L 11 KR 632/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 1562/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 632/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unterliegt.

Der 1939 geborene Kläger ist seit 1955 Mitglied der Beklagten und als Rentner in der Krankenversicherung pflichtversichert. Neben der Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (1.638,66 EUR seit 01.10.2004) bezieht der Kläger eine Versorgungsrente von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (347,36 EUR seit 01.07.2004).

Die G. Lebensversicherungs-AG teilte der Beklagten im Dezember 2004 mit, der Kläger erhalte zum 01.01.2005 eine Kapitalleistung in Höhe von 41.577,80 EUR aus einer Versicherung der betrieblichen Altersversorgung, aus Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen für Angehörige bestimmter Berufsgruppen oder aus einer befreienden Lebensversicherung. Nach dem vorliegenden Versicherungsschein war die Lebensversicherung einschließlich einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zum 01.01.1976 für den Kläger als versicherter Person von seinem damaligen Arbeitgeber - Firma Z. AG (= Versicherungsnehmer) abgeschlossen worden. Nach der vorliegenden Auskunft über das Nichtbestehen einer unverfallbaren Anwartschaft auf betriebliche Alterversorgung gemäß § 2 Abs. 6 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) trat der Kläger am 01.10.1974 in die Dienste der Firma Z. AG und schied am 31.08.1977 aus. Somit seien die Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit im Falle des Klägers nicht gegeben.

Dem Kläger, der die Police mitnahm und in der Folgezeit die Prämien zahlte, teilte die G. Lebensversicherungs-AG mit, zur Versicherung seien insgesamt 21.565,56 EUR gezahlt worden, davon vom Arbeitgeber insgesamt 1.301,37 EUR. Die Versicherung sei seit dem Ausscheiden aus der Firma Z. nicht mehr als Direktversicherung im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung geführt worden.

Mit Einstufungsbescheid vom 04.02.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die an ihn ausgezahlte Kapitalleistung sei als Versorgungsbezug beitragspflichtig. Für die Beitragsberechnung werde die Kapitalleistung auf 10 Jahre umgelegt. Für diesen Zeitraum gelte monatlich jeweils 1/120 des Gesamtbetrages als Ausgangswert für die Beitragsberechnung. Ab 01.02.2005 sei aus dem beitragspflichtigen Versorgungsbezug in Höhe von 346,48 EUR ein monatlicher Beitrag zur GKV in Höhe von 50,93 EUR zu zahlen. Für die soziale Pflegeversicherung (PV) errechnete sich ein monatlicher Beitrag von 5,90 EUR (Bescheid vom 04.02.2005).

Zur Begründung seines gegen beide Bescheide erhobenen Widerspruchs verwies der Kläger auf die Aufteilung der G. Lebensversicherungs-AG und legte eine Rechnung vor, wonach nur 6,03 % im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung einzusetzen seien.

Die Beklagte erläuterte dem Kläger mit Schreiben vom 17.02.2005 unter Hinweis auf die Gesetzesänderung ab 01.01.2004 die Gründe für die Beitragserhebung auf Versorgungsbezüge - hier aus der Lebensversicherung -.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 04.05.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Bei krankenversicherungspflichtigen Rentnern unterlägen neben der Rente auch rentenvergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht zur Krankenversicherung. Zu den Versorgungsbezügen gehörten Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt würden. Bisher hätten Versorgungsbezüge der Beitragspflicht unterlegen, wenn sie monatlich gezahlt worden seien. Sei an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung getreten, habe 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge gegolten. Diese Rechtsvorschrift sei mit Wirkung vom 01.01.2004 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) insoweit ergänzt worden, dass kapitalisierte Leistungen auch dann der Beitragspflicht unterlägen, wenn eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden sei. Diese Gesetzesänderung sei erfolgt, um Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht von Versorgungsbezügen zu beseitigen. Sie bewirke eine Gleichstellung der Beitragspflicht der Rentner, die ihre Versorgungsbezüge in einem Betrag erhielten, mit denen, deren Betriebsrenten monatlich ausgezahlt würden. Die Problematik, dass die Versorgungsbezüge nicht ausschließlich oder gar nicht vom Arbeitgeber finanziert worden seien, sondern die Versicherungsverträge nach dem Ausscheiden aus einem Beschäftigungsverhältnis von den Beschäftigten weitergeführt und die Beiträge von ihnen allein entrichtet worden seien, bestehe nicht nur bei Lebensversicherungen, sondern auch bei monatlich ausgezahlten Betriebsrenten. Das Bundessozialgericht (BSG) habe sich bereits mehrfach mit dieser Problematik befasst und dabei stets entschieden , dass Renten immer dann als Renten der betrieblichen Alterversorgung anzusehen seien, wenn sie aufgrund eines Arbeitsverhältnisses entstanden seien. Alleiniges Kriterium für die Beitragspflicht auf Betriebsrenten sei, dass die Rentenzahlung im Zusammenhang mit einer Berufstätigkeit stehe, die Rechtslage in der PV stelle sich entsprechend dar.

Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) mit der Begründung, die Lebensversicherung sei zwar vom damaligen Arbeitgeber abgeschlossen und zunächst auch finanziert worden, es habe sich aber nur um einen sehr kurzen Zeitraum gehandelt, bis er die Versicherung selbst übernommen und dann viele Jahre lang die Beiträge selbst bezahlt habe. Seine anteilige Beitragszahlung mache nach der Aufstellung der G. Lebensversicherungs-AG 93,97 % aus. Außerdem habe die G. Lebenversicherungs-AG mitgeteilt, dass die Versicherung nach seinem Ausscheiden aus der Firma nicht mehr als Direktversicherung im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung geführt worden sei. Hätte er erst mit Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis dieselbe Lebensversicherung abgeschlossen, so wäre diese als privat angesparte Kapitallebensversicherung oder Rentenversicherung betrachtet und nicht zur Beitragsbemessung herangezogen worden. Der Umstand, dass die Versicherung zunächst vom Arbeitgeber abgeschlossen worden sei, könne in Anbetracht des geringen Anteils nicht dazu führen, dass er nun aus der gesamten Ansparung, die zum allergrößten Teil von ihm selbst getragen worden sei, zur Beitragszahlung herangezogen werde.

Die Beklagte trat dem Kläger entgegen. Nach dem geltenden Recht sei der gesamte Versorgungsbezug beitragspflichtig. Das Gesetz unterscheide nicht danach, welche Anteile während eines Beschäftigungsverhältnisses zur Versicherung eingezahlt worden seien und welche nach Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis.

In der mündlichen Verhandlung am 24.01.2006 bestand Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass die Klage die Beitragspflicht in der GKV betrifft und die Beklagte gegebenenfalls die für die beitragsrechtliche Seite in der GKV getroffene Entscheidung auf die PV übertragen wird.

Mit Urteil vom gleichen Tage, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 03.02.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, der Kläger habe von der G. Lebensversicherungs-AG eine Kapitalleistung aus einer Versicherung der betrieblichen Altersversorgung ausgezahlt erhalten. Diese sei insgesamt der Beitragspflicht zu unterwerfen. Die Tatsache, dass der Kläger zum 31.08.1977 aus der Firma Z. AG ausgeschieden sei und in der Folgezeit die Prämien zur Lebensversicherung selbst eingezahlt habe, führe zu keiner anderen Beurteilung, insbesondere nicht zu einer Aufspaltung in der Anrechnung im Verhältnis zwischen arbeitgeberfinanzierten Prämien und vom Kläger allein finanzierten Prämien. Die Kapitalleistung ändere ihren Charakter als Leistung der betrieblichen Altersversorgung nicht deshalb, weil in der prämienzahlenden Person ein Wechsel eingetreten sei. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG hätten weiterhin vorgelegen. Es habe sich bei der Versicherung, die die Firma Z. AG abgeschlossen gehabt habe, um eine Direktversicherung gehandelt. Nach Beendigung des Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnisses sei der Vertrag nicht mehr als Direktversicherung fortgesetzt worden, vielmehr sei der Kläger nunmehr Vertragspartner der G. Lebensversicherungs-AG gewesen. Eine solche Regelung sei in § 1 b Abs. 5 BetrAVG vorgesehen. Der Kläger habe die Bedingungen, zu denen die Firma Z. AG die Versicherung abgeschlossen gehabt habe, in der Zeit nach seinem Ausscheiden fortgesetzt. Die Sonderbedingungen hätten sich dadurch nicht geändert. Der Bezug zum vorangegangenen Erwerbsleben sei weiterhin erhalten geblieben. Dies führe zum Ergebnis, dass auch nach der Umwandlung des Vertrages auf ihn als Versicherungsnehmer und versicherte Person weiterhin der Bezug zum Arbeitsleben bestanden habe, der es rechtfertige, eine Beitragspflicht anzunehmen. Verfassungsrechtliche Zweifel an der Regelung habe das Gericht nicht, auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass Kapitalleistungen, die bereits Mitte der 70er Jahre geschlossen worden seien, von der Neuregelung des GMG erfasst würden. Es handle sich mit der Regelung im GMG nicht um eine echte Rückwirkung, sondern vielmehr eine unechte Rückwirkung.

