Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
11
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 9 SB 236/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 11 SB 20/04 -26
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 20. April 2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers.
Dem 1965 geborenen Kläger war zuletzt mit Bescheid vom 28. November 2000 ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 unter Berücksichtigung folgender Behinderungen zuerkannt worden:
a) Psychische Behinderung mit psychosomatischen Störungen (Einzel-GdB 40) b) Wirbelsäulenbeschwerden, Chondropathia patellae links (Einzel-GdB 10)
Mit Änderungsantrag vom 29. Januar 2002 machte der Kläger unter Bezugnahme auf ein sozialmedizinisches Gutachten von Dipl.-Med. S, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg, vom 23. April 2001 und ein im Rentenverfahren eingeholtes neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. med. L vom 28. Mai 2001 eine Verschlimmerung der bereits bekannten und das Hinzutreten neuer Gesundheitsstörungen und die Zuerkennung der Merkzeichen G , H und RF geltend.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Versorgungsarztes G. B vom 27. Februar 2002, der unter Berücksichtigung der vorgelegten Gutachten keine Änderungen in den gesundheitlichen Verhältnissen gegenüber dem letzten maßgeblichen Bescheid vom 28. November 2000 festzustellen vermochte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2002 eine Neufeststellung des GdB und Anerkennung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen ab, da nach Auswertung der Befunde keine wesentliche Änderung in den maßgeblichen gesundheitlichen Verhältnissen eingetreten sei. Zu den beantragten Merkzeichen bedürfe es keiner Feststellung, da der GdB nicht wenigstens 50 betrage.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, der Beklagte habe die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen nicht angemessen berücksichtigt. Insbesondere sei im Bereich der psychischen Erkrankung eine Verschlimmerung eingetreten, da er nur noch selten beschwerdefrei sei. Die körperlichen Erkrankungen und Beschwerden führten immer häufiger zu einer noch schlechteren psychischen Verfassung und die psychische Verfassung mache das Ertragen der körperlichen Beschwerden immer schwerer. Die auf die frühere Alkoholabhängigkeit zurückzuführende Medikamentenunverträglichkeit mache eine dauerhafte und regelmäßige Behandlung kaum möglich. Nur kurzfristig wirkende starke Beruhigungsmittel könnten akute Beschwerden wie z. B. Panikattacken lindern. Die bestehende chronische Gastritis und gastroösophageale Refluxkrankheit erschwerten als Folgen der Alkoholkrankheit die Linderung orthopädischer Beschwerden mit Medikamenten.
Der Beklagte holte ärztliche Auskünfte von der behandelnden Orthopädin Dr. med. U S vom 21.Mai 2002, von der behandelnden Internistin R E vom 28. Mai 2002 sowie von dem behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. G L ein.
Nach Veranlassung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. med. G. S vom 18. Juni 2002 und von Dr. med. J vom 28. Oktober 2002 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2002 den Widerspruch als unbegründet zurück. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seien Stellungnahmen des ärztlichen Dienstes des Landesversorgungsamtes zu den vorgelegten Gutachten und den Arztberichten von Frau Dr. S, Frau E und Dr. med. L eingeholt worden. Die Überprüfung habe ergeben, dass der im angefochtenen Bescheid feststellte GdB von 40 zutreffend sei. Hierbei seien die Auswirkungen der Behinderungen in ihrer Gesamtheit berücksichtigt worden. Weitere Gesundheitsstörungen, die als Beeinträchtigung festzustellen wären und sich auf die Höhe des GdB auswirken könnten, lägen nach versorgungsärztlicher Beurteilung nicht vor. Die Gesundheitsstörung "Gastritis" sei keine Beeinträchtigung im Sinne des Sozialgesetzbuchs, 9.Buch (SGB IX), da diese keinen GdB von wenigstens 10 verursache. Art und Umfang der Behinderungen rechtfertigten keinen GdB von wenigstens 50. Dieser könne nur angenommen werden, wenn die Gesamtauswirkungen der festgestellten Behinderungen so erheblich seien, wie etwa bei psychischen Störungen mit schwerwiegender Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und der sozialen Beziehungen. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei eine entsprechend schwere Auswirkung nicht ausreichend belegt.
