Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 2858/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 5565/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 11. September 2006 aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 31. Januar 2007 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 27,00 EUR zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin (Ast.), der das Sozialgericht (SG) Ulm nicht abgeholfen hat, ist zulässig und begründet.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ast. vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1 [sog. Sicherungsanordnung]). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 [sog. Regelungsanordnung]).
Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dabei nach § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 920 ZPO sowohl für die Sicherungsanordnung als auch für die Regelungsanordnung, dass der Ast. die Gefährdung eines eigenen Individualinteresses (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft macht. Außerdem darf eine stattgebende Entscheidung die Hauptsache grundsätzlich nicht - auch nicht zeitlich befristet - vorwegnehmen, es sei denn, dass dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes unerlässlich ist.
In Anwendung dieser Grundsätze hat die Ast. einen Anspruch auf Erlass der begehrten Regelungsanordnung.
Ein Anordnungsanspruch ist hinreichend glaubhaft gemacht.
Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind gemäß § 9 Abs. 2 SGB II auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen.
Zur Bedarfsgemeinschaft gehören neben dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen als dessen Partner der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (§ 7 Abs. 3 Nrn. 1, 3a SGB II).
Ohne Berücksichtigung der Schuldzinsen für das von der Ast. selbst bewohnte Hausgrundstück hat die Antragsgegnerin (Agg.) im Widerspruchsbescheid folgenden Bedarf zugrunde gelegt:
Unterkunftskosten ohne Schuldzinsen 39,42 EUR Bedarf Ehegatte 311,00 EUR pauschale Versicherungsleistungen 30,00 EUR Kfz-Versicherungsbeiträge 10,66 EUR Regelsatz Ast. 311,00 EUR Gesamtbedarf ohne Schuldzinsen 702,08 EUR
Der Ehemann der Ast. bezieht eine Erwerbsminderungsrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1.203,17 EUR. Somit verbleibt ein Betrag in Höhe von 501,09 EUR, der zur Zahlung der Schuldzinsen verwandt werden kann. Ausweislich der von der Ast. vorgelegten Unterlagen beträgt deren Belastung mit Schuldzinsen monatlich 527,78 EUR und kann damit in Höhe von 26,69 EUR nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen getragen werden.
Nach § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Satz 2 als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft müssen danach nur übernommen werden, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten ist ein gerichtlich in vollem Umfang überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff, hinsichtlich dessen dem Leistungsträger kein Beurteilungsspielraum zukommt.
Das von der Ast. selbst bewohnte Haus ist hinsichtlich seiner Größe angemessen. Das BSG hat hierzu mit Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - entschieden, dass bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks im Regelfall weiterhin auf die zwischenzeitlich außer Kraft getretenen Bestimmungen des II. Wohnungsbaugesetzes abzustellen ist. Danach ist bei einer Anzahl von zwei Personen eine Größe von 80 qm als angemessen anzusehen. Die Wohnfläche des Hauses der Ast. übersteigt diesen Wert nicht.
Bei selbst bewohnten Häusern gehören zu den Kosten der Unterkunft die mit dem Wohneigentum unmittelbar verbundenen Belastungen. Hierzu gehören grundsätzlich auch die Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung des Hauses Hierbei hat die Agg. als angemessene Höhe die Mietobergrenze bei einem 2-Personen-Haushalt zugrunde gelegt (ebenso Wieland in Estelmann, SGB II, § 22 Rn. 40).
Diese Beurteilung begegnet jedoch Bedenken. Zwar hat der 13. Senat des LSG Baden-Württemberg in den Gründen des Beschlusses vom 31.08.2006 (L 13 AS 2759/06) ausgeführt, bei einem Ehepaar sei als angemessener Betrag für Schuldzinsen derjenige anzusehen, den dieses als Kaltmietzins für eine angemessene Wohnung bezahlen müsste. Im Tenor des Beschlusses ist jedoch ausgeführt, dass Schuldzinsen nur insoweit als Aufwendungen für Unterkunft zu übernehmen sind, soweit diese unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles angemessen sind. Danach kann im Einzelfall auch die Übernehme der den angemessenen Kaltmietzins übersteigenden Schuldzinsen als Kosten der Unterkunft angemessen sein.
