Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 RA 3159/96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RA 13/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die von der Beklagten zum 01. Juli 1993 vorgenommene Rentenanpassung und die Ablehnung einer Renteanpassung zum 01. Januar 1996 rechtmäßig sind.
Der im Mai geborene Kläger, der nicht im Beitrittsgebiet wohnhaft ist, bezieht seit dem 01. September 1988 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, die mit Bescheid vom 07. Juli 1992 nach § 307 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) umgewertet und letztmals mit bindendem Bescheid vom 01. März 1993 (Rentenartfaktor 0,6667, persönliche Entgeltpunkte 15,2308, Steigerungsbetrag aus Höherversicherung 15,50 DM) neu berechnet worden ist. Mit Schreiben vom 05. Juni 1993 wandte sich der Kläger gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 1993 und führte zur Begründung aus, es sei verfassungswidrig, dass nach dem Gesetz "Personen aus der Ex-DDR”, die niemals einen Beitrag zur Beklagten geleistet hätten, so gestellt würden wie er als langjähriger Beitragszahler. Dies verletze sowohl Art 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) als auch Art 14 GG. Im Übrigen ergebe sich aus der Erhöhung um 3,86 % ein Zahlbetrag von 437,85 DM und nicht – wie von der Beklagten berechnet – von 437,83 DM. Im Verlauf einer vor dem Sozialgericht (SG) Berlin zum Aktenzeichen S 6 An 3435/94 erhobenen Untätigkeitsklage erließ die Beklagte am 04. Juni 1996 einen Widerspruchsbescheid und legte dar, dass die Rentenanpassung zum 01. Juli 1993 den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Durch Bescheid vom 11. März 1996, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 04. Juni 1996, lehnte die Beklagte ferner den Antrag des Klägers ab, seine Rente zum 01. Januar 1996 entsprechend den nach den Regelungen für das Beitrittsgebiet gezahlten Renten zu erhöhen. Dies sei nach den §§ 254a, 255a SGB VI nur für Renten vorgesehen, denen Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen.
Im anschließenden Klageverfahren hat das SG Berlin dem Vorbringen des Klägers den Antrag entnommen, die Beklagte unter Aufhebung des Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 1993 und des Bescheides vom 11. Juni 1996 jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 04. Juni 1996 zu verurteilen, eine höhere Rente festzusetzen. Es hat nach vorangehender Anhörung der Beteiligten durch Schreiben vom 12. September 2002 und 11. Dezember 2002 die Klage durch Gerichtsbescheid vom 11. Februar 2003 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die vom Kläger angegriffene Rentenanpassung erfolge nach den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 65, 68 SGB VI iVm der Rentenanpassungsverordnung vom 09. Juni 1993 (RAP-VO 1993; BGBl I S 917), wonach der neue aktuelle Rentenwert mit der Summe der auf den Kläger entfallenden persönlichen Entgeltpunkten multipliziert werde. Daraus ergebe sich der von der Beklagten errechnete Monatsbetrag. Die vom Kläger angegebene Rentenerhöhung um 3,86 % stelle allenfalls ein Näherungswert dar, der die Erhöhung des aktuellen Rentenwertes ausdrücke. Es handele sich jedoch nicht um die vom Gesetz vorgesehene Berechnungsmethode. Entgegen der Ansicht des Klägers verstoße es auch keineswegs gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG, wenn die Rentenerhöhung im Beitrittsgebiet für die Versicherten der ehemaligen DDR ein anderes Ausmaß habe. Denn es bestehe ein wesentlicher Unterschied schon darin, dass für Versicherte mit Aufenthaltsort im ehemaligen Gebiet der DDR und dort zurückgelegten Versicherungszeiten nach § 254b SGB VI Entgeltpunkte (Ost) festgesetzt werden, deren Wert hinter den übrigen Entgeltpunkten zurückbleibe. Auch fehle es für die vom Kläger begehrte Rentenerhöhung zum 01. Januar 1996 an einer Rechtsgrundlage.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger unter Vertiefung seines bisher geäußerten materiell-rechtlichen Standpunkts sein Begehren weiter. Die Art und Weise der Rentenanpassung verstoße nicht nur gegen das GG sondern auch gegen Art 1 Erstes Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskon¬vention (EMRK) vom 20. März 1952 (1. ZP-EMRK; BGBl 1956 II S 1880). Weiter hat er ausgeführt, beim Vorsitzenden der 37. Kammer des SG habe es sich nicht um den gesetzlichen Richter im Sinne von Art 6 (EMRK) gehandelt, zu dem fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung im Sinne von § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Auch rügt er die lange Verfahrensdauer.
