pauschalierung ist zur Vermeidung von unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand und zur Beschleuni-gung des Leistungsverfahrens nicht zu beanstanden.
b) Die Zuzahlung zu Medikamenten und die Praxisgebühr führt im Hinblick auf die Mög-lichkeit zur Befreiung bei Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Grenze durch die Krankenkasse nicht zu einer Erhöhung des Bedarfs.
c) Nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sind vom Einkommen Beiträge zu privaten Versicherun-gen abzusetzen, soweit diese gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe ange-messen sind. Ergänzt wird diese Vorschrift durch § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Ein-kommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeits-losengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V), der die abzusetzenden dem Grunde und der Höhe nach angemessenen Beiträge zu privaten Versi-cherungen pauschaliert. Demnach sind vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger mo-natlich pauschal 30 EUR für Beiträge zu privaten Versicherungen abzusetzen. Die Bestim-mung des § 3 Nr. 1 Alg II-V ist ermächtigungskonform. Dem Verordnungsgeber ist ein nicht unerheblicher Gestaltungsspielraum zuzubilligen, in dessen Grenzen er eine an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten orientierte politische Entscheidung treffen kann; er darf nur nicht über den von der Ermächtigung vorgegebenen Rahmen hinausgehen. Bei der Bemessung der Höhe dieser Pauschale war zu berücksichtigen, dass sie sachlich nachvoll-ziehbar sein musste und durch sie die im Regelfall üblichen und wirtschaftlich sinnvollen Versicherungskosten abgedeckt werden müssen (BSG, 09.12.2004, B 7 AL 24/04 R). Die-se Grenzen sind vorliegend noch gewahrt, da der festgelegte Betrag von 30,00 EUR die Bei-träge zu privaten Versicherungen, die bei in einfachen wirtschaftlichen Verhältnissen le-benden Bürgern in Deutschland allgemein üblich sind, abdeckt. Die Pauschale reicht zu-mindest aus, um die Beiträge günstiger Anbieter abzudecken. Soweit die geltend gemachten Versicherungsbeiträge in Höhe von 81,39 EUR monatlich die Versicherungspauschale von 30 EUR übersteigen, blieben diese zu Recht unberücksichtigt.
d) Die gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistungen (§ 20 Abs. 2 SGB II) und die hiermit verbundene Einschränkung des Leistungsumfanges für ehemalige Bezieher von Arbeitslosenhilfe (Alhi) , den das Vierte Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Ar-beitsmarkt vom 24.12.2004 (BGBl. I, 2954, sog. "Hartz IV") vorgenommen hat, ist verfas-sungsgemäß und verstößt weder gegen die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) noch gegen das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 GG). Tragendes Grundprinzip ist dabei der Bedarfsdeckungsgrundsatz im Sinne einer Deckung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein. § 20 Abs. 2 SGB II unterschreitet das verfassungsrechtlich vorgegebene Mindestleistungsniveau nicht. Die staatliche Gewährleistungspflicht be-schränkt sich nicht auf die bloße Sicherung der körperlichen Existenz ("das physiologisch Notwendige"), sondern umfasst auch die Gewährleistung eines "soziokulturellen Exis-tenzminimums" (Rothkegel, in SGb 2006,74) sowie einen Schutz vor öffentlicher Stigma-tisierung und sozialer Ausgrenzung (BVerwG, Urteil vom 25.11.1993, 5 C 8/90=E 94,326,333). Bei der hierzu erforderlichen materiellen Ausstattung ist allerdings eine Be-schränkung auf die niedrigste Ausstattungskategorie (und im Regelfall auf Gebrauchtwa-ren) zumutbar (BVerwG, Urteil vom 01.10.1998, 5 C 19/97). Orientierungspunkt ist dabei der Lebensstandard wirtschaftlich schwächerer Bevölkerungskreise (vgl. Brünnerin LPK-SGB II § 20 Rdnr 18). Der Gesetzgeber hat in § 20 Abs. 2 SGB II beiden Komponenten des verfassungsrechtlich garantierten Leistungsniveaus