Hiergegen richtet sich die am 09.02.2006 eingelegte Berufung des Klägers. Er trägt im wesentlichen vor, Sinn einer betrieblichen Altersversorgung sei der Schutz des Arbeitnehmers innerhalb seines Arbeitsverhältnisses, wobei der Arbeitgeber im Wege einer Direktversicherung Prämien leiste und dem Arbeitnehmer hiermit eine zusätzliche Alterssicherung gewährleiste. In diesen Fällen, in denen der Arbeitgeber über einen langen Zeitraum Zahlungen zugunsten des Arbeitnehmers leiste, erscheine es für diesen erträglich, aus der ausgezahlten Kapitalleistung dann seinen Beitrag zur Solidargemeinschaft zu leisten und die Krankenversicherungsbeiträge zu übernehmen. Gehe die Versicherung jedoch schon nach einer kurzen Dauer des Arbeitsverhältnisses auf den Arbeitnehmer über und zahle dieser über Jahrzehnte die Prämien selbst, so erscheine die Regelung des § 237 i. V. m. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V unbillig. Ein Wechsel der die Prämien zahlenden Person spiele bestenfalls dann keine Rolle, wenn dieser Wechsel in der Person des Arbeitgebers eintrete. Der vom SG angenommene Bezug zum vorangegangenen Erwerbsleben sei in diesem besonderen Fall zu verneinen und könne bestenfalls angenommen werden, wenn das Arbeitsverhältnis über einige Jahre gedauert und er den Vertrag anschließend für einen kürzeren Zeitraum weitererfüllt hätte. Seine Heranziehung zur Beitragspflicht auch hinsichtlich des von ihm angesparten Vermögens stelle einen Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) dar. Das SG sei zwar zutreffend von einer unechten Rückwirkung des Gesetzes ausgegangen, zu bezweifeln sei aber, ob er angesichts der langen Vertragslaufzeit nicht tatsächlich habe drauf vertrauen dürfen, dass die Beiträge der betrieblichen Altersversorgung nicht der Beitragspflicht im Rahmen der Berechnung der Beiträge der versicherungspflichtigen Rentner unterzogen würden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24. Januar 2006 sowie den Bescheid vom 4. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Kläger habe eine Direktversicherung, die von seinem Arbeitgeber zu Sonderkonditionen abgeschlossen worden sei, weitergeführt, wobei ihm dieselben Sonderkonditionen gewährt worden seien. Ohne den vorherigen Abschluss durch den ehemaligen Arbeitgeber hätte er den Lebensversicherungsvertrag zu diesen Bedingungen nicht weiterführen können.