Der Kläger beantragt, 1. im Hinblick auf die Verfahrensdauer und insoweit möglicher Amtshaftungsansprüche die Länder Berlin und Brandenburg zum Verfahren beizuladen;
2. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 1993 und Aufhebung des Bescheides vom 11. März 1996 jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04. Juni 1996 zu verurteilen, zum 01. Juli 1993 eine höhere Rentenanpassung und zum 01. Januar 1996 eine Rentenanpassung entsprechend den Vorschriften für im Beitrittsgebiet lebende Staatsbürger der ehemaligen DDR vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (6 Bände Bl. 1-1149, 1382-1598) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet.
Das Begehren (§ 123 SGG) des Klägers ist darauf gerichtet, die Beklagte unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 1996 zu verurteilen, ihm zum 01. Juli 1993 eine höhere Rentenanpassung zu gewähren (Klagebegehren zu 1). Des Weiteren ist das Begehren des Klägers darauf gerichtet, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. März 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 1996 zu verurteilen, zum 01. Januar 1996 eine Rentenanpassung entsprechend den Vorschriften für im Beitrittsgebiet lebende Staatsbürger der ehemaligen DDR vorzunehmen (Klagebegehren zu 2). Die Kombination von Anfechtungs- und Leistungsklagen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20) ist zulässig. Insbesondere handelt es sich bei Rentenanpassungsmitteilungen um anfechtbare Verwaltungsakte (vgl. BSG SozR 3-1300 § 31 Nr.13 und § 50 Nr. 17) mit begrenztem Regelungsgehalt. Denn Mitteilungen über die (grundsätzlich jährliche) Rentenanpassung beinhalten als solche nur eine Teilregelung hinsichtlich der zukunftsgerichteten Wertfortschreibung eines anderweitig bereits zuerkannten Rechts, sie setzen insofern ein solchermaßen vollständig ausgestaltetes Rentenstammrecht bereits begrifflich und logisch voraus. Gesetzestechnisch spiegelt sich die hier gebotene sachliche Unterteilung in die erstmalige Wertbestimmung eines solchen subjektiven Rechts auf Rente (§ 64 SGB VI) und seine spätere Anpassung (§ 65 SGB VI) wider, wobei Zusatzleistungen wie die dem Kläger gezahlten Steigerungsbeträge aus seinen Beiträgen zur Höherversicherung (§ 269 SGB VI), selbstverständlich nicht der Rentenanpassung unterliegen, weil es sich dabei nicht um Rentenleistungen handelt (vg. zu letzterem Michaelis in Handbuch der Rentenversicherung, 24 Rz 137). Geht es bei der ursprünglichen Entscheidung darum, den Wert des Rentenrechts neben den Festlegungen hinsichtlich Art, Beginn und Dauer als Bestandteil seiner erstmaligen Umschreibung - als künftig dynamisierbare Größe - überhaupt festzulegen, beschränken sich die hierauf basierenden Anpassungsentscheidungen isoliert darauf, in Ausführung der Rentenanpassungsverordnungen den Änderungen der allgemeinen Bemessungsgrundlagen, also des aktuellen Rentenwerts nach § 65 SGB VI iVm den hierzu nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB VI jeweils erlassenen Rechtsverordnungen Rechnung zu tragen. Das dort mitgeteilte Ergebnis beruht mittelbar auf der Einsetzung der veränderten Werte in die Rentenformel und beinhaltet als aktuellen Ausdruck seiner Dynamisierbarkeit die zukunftsgerichtete wertmäßige Neubestimmung des zuerkannten Rentenrechts (vgl. BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 13). Dementsprechend ist die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Rentenanpassungsmitteilung darauf beschränkt – und in diesem Rahmen halten sich auch die Einwände des Klägers -, ob die Dynamisierung in der eben dargestellten Weise vorgenommen wurde und den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Nicht zu prüfen ist dagegen, ob alle für Grunde und Höhe des Rentenstammrechts bedeutsamen Tatsachen zutreffend festgestellt und rechtlich richtig bewertet wurden.
