Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 185/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 102/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Kläger wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 4. April 2006 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2005 verurteilt, den Klägern auch für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September höhere Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten zu zahlen.
II. Die Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten über den 30.06.2005 hinaus streitig.
Mit Bescheid vom 17.12.2004 bewilligte die Beklagte der 1964 geborenen Klägerin und ihren minderjährigen Kindern Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 01.01. bis 31.03.2005 in Höhe von 844,30 EUR, vom 01.04. bis 30.04.2005 in Höhe von 828,10 EUR und vom 01.05. bis 31.05.2005 in Höhe von 818,30 EUR. Gleichzeitig wurden die Kläger darauf hingewiesen, dass ihre Warmmiete mit 714,30 EUR unangemessen hoch sei. Angemessen sei eine Miete in Höhe von 488,00 EUR. Ab 01.07.2005 könne nur noch die angemessene Miete erstattet werden.
Mit Bescheid vom 18.05.2005 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen vom 01.06. bis 30.06.2005 in Höhe von 818,30 EUR und ab 01.07.2005 bis 30.09.2005 in Höhe von 592,00 EUR.
Mit dem Widerspruch beanstandeten die Kläger die Reduzierung der Leistungen ab dem 01.07.2005. Trotz langer Suche habe bisher keine günstigere Wohnung gefunden werden können. Mit der abgesenkten Leistung könne der Lebensunterhalt nicht finanziert werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Unterkunftskosten in Höhe von 714,30 EUR seien für drei Personen im Landkreis R. nicht angemessen. Angemessen seien Gesamtkosten von 488,00 EUR. Unangemessene Unterkunftskosten würden in der Regel für längstens sechs Monate übernommen. Die Frage, ob die tatsächlichen Aufwendungen das Maß des Angemessenen überschreiten würden, sei im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung seien dabei die Wohnfläche und der Quadratmeterpreis zu berücksichtigen. Hier verfüge die Wohnung über eine Wohnfläche von 90 qm. Für die Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises sei nach ständiger Rechtsprechung nicht auf den jeweiligen Durchschnitt aller gezahlten Mietpreise abzustellen, sondern es seien der Berechnung die im unteren Bereich für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktüblichen Wohnungsmieten zugrunde zu legen. Hierzu habe die Regierung der Oberpfalz festgestellt, dass in Anlehnung an die "zumutbare Miete" nach den Wohnbauförderungsbestimmungen für soziale Mieten die angemessene Gesamtmiete (einschließlich Nebenkosten, Heizung ohne Warmwasser) für den Landkreis R. für einen Dreipersonenhaushalt 488,00 EUR betrage. Die Kläger hätten keine objektiven Gründe dargelegt, warum die Senkung der Unterkunftskosten nicht möglich oder aus subjektiven Gründen nicht zumutbar sei.
Zur Begründung der zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin zu 1) ausgeführt, sie sei Alleinerziehende, geschieden, nicht Deutsche mit zwei schulpflichtigen Kindern. Ihre Kinder und sie würden seit zweieinhalb Jahren in dieser Wohnung leben und hätten nach der Scheidung und Trennung von ihrem Vater wieder einen festen Freundeskreis mit Vereinsleben und einem sozialen Umfeld. Einen erneuten Umzug würden sie und auch die Kinder- und Jugendpsychologen nicht für ratsam halten, da beide Kinder immer noch ihren neuen Lebensstand verarbeiten müssten und ihre schulischen Leistungen sehr darunter leiden würden. Der Hinweis, die Wohnung sei für drei Personen zu groß, sei nicht richtig. Sie habe sich bereits im Januar 2003 als wohnungsuchend bei der Gemeinde M. eintragen lassen. Leider gäbe es kein ausreichendes Angebot an preiswerterem Wohnraum. Auch ihre Suche in diversen Tageszeitungen sei erfolglos geblieben. Sie habe sich bei einigen Baugesellschaften um eine preiswertere Wohnung beworben.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Der von der Beklagten zugestandene Wert von 488,00 EUR Warmmiete sei nicht zu beanstanden. Dass dabei auf den unteren Bereich der im Zuständigkeitsgebiet des jeweiligen Leistungsträgers marktüblichen Wohnungsmiete abzustellen sei, entspreche der bisherigen sozialhilferechtlichen Praxis, auf die nach dem Willen des Gesetzgebers zurückzugreifen sei. Die von der Klägerseite geschilderten Bemühungen seien nicht als ausreichend anzusehen. Insbesondere ergäben sich aus der Verpflichtung zur aktiven Mitwirkung an allen Maßnahmen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit auch höhere Anforderungen an die örtliche Felxibilität. Um so weniger könne die Klagepartei mit ihrem Vorbrigen gehört werden, zur weiteren psychischen Stabilisierung der Kinder sei ein Umzug nicht zumutbar. Dieses Anliegen wiege nicht so schwer, dass deshalb die Zielsetzung des Gesetzes dahinter zurückstehen müsste. Insoweit bedürfe es keiner Beweiserhebung.
Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger, die insbesondere die Auffassung vertreten, sei seien von der Beklagten nicht hinreichend darüber aufgeklärt worden, in welcher Weise und mit welcher Intensität sie nach einer billigeren Unterkunft suchen müssten und welche Nachweise sie hierfür zu erbringen hätten. Insoweit werde auch auf das Urteil des erkennenden Senats vom 17.03.2006 - L 7 AS 20/05 - verwiesen. Unabhängig davon hätten sie sich sehr wohl bemüht, eine günstige Unterkunft zu finden.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 04.04.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2005 zu verurteilen, ihnen auch für die Zeit vom 01.07. bis 30.09.2005 höhere Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf ihr bisheriges Vorbringen und schließt sich den Gründen im angefochtenen Gerichtsbescheid an.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Akte der Beklagten und die Akten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als begründet.
Zu Unrecht hat das SG Regensburg mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2006 die Klage abgewiesen, da den Klägern höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten auch über den 30.06.2005 hinaus zustehen.
Der Anspruch der Kläger ergibt sich aus § 22 Abs.1 Satz 2 SGB II. Danach haben die Träger der Grundsicherung für arbeitsuchende Hilfebedürftigen im Sinne des § 9 SGB II - die Kläger zählen zu diesem Personenkreis - auch die den angemessenen Umfang übersteigenden Unterkunftskosten so lange zu zahlen, wie es dem Hilfebedürftigen bzw. der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die Unterkunftskosten für die Wohnung sind für einen Dreipersonenhaushalt mit ca. 714,00 EUR unangemessen hoch.
Die Beklagte hat aber die Kläger nicht hinreichend darüber aufgeklärt, in welcher Weise und mit welcher Intensität sie nach einer billigeren Unterkunft suchen mussten und welche Nachweise sie dafür zu erbringen hatten. Zwar müssen für die Suche nach einer angemessenen Wohnung alle Möglichkeiten unter Zuhilfenahme aller erreichbaren Hilfen oder Hilfsmittel in Anspruch genommen werden (so Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rdnr.47). Entsprechend den zur Sozialhilfe entwickelten Grundsätzen, auf die ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1516, Begründung zu § 22 Abs.1) zurückgegriffen werden kann, hätten die Kläger an sich substantiiert darlegen müssen, dass eine andere bedarfsgerechte kostengünstigere Unterkunft im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft nicht zugänglich war (so Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 101, 194). Die vorgetragenen Bemühungen der Kläger genügen zwar diesen Anforderungen an eine ernsthafte und intensive Wohnungssuche nicht. Dies ist aber deshalb unschädlich, weil die Kläger über diese Obliegenheit nicht hinreichend aufgeklärt wurden.