Der Senat hat eine Auskunft der G. Lebensversicherungs-AG eingeholt. Danach gehe aus den Unterlagen nicht hervor, ob es sich um eine Entgeltumwandlung gehandelt habe. Wer die Prämien gezahlt habe, lasse sich nicht mehr nachvollziehen. Der Versicherung hätten Sonderkonditionen zugrunde gelegen. Es sei ein Prämienrabatt von 2 % gewährt worden, ferner sei kein Ratenzuschlag für die vierteljährliche Zahlweise (üblich 3 %) erhoben worden. Der Kläger sei zum 31.08.1977 aus den Diensten der Firma Z. ausgeschieden, die Übertragung der Versicherungsnehmerstellung des Klägers sei mit Schreiben vom 19.09.1977 bestätigt worden. Die Sonderkonditionen seien nach der Übertragung der Versicherungsnehmerstellung auf den Kläger beibehalten worden. Die G. Lebensversicherungs-AG hat u. a. den Versicherungsschein und Unterlagen bezüglich der Umstellung der Versicherung auf den Kläger beigefügt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 151 Abs. 1, 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist statthaft, da die Berufung eine Beitragspflicht von mehr als einem Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Einstufungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Kapitalzahlung aus der Lebensversicherung an den Kläger unterliegt auch insoweit der Beitragspflicht in der GKV, als der Kläger die Beiträge selbst bezahlt hat (vgl. auch Entscheidungen des erkennenden Senats vom 15.11.2005 - L 11 KR 3216/05 -, vom 24.01.2006 - L 11 KR 2032/05 -, vom 11.04.2006 - L 11 KR 804/06 -, vom 31.07.2006 - L 11 KR 2454/06 -; Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 03.03.2006 - L 5 KR 89/04 - und Beschluss des Hessischen LSG vom 05.05.2006 - L 1 KR 25/06 ER -; Urteil des BSG vom 13.09.2006 - B 12 KR 1/06 R und B 12 KR 17/06 R - Medien-Information Nr. 30/06).

Wie das SG zu Recht dargelegt hat, wird bei versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde gelegt. Gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 5 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Zu solchen Versorgungsbezügen zählen auch Bezüge aus einer Direktversicherung i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG vom 19.12.1974 (BGBl I 3610). Anzuknüpfen ist dabei an den Zahlbetrag, nicht lediglich an den sog. Ertragsanteil (vgl. LSG Hamburg, 21.01.2004, L 1 KR 24/02, P 10/02).

Bei der Direktversicherung handelt es sich um eine vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer mit einem Versicherungsunternehmer im Wege einer Gruppen- oder Einzelversicherung auf den Todes- oder Erlebensfall des Arbeitnehmers abgeschlossene Kapitalversicherung, bei welcher der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Als Versicherungsnehmer ist der Arbeitgeber zur Zahlung der Prämien verpflichtet. Direktversicherungsbeiträge werden pauschal besteuert, wobei der Satz der Pauschalbesteuerung von ursprünglich 10 % schrittweise auf 20 % angehoben wurde (§ 40b Einkommensteuergesetz - EStG). Die Pauschalbesteuerung von Prämien für eine Direktversicherung führt zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung, wenn die Direktversicherung zusätzlich zum Arbeitsentgelt tritt (BSG, Urteil vom 14.07.2004, B 12 KR 10/02 R), soweit ein jährlicher Höchstbetrag nicht überschritten wird.

Die Versicherungsleistung aus der Direktversicherung ist grundsätzlich ein Versorgungsbezug i. S. d. § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.1996 - 12 RV 21/95 -, SozR 3 - 2500 § 229 Nr. 13).

Dass eine solche Konstellation bei dem Kläger vorlag, ergibt sich aus dem Versicherungsschein der G. Lebensversicherungs-AG. Begünstigter war der Kläger, während der Arbeitgeber Versicherungsnehmer war. Als Ablauf der Versicherung war der 01.01.2005 bestimmt worden. Insoweit besteht ein hinreichender Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistung aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Klägers.

Etwas anderes ergibt sich nicht deshalb, weil der Kläger nach seinem Ausscheiden aus dem Betrieb am 31.08.1977 die Versicherungsprämien selbst bezahlt hat und Versicherungsnehmer wurde. Denn es ist ohne rechtliche Bedeutung, ob und inwieweit der jeweilige Arbeitgeber die laufenden Versicherungsbeiträge erbracht hat oder ob der Versicherte die Prämien allein getragen hat (vgl. BSG, Urteile vom 06.02.1992 - 12 RK 37/91 -, vom 26.03.1996 - 12 RK 21/95 -, vom 21.08.1997 - 12 RK 35/96 - und vom 11.10.2001 - B 12 KR 4/00 R -). Maßgebend ist allein der - hier vorliegende - erforderliche Zusammenhang mit der früheren Berufstätigkeit des Versicherten. Es genügt - wie das BSG zuletzt am 13.09.2006 erneut bestätigt hat - ein (formaler) Bezug zum Arbeitsleben in der Weise, dass der Versicherungsvertrag - wie hier - von dem damaligen Arbeitgeber des Klägers abgeschlossen worden war. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Betrieb konnte der Kläger diesen Lebensversicherungsvertrag mit den gleichen Sonderkonditionen übernehmen, der Vertrag wurde auf ihn umgewandelt, er wurde nicht neu abgeschlossen.