Wie bereits das SG in seiner Entscheidung zutreffend dargelegt hat, entspricht die in der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 1993 vorgenommene Dynamisierung den gesetzlichen Vorgaben. Für die vom Kläger geltend gemachte höhere Anpassung besteht keine Rechtsgrundlage.
Die Anpassungsentscheidung der Beklagten beruht auf der Änderung des aktuellen Rentenwerts zum 01. Juli eines jeden Jahres gemäß § 65 SGB VI. Der aktuelle Rentenwert verändert sich zu dem genannten Zeitpunkt, indem der bisherige aktuelle Rentenwert mit den Faktoren für die Veränderungen der Bruttolohnsumme und Bruttogehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer und der Belastung bei Arbeitsentgelten und Renten vervielfältigt wird (§ 68 Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung iV mit § 300 Abs. 2 SGB VI). Gemäß § 1 Abs. 1 RAV 1993 - die Verordnung wurde aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 69 Abs. 1 SGB VI erlassen - betrug der aktuelle Rentenwert vom 01. Juli 1993 an 44,49 DM. Die Beklagte hat die Rente des Klägers nach Maßgabe dieses aktuellen Rentenwertes beanstandungsfrei angepasst. Verstöße gegen einfachgesetzliche Rechtsvorschriften sind hierbei nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht behauptet worden. Dieser wendet sich vielmehr allein gegen die aus seiner Sicht nicht sachgerechte Ungleichbehandlung bei der Anpassung der Renten in den alten und den neuen Bundesländern.
Zu Recht wurde die Rente des Klägers nicht nach § 254c SGB VI, sondern nach § 65 SGB VI angepasst, da seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit, die nicht auf im Beitrittsgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten beruht, nicht ein aktueller Rentenwert (Ost) zu Grunde liegt. Dies ist aber Voraussetzung einer Dynamisierung nach § 254c SGB VI, die zum 01. Juli 1993 mit höheren Prozentsätzen erfolgte, als die Anpassung nach § 65 SGB VI. Die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art 100 Abs. 1 Satz 1 GG liegen nicht vor, da durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese unterschiedlichen Anpassungsmodalitäten nicht ersichtlich sind. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf seine Ausführungen in dem Urteil vom 10. April 2002 (damals noch als 6. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Berlin) in dem vom Kläger geführten Rechtsstreit L 6 RA 152/99 betreffend die Rentenanpassungen zum 01. Juli 1997 und 01. Juli 1998. Ebenso wenig vermag der Kläger sein Begehren mit Erfolg auf die EMRK zu stützen, denn deren Garantien gegen Diskriminierung (Art 14 EMRK) und zum Eigentumsschutz (Art 1 1. ZP-EMRK) gewähren keinen weiteren Schutz als Art 3 Abs. 1 GG und Art 14 Abs. 1 GG (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2000 -B 5/4 RA 87/97 R - mwN).
Auch die auf eine Rentenanpassung nach den für im Beitrittsgebiet lebende Staatsbürger der ehemaligen DDR geltenden Regelungen (§§ 254c, 255d SGB VI) zum 01. Januar 1996 gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist aus den bereits zur Rentenanpassung 1993 dargelegten Gründen nicht begründet. Der aktuelle Rentenwert (Ost) wurde zwar bis einschließlich 01. Januar 1996 halbjährlich angepasst, der vom Kläger bezogenen Rente wegen Berufsunfähigkeit liegt jedoch kein aktueller Rentenwert (Ost) zu Grunde. Eine Heranziehung von §§ 254c, 255d SGB VI ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, insoweit gelten die Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der vorgenommenen Rentenanpassungen unterschiedlichen Umfanges und zur Vereinbarkeit mit der EMRK entsprechend.