Vom Bundessozialgericht noch nicht entschieden ist die Frage, in welcher Höhe diese Schuldzinsen als Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hatte zur Rechtslage nach dem BSHG entschieden, bei kreditfinanziertem Wohneigentum seien die Schuldzinsen, nicht jedoch die Tilgung zu übernehmen (BVerwG 10.09.1992 - 5 C 25/88). Eine Einschränkung auf die Höhe der Mietkosten vergleichbarer Wohnungen hat das BVerwG nicht gemacht (ebenso LSG Niedersachsen-Bremen im Urteil vom 08.06.2006 - L 7 AS 443/05 ER -, wonach die tatsächlichen Schuldzinsen für ein als Schonvermögen im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II einzuordnendes Haus als Unterkunftskosten zu übernehmen sind; Kalhorn in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 Rn. 14; Lienhart/Adolph, SGB II, § 22 Rn. 6h). Für diese Auffassung spricht, dass sich die Verwertung eigener Immobilien schwieriger gestaltet als der Wechsel einer Mietwohnung und die Vermögensschutzbestimmung des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ins Leere ginge. Dies trifft auch im vorliegenden Fall zu. Die örtliche Lage und der Zustand der Immobilie, insbesondere der fehlende Wasseranschluss, sprechen für eine erschwerte Verwertbarkeit. Unbeachtlich ist deshalb, ob begründete Aussicht besteht, dass die Darlehensschuld zurückgeführt werden kann. Eine Erfolgsaussicht in der Hauptsache ist damit nach summarischer Prüfung gegeben.
Es liegt auch ein Anordnungsgrund vor. Dieser ist dann gegeben, wenn die Ast. bei einem Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache Gefahr laufen würde, ihre Rechte nicht mehr realisieren zu können (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren Rn. 297).
Zum einen besteht die Gefahr, dass die Ast. bei einem Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache gezwungen sein könnte, ihr Haus zu verkaufen. Dieser Schritt wäre für sie mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden und könnte auch bei einem Obsiegen in der Hauptsache kaum mehr rückgängig gemacht werden. Sofern die Agg. die Auffassung vertritt, der Ast. müsse es möglich sein, aufgrund des baulichen Zustandes und der daraus resultierenden erschwerten Verwertbarkeit ihres Anwesens mit ihrer Bank eine Herabsetzung des Darlehenszinses zu vereinbaren, spricht dies zusätzlich für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, da die Bedürftigkeit nur vorübergehend bis zum Abschluss eines neuen Darlehensvertrages besteht.
Zum anderen sind die von der Ast. glaubhaft dargelegten individuellen Besonderheiten zu berücksichtigen. So würde eine Änderung der gewohnten Umgebung für den Ehemann der Ast., der an den psychopathologischen Folgen einer Hirnischämie leidet, ausweislich des Berichts des behandelnden Arztes eine erhebliche Gefährdung darstellen. Dies spricht dafür, dass ein Umzug erst dann zumutbar ist, wenn im Hauptsacheverfahren eine Übernahme der Zinsen in der beantragten Höhe abgelehnt ist. Durch eine nachträgliche Übernahme der Unterkunftskosten im Hauptsacheverfahren kann dies nicht kompensiert werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Darlehenszinsen überwiegend aus eigenem Einkommen des Ehemanns der Ast. gezahlt werden.
Vom Einkommen des Ehemanns der Ast. verbleibt nach Abzug des Gesamtbedarfs ohne Schuldzinsen ein Betrag von 501,09 EUR, der zur Zahlung der Schuldzinsen verwendet werden kann. Die Agg. war deshalb zur Zahlung des gem. § 41 Abs. 2 SGB II gerundeten Differenzbetrages in Höhe von 27,00 EUR zu verpflichten. Die Verpflichtung war entsprechend § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II zeitlich auf sechs Monate zu befristen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin (Ast.), der das Sozialgericht (SG) Ulm nicht abgeholfen hat, ist zulässig und begründet.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ast. vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1 [sog. Sicherungsanordnung]). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 [sog. Regelungsanordnung]).
Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dabei nach § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 920 ZPO sowohl für die Sicherungsanordnung als auch für die Regelungsanordnung, dass der Ast. die Gefährdung eines eigenen Individualinteresses (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft macht. Außerdem darf eine stattgebende Entscheidung die Hauptsache grundsätzlich nicht - auch nicht zeitlich befristet - vorwegnehmen, es sei denn, dass dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes unerlässlich ist.
In Anwendung dieser Grundsätze hat die Ast. einen Anspruch auf Erlass der begehrten Regelungsanordnung.
Ein Anordnungsanspruch ist hinreichend glaubhaft gemacht.
Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind gemäß § 9 Abs. 2 SGB II auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen.
Zur Bedarfsgemeinschaft gehören neben dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen als dessen Partner der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (§ 7 Abs. 3 Nrn. 1, 3a SGB II).
Ohne Berücksichtigung der Schuldzinsen für das von der Ast. selbst bewohnte Hausgrundstück hat die Antragsgegnerin (Agg.) im Widerspruchsbescheid folgenden Bedarf zugrunde gelegt:
Unterkunftskosten ohne Schuldzinsen 39,42 EUR Bedarf Ehegatte 311,00 EUR pauschale Versicherungsleistungen 30,00 EUR Kfz-Versicherungsbeiträge 10,66 EUR Regelsatz Ast. 311,00 EUR Gesamtbedarf ohne Schuldzinsen 702,08 EUR
Der Ehemann der Ast. bezieht eine Erwerbsminderungsrente mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1.203,17 EUR. Somit verbleibt ein Betrag in Höhe von 501,09 EUR, der zur Zahlung der Schuldzinsen verwandt werden kann. Ausweislich der von der Ast. vorgelegten Unterlagen beträgt deren Belastung mit Schuldzinsen monatlich 527,78 EUR und kann damit in Höhe von 26,69 EUR nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen getragen werden.
Nach § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Satz 2 als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft müssen danach nur übernommen werden, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten ist ein gerichtlich in vollem Umfang überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff, hinsichtlich dessen dem Leistungsträger kein Beurteilungsspielraum zukommt.
Das von der Ast. selbst bewohnte Haus ist hinsichtlich seiner Größe angemessen. Das BSG hat hierzu mit Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - entschieden, dass bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks im Regelfall weiterhin auf die zwischenzeitlich außer Kraft getretenen Bestimmungen des II. Wohnungsbaugesetzes abzustellen ist. Danach ist bei einer Anzahl von zwei Personen eine Größe von 80 qm als angemessen anzusehen. Die Wohnfläche des Hauses der Ast. übersteigt diesen Wert nicht.
Bei selbst bewohnten Häusern gehören zu den Kosten der Unterkunft die mit dem Wohneigentum unmittelbar verbundenen Belastungen. Hierzu gehören grundsätzlich auch die Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung des Hauses Hierbei hat die Agg. als angemessene Höhe die Mietobergrenze bei einem 2-Personen-Haushalt zugrunde gelegt (ebenso Wieland in Estelmann, SGB II, § 22 Rn. 40).
Diese Beurteilung begegnet jedoch Bedenken. Zwar hat der 13. Senat des LSG Baden-Württemberg in den Gründen des Beschlusses vom 31.08.2006 (L 13 AS 2759/06) ausgeführt, bei einem Ehepaar sei als angemessener Betrag für Schuldzinsen derjenige anzusehen, den dieses als Kaltmietzins für eine angemessene Wohnung bezahlen müsste. Im Tenor des Beschlusses ist jedoch ausgeführt, dass Schuldzinsen nur insoweit als Aufwendungen für Unterkunft zu übernehmen sind, soweit diese unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles angemessen sind. Danach kann im Einzelfall auch die Übernehme der den angemessenen Kaltmietzins übersteigenden Schuldzinsen als Kosten der Unterkunft angemessen sein.