Die Ausgestaltung der Obliegenheiten des Sozialrechts zeigen, dass dem Leistungsberechtigten eine Obliegenheitsverletzung mit nachteiligen Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch nur vorgeworfen werden kann, wenn er in Kenntnis der konkreten Verhaltensanforderungen gegen diese verstößt (siehe dazu BSG, Urteil vom 25.05.2005 - B 11 a/11 AL 81/04 R zur unverschuldeten Unkenntnis von der Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung nach § 37 b SGB III). Die Beklagte hat im Bescheid vom 17.12.2004 lediglich ausgeführt: "Ihre Warmmiete ist mit 714,30 EUR unangemessen hoch; angemessen ist eine Miete von 488,00 EUR. Ab 01.07.2005 kann nur noch die angemessene Miete erstattet werden." Ebenso heißt es im Bescheid vom 18.05.2005: "Ab 01.07.2005 könne nur noch Unterkunftskosten in angemessener Höhe von 488,00 EUR Warmmiete berücksichtigt werden, s. hierzu Bescheid vom 17.12.2004." Von einer Nachweiserbringung ist in beiden Bescheiden keine Rede. Dementsprechend wurden die Kläger nicht darüber informiert, dass sie ihre Bemühungen um eine billigere Wohnung nachzuweisen hätten und in welcher Weise und mit welcher Intensität die Wohnungssuche zu erfolgen habe. Im Hinblick auf die Folgen hätte die Beklagte durch ein Merkblatt mehr konkretisieren müssen, welche Anforderungen an die Wohnungssuche und die entsprechenden Nachweise gestellt werden. Ein anderes Ergebnis wäre im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wegen der gravierenden Rechtsfolgen verfassungsrechtlich bedenklich. Durch die Kürzung der Kosten der Unterkunft auf die nach Ansicht der Beklagten angemessenen Kosten sinken die Mittel, die den Klägern zur Verfügung standen, unter das Existenzminimum.
Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der erkennende Senat mit Beschluss vom 26.11.2005 die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des SG Regensburg vom 18.07.2005 zurückgewiesen hat. Denn insoweit heißt es im Beschluss ausdrücklich, dass es "im vorliegenden Verfahren in erster Linie nicht um die Klärung der Frage, ob den Klägern höhere Leistungsansprüche zustehen geht, sondern darum, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegen oder ob es ihnen zumutbar ist, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten."
Somit war auf die Berufung der Kläger der Gerichtsbescheid des SG Regensburg vom 04.04.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2005 zu verurteilen, den Klägern auch für die Zeit vom 01.07. bis 30.09.2005 höhere Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde zugelassen, weil der Frage, welche Anforderungen an eine Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten zu stellen sind, nach Ansicht des Senats grundsätzliche Bedeutung zukommt.
II. Die Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten über den 30.06.2005 hinaus streitig.
Mit Bescheid vom 17.12.2004 bewilligte die Beklagte der 1964 geborenen Klägerin und ihren minderjährigen Kindern Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 01.01. bis 31.03.2005 in Höhe von 844,30 EUR, vom 01.04. bis 30.04.2005 in Höhe von 828,10 EUR und vom 01.05. bis 31.05.2005 in Höhe von 818,30 EUR. Gleichzeitig wurden die Kläger darauf hingewiesen, dass ihre Warmmiete mit 714,30 EUR unangemessen hoch sei. Angemessen sei eine Miete in Höhe von 488,00 EUR. Ab 01.07.2005 könne nur noch die angemessene Miete erstattet werden.
Mit Bescheid vom 18.05.2005 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen vom 01.06. bis 30.06.2005 in Höhe von 818,30 EUR und ab 01.07.2005 bis 30.09.2005 in Höhe von 592,00 EUR.
Mit dem Widerspruch beanstandeten die Kläger die Reduzierung der Leistungen ab dem 01.07.2005. Trotz langer Suche habe bisher keine günstigere Wohnung gefunden werden können. Mit der abgesenkten Leistung könne der Lebensunterhalt nicht finanziert werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Unterkunftskosten in Höhe von 714,30 EUR seien für drei Personen im Landkreis R. nicht angemessen. Angemessen seien Gesamtkosten von 488,00 EUR. Unangemessene Unterkunftskosten würden in der Regel für längstens sechs Monate übernommen. Die Frage, ob die tatsächlichen Aufwendungen das Maß des Angemessenen überschreiten würden, sei im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung seien dabei die Wohnfläche und der Quadratmeterpreis zu berücksichtigen. Hier verfüge die Wohnung über eine Wohnfläche von 90 qm. Für die Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises sei nach ständiger Rechtsprechung nicht auf den jeweiligen Durchschnitt aller gezahlten Mietpreise abzustellen, sondern es seien der Berechnung die im unteren Bereich für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktüblichen Wohnungsmieten zugrunde zu legen. Hierzu habe die Regierung der Oberpfalz festgestellt, dass in Anlehnung an die "zumutbare Miete" nach den Wohnbauförderungsbestimmungen für soziale Mieten die angemessene Gesamtmiete (einschließlich Nebenkosten, Heizung ohne Warmwasser) für den Landkreis R. für einen Dreipersonenhaushalt 488,00 EUR betrage. Die Kläger hätten keine objektiven Gründe dargelegt, warum die Senkung der Unterkunftskosten nicht möglich oder aus subjektiven Gründen nicht zumutbar sei.