Hiergegen hat der Kläger unter Bezugnahme auf das im Rentenrechtsstreit eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten von T B vom 23. Dezember 2002 Klage erhoben. Er hat eingewandt, es lägen sehr wohl schwerwiegende Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und der sozialen Beziehungen vor. Kontakte zur Arbeitswelt oder Freunden seien nicht mehr vorhanden. Er sei meist nicht mehr in der Lage, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Er könne keine Menschenansammlungen in Kaufhäusern, Bussen und Bahnen ertragen. Auch durch die orthopädischen Erkrankungen sei seine Teilhabe am öffentlichen Leben eingeschränkt.
Das Sozialgericht hat unter Berücksichtigung eines Befundberichtes und eines Attestes des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Georg L vom 30. Juli 2003, der dem Kläger u.a. starke Rückzugstendenzen und zunehmende Vermeidungsstrategien, depressive Verstimmungen mit ausgeprägter Antriebsarmut bei gleichzeitiger innerer Gereizt- und Gespanntheit sowie somatoforme Störungen in Form von Herzrhythmusstörung, Magenschmerzen, Kopfschmerzen und inneres Beben bescheinigte, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Arztes für Psychiatrie C F vom 10. September 2003 veranlasst. Der Sachverständige hat darin eine chronifizierte Angstneurose, ein chronisches lumbales sowie cervikobrachiales Schmerzsyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und eine Chondropathie patellae links festgestellt. Die angstneurotische Erkrankung gehe mit der Symptomatik einer generalisierten anhaltenden Angst ohne erkennbaren Auslöser, verbunden mit motorischer Anspannung und vegetativer Übererregbarkeit, einher. Bei selbstunsicherer neurasthenischer Persönlichkeit habe der Kläger im Laufe der Erkrankung ein deutliches Vermeidungsverhalten entwickelt, durch das er in seiner Erlebnis- und Gestaltungsfreiheit eingeschränkt sei. Die begleitende depressive Verstimmung sei im Ausprägungsgrad nicht als eigenständiges affektives Krankheitsbild, sondern als "Befindlichkeitsstörung" im Rahmen der angstneurotischen Erkrankung zu sehen. Eine stärkergradige soziale Anpassungsstörung liege nicht vor. Die psychische Erkrankung der Angstneurose sei mit einem GdB von 40 zu bewerten, der aus gutachterlicher Sicht auch den Gesamt-GdB darstelle. Im Vergleich zu den Befundfeststellungen vom 30. September 2000 seien keine wesentlichen Änderungen im Sinne der Besserung oder Verschlimmerung eingetreten. Entgegen der Bewertung des behandelnden Nervenarztes sei die vorliegende Erkrankung nach aller Erfahrung besonders gut durch eine Verhaltenstherapie positiv im Sinne einer Symptomreduktion zu beeinflussen. Eine solche Behandlung habe bisher nicht stattgefunden. Zur Feststellung der Behinderung auf orthopädischem Fachgebiet sei ein orthopädisches Fachgutachten empfehlenswert.
Daraufhin hat das Sozialgericht ein chirurgisches und sozialmedizinisches Sachverständigengutachten von Dr. med. M B vom 1. März 2004 eingeholt. Der Sachverständige ist aus der Sicht seines Fachgebietes zu der Feststellung gelangt, es sei weder im Bereich der Wirbelsäule noch im Bereich des linken Kniegelenkes eine Behinderung feststellbar. Diese sei nur gegeben, wenn eine das Altersmaß überschreitende Regelwidrigkeit vorliege. Im Bereich der HWS/ LWS sei eine völlig freie Beweglichkeit vorhanden ohne Anzeichen einer Nervenwurzelreizsymptomatik. Die von der behandelnden Orthopädin Dr. Z mitgeteilten Befunde stellten nur Diagnosen und keine funktionellen Beeinträchtigungen dar. Zusammenfassend sei festzustellen, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen ausschließlich auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet vorlägen, die mit einem GdB von 40 - entsprechend dem Gutachten von Herrn F - zu bewerten seien. Ein GdB für Veränderungen im Bereich des Stütz- und Halteapparates könne nicht festgesetzt werden, weil dieser nicht bestehe.
