Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 20 RA 3528/93
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 RA 85/95 W99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Februar 1995 und ihre Klage gegen den Bescheid vom 01. Oktober 1999 werden abgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu einem Viertel zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines sogenannten Überführungsbescheides. Die Klägerin ist die Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin des 1929 geborenen und im Februar 1995 verstorbenen Versicherten K B. Vom 1. Oktober 1953 bis zum 30. September 1984 war er hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, zuletzt im Rang eines Obersten. Im Sozialversicherungsausweis waren für denselben Zeitraum Tätigkeiten als "Angestellter" bei der Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei, später beim Ministerium des Inneren eingetragen. Seit 1. Oktober 1984 bezog der Versicherte eine Invalidenrente aus der Sonderversorgung der Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit. (Sonderversorgung nach Anlage 2 Nr. 4 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG –) Mit Bescheid vom 20. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 1993 stellte die Beklagte die Zeit vom 1. Oktober 1953 bis zum 30. September 1984 als Zeit der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung, die in dieser Zeit bezogenen tatsächlichen Jahresbruttoentgelte sowie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze nach § 7 Abs. 1 AAÜG in Verbindung mit Anlage 6 zum AAÜG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Renten-Überleitungsgesetzes vom 18. Dezember 1991 (BGBl. S. 2207) fest. Mit seiner Klage hat der Versicherte – wie bereits im Widerspruchsverfahren – geltend gemacht hat, dass ihm durch die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze Rentenansprüche verfassungswidrig vorenthalten würden. Dementsprechend sei die "Begrenzung" der in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigungsfähigen Einkünfte aufzuheben. Durch Urteil vom 16. Februar 1995 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die einfachrechtlichen Voraussetzungen für die Anwendung des § 7 Abs. 1 AAÜG seien erfüllt. Auch von Verfassungs wegen sei die Vorschrift nicht zu beanstanden. Mit der Berufung hat zunächst der Versicherte und nach dessen Tod seine Ehefrau der Sache nach das Begehren weiterverfolgt, den angefochtenen Bescheid insoweit aufzuheben, als er die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze nach § 7 Abs. 1 AAÜG i. V. mit Anlage 6 zum AAÜG feststellt. Mit Bescheid vom 1. Oktober 1999 hat die Beklagte ihre Feststellungen insoweit geändert, als sie im Vorgriff auf die (dann mit dem 2. AAÜG-Änderungsgesetz vom 27. Juli 2001, BGBl. I S. 1939, erfolgte) Neufassung der Anlage 6 zum AAÜG die tatsächlichen Voraussetzungen dafür feststellte, dass das Durchschnittseinkommen der Versicherten im Beitrittsgebiet als besondere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden ist. Die Ehefrau des Versicherten hat das Teilanerkenntnis angenommen und hält die weitergehende Berufung aufrecht. Die vom Versicherten erzielten Entgelte hätten seiner Qualifikation und der Qualität seiner Leistung und Arbeit entsprochen. Allein dass er dem Sonderversorgungssystem zugehört habe, reiche nicht aus, um die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 AAÜG feststellen zu können. Vielmehr setze dies ergänzend voraus, dass die Vergütung nicht auf Arbeit und Leistung beruht habe. Dies sei in jedem Einzelfall zu prüfen. Eine andere Auslegung widerspreche der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999. Das Bundesverfassungsgericht habe sich zudem nur zu Sachverhalten geäußert, in denen die Entgelte tatsächlich überhöht gewesen seien. Der Gesetzgeber habe zudem eine neue Tatsachenbasis zu beachten, da sich die Grundannahme über die durchweg deutlich überhöhten Verdienste im Ministerium für Staatssicherheit zwischenzeitlich als unrichtig herausgestellt habe. Angesichts dessen, aber auch weil die Vorschrift des § 8 Abs. 2 AAÜG (Verfahren der Mitteilung von Daten an den Träger der Rentenversicherung) i. V. mit § 6 Abs. 1 AAÜG (Art der Überführung von in Versorgungssystem der DDR zurückgelegten Zeiten in die gesetzliche Rentenversicherung – allgemeine Beitragsbemessungsgrenze) bislang keiner verfassungsrechtlichen Prüfung unterzogen worden sei, bestehe auch keine Bindung an die bisher ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Die Klägerin beantragt unter Berücksichtigung des Schriftsatzes ihrer Bevollmächtigten vom 7. Februar 2003, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Februar 1995 sowie den Bescheid der Beklagten 20. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 1993 und des Bescheides vom 1. Oktober 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, gegenüber dem Rentenversicherungsträger für die Rentenberechnung des Versicherten das tatsächliche Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze nach der Anlage 3 zum AAÜG und keine weiteren Daten, nach denen die Anwendung der niedrigeren Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 7 AAÜG in Betracht kommt, mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt der Sache nach, die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für zutreffend und die Verfassungsrechtslage für geklärt.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung sowie über die Klage gegen den Bescheid vom 1. Oktober 1999 auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Über den Bescheid vom 1. Oktober 1999, der im laufenden Berufungsverfahren ergangen und gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, hat der Senat erstinstanzlich kraft Klage zu entscheiden. Diese Klage hat ebenso wenig Erfolg wie die Berufung. Für das geltend gemachten Anliegen gibt es keine Rechtsgrundlage. Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich aus ihrer Stellung als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch). Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat der Versorgungsträger (hier: die Beklagte) in einem dem Rentenfeststellungsverfahren vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlichen Verfahren einzelne Daten verbindlich festzustellen, die für die spätere Feststellung des Wertes der SGB VI-Rente oder -Anwartschaften von Bedeutung sein können. Dies sind die Daten über
- die Zeiten der sogenannten Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, - die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (s. §§ 6 und 7 AAÜG), - die Summe der Arbeitsausfalltage, soweit diese nicht in einem Sozialversicherungsausweis eingetragen sind (§ 8 Abs. 1 Satz 3 AAÜG) sowie - die Höhe des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, soweit es in der vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit erzielt worden ist (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG –, siehe hierzu etwa BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 7; Urteile vom 4. August 1998 – B 4 RA 74/96 R - und vom 23. Juni 1998 – B 4 RA 61/97 R -, zitiert nach Juris). Bereits unzulässig ist angesichts dessen der vom Bevollmächtigten gestellte Leistungsantrag. Die Beklagte hat über die Anwendung der Bemessungsgrenze nach Anlage 3 zum AAÜG nicht zu befinden, dies ist vielmehr Aufgabe des Trägers der Rentenversicherung (s. dazu im besonderen BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 7). Soweit das Begehren der Klägerin dagegen im Sinne einer zulässigen, auf die Aufhebung der Feststellung über das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer besonderen Beitragsbemessungsgrenze gerichteten Anfechtungsklage verstanden wird, ist diese Klage (und dementsprechend auch die Berufung) unbegründet. Die Feststellung, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze nach § 7 Abs. 1 AAÜG in Verbindung mit Anlage 6 zum AAÜG vorliegen, hat die Beklagte ohne Rechtsfehler getroffen. Denn der Versicherte war im streitigen Zeitraum durchgängig hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist unbeachtlich, ob der Versicherte formal "zivile" Tätigkeiten ausübte. Auf Grund der durch das AAÜG vorgegebenen, dem Prinzip der Spezialität folgenden Typik (ebenfalls s. dazu etwa BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 7; 3-8570 § 10 Nr. 1) schließt das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für § 7 Abs. 1 AAÜG die Anwendung anderer, für den Versicherten günstigerer Beitragsbemessungsgrenzen – im Besonderen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (§ 6 Abs. 1 AAÜG) – ebenso aus wie eine Überprüfung der erzielten Arbeitseinkünfte im Einzelfall (zur Verfassungsmäßigkeit der Anwendung der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze im Rahmen der Rentenüberleitung und damit auch der des § 6 Abs. 1 AAÜG s. BVerfGE 100, 1 ff.). Ob die verfassungsrechtlichen Einwendungen gegen § 7 AAÜG im Verfahren gegen den Versorgungsträger angesichts der begrenzten Aufgaben der Beklagten überhaupt rechtlich erheblich sein können, kann dahinstehen. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass dies der Fall ist, weil die Beklagte die tatsächlichen Feststellungen nur auf Grund einer verfassungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage treffen kann, würde dies keinen Einfluss auf den Verfahrensgang haben. Denn verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 7 Abs. 1 AAÜG bestehen nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat es generell für zulässig gehalten, dass es eine besondere Beitragsbemessungsgrenze für Arbeitsverdienste aus Beschäftigungen beim Ministerium für Staatssicherheit gibt und § 7 Abs. 1 (Satz 1) AAÜG i. V. mit der damaligen Anlage 6 zum AAÜG nur insoweit für nichtig erklärt, als diese besondere Beitragsbemessungsgrenze unter dem Durchschnittseinkommen des Beitrittsgebiets lag (s. BVerfGE 100, 138). Es hat dagegen sowohl die generelle Typisierung für zulässig gehalten, dass die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit deutlich überhöhte Entgelte erhalten haben, als auch eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers verneint, Arbeitsentgelte über dem Durchschnittsseinkommen des Beitrittsgebiets zu berücksichtigen (so nochmals ausdrücklich BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 2004 – 1 BvR 1070/02 –, Abs. 11 und, als Abgrenzung zu § 6 Abs. 2 und 3 AAÜG, Beschluss vom 23. Juni 2004 – 1 BvL 3/98 u. a. –, Abs. 79). Ein Grund, das BVerfG von neuem mit der verfassungsrechtlichen Überprüfung des § 7 Abs. 1 AAÜG zu befassen, besteht – zumal nach dem Beschluss vom 22. Juni 2004 – nicht. Es ist nicht erkennbar, dass nach der Beschlussfassung des BVerfG vom 22. Juni 2004 neue Tatsachen bekannt geworden wären, die den Gesetzgeber von Verfassungs wegen zwängen, seine bisherige Einschätzung zu ändern (s. zum zulässigen Ausgangspunkt des Gesetzgebers BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 2004 a.a.O. Abs. 13, 14). Bei ihrer – offenbar auf das Fehlen einer "Ermächtigung" zur Einzelfallprüfung abzielenden – Argumentation verkennt die Klägerin betreffend § 8 Abs. 2 AAÜG, dass die Vorschrift lediglich das Verfahren regelt und keinen materiellen Gehalt hat. Feststellungen zur Anwendung der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze hat der Träger der Sonderversorgung nach dem oben Gesagten nicht zu treffen, so dass die Argumentation der Klägerin zu § 6 Abs. 1 AAÜG ins Leere geht. Sind bereits keine Anhaltspunkte für die Verfassungswidrigkeit der anzuwenden Vorschriften zu sehen, so ergibt sich erst recht nicht die für einen Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz erforderliche Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen angesichts der umfangreichen Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zu §§ 6 und 7 AAÜG nicht vor. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines sogenannten Überführungsbescheides. Die Klägerin ist die Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin des 1929 geborenen und im Februar 1995 verstorbenen Versicherten K B. Vom 1. Oktober 1953 bis zum 30. September 1984 war er hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, zuletzt im Rang eines Obersten. Im Sozialversicherungsausweis waren für denselben Zeitraum Tätigkeiten als "Angestellter" bei der Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei, später beim Ministerium des Inneren eingetragen. Seit 1. Oktober 1984 bezog der Versicherte eine Invalidenrente aus der Sonderversorgung der Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit. (Sonderversorgung nach Anlage 2 Nr. 4 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG –) Mit Bescheid vom 20. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 1993 stellte die Beklagte die Zeit vom 1. Oktober 1953 bis zum 30. September 1984 als Zeit der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung, die in dieser Zeit bezogenen tatsächlichen Jahresbruttoentgelte sowie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze nach § 7 Abs. 1 AAÜG in Verbindung mit Anlage 6 zum AAÜG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Renten-Überleitungsgesetzes vom 18. Dezember 1991 (BGBl. S. 2207) fest. Mit seiner Klage hat der Versicherte – wie bereits im Widerspruchsverfahren – geltend gemacht hat, dass ihm durch die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze Rentenansprüche verfassungswidrig vorenthalten würden. Dementsprechend sei die "Begrenzung" der in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigungsfähigen Einkünfte aufzuheben. Durch Urteil vom 16. Februar 1995 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die einfachrechtlichen Voraussetzungen für die Anwendung des § 7 Abs. 1 AAÜG seien erfüllt. Auch von Verfassungs wegen sei die Vorschrift nicht zu beanstanden. Mit der Berufung hat zunächst der Versicherte und nach dessen Tod seine Ehefrau der Sache nach das Begehren weiterverfolgt, den angefochtenen Bescheid insoweit aufzuheben, als er die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze nach § 7 Abs. 1 AAÜG