Eine Zurückverweisung an das SG nach § 159 Abs. 1 SGG kam bei dieser Sachlage nicht in Betracht, zumal das Verfahren erster Instanz nicht an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet. Im Hinblick auf den sachlich begrenzten Streitgegenstand ist die vom SG vorgenommene Anhörung zur Absicht, nach § 105 SGG durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, in den Schreiben vom 12. September 2002 und 11. Dezember 2002 angemessen, insbesondere, da in dem Schreiben vom 11. Dezember 2002 der Kläger nochmals auf den Gegenstand des vorliegenden Streitverfahrens hingewiesen worden war. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der erstinstanzlich an der Entscheidung beteiligte Vorsitzende, der vom Präsidium des SG mit Wirkung zum 01. September 2002 für die weitere Dauer der Verhinderung der geschäftsplanmäßigen Vorsitzenden der 37. Kammer zu deren besonderem Vertreter berufen worden war, nicht der gesetzliche Richter im Sinne des Art 101 Abs. 1 Satz 2 GG iVm mit den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und des SGG und damit auch im Sinne von Art 6 Abs. 1 EMRK war. Eben so wenig war es nach § 75 Abs. 2 SGG erforderlich noch nach § 75 Abs. 1 SGG opportun, dem Antrag auf Beiladung der Länder Berlin und Brandenburg zu entsprechen. Denn etwaige Entschädigungsansprüche nach Art 41 EMRK spricht nach geltendem Recht (nur) der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als Folge einer Feststellung einer Vertragsverletzung durch die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat aus. Eine Verletzung des Artikels 6 MRK ist überdies nicht ersichtlich. Denn die Verzögerung des erstinstanzlichen Verfahrens war wesentlich durch die krankheitsbedingte Verhinderung der regulären Vorsitzenden der 37. Kammer bedingt, deren Dauer nicht vorhersehbar war. Der besondere Vertreter hat nach Übernahme des Dezernats alsbald den Rechtsstreit zur Entscheidung geführt (siehe hierzu auch der zum Ablehnungsgesuch des Klägers ergangene Beschluss des 15. Senats des LSG Berlin vom 11. November 2002 - L 15 A 31/02 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die von der Beklagten zum 01. Juli 1993 vorgenommene Rentenanpassung und die Ablehnung einer Renteanpassung zum 01. Januar 1996 rechtmäßig sind.
Der im Mai geborene Kläger, der nicht im Beitrittsgebiet wohnhaft ist, bezieht seit dem 01. September 1988 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, die mit Bescheid vom 07. Juli 1992 nach § 307 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) umgewertet und letztmals mit bindendem Bescheid vom 01. März 1993 (Rentenartfaktor 0,6667, persönliche Entgeltpunkte 15,2308, Steigerungsbetrag aus Höherversicherung 15,50 DM) neu berechnet worden ist. Mit Schreiben vom 05. Juni 1993 wandte sich der Kläger gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 1993 und führte zur Begründung aus, es sei verfassungswidrig, dass nach dem Gesetz "Personen aus der Ex-DDR”, die niemals einen Beitrag zur Beklagten geleistet hätten, so gestellt würden wie er als langjähriger Beitragszahler. Dies verletze sowohl Art 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) als auch Art 14 GG. Im Übrigen ergebe sich aus der Erhöhung um 3,86 % ein Zahlbetrag von 437,85 DM und nicht – wie von der Beklagten berechnet – von 437,83 DM. Im Verlauf einer vor dem Sozialgericht (SG) Berlin zum Aktenzeichen S 6 An 3435/94 erhobenen Untätigkeitsklage erließ die Beklagte am 04. Juni 1996 einen Widerspruchsbescheid und legte dar, dass die Rentenanpassung zum 01. Juli 1993 den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Durch Bescheid vom 11. März 1996, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 04. Juni 1996, lehnte die Beklagte ferner den Antrag des Klägers ab, seine Rente zum 01. Januar 1996 entsprechend den nach den Regelungen für das Beitrittsgebiet gezahlten Renten zu erhöhen. Dies sei nach den §§ 254a, 255a SGB VI nur für Renten vorgesehen, denen Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen.
