L 6 RA 111/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 37 RA 497/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RA 111/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Oktober 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, die seit dem 01. Oktober 2005 Deutsche Rentenversicherung Bund heißt, die Feststellung eines höheren Wertes ihres Rechts auf Altersrente für Frauen nach § 39 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) im Hinblick auf die Bewertung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.

Die 1937 geborene Klägerin erlernte nach Beendigung der Schulzeit im Beitrittsgebiet den Beruf der Bankkauffrau und übte diesen bis Ende Dezember 1992 versicherungspflichtig aus, unterbrochen durch den Zeitraum vom 06. Oktober 1962 bis zum 06. September 1970, in dem sich die Klägerin dem Haushalt und der Erziehung ihrer beiden Kinder (geboren am und am ) widmete. Nach ihren Angaben im Verwaltungsverfahren war sie in der Zeit vom 07. September 1970 bis zum 30. April 1979 in Teilzeit tätig (vom 07. September 1970 bis 31. März 1972 mit 25 Wochenstunden, vom 01. April 1972 bis 31. Oktober 1974 mit 31 Wochenstunden, vom 01. November 1974 bis 31. Oktober 1977 mit 35 Wochenstunden und vom 01. November 1977 bis 30. April 1979 mit 40 Wochenstunden). Vom 01. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1997 bezog die Klägerin Altersübergangsgeld (ALÜG). Im Versicherungskonto sind u.a. Beitragszeiten wegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung/Ausbildung für die Zeit vom 16. August 1955 bis zum 05. Oktober 1962 und vom 07. September 1970 bis zum 31. Dezember 1992, des Weiteren Beitragszeiten wegen Kindererziehung (= Kindererziehungszeiten im Sinne von §§ 56, 249 SGB VI) für die Zeit vom 01. August 1962 bis zum 31. Juli 1963 und vom 01. März 1967 bis zum 29. Februar 1968 sowie Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (= Berücksichtigungszeiten im Sinne von § 57 SGB VI) für die Zeit vom 01. Juli 1962 bis zum 28. Februar 1977 eingestellt.

Im Beitrittsgebiet hatte die Klägerin Beiträge zur Sozialpflichtversicherung der DDR (SV) entrichtet, in der Zeit vom 01. Januar 1963 bis zum 31. August 1970 war sie freiwillig weiterversichert gewesen zu einem Monatsbeitrag von 6,00 Mark (M). Daneben war sie mit Wirkung vom 01. März 1971 in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates einbezogen worden (einem Zusatzversorgungssystem nach der Anlage 1 Nr. 19 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG)).

Antragsgemäß erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Oktober 1997 der Klägerin das Recht auf Altersrente für Frauen beginnend am 01. Januar 1998 mit einem monatlichen Bruttobetrag von 1.501,20 DM (einschließlich einer Zusatzleistung aus der Höherversicherung von 4,44 DM monatlich) zu. Hierbei berücksichtigte sie die vom Zusatzversorgungsträger (bestandskräftiger Bescheid vom 01. August 1997) nach dem AAÜG gemeldeten Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem vom 16. August 1955 bis zum 05. Oktober 1962 und vom 07. September 1970 bis zum 30. Juni 1990 nebst den erzielten Arbeitsverdiensten. Bei der Festsetzung des Wertes des Rechts auf Altersrente legte die Beklagte einen Rangwert von 36,9479 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) (EP), davon 35,4022 EP für Beitragszeiten, 1,2384 EP für beitragsfreie Zeiten und zusätzliche EP von 0,3073 für beitragsgeminderte Zeiten, zu Grunde. Von den EP für Beitragszeiten entfielen 1,4524 auf Kindererziehungszeiten, ermittelt nach § 70 Abs. 2 SGB VI in der bis zum 30. Juni 1998 maßgeblichen Fassung (aF), die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für verfassungswidrig erklärt worden war (Beschluss vom 12. März 1996 -1 BvR 609/90, 692/90 - in BVerfGE 94, 241). Im Rahmen der Ermittlung der EP für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten – Gesamtleistungsbewertung – legte die Beklagte entsprechend § 71 Abs. 3 SGB VI in der bis zum 30. Juni 1998 maßgeblichen Fassung (aF) für jeden Kalendermonat Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung 0,0625 EP zu Grunde, sofern dieser als Beitragszeit keinen höheren Wert hatte. Der Rentenbescheid war im Hinblick auf die vom BVerfG angeordnete gesetzliche Neuregelung zur Bewertung von Kindererziehungszeiten beim Zusammentreffen mit Zeiten, für die auch Beiträge entrichtet worden sind, für vorläufig erklärt worden.