i. V. mit Anlage 6 zum AAÜG feststellt. Mit Bescheid vom 1. Oktober 1999 hat die Beklagte ihre Feststellungen insoweit geändert, als sie im Vorgriff auf die (dann mit dem 2. AAÜG-Änderungsgesetz vom 27. Juli 2001, BGBl. I S. 1939, erfolgte) Neufassung der Anlage 6 zum AAÜG die tatsächlichen Voraussetzungen dafür feststellte, dass das Durchschnittseinkommen der Versicherten im Beitrittsgebiet als besondere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden ist. Die Ehefrau des Versicherten hat das Teilanerkenntnis angenommen und hält die weitergehende Berufung aufrecht. Die vom Versicherten erzielten Entgelte hätten seiner Qualifikation und der Qualität seiner Leistung und Arbeit entsprochen. Allein dass er dem Sonderversorgungssystem zugehört habe, reiche nicht aus, um die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 AAÜG feststellen zu können. Vielmehr setze dies ergänzend voraus, dass die Vergütung nicht auf Arbeit und Leistung beruht habe. Dies sei in jedem Einzelfall zu prüfen. Eine andere Auslegung widerspreche der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999. Das Bundesverfassungsgericht habe sich zudem nur zu Sachverhalten geäußert, in denen die Entgelte tatsächlich überhöht gewesen seien. Der Gesetzgeber habe zudem eine neue Tatsachenbasis zu beachten, da sich die Grundannahme über die durchweg deutlich überhöhten Verdienste im Ministerium für Staatssicherheit zwischenzeitlich als unrichtig herausgestellt habe. Angesichts dessen, aber auch weil die Vorschrift des § 8 Abs. 2 AAÜG (Verfahren der Mitteilung von Daten an den Träger der Rentenversicherung) i. V. mit § 6 Abs. 1 AAÜG (Art der Überführung von in Versorgungssystem der DDR zurückgelegten Zeiten in die gesetzliche Rentenversicherung – allgemeine Beitragsbemessungsgrenze) bislang keiner verfassungsrechtlichen Prüfung unterzogen worden sei, bestehe auch keine Bindung an die bisher ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Die Klägerin beantragt unter Berücksichtigung des Schriftsatzes ihrer Bevollmächtigten vom 7. Februar 2003, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Februar 1995 sowie den Bescheid der Beklagten 20. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 1993 und des Bescheides vom 1. Oktober 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, gegenüber dem Rentenversicherungsträger für die Rentenberechnung des Versicherten das tatsächliche Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze nach der Anlage 3 zum AAÜG und keine weiteren Daten, nach denen die Anwendung der niedrigeren Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 7 AAÜG in Betracht kommt, mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt der Sache nach, die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für zutreffend und die Verfassungsrechtslage für geklärt.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung sowie über die Klage gegen den Bescheid vom 1. Oktober 1999 auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Über den Bescheid vom 1. Oktober 1999, der im laufenden Berufungsverfahren ergangen und gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, hat der Senat erstinstanzlich kraft Klage zu entscheiden. Diese Klage hat ebenso wenig Erfolg wie die Berufung. Für das geltend gemachten Anliegen gibt es keine Rechtsgrundlage. Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich aus ihrer Stellung als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch). Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat der Versorgungsträger (hier: die Beklagte) in einem dem Rentenfeststellungsverfahren vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlichen Verfahren einzelne Daten verbindlich festzustellen, die für die spätere Feststellung des Wertes der SGB VI-Rente oder -Anwartschaften von Bedeutung sein können. Dies sind die Daten über
- die Zeiten der sogenannten Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, - die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (s. §§ 6 und 7 AAÜG), - die Summe der Arbeitsausfalltage, soweit diese nicht in einem Sozialversicherungsausweis eingetragen sind (§ 8 Abs. 1 Satz 3 AAÜG) sowie - die Höhe des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, soweit es in der vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit erzielt worden ist (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG –, siehe hierzu etwa BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 7; Urteile vom 4. August 1998 – B 4 RA 74/96 R - und vom 23. Juni 1998 – B 4 RA 61/97 R -, zitiert nach Juris). Bereits unzulässig ist angesichts dessen der vom Bevollmächtigten gestellte Leistungsantrag. Die Beklagte hat über die Anwendung der