Durch Urteil vom 20. April 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da sich der Gesundheitszustand des Klägers seit Erlass des Bescheides vom 24. Oktober 2000 nicht wesentlich verschlechtert habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme leide der Kläger an einer chronifizierten Angstneurose mit psychosomatischen Störungen wie Herzrasen, - stolpern, -Rhythmusstörungen (Einzel-GdB 40) und an Wirbelsäulenbeschwerden (Einzel-GdB unter 10). Diese Bewertung entspreche den "Anhaltspunkten". Der Sachverständige habe das Krankheitsbild der chronifizierten Angstneurose mit psychosomatischen Störungen mit einem GdB von 40 bewertet. Der Kläger sei in seiner Lebens- und Alltagsgestaltung krankheitsbedingt eingeschränkt. Dies habe jedoch noch nicht zu einer sozialen Isolation oder zu einem völligen Verlust der Teilhabe am öffentlichen Leben geführt, wenngleich er Menschenansammlungen meide, weil diese bei ihm Angst, verbunden mit vegetativer Erregbarkeit wie z.B. Tachycardien, Schwindelgefühle oder Oberbauchbeschwerden auslösten. Er fahre noch Auto, bringe seine Tochter zur Schule und kaufe ein. Er halte Kontakt zu einem Freund und beschreibe seine Ehe als in Ordnung. Nach Meinung der Kammer liege eine mittelgradige Anpassungsstörung vor, die mit einem GdB von 40 (mittelgradige Störung im oberen Bereich) korrekt bewertet sei. Nach den Untersuchungen von Dr. B stehe fest, dass die Beschwerden des Halteapparates entgegen den Ausführungen von Frau Dr. S, die eine schwerwiegende Störung angenommen und eine Begutachtung empfohlen habe, altersgerecht seien und deshalb keinen GdB zur Folge hätten. Entscheidend seien nicht die Diagnosen, sondern die festzustellenden Funktionsbeeinträchtigungen. Die vom Kläger empfundenen Beeinträchtigungen beruhten im Wesentlichen auf den seelischen Beschwerden.
Gegen das am 11. Mai 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Juni 2004 eingelegte Berufung des Klägers. Er macht geltend, das chirurgische und sozialmedizinische Sachverständigengutachten von Dr. B sei zur Sachverhaltsaufklärung ungeeignet. Dieser verfüge über nicht genügend orthopädisches Fachwissen, da er die von der Fachärztin Dr. S festgestellten Erkrankungen entweder gar nicht diagnostiziert oder in Abrede gestellt habe. Die bei ihm bestehenden körperlichen Erkrankungen und Beschwerden führten immer häufiger zu einer noch schlechteren psychischen Verfassung. Die Auswirkungen des gesamten Krankheitsbildes ließen ihn nur stark eingeschränkt am öffentlichen Leben teilhaben und soziale Kontakte könnten nur partiell aufrechterhalten werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 20. April 2004 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2002 zu verurteilen, ihm einen höheren GdB als 40 zuzuerkennen.