Zur Begründung der zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin zu 1) ausgeführt, sie sei Alleinerziehende, geschieden, nicht Deutsche mit zwei schulpflichtigen Kindern. Ihre Kinder und sie würden seit zweieinhalb Jahren in dieser Wohnung leben und hätten nach der Scheidung und Trennung von ihrem Vater wieder einen festen Freundeskreis mit Vereinsleben und einem sozialen Umfeld. Einen erneuten Umzug würden sie und auch die Kinder- und Jugendpsychologen nicht für ratsam halten, da beide Kinder immer noch ihren neuen Lebensstand verarbeiten müssten und ihre schulischen Leistungen sehr darunter leiden würden. Der Hinweis, die Wohnung sei für drei Personen zu groß, sei nicht richtig. Sie habe sich bereits im Januar 2003 als wohnungsuchend bei der Gemeinde M. eintragen lassen. Leider gäbe es kein ausreichendes Angebot an preiswerterem Wohnraum. Auch ihre Suche in diversen Tageszeitungen sei erfolglos geblieben. Sie habe sich bei einigen Baugesellschaften um eine preiswertere Wohnung beworben.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Der von der Beklagten zugestandene Wert von 488,00 EUR Warmmiete sei nicht zu beanstanden. Dass dabei auf den unteren Bereich der im Zuständigkeitsgebiet des jeweiligen Leistungsträgers marktüblichen Wohnungsmiete abzustellen sei, entspreche der bisherigen sozialhilferechtlichen Praxis, auf die nach dem Willen des Gesetzgebers zurückzugreifen sei. Die von der Klägerseite geschilderten Bemühungen seien nicht als ausreichend anzusehen. Insbesondere ergäben sich aus der Verpflichtung zur aktiven Mitwirkung an allen Maßnahmen zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit auch höhere Anforderungen an die örtliche Felxibilität. Um so weniger könne die Klagepartei mit ihrem Vorbrigen gehört werden, zur weiteren psychischen Stabilisierung der Kinder sei ein Umzug nicht zumutbar. Dieses Anliegen wiege nicht so schwer, dass deshalb die Zielsetzung des Gesetzes dahinter zurückstehen müsste. Insoweit bedürfe es keiner Beweiserhebung.
Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger, die insbesondere die Auffassung vertreten, sei seien von der Beklagten nicht hinreichend darüber aufgeklärt worden, in welcher Weise und mit welcher Intensität sie nach einer billigeren Unterkunft suchen müssten und welche Nachweise sie hierfür zu erbringen hätten. Insoweit werde auch auf das Urteil des erkennenden Senats vom 17.03.2006 - L 7 AS 20/05 - verwiesen. Unabhängig davon hätten sie sich sehr wohl bemüht, eine günstige Unterkunft zu finden.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 04.04.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2005 zu verurteilen, ihnen auch für die Zeit vom 01.07. bis 30.09.2005 höhere Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf ihr bisheriges Vorbringen und schließt sich den Gründen im angefochtenen Gerichtsbescheid an.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Akte der Beklagten und die Akten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als begründet.
Zu Unrecht hat das SG Regensburg mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2006 die Klage abgewiesen, da den Klägern höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten auch über den 30.06.2005 hinaus zustehen.
Der Anspruch der Kläger ergibt sich aus § 22 Abs.1 Satz 2 SGB II. Danach haben die Träger der Grundsicherung für arbeitsuchende Hilfebedürftigen im Sinne des § 9 SGB II - die Kläger zählen zu diesem Personenkreis - auch die den angemessenen Umfang übersteigenden Unterkunftskosten so lange zu zahlen, wie es dem Hilfebedürftigen bzw. der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die Unterkunftskosten für die Wohnung sind für einen Dreipersonenhaushalt mit ca. 714,00 EUR unangemessen hoch.