Bemessungsgrenze nach Anlage 3 zum AAÜG nicht zu befinden, dies ist vielmehr Aufgabe des Trägers der Rentenversicherung (s. dazu im besonderen BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 7). Soweit das Begehren der Klägerin dagegen im Sinne einer zulässigen, auf die Aufhebung der Feststellung über das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer besonderen Beitragsbemessungsgrenze gerichteten Anfechtungsklage verstanden wird, ist diese Klage (und dementsprechend auch die Berufung) unbegründet. Die Feststellung, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze nach § 7 Abs. 1 AAÜG in Verbindung mit Anlage 6 zum AAÜG vorliegen, hat die Beklagte ohne Rechtsfehler getroffen. Denn der Versicherte war im streitigen Zeitraum durchgängig hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist unbeachtlich, ob der Versicherte formal "zivile" Tätigkeiten ausübte. Auf Grund der durch das AAÜG vorgegebenen, dem Prinzip der Spezialität folgenden Typik (ebenfalls s. dazu etwa BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 7; 3-8570 § 10 Nr. 1) schließt das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für § 7 Abs. 1 AAÜG die Anwendung anderer, für den Versicherten günstigerer Beitragsbemessungsgrenzen – im Besonderen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (§ 6 Abs. 1 AAÜG) – ebenso aus wie eine Überprüfung der erzielten Arbeitseinkünfte im Einzelfall (zur Verfassungsmäßigkeit der Anwendung der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze im Rahmen der Rentenüberleitung und damit auch der des § 6 Abs. 1 AAÜG s. BVerfGE 100, 1 ff.). Ob die verfassungsrechtlichen Einwendungen gegen § 7 AAÜG im Verfahren gegen den Versorgungsträger angesichts der begrenzten Aufgaben der Beklagten überhaupt rechtlich erheblich sein können, kann dahinstehen. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass dies der Fall ist, weil die Beklagte die tatsächlichen Feststellungen nur auf Grund einer verfassungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage treffen kann, würde dies keinen Einfluss auf den Verfahrensgang haben. Denn verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 7 Abs. 1 AAÜG bestehen nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat es generell für zulässig gehalten, dass es eine besondere Beitragsbemessungsgrenze für Arbeitsverdienste aus Beschäftigungen beim Ministerium für Staatssicherheit gibt und § 7 Abs. 1 (Satz 1) AAÜG i. V. mit der damaligen Anlage 6 zum AAÜG nur insoweit für nichtig erklärt, als diese besondere Beitragsbemessungsgrenze unter dem Durchschnittseinkommen des Beitrittsgebiets lag (s. BVerfGE 100, 138). Es hat dagegen sowohl die generelle Typisierung für zulässig gehalten, dass die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit deutlich überhöhte Entgelte erhalten haben, als auch eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers verneint, Arbeitsentgelte über dem Durchschnittsseinkommen des Beitrittsgebiets zu berücksichtigen (so nochmals ausdrücklich BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 2004 – 1 BvR 1070/02 –, Abs. 11 und, als Abgrenzung zu § 6 Abs. 2 und 3 AAÜG, Beschluss vom 23. Juni 2004 – 1 BvL 3/98 u. a. –, Abs. 79). Ein Grund, das BVerfG von neuem mit der verfassungsrechtlichen Überprüfung des § 7 Abs. 1 AAÜG zu befassen, besteht – zumal nach dem Beschluss vom 22. Juni 2004 – nicht. Es ist nicht erkennbar, dass nach der Beschlussfassung des BVerfG vom 22. Juni 2004 neue Tatsachen bekannt geworden wären, die den Gesetzgeber von Verfassungs wegen zwängen, seine bisherige Einschätzung zu ändern (s. zum zulässigen Ausgangspunkt des Gesetzgebers BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 2004 a.a.O. Abs. 13, 14). Bei ihrer – offenbar auf das Fehlen einer "Ermächtigung" zur Einzelfallprüfung abzielenden – Argumentation verkennt die Klägerin betreffend § 8 Abs. 2 AAÜG, dass die Vorschrift lediglich das Verfahren regelt und keinen materiellen Gehalt hat. Feststellungen zur Anwendung der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze hat der Träger der Sonderversorgung nach dem oben Gesagten nicht zu treffen, so dass die Argumentation der Klägerin zu § 6 Abs. 1 AAÜG ins Leere geht. Sind bereits keine Anhaltspunkte für die Verfassungswidrigkeit der anzuwenden Vorschriften zu sehen, so ergibt sich erst recht nicht die für einen Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz erforderliche Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen angesichts der umfangreichen Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zu §§ 6 und 7 AAÜG nicht vor. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
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