Der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Gericht hat einen Befundbericht von dem Facharzt für Orthopädie Dr. K vom 30. September 2004 eingeholt, der den Kläger in der Zeit vom 12. August 1996 bis 25. September 1996 behandelt hat. Aus dem gleichfalls veranlassten Befundbericht der Internistin R E vom 7. Dezember 2004 ist eine Behandlung des Klägers vom 21. Januar 1993 bis 10. März 2003 wegen Tachycardien, hyperkinetischem Herzsyndrom, Gastritis und Psychosomatik zu entnehmen. Laut Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie Dr. med. U S vom 3. November 2004 befand sich der Kläger vom 10. September 1999 bis 6. Dezember 2001 in ihrer fachärztlichen Behandlung. Aus dem Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. B vom 1. Januar 2005 ergibt sich eine Behandlung des Klägers vom 14. August 1998 bis 20. August 1999 wegen Belastungsschmerzen im linken Knie. Es sind weiterhin die ärztlichen Atteste des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G L für den Zeitraum vom 15. Juli 2002 bis 5. Januar 2004 beigezogen worden.
Zu den genannten Unterlagen hat der Beklagte eine versorgungsärztliche Stellungnahme der Ärztin Dr. med. H vom 10. Februar 2005 vorgelegt, die darin zusammenfassend feststellt, den weit zurückliegenden orthopädischen Befunden seien keine gravierenden Behinderungen zu entnehmen und das ärztliche Attest des behandelnden Psychiaters sei nicht geeignet, einen höheren GdB vorzuschlagen.
Auf Hinweis des Klägers hat das Gericht aus dem Rentenstreitverfahren S 4 RJ 108/02 ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. G.-J. F vom 19. April 2005 beigezogen, der eine generalisierte Angsterkrankung mit zahlreichen Somatisierungen und autonomen Störungen, spezifische Phobien, ein depressives Syndrom und somatoforme Schmerzstörung im Stadium II nach Prof. G festgestellt hat. Der Kläger könne mittelschwere sowie leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen mit einer täglichen Arbeitzeit von 3 bis unter 6 Stunden ausüben. Der Beklagte hat hierzu eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. med. H vom 1. August 2005 vorgelegt, die in Kenntnis des aktuellen Gutachtens keinen Anlass sah, von der versorgungsärztlichen Einschätzung eines GdB von 40 abzuweichen.
Dass Gericht hat weiterhin eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. M B vom 10. November 2005 veranlasst, der zusammenfassend mitgeteilt hat, die nachgereichten Befunde des Stütz- und Halteapparates seien – wie bereits die Versorgungsärztin Frau Dr. H zu Recht vermerkt habe - stark überaltert und für die Beurteilung der gegenwärtig vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen nicht ausreichend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Schwerbehindertenakte verwiesen, die vorgelegen haben und ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung durch Urteil entscheiden, da er in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§§ 124 Abs.1 , 126 Sozialgerichtsgesetz – SGG-). Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass eine Verschlimmerung nicht eingetreten ist und ein höherer GdB als 40 nicht festgestellt werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil vom 20. April 2004 gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen werden.
Gemäß § 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 9. Buch (SGB IX) in Verbindung mit § 48 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Wesentlich ist eine Änderung nur dann, wenn eine Behinderung (Beeinträchtigung) hinzutritt oder wegfällt und sich der Grad der Behinderung durch Verschlechterung oder Besserung der Behinderung um wenigstens 10 nach oben oder unten ändert. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Im Vordergrund steht bei dem Kläger eine seelische Störung, die sich in Form einer chronischen Angstneurose mit psychosomatischen Störungen wie Tachycardien, Schwindelgefühlen und Oberbauchbeschwerden sowie einer stärkergradigen sozialen Anpassungsstörung äußert. Hierbei handelt es sich nach den insoweit übereinstimmenden Einschätzungen der im Verwaltungsverfahren beigezogenen Gutachten von Dr. med. S. L vom 28. Mai 2001 und dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie C F vom 10. September 2003 um eine stärker behindernde Störung, die mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einhergeht.
Nach Nr. 26.3 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP 1996 Seite 60, 61/ AHP 2004/2005 Seite 48) sind
leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20,
stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40
sowie schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70
und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeit mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten.