Die Beklagte hat aber die Kläger nicht hinreichend darüber aufgeklärt, in welcher Weise und mit welcher Intensität sie nach einer billigeren Unterkunft suchen mussten und welche Nachweise sie dafür zu erbringen hatten. Zwar müssen für die Suche nach einer angemessenen Wohnung alle Möglichkeiten unter Zuhilfenahme aller erreichbaren Hilfen oder Hilfsmittel in Anspruch genommen werden (so Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rdnr.47). Entsprechend den zur Sozialhilfe entwickelten Grundsätzen, auf die ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1516, Begründung zu § 22 Abs.1) zurückgegriffen werden kann, hätten die Kläger an sich substantiiert darlegen müssen, dass eine andere bedarfsgerechte kostengünstigere Unterkunft im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft nicht zugänglich war (so Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 101, 194). Die vorgetragenen Bemühungen der Kläger genügen zwar diesen Anforderungen an eine ernsthafte und intensive Wohnungssuche nicht. Dies ist aber deshalb unschädlich, weil die Kläger über diese Obliegenheit nicht hinreichend aufgeklärt wurden.
Die Ausgestaltung der Obliegenheiten des Sozialrechts zeigen, dass dem Leistungsberechtigten eine Obliegenheitsverletzung mit nachteiligen Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch nur vorgeworfen werden kann, wenn er in Kenntnis der konkreten Verhaltensanforderungen gegen diese verstößt (siehe dazu BSG, Urteil vom 25.05.2005 - B 11 a/11 AL 81/04 R zur unverschuldeten Unkenntnis von der Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung nach § 37 b SGB III). Die Beklagte hat im Bescheid vom 17.12.2004 lediglich ausgeführt: "Ihre Warmmiete ist mit 714,30 EUR unangemessen hoch; angemessen ist eine Miete von 488,00 EUR. Ab 01.07.2005 kann nur noch die angemessene Miete erstattet werden." Ebenso heißt es im Bescheid vom 18.05.2005: "Ab 01.07.2005 könne nur noch Unterkunftskosten in angemessener Höhe von 488,00 EUR Warmmiete berücksichtigt werden, s. hierzu Bescheid vom 17.12.2004." Von einer Nachweiserbringung ist in beiden Bescheiden keine Rede. Dementsprechend wurden die Kläger nicht darüber informiert, dass sie ihre Bemühungen um eine billigere Wohnung nachzuweisen hätten und in welcher Weise und mit welcher Intensität die Wohnungssuche zu erfolgen habe. Im Hinblick auf die Folgen hätte die Beklagte durch ein Merkblatt mehr konkretisieren müssen, welche Anforderungen an die Wohnungssuche und die entsprechenden Nachweise gestellt werden. Ein anderes Ergebnis wäre im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wegen der gravierenden Rechtsfolgen verfassungsrechtlich bedenklich. Durch die Kürzung der Kosten der Unterkunft auf die nach Ansicht der Beklagten angemessenen Kosten sinken die Mittel, die den Klägern zur Verfügung standen, unter das Existenzminimum.
Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der erkennende Senat mit Beschluss vom 26.11.2005 die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des SG Regensburg vom 18.07.2005 zurückgewiesen hat. Denn insoweit heißt es im Beschluss ausdrücklich, dass es "im vorliegenden Verfahren in erster Linie nicht um die Klärung der Frage, ob den Klägern höhere Leistungsansprüche zustehen geht, sondern darum, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegen oder ob es ihnen zumutbar ist, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten."
Somit war auf die Berufung der Kläger der Gerichtsbescheid des SG Regensburg vom 04.04.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2005 zu verurteilen, den Klägern auch für die Zeit vom 01.07. bis 30.09.2005 höhere Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde zugelassen, weil der Frage, welche Anforderungen an eine Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten zu stellen sind, nach Ansicht des Senats grundsätzliche Bedeutung zukommt.
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