Der Regelung steht auch nicht entgegen, dass die Beitragspflicht von Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung nach der Rechtslage bis 31.12.2003 und damit auch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht galt, wenn eine einmalige Kapitalleistung gezahlt wurde und diese von vornherein als solche vereinbart oder zugesagt worden war. Durch das GMG wurde nämlich § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V mit Wirkung vom 01.01.2004 ergänzt, indem vor dem Wort "gilt" die Worte "oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden" eingefügt wurden. Nach der Gesetzesbegründung zum GMG (BT-Drs. 15/1525 Seite 139 zu Nr. 143) bezweckt die Neuregelung die Beseitigung der Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge. Damit werden nun auch alle Versorgungsbezüge nach der generellen Methode auf 10 Jahre verteilt zur Beitragsbemessung herangezogen, die von vornherein oder vor dem Versicherungsfall als nicht wiederkehrende Leistung (Kapitalleistung) vereinbart worden sind (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 229 SGB V Rdnr. 16).

Da die Kapitalleistung vorliegend erst nach dem 01.01.2004, nämlich am 01.01.2005 fällig wurde, ist die Neuregelung für den Kläger einschlägig. Ein Vertrauensschutz des Klägers aus verfassungsrechtlichen Gründen wäre nur zu berücksichtigen, wenn es sich um eine echte Rückwirkung handeln würde. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (BVerfGE 57, 361, 391) bzw. wenn die Rechtsfolgen für einen vor der Verkündung liegenden Zeitpunkt eintreten sollen und nicht für einen nach oder mit der Verkündung beginnenden Zeitraum (BVerfGE 72, 200, 242).

Eine echte Rückwirkung ist indes vorliegend nicht gegeben. Vielmehr handelt es sich um eine unechte Rückwirkung. Eine unechte Rückwirkung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 95, 64, 86 - ständige Rechtsprechung) vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Von unechter Rückwirkung oder auch tatbestandlicher Rückanknüpfung wird auch gesprochen, wenn eine Norm künftige Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht (BVerfGE 72, 200, 242; 79, 29, 45 ff.). Bei einer unechten Rückwirkung bzw. einer tatbestandlichen Rückanknüpfung wird somit ein Tatbestand geregelt, der zwar vor Gesetzesverkündung begonnen hat, aber noch nicht vollständig abgeschlossen oder - mit anderen Worten - bereits vor Verkündung "in Kraft gesetzt" worden ist (BVerfGE 97, 67, 79). So liegt es hier, da die Gesetzesänderung zwar vor Fälligwerden der Lebensversicherung in Kraft trat, aber der Wert der Altersversorgung dadurch geschmälert wurde. Die Direktversicherung wurde bereits 1976 abgeschlossen, gelangte aber erst am 01.01.2005, d. h. nach dem Stichtag der Änderung des § 229 SGB V durch das GMG zur Auszahlung. Deswegen handelt es sich um einen Fall der unechten Rückwirkung.

Eine unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rdnr. 73), weil das vom Gesetzgeber verfolgte Gemeinwohlinteresse in der Regel das Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand einer ihn begünstigenden Rechtslage überwiegt. Die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, ist im Sozialversicherungsrecht, ebenso wie im Steuerrecht (BVerfG, 05.02.2002, 2 BvR 305/93, NJW 2002, 3009 ff.), nicht geschützt.

Auch im übrigen erachtet der Senat die Vorschrift für verfassungskonform. Die Neuregelung sollte gerade Umgehungsmöglichkeiten bei der Beitragspflicht für Versorgungsbezüge beseitigen (BT-Drs. 15/1525 S. 139) und zu einer gleichmäßigen Behandlung aller Betroffenen führen (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, § 229 SGB V Rdnr. 16). Deswegen verstößt die Neuregelung auch nicht gegen Art. 3 GG, sondern dient gerade der Gleichbehandlung aller Versicherten.

Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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