Rechnung getragen. Er hat insbesondere in § 20 Abs. 2 SGB II die Erstreckung der verfassungsrechtlichen Garantie auch auf die soziokulturelle Existenz berücksichtigt. Ergänzt wird § 20 Abs. 2 SGB II um eine Reihe von Handlungs-instrumenten, mit denen die Stigmatisierung und Ausgrenzung Hilfebedürftiger entgegen gewirkt werden kann. So sind zumindest manche der Fälle, in denen bereits unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) eine drohende soziale Ausgrenzung bei Leistungs-verweigerung angenommen worden ist, im SGB II durch Leistungen außerhalb der Regel-leistung abgedeckt: Teilnahme an mehrtägigen Klassenfahrten (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II), Erstausstattung mit Haushaltsgeräten (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 SGB II) und nicht zuletzt Leistungen für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II). Dem Gesetzgeber kommt hierbei ein weiter sozialpolitischer Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990, 1 BvL 20/84=E 82, 60, 80=SozR 3-5870 § 10 Nr. 1). Aufgrund dieses Gestaltungsspielraums ist der Gesetzgeber gerade nicht an ein bestimmtes Konzept und ein bestimmtes System von Sozialleistungen gebunden , solange Hilfebedürf-tige nur in der Lage sind, ihren notwendigen Lebensunterhalt aus den erbrachten Leistun-gen zu decken. Bei der Festlegung des Regelsatzes ist es Aufgabe des Gesetzgebers, den Mindestbedarf anhand oben genannter Vorgaben einzuschätzen (BVerfGE 87, 153). Seine Entscheidung unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (BVerwGE 102, 366), da es sich um einen Akt wertender und gestaltender sozialpolitischer Entscheidung handelt. Dabei darf der Gesetzgeber jedoch eine den Anforderungen einer Massenverwaltung Rechnung tragende, typisierende Regelung unter Vernachlässigung der Besonderheiten einzelner Fälle treffen (BVerfGE 40, 121). Eine pauschalierende Leistungsbemessung ist demnach zulässig. Die Gerichte haben lediglich zu prüfen, ob sich die Festlegung auf ausreichende Erfah-rungswerte stützt und die Wertung vertretbar ist (vgl. BVerwGE 102, 366). Der Gesetzgeber hat die Festlegung des Regelsatzes auf die statistischen Erfahrungswerte gestützt. Im Rahmen seiner wertenden Entscheidungen hat der Gesetzgeber bei diesen ihm vorliegenden statistischen Werten entsprechende Zu- und Abschläge vorgenommen und die Tatsache, dass die Erfahrungswerte aus 1998 stammen, dadurch berücksichtigt, dass er diese mit Hilfe der Rentenwerte auf den Zeitpunkt 01.01.2005 hochgerechnet hat (vgl. Gehrenkamp in Merkler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 20 Rdnr. 17). So genannte Einmalleistungen hat er durch eine Erhöhung des Regelsatzes in diesen einbezogen. Angesichts des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums greift auch der häufig geäußerte Einwand nicht durch, der Gesetzgeber habe sich bei der Festsetzung der Regelsätze nach § 20 Abs. 2 SGB II eines fehlerhaften Verfahrens bedient (so z.B. Sartorius, info also 2005, 56, 57f. m.w.N) und seine Entscheidung nicht hinreichend transparent gemacht (für eine Darlegungslast des Gesetzgebers bei Neustrukturierungen im Sozialleistungsrecht: Lang,in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 20, Rdnr. 111). Maßgeblich für die Beurtei-lung, ob ein Eingriff in die Menschenwürde und ein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip vorliegt, ist allein, ob es zu einer Unterschreitung des vom GG vorgegebenen Leistungsni-veaus kommt. Allein die Möglichkeit, einen höheren Regelsatz auf Grund anderer Berechnungen und Wertentscheidungen festzulegen, macht den Regelsatz nicht verfassungswidrig.
Die Klägerin führt auch keine konkreten Gründe an, die diesen Regelsatz gerade bei ihr verfassungswidrig erscheinen lassen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
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