Nach diesen Maßgaben ist die von dem gerichtlichen Sachverständigen C F vorgenommene Einschätzung der seelischen Störung des Klägers mit einem GdB von 40 nicht zu beanstanden, da bei ihm keine schwere, sondern lediglich eine stärker behindernde Störung im Sinne der Anhaltspunkte vorliegt. Auch dem im Rentenstreitverfahren veranlassten Gutachten des Facharztes für Neurologie u. Psychiatrie Dr. F vom 19. April 2005 sind keine weitergehenden Anzeichen von schweren Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten zu entnehmen. Die psychometrischen Untersuchungen (Testergebnisse) ergaben deutliche psychopathologische Auffälligkeiten in Form von Hypochondrie, Depression, kontrollierter Aggression, Verbitterung, Kränkung, Rückzugstendenzen und zahlreichen Körpersymptomen, die jedoch bereits in der vorgenommenen Beurteilung des Gesamtkomplexes der seelischen Störung Berücksichtigung gefunden haben. Eine weitergehende Einschränkung der Erlebnis – und Gestaltungsfähigkeit, als sie im vorliegenden Fall zugrundegelegt worden ist, ergibt sich auch aus diesem Gutachten nicht.
Die übrigen bei dem Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen - insbesondere auf orthopädischem Fachgebiet - können das Ausmaß einer nachweisbaren funktionellen Beeinträchtigung nicht erreichen, da die Untersuchungsbefunde keine gravierenden funktionellen dauerhaft beeinträchtigenden Störungen im Bereich des Stütz- und Halteapparates aufgewiesen haben. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. B vom 1. März 2004 sowie der vom Berufungsgericht veranlassten ergänzenden Stellungnahme vom 10. November 2005. Dr. B hat dazu ausdrücklich festgestellt, dass weder im Bereich der Wirbelsäule noch im Bereich des linken Kniegelenkes das Altersmaß überschreitende Regelwidrigkeiten vorgelegen hätten, die es rechtfertigen könnten, diese als Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen zu bezeichnen. Auch die im Berufungsverfahren veranlassten Befundberichte der behandelnden Orthopäden Dr. K und Dr. B sowie der Orthopädin Dr. S waren entweder mangels aktueller Befunde oder der Angabe von Diagnosen anstelle von Funktionsbefunden des Stütz- und Bewegungsapparates nicht geeignet, eine andere Beurteilung des Sachverhalts zu rechtfertigen.
Nach Nr. 19 Abs. 3 AHP 1996/ 2004/ 2005 ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Grade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Grundsätzlich führen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe erscheint die vorgenommene Festsetzung eines GdB von 40 als angemessen.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers.
Dem 1965 geborenen Kläger war zuletzt mit Bescheid vom 28. November 2000 ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 unter Berücksichtigung folgender Behinderungen zuerkannt worden:
a) Psychische Behinderung mit psychosomatischen Störungen (Einzel-GdB 40) b) Wirbelsäulenbeschwerden, Chondropathia patellae links (Einzel-GdB 10)
Mit Änderungsantrag vom 29. Januar 2002 machte der Kläger unter Bezugnahme auf ein sozialmedizinisches Gutachten von Dipl.-Med. S, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg, vom 23. April 2001 und ein im Rentenverfahren eingeholtes neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. med. L vom 28. Mai 2001 eine Verschlimmerung der bereits bekannten und das Hinzutreten neuer Gesundheitsstörungen und die Zuerkennung der Merkzeichen G , H und RF geltend.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Versorgungsarztes G. B vom 27. Februar 2002, der unter Berücksichtigung der vorgelegten Gutachten keine Änderungen in den gesundheitlichen Verhältnissen gegenüber dem letzten maßgeblichen Bescheid vom 28. November 2000 festzustellen vermochte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2002 eine Neufeststellung des GdB und Anerkennung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen ab, da nach Auswertung der Befunde keine wesentliche Änderung in den maßgeblichen gesundheitlichen Verhältnissen eingetreten sei. Zu den beantragten Merkzeichen bedürfe es keiner Feststellung, da der GdB nicht wenigstens 50 betrage.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, der Beklagte habe die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen nicht angemessen berücksichtigt. Insbesondere sei im Bereich der psychischen Erkrankung eine Verschlimmerung eingetreten, da er nur noch selten beschwerdefrei sei. Die körperlichen Erkrankungen und Beschwerden führten immer häufiger zu einer noch schlechteren psychischen Verfassung und die psychische Verfassung mache das Ertragen der körperlichen Beschwerden immer schwerer. Die auf die frühere Alkoholabhängigkeit zurückzuführende Medikamentenunverträglichkeit mache eine dauerhafte und regelmäßige Behandlung kaum möglich. Nur kurzfristig wirkende starke Beruhigungsmittel könnten akute Beschwerden wie z. B. Panikattacken lindern. Die bestehende chronische Gastritis und gastroösophageale Refluxkrankheit erschwerten als Folgen der Alkoholkrankheit die Linderung orthopädischer Beschwerden mit Medikamenten.