Mit ihrem Widerspruch rügte die Klägerin zunächst die Überführung der Zusatzversorgung in die gesetzliche Rentenversicherung als verfassungswidrig. Auch seien die Berücksichtigungszeiten für Kindererziehung nach § 57 SGB VI zusätzlich neben den wegen einer Beschäftigung gleichzeitig aus Beitragszeiten erworbenen EP in der Gesamtleistungsbewertung mit 0,0625 EP pro Monat zu bewerten. Dies betreffe den Zeitraum von September 1970 bis Februar 1977 mit insgesamt 77 Monaten an Beitragszeiten, für die insgesamt 4,8125 EP ermittelt seien. In dieser Zeit habe sie wegen der Kindererziehung überwiegend verkürzt arbeiten und oft unbezahlte Freistellungen wegen Krankheit der Kinder in Kauf nehmen müssen. Die Behandlung der Berücksichtigungszeiten im SGV VI, die mit Beitragszeiten zusammenfallen, verstoße ebenfalls gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), wie es das BVerfG bereits für die Kindererziehungszeiten festgestellt habe. Daher seien bei der Gesamtleistungsbewertung die Beitragszeiten additiv zu den Berücksichtigungszeiten zu bewerten. Durch Widerspruchsbescheid vom 07. Januar 1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klägerin ihr Begehren zunächst im vollen Umfang weitergeführt. Nachdem das BVerfG in seinen Entscheidungen vom 28. April 1999 zur Überführung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme in die gesetzliche Rentenversicherung Stellung genommen hatte und die Beklagte durch Bescheid vom 24. April 1998 die EP für Kindererziehungszeiten gemäß der am 01. Juli 1998 in Kraft getretenen Regelung § 307 d SGBVI stufenweise angehoben und den Rentenmonatsbetrag ab Rentenbeginn, ausgehend von 36,9949 EP (Ost), für die Zeit ab 01. Juli 1998 von 37,1948 EP (Ost), für die Zeit ab 01. Juli 1999 von 37,2948 EP (Ost) und für die Zeit ab 01. Juli 2000 von 37,4947 EP (Ost) neu festgestellt hatte, hat die Klägerin sich nur noch gegen die Bewertung der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gewandt, soweit diese mit vollwertigen Beiträgen, d.h. für die Monate September 1970 bis Oktober 1975, Januar 1976 bis Februar 1977 und November 1975 (insgesamt 77 Monate), zusammentreffen. In der Art und Weise der Bewertung liege eine teilweise Entziehung von Ansprüchen aus tatsächlich geleisteten Pflichtbeiträgen und eine Ungleichbehandlung durch den Gesetzgeber im Verhältnis zu Elternteilen vor, die ihre Kinder erzogen hätten, ohne gleichzeitig Pflichtbeiträge zu leisten.