Im anschließenden Klageverfahren hat das SG Berlin dem Vorbringen des Klägers den Antrag entnommen, die Beklagte unter Aufhebung des Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 1993 und des Bescheides vom 11. Juni 1996 jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 04. Juni 1996 zu verurteilen, eine höhere Rente festzusetzen. Es hat nach vorangehender Anhörung der Beteiligten durch Schreiben vom 12. September 2002 und 11. Dezember 2002 die Klage durch Gerichtsbescheid vom 11. Februar 2003 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die vom Kläger angegriffene Rentenanpassung erfolge nach den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 65, 68 SGB VI iVm der Rentenanpassungsverordnung vom 09. Juni 1993 (RAP-VO 1993; BGBl I S 917), wonach der neue aktuelle Rentenwert mit der Summe der auf den Kläger entfallenden persönlichen Entgeltpunkten multipliziert werde. Daraus ergebe sich der von der Beklagten errechnete Monatsbetrag. Die vom Kläger angegebene Rentenerhöhung um 3,86 % stelle allenfalls ein Näherungswert dar, der die Erhöhung des aktuellen Rentenwertes ausdrücke. Es handele sich jedoch nicht um die vom Gesetz vorgesehene Berechnungsmethode. Entgegen der Ansicht des Klägers verstoße es auch keineswegs gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG, wenn die Rentenerhöhung im Beitrittsgebiet für die Versicherten der ehemaligen DDR ein anderes Ausmaß habe. Denn es bestehe ein wesentlicher Unterschied schon darin, dass für Versicherte mit Aufenthaltsort im ehemaligen Gebiet der DDR und dort zurückgelegten Versicherungszeiten nach § 254b SGB VI Entgeltpunkte (Ost) festgesetzt werden, deren Wert hinter den übrigen Entgeltpunkten zurückbleibe. Auch fehle es für die vom Kläger begehrte Rentenerhöhung zum 01. Januar 1996 an einer Rechtsgrundlage.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger unter Vertiefung seines bisher geäußerten materiell-rechtlichen Standpunkts sein Begehren weiter. Die Art und Weise der Rentenanpassung verstoße nicht nur gegen das GG sondern auch gegen Art 1 Erstes Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskon¬vention (EMRK) vom 20. März 1952 (1. ZP-EMRK; BGBl 1956 II S 1880). Weiter hat er ausgeführt, beim Vorsitzenden der 37. Kammer des SG habe es sich nicht um den gesetzlichen Richter im Sinne von Art 6 (EMRK) gehandelt, zu dem fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung im Sinne von § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Auch rügt er die lange Verfahrensdauer.
Der Kläger beantragt, 1. im Hinblick auf die Verfahrensdauer und insoweit möglicher Amtshaftungsansprüche die Länder Berlin und Brandenburg zum Verfahren beizuladen;
2. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 1993 und Aufhebung des Bescheides vom 11. März 1996 jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04. Juni 1996 zu verurteilen, zum 01. Juli 1993 eine höhere Rentenanpassung und zum 01. Januar 1996 eine Rentenanpassung entsprechend den Vorschriften für im Beitrittsgebiet lebende Staatsbürger der ehemaligen DDR vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten (6 Bände Bl. 1-1149, 1382-1598) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet.