Vom Bundessozialgericht noch nicht entschieden ist die Frage, in welcher Höhe diese Schuldzinsen als Kosten der Unterkunft zu übernehmen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hatte zur Rechtslage nach dem BSHG entschieden, bei kreditfinanziertem Wohneigentum seien die Schuldzinsen, nicht jedoch die Tilgung zu übernehmen (BVerwG 10.09.1992 - 5 C 25/88). Eine Einschränkung auf die Höhe der Mietkosten vergleichbarer Wohnungen hat das BVerwG nicht gemacht (ebenso LSG Niedersachsen-Bremen im Urteil vom 08.06.2006 - L 7 AS 443/05 ER -, wonach die tatsächlichen Schuldzinsen für ein als Schonvermögen im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II einzuordnendes Haus als Unterkunftskosten zu übernehmen sind; Kalhorn in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 Rn. 14; Lienhart/Adolph, SGB II, § 22 Rn. 6h). Für diese Auffassung spricht, dass sich die Verwertung eigener Immobilien schwieriger gestaltet als der Wechsel einer Mietwohnung und die Vermögensschutzbestimmung des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ins Leere ginge. Dies trifft auch im vorliegenden Fall zu. Die örtliche Lage und der Zustand der Immobilie, insbesondere der fehlende Wasseranschluss, sprechen für eine erschwerte Verwertbarkeit. Unbeachtlich ist deshalb, ob begründete Aussicht besteht, dass die Darlehensschuld zurückgeführt werden kann. Eine Erfolgsaussicht in der Hauptsache ist damit nach summarischer Prüfung gegeben.
Es liegt auch ein Anordnungsgrund vor. Dieser ist dann gegeben, wenn die Ast. bei einem Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache Gefahr laufen würde, ihre Rechte nicht mehr realisieren zu können (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren Rn. 297).
Zum einen besteht die Gefahr, dass die Ast. bei einem Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache gezwungen sein könnte, ihr Haus zu verkaufen. Dieser Schritt wäre für sie mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden und könnte auch bei einem Obsiegen in der Hauptsache kaum mehr rückgängig gemacht werden. Sofern die Agg. die Auffassung vertritt, der Ast. müsse es möglich sein, aufgrund des baulichen Zustandes und der daraus resultierenden erschwerten Verwertbarkeit ihres Anwesens mit ihrer Bank eine Herabsetzung des Darlehenszinses zu vereinbaren, spricht dies zusätzlich für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, da die Bedürftigkeit nur vorübergehend bis zum Abschluss eines neuen Darlehensvertrages besteht.
Zum anderen sind die von der Ast. glaubhaft dargelegten individuellen Besonderheiten zu berücksichtigen. So würde eine Änderung der gewohnten Umgebung für den Ehemann der Ast., der an den psychopathologischen Folgen einer Hirnischämie leidet, ausweislich des Berichts des behandelnden Arztes eine erhebliche Gefährdung darstellen. Dies spricht dafür, dass ein Umzug erst dann zumutbar ist, wenn im Hauptsacheverfahren eine Übernahme der Zinsen in der beantragten Höhe abgelehnt ist. Durch eine nachträgliche Übernahme der Unterkunftskosten im Hauptsacheverfahren kann dies nicht kompensiert werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Darlehenszinsen überwiegend aus eigenem Einkommen des Ehemanns der Ast. gezahlt werden.
Vom Einkommen des Ehemanns der Ast. verbleibt nach Abzug des Gesamtbedarfs ohne Schuldzinsen ein Betrag von 501,09 EUR, der zur Zahlung der Schuldzinsen verwendet werden kann. Die Agg. war deshalb zur Zahlung des gem. § 41 Abs. 2 SGB II gerundeten Differenzbetrages in Höhe von 27,00 EUR zu verpflichten. Die Verpflichtung war entsprechend § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II zeitlich auf sechs Monate zu befristen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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