Durch Urteil vom 08. Oktober 2002 hat das SG Berlin die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung mit höheren EP belege. Unstreitig entspreche die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Rentenberechnung den gesetzlichen Vorschriften. Die Regelungen über die Bewertung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Entscheidung des BVerfG beziehe sich ausschließlich auf die Bewertung der eigentlichen Kindererziehungszeiten, die im Falle der Klägerin gemäß § 249 Abs. 1 SGB VI für jedes Kind 12 Kalendermonate nach der Geburt umfassten. Entsprechend den Vorgaben des BVerfG habe der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 70 Abs. 2 SGB VI iVm § 307 d SGB VI die Aufzehrung der EP für Kindererziehungszeiten durch gleichzeitige Pflichtbeitragszeiten beseitigt. Nunmehr sei eine Addition der EP aus zeitlich zusammenfallenden Kindererziehungs- und sonstigen Beitragszeiten bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze vorgesehen. Diese Neuregelung finde auch auf die Klägerin Anwendung und sei in dem Rentenbescheid vom 24. April 1998 umgesetzt worden. Soweit es in § 307 d SGB VI ausgeschlossen werde, eine neue Gesamtleistungsbewertung unter Berücksichtigung der nunmehr höheren EP für Kindererziehungszeiten vorzunehmen, d.h. die Rentenleistung insgesamt und nicht nur bezüglich der Bewertung der Kindererziehungszeiten neu festzustellen, liege ebenfalls kein Verstoß gegen Verfassungsrecht vor. Berücksichtigungszeiten für Kinderziehung würden in die Rentenberechnung nur insoweit einfließen, als sie über die Gesamtleistungsbewertung bestimmen, welche EP sich für die beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten der Klägerin ergeben (§ 71 Abs. 1 und 3 SGB VI). Es widerspreche daher den Grundsätzen der Rentenberechnung, wenn die auf Berücksichtigungszeiten entfallenden EP einfach zu den festgesetzten EP für Beitragszeiten addiert würden. Der Vortrag der Klägerin sei insoweit nicht nachvollziehbar. Bei der Bewertung von beitragsfreien Zeiten habe der Gesetzgeber regelmäßig einen weiten Ermessensspielraum, der anders als bei beitragsbezogenen Leistungen nicht durch Art 14 Abs. 1 GG beschränkt werde (BVerfGE 58, 81, 112). Danach sei nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber – offensichtlich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung – in § 307 d SGB VI davon Abstand genommen habe, wegen der Änderung der Vorschriften über die Bewertung von Kindererziehungszeiten auch für Bestandsrentner eine vollständige Neuberechnung der Rentenleistung vorzuschreiben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Anrechnung der EP für Pflichtbeiträge wegen Beschäftigung auf die für Berücksichtigungszeiten anzusetzenden 0,0625 EP je Kalendermonat führe dazu, dass ihr im Ergebnis 3,8733 EP (Ost) verloren gingen. Sie sei daher gegenüber denjenigen Frauen, die während ihrer Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nicht gearbeitet hätten, benachteiligt. Zudem führe die nicht volle Anerkennung geleisteter Pflichtbeiträge dazu, dass trotz einer rentenrechtlich belegungsfähigen Gesamtzeit von rund 43 Jahren mit 37,4947 EP (Ost) ihre Nettorente nur knapp 93 v.H. der ab 01. Januar 2003 mit 844,00 Euro bemessenen Grundsicherung erreiche. Das Verfahren sei dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Oktober 2002 aufzuheben und den Bescheid vom 29. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Januar 1998 und in der Fassung des Bescheides vom 24. April 1998 zu ändern, sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr eine höhere Altersrente für Frauen unter Berücksichtigung von weiteren 3,8733 EP (Ost) von Rentenbeginn an zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei Entscheidungsfindung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die frist- und formgerecht (§ 151 SGG eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 143 SGG), jedoch unbegründet.

Streitgegenstände sind die in zulässiger Kombination von Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) geltend gemachten Begehren (§ 123 SGG) der Klägerin, die Rentenhöchstwertfestsetzung (Verwaltungsakt) im Bescheid vom 29. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Januar 1998 und in der Fassung des Bescheides vom 24. April 1998 aufzuheben, die Beklagte zur Festsetzung eines höheren monatlichen Wertes ihres Rechts auf Altersrente zu verpflichten und zur Zahlung entsprechender Beträge zu verurteilen. Sie begehrt vom Gericht die Aufhebung der bisherigen Höchstwertfestsetzung und die Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung des höheren Rentenwertes nebst der Verurteilung zu entsprechenden Zahlungen ausschließlich im Hinblick auf den in die Rentenformel (§ 64 SGB VI) eingesetzten Rangwert (= technisch die Summe der EP), wobei sie geltend macht, der Gesamtbetrag der EP aus beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten sei unter Addition der EP für Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung iHv 0,0625 EP je Kalendermonat und der EP aus zeitgleichen beitragsbelasteten Beitragszeiten für die Monate September 1970 bis Oktober 1975, Januar 1976 bis Februar 1977 und November 1975 zu ermitteln.