Das Begehren (§ 123 SGG) des Klägers ist darauf gerichtet, die Beklagte unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 1996 zu verurteilen, ihm zum 01. Juli 1993 eine höhere Rentenanpassung zu gewähren (Klagebegehren zu 1). Des Weiteren ist das Begehren des Klägers darauf gerichtet, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. März 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 1996 zu verurteilen, zum 01. Januar 1996 eine Rentenanpassung entsprechend den Vorschriften für im Beitrittsgebiet lebende Staatsbürger der ehemaligen DDR vorzunehmen (Klagebegehren zu 2). Die Kombination von Anfechtungs- und Leistungsklagen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20) ist zulässig. Insbesondere handelt es sich bei Rentenanpassungsmitteilungen um anfechtbare Verwaltungsakte (vgl. BSG SozR 3-1300 § 31 Nr.13 und § 50 Nr. 17) mit begrenztem Regelungsgehalt. Denn Mitteilungen über die (grundsätzlich jährliche) Rentenanpassung beinhalten als solche nur eine Teilregelung hinsichtlich der zukunftsgerichteten Wertfortschreibung eines anderweitig bereits zuerkannten Rechts, sie setzen insofern ein solchermaßen vollständig ausgestaltetes Rentenstammrecht bereits begrifflich und logisch voraus. Gesetzestechnisch spiegelt sich die hier gebotene sachliche Unterteilung in die erstmalige Wertbestimmung eines solchen subjektiven Rechts auf Rente (§ 64 SGB VI) und seine spätere Anpassung (§ 65 SGB VI) wider, wobei Zusatzleistungen wie die dem Kläger gezahlten Steigerungsbeträge aus seinen Beiträgen zur Höherversicherung (§ 269 SGB VI), selbstverständlich nicht der Rentenanpassung unterliegen, weil es sich dabei nicht um Rentenleistungen handelt (vg. zu letzterem Michaelis in Handbuch der Rentenversicherung, 24 Rz 137). Geht es bei der ursprünglichen Entscheidung darum, den Wert des Rentenrechts neben den Festlegungen hinsichtlich Art, Beginn und Dauer als Bestandteil seiner erstmaligen Umschreibung - als künftig dynamisierbare Größe - überhaupt festzulegen, beschränken sich die hierauf basierenden Anpassungsentscheidungen isoliert darauf, in Ausführung der Rentenanpassungsverordnungen den Änderungen der allgemeinen Bemessungsgrundlagen, also des aktuellen Rentenwerts nach § 65 SGB VI iVm den hierzu nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB VI jeweils erlassenen Rechtsverordnungen Rechnung zu tragen. Das dort mitgeteilte Ergebnis beruht mittelbar auf der Einsetzung der veränderten Werte in die Rentenformel und beinhaltet als aktuellen Ausdruck seiner Dynamisierbarkeit die zukunftsgerichtete wertmäßige Neubestimmung des zuerkannten Rentenrechts (vgl. BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 13). Dementsprechend ist die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Rentenanpassungsmitteilung darauf beschränkt – und in diesem Rahmen halten sich auch die Einwände des Klägers -, ob die Dynamisierung in der eben dargestellten Weise vorgenommen wurde und den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Nicht zu prüfen ist dagegen, ob alle für Grunde und Höhe des Rentenstammrechts bedeutsamen Tatsachen zutreffend festgestellt und rechtlich richtig bewertet wurden.
Wie bereits das SG in seiner Entscheidung zutreffend dargelegt hat, entspricht die in der Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 1993 vorgenommene Dynamisierung den gesetzlichen Vorgaben. Für die vom Kläger geltend gemachte höhere Anpassung besteht keine Rechtsgrundlage.
Die Anpassungsentscheidung der Beklagten beruht auf der Änderung des aktuellen Rentenwerts zum 01. Juli eines jeden Jahres gemäß § 65 SGB VI. Der aktuelle Rentenwert verändert sich zu dem genannten Zeitpunkt, indem der bisherige aktuelle Rentenwert mit den Faktoren für die Veränderungen der Bruttolohnsumme und Bruttogehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer und der Belastung bei Arbeitsentgelten und Renten vervielfältigt wird (§ 68 Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung iV mit § 300 Abs. 2 SGB VI). Gemäß § 1 Abs. 1 RAV 1993 - die Verordnung wurde aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 69 Abs. 1 SGB VI erlassen - betrug der aktuelle Rentenwert vom 01. Juli 1993 an 44,49 DM. Die Beklagte hat die Rente des Klägers nach Maßgabe dieses aktuellen Rentenwertes beanstandungsfrei angepasst. Verstöße gegen einfachgesetzliche Rechtsvorschriften sind hierbei nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht behauptet worden. Dieser wendet sich vielmehr allein gegen die aus seiner Sicht nicht sachgerechte Ungleichbehandlung bei der Anpassung der Renten in den alten und den neuen Bundesländern.
Zu Recht wurde die Rente des Klägers nicht nach § 254c SGB VI, sondern nach § 65 SGB VI angepasst, da seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit, die nicht auf im Beitrittsgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten beruht, nicht ein aktueller Rentenwert (Ost) zu Grunde liegt. Dies ist aber Voraussetzung einer Dynamisierung nach § 254c SGB VI, die zum 01. Juli 1993 mit höheren Prozentsätzen erfolgte, als die Anpassung nach § 65 SGB VI. Die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art 100 Abs. 1 Satz 1 GG liegen nicht vor, da durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese unterschiedlichen Anpassungsmodalitäten nicht ersichtlich sind. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf seine Ausführungen in dem Urteil vom 10. April 2002 (damals noch als 6. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Berlin) in dem vom Kläger geführten Rechtsstreit L 6 RA 152/99 betreffend die Rentenanpassungen zum 01. Juli 1997 und 01. Juli 1998. Ebenso wenig vermag der Kläger sein Begehren mit Erfolg auf die EMRK zu stützen, denn deren Garantien gegen Diskriminierung (Art 14 EMRK) und zum Eigentumsschutz (Art 1 1. ZP-EMRK) gewähren keinen weiteren Schutz als Art 3 Abs. 1 GG und Art 14 Abs. 1 GG (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2000 -B 5/4 RA 87/97 R - mwN).
Auch die auf eine Rentenanpassung nach den für im Beitrittsgebiet lebende Staatsbürger der ehemaligen DDR geltenden Regelungen (§§ 254c, 255d SGB VI) zum 01. Januar 1996 gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist aus den bereits zur Rentenanpassung 1993 dargelegten Gründen nicht begründet. Der aktuelle Rentenwert (Ost) wurde zwar bis einschließlich 01. Januar 1996 halbjährlich angepasst, der vom Kläger bezogenen Rente wegen Berufsunfähigkeit liegt jedoch kein aktueller Rentenwert (Ost) zu Grunde. Eine Heranziehung von §§ 254c, 255d SGB VI ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, insoweit gelten die Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der vorgenommenen Rentenanpassungen unterschiedlichen Umfanges und zur Vereinbarkeit mit der EMRK entsprechend.
Eine Zurückverweisung an das SG nach § 159 Abs. 1 SGG kam bei dieser Sachlage nicht in Betracht, zumal das Verfahren erster Instanz nicht an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet. Im Hinblick auf den sachlich begrenzten Streitgegenstand ist die vom SG vorgenommene Anhörung zur Absicht, nach § 105 SGG durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, in den Schreiben vom 12. September 2002 und 11. Dezember 2002 angemessen, insbesondere, da in dem Schreiben vom 11. Dezember 2002 der Kläger nochmals auf den Gegenstand des vorliegenden Streitverfahrens hingewiesen worden war. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der erstinstanzlich an der Entscheidung beteiligte Vorsitzende, der vom Präsidium des SG mit Wirkung zum 01. September 2002 für die weitere Dauer der Verhinderung der geschäftsplanmäßigen Vorsitzenden der 37. Kammer zu deren besonderem Vertreter berufen worden war, nicht der gesetzliche Richter im Sinne des Art 101 Abs. 1 Satz 2 GG iVm mit den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und des SGG und damit auch im Sinne von Art 6 Abs. 1 EMRK war. Eben so wenig war es nach § 75 Abs. 2 SGG erforderlich noch nach § 75 Abs. 1 SGG opportun, dem Antrag auf Beiladung der Länder Berlin und Brandenburg zu entsprechen. Denn etwaige Entschädigungsansprüche nach Art 41 EMRK spricht nach geltendem Recht (nur) der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als Folge einer Feststellung einer Vertragsverletzung durch die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat aus. Eine Verletzung des Artikels 6 MRK ist überdies nicht ersichtlich. Denn die Verzögerung des erstinstanzlichen Verfahrens war wesentlich durch die krankheitsbedingte Verhinderung der regulären Vorsitzenden der 37. Kammer bedingt, deren Dauer nicht vorhersehbar war. Der besondere Vertreter hat nach Übernahme des Dezernats alsbald den Rechtsstreit zur Entscheidung geführt (siehe hierzu auch der zum Ablehnungsgesuch des Klägers ergangene Beschluss des 15. Senats des LSG Berlin vom 11. November 2002 - L 15 A 31/02 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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