Die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Bestimmung des Rangwertes des Rechtes auf Altersrente ist nicht zu beanstanden.

Nach der Rentenformel des § 64 SGB VI ergibt sich (für den Regelfall) der Wert des (versicherungsrechtlichen) Rechts auf Rente (sog Monatsbetrag der Rente) als Produkt aus der Summe aller EP (= Rangwert), dem Zugangsfaktor, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Streit besteht allein über den Rangwert, und zwar beschränkt auf den Betrag der EP, der sich nach der Gesamtleistungsbewertung für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten nach § 71 SGB VI aF ergibt. Den Höchstwert der "Gesamt-EP" beim Zusammentreffen der Berücksichtigungszeiten mit Beitragszeiten legt § 71 Abs. 3 SGB VI aF fest. Danach werden für die Gesamtleistungsbewertung jedem Kalendermonat an Berücksichtigungszeit 0,0625 EP zugeordnet, es sei denn, dass er als Beitragszeit bereits einen höheren Wert hat. Dementsprechend hat die Beklagte für die hier streitigen Kalendermonate an Berücksichtigungszeit für Januar 1975 bis Oktober 1975 und für Januar 1976 bis Februar 1977 keine EP eingestellt, da diese Kalendermonate als Beitragszeiten bereits einen Wert von 0,0625 EP erreicht haben. Für die weiter streitigen Kalendermonate an Berücksichtigungszeit für September 1970 bis Dezember 1974 hat sie insgesamt 3,2500 EP eingestellt, da diese Kalendermonate als Beitragszeiten nur einen Wert von 2,7804 EP erreicht haben. Ebenso hat sie für den Kalendermonat an Berücksichtigungszeit für November 1975 nur 0,0061 EP eingestellt, dass dieser Kalendermonat als Beitragszeit bereits einen Wert von 0,0564 EP erreicht hat. Das von der Klägerin verfolgte Begehren ließe sich zwar über § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB VI in der durch das Rentenreformgesetz (RRG) 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S 2998) mit Wirkung zum 01. Juli 1998 eingefügten Neufassung realisieren. Danach werden für die Gesamtleistungsbewertung jedem Kalendermonat an Berücksichtigungszeit die EP zugeordnet, die sich ergeben würden, wenn diese Kalendermonate Kindererziehungszeiten wären. Dies stellt klar, dass die Rangstellenwerte aus Beitragszeiten wegen Kindererziehung einschließlich der Begrenzung auf Höchstwerte auch für die Rangstellenwerte aus Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gelten. Nach § 70 Abs. 2 SGB VI in der durch das RRG 1999 ebenfalls mit Wirkung zum 01. Juli 1998 eingefügten Neufassung erhalten Kindererziehungszeiten für jeden Kalendermonat 0,0833 EP; beim Zusammentreffen mit Beitragszeiten werden die EP für die Beitragszeiten um 0,0833 EP erhöht, jedoch höchstens um die EP bis zum Erreichen der jeweiligen Höchstwerte der Anlage 2b (= allgemeine Beitragsbemessungsgrenze). Diese Regelung ist für eine Übergangsphase durch § 256 d SGB VI, eingefügt durch dass RRG 1999 mit Wirkung zum 01. Juli 1998, dahingehend modifiziert, dass bei Bezug einer Rente bis zum 01. Juli 2000 von den EP für Kindererziehungszeiten in der Zeit bis zum 30. Juni 1998 75 vH, in der Zeit vom 01. Juli 1998 bis zum 30. Juni 1999 85 vH und in der Zeit vom 01. Juli 1999 bis zum 30. Juni 2000 90 vH für die Leistung berücksichtigt werden. Jedoch finden sowohl §§ 70 Abs. 2, 256 d SGB VI als auch § 71 Abs. 3 SGBVI jeweils in der ab 01. Juli 1998 maßgeblichen Fassung auf die Klägerin keine Anwendung, da ihr Recht auf Altersrente bereits am 01. Januar 1998 bestand. Denn gemäß § 306 SGB VI werden, sofern ein Anspruch auf Leistung einer Rente vor dem Zeitpunkt einer Änderung rentenrechtlicher Vorschriften bestand, aus Anlass der Rechtsänderung die in einer Rente zugrunde gelegten persönlichen EP nicht neu bestimmt, soweit nicht in den folgenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist. Etwas anderes bestimmt ist für Bestandsrentner – wie der Klägerin – nur bzgl der EP, die Kindererziehungszeiten nach den bis zum 30. Juni 1998 geltenden Bestimmungen (§§ 56, 249 SGB VI) zugeordnet sind. Diese EP sind nach dem ebenfalls durch das RRG 1999 eingeführten § 307 d SGB VI rückwirkend stufenweise anzuheben (entsprechend § 256 d SGB VI), ohne dass die persönlichen EP insgesamt nach §§ 66, 70 ff SGB VI neu zu bestimmen sind. Die Vorgaben in § 307 d SGB VI sind von der Beklagten mit Bescheid vom 24. April 1998 zutreffend umgesetzt worden, dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass § 71 Abs. 3 SGB VI in der bis zum 30. Juni 1998 maßgeblichen Fassung gegen verfassungsrechtliche Prinzipien (Art 14 Abs. 1 GG – Eigentumsgarantie – und Art 3 Abs. 1 GG – Gleichbehandlungsgrundsatz -) verstößt; eine Vorlage an das BVerfG nach Art 100 GG kam daher nicht in Betracht.

Ein Eingriff in eine durch Art 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition ist nicht ersichtlich. Die von der Klägerin entrichteten Beiträge werden bei der Berechnung der Rente im vollen Umfang berücksichtigt; eine Minderung der hieraus resultierenden EP ist mit der Regelung des § 71 Abs. 3 SGB VI aF nicht verbunden. Vielmehr begehrt die Klägerin eine andere Bewertung ihrer gleichzeitig zurückgelegten – beitragslosen - Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung, für die sie eine eigentumsgeschützte Position nicht erworben hat.

Eben so wenig vermag der Senat einen Verstoß gegen den in Art 3 Abs 1 GG normierten allgemeinen Gleichheitssatz zu erblicken. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nur verletzt, wenn eine Personengruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten ohne sachlichen Grund anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72, 88; 82, 60, 86; 94, 241, 260 = SozR 3-2200 § 1255a Nr. 5). Eine Verletzung des Art 3 Abs. 1 GG liegt nur vor, wenn die rechtliche Unterscheidung in sachlichen Unterschieden keine ausreichende Stütze findet (BVerfGE 94, 241, 260 = SozR 3-2200 § 1255a Nr. 5; BVerfGE 87, 1, 36 = SozR 3-5761 Allg. Nr. 1). Beim Vergleich von Sachverhalten kommt dem Gesetzgeber jedoch ein erheblicher Bewertungsspielraum zu. Denn die Ausgestaltung der Sozialordnung (Art 20 Abs. 1 GG) und die Entscheidung über die Gewährung bestimmter Vergünstigungen ist dem Gesetzgeber als sozialstaatliche Aufgabe zugewiesen. Es steht grundsätzlich in seiner Gestaltungsmacht, Art und Umfang sozialer Sicherungssysteme und den Kreis der hierdurch berechtigten Personen nach sachgerechten Kriterien zu bestimmen. So kann unter dem Blickwinkel des Sozialstaatsgebotes es hinzunehmen sein, dass der Gesetzgeber sich nach Abwägung aller einschlägigen Gesichtspunkte im Einzelfall gegen eine soziale Maßnahme entscheidet, einen bereits begonnenen Ansatz nicht weiter verfolgt oder von in Aussicht genommenen zukünftigen Verbesserungen endgültig Abstand nimmt (BVerfGE 98, 169, 204). Soweit das BVerfG (Beschluss vom 12. März 1996 - 1 BvR 609, 692/90 - in BVerfGE 94,241) in der Bewertung der Kindererziehungszeiten nach § 32 a Abs. 5 Satz 2 des Angestelltenversicherungsgesetz sowie nach den entsprechenden Regelungen der Reichsversicherungsordnung, des Reichsknappschaftsgesetzes und den Nachfolgevorschriften in §§ 70 Abs. 2, 83 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetz 1992 einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gesehen und diese Regelungen für verfassungswidrig erklärt hat, kann diese Rechtsprechung nicht auf die Bewertung der Berücksichtigungszeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung übertragen werden. Denn mit dem rentenrechtlichen Tatbestand der Kindererziehungszeit (§ 56 SGB VI), der einer Beitragszeit gleichgestellt ist, hatte der Gesetzgeber für die Versicherten eine völlig andere Rechtsposition geschaffen als mit dem erstmals durch das SGB VI eingeführten rentenrechtlichen Tatbestand der Berücksichtigungszeit (§ 54 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI). Berücksichtigungszeiten wirken sich nur im Rahmen sonstiger rechtlicher Regelungen aus, z.B. als Verlängerungstatbestände (§ 43 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI), Anwartschaftserhaltungszeiten (§ 241 Abs. 2 SGB VI) oder im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung. Da dem Gesetzgeber bei der Schaffung oder Erweiterung von sozialen Rechtspostionen, wie bei der Einführung der Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung durch das SGB VI, ein großer Gestaltungsspielraum zustand, konnte er auch im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung die begrenzte Auffüllung bis zu 0,0625 EP pro Monat bei den EP für Beitragszeiten, sofern gleichzeitig der Tatbestand der Berücksichtigungszeit erfüllt war, anordnen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der parlamentarische Gesetzgeber trotz der für die Bewertung der Kindererziehungszeiten festgestellten Verfassungswidrigkeit nach der Entscheidung des BVerfG schon nicht verpflichtet war, für Rentenzugänge vor dem 01. Juli 1998 – dies betrifft die Klägerin – eine stufenweise Anhebung der EP für Kindererziehungszeiten einschließlich der additiven Berücksichtigung von Beitragszeiten entsprechend § 70 Abs. 2 SGB VI iVm § 256 d SGB VI in der ab 01. Juli 1998 maßgeblichen Fassung einzuführen (vgl. BSG Urteil 09. April 2003 –B 5 RJ 18/02 R-). Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung vom 12. März 1996 (aaO) dem Gesetzgeber nur aufgegeben, bis zum 30. Juni 1998 die verfassungswidrigen Regelungen durch verfassungsgemäße Regelungen zu ersetzen. In welcher Form und für welchen zeitlichen Geltungsbereich (auch rückwirkend oder nur zukunftsgerichtet) war selbst für den "Kernbereich" der Kindererziehungszeiten dem Gesetzgeber überlassen. Der Gesetzgeber hat trotz des hierfür fehlenden verfassungsgerichtlichen Auftrages von seinem Gestaltungsspielraum bei der Neuregelung der Bewertung der Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI) auch in der Weise Gebrauch gemacht, dass er gleichzeitig eine günstigere Bewertung der Berücksichtigungszeiten für Kindererziehung (§ 57 SGB VI) im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung – wie von der Klägerin als Bestandsrentnerin im vorliegenden Verfahren gewünscht – angeordnet hat. Dies jedoch nur zukunftsgerichtet, d.h. für Rentenzugänge ab dem 01. Juli 1998. Zu einer rückwirkenden Regelung entsprechend der in § 307 d SGB VI für Kindererziehungszeiten getroffenen Übergangsregelung war er auch nach Art 3 Abs. 1 GG nicht verpflichtet. Zumal mit der in § 307 d SGB VI getroffenen Regelung eine verwaltungstechnisch einfache Umsetzung der beabsichtigten Anhebung der Rangstellenwerte für Kindererziehungszeiten auch für Bestandsrentner ermöglicht wurde, während eine im Sinne der Klägerin günstigere Bewertung der Berücksichtigungszeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung zu einem weitaus höheren Verwaltungsaufwand geführt hätte. Die finanziellen und verwaltungstechnischen Auswirkungen einer gesetzlichen Regelung sind aber sachliche Gesichtspunkte, die der Gesetzgeber im Rahmen seines nach Art 3 Abs 1 GG zustehenden Gestaltungsspielraumes berücksichtigen durfte. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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