Der Beklagte holte ärztliche Auskünfte von der behandelnden Orthopädin Dr. med. U S vom 21.Mai 2002, von der behandelnden Internistin R E vom 28. Mai 2002 sowie von dem behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. G L ein.
Nach Veranlassung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. med. G. S vom 18. Juni 2002 und von Dr. med. J vom 28. Oktober 2002 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2002 den Widerspruch als unbegründet zurück. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seien Stellungnahmen des ärztlichen Dienstes des Landesversorgungsamtes zu den vorgelegten Gutachten und den Arztberichten von Frau Dr. S, Frau E und Dr. med. L eingeholt worden. Die Überprüfung habe ergeben, dass der im angefochtenen Bescheid feststellte GdB von 40 zutreffend sei. Hierbei seien die Auswirkungen der Behinderungen in ihrer Gesamtheit berücksichtigt worden. Weitere Gesundheitsstörungen, die als Beeinträchtigung festzustellen wären und sich auf die Höhe des GdB auswirken könnten, lägen nach versorgungsärztlicher Beurteilung nicht vor. Die Gesundheitsstörung "Gastritis" sei keine Beeinträchtigung im Sinne des Sozialgesetzbuchs, 9.Buch (SGB IX), da diese keinen GdB von wenigstens 10 verursache. Art und Umfang der Behinderungen rechtfertigten keinen GdB von wenigstens 50. Dieser könne nur angenommen werden, wenn die Gesamtauswirkungen der festgestellten Behinderungen so erheblich seien, wie etwa bei psychischen Störungen mit schwerwiegender Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und der sozialen Beziehungen. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei eine entsprechend schwere Auswirkung nicht ausreichend belegt.
Hiergegen hat der Kläger unter Bezugnahme auf das im Rentenrechtsstreit eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten von T B vom 23. Dezember 2002 Klage erhoben. Er hat eingewandt, es lägen sehr wohl schwerwiegende Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und der sozialen Beziehungen vor. Kontakte zur Arbeitswelt oder Freunden seien nicht mehr vorhanden. Er sei meist nicht mehr in der Lage, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Er könne keine Menschenansammlungen in Kaufhäusern, Bussen und Bahnen ertragen. Auch durch die orthopädischen Erkrankungen sei seine Teilhabe am öffentlichen Leben eingeschränkt.
Das Sozialgericht hat unter Berücksichtigung eines Befundberichtes und eines Attestes des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Georg L vom 30. Juli 2003, der dem Kläger u.a. starke Rückzugstendenzen und zunehmende Vermeidungsstrategien, depressive Verstimmungen mit ausgeprägter Antriebsarmut bei gleichzeitiger innerer Gereizt- und Gespanntheit sowie somatoforme Störungen in Form von Herzrhythmusstörung, Magenschmerzen, Kopfschmerzen und inneres Beben bescheinigte, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Arztes für Psychiatrie C F vom 10. September 2003 veranlasst. Der Sachverständige hat darin eine chronifizierte Angstneurose, ein chronisches lumbales sowie cervikobrachiales Schmerzsyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und eine Chondropathie patellae links festgestellt. Die angstneurotische Erkrankung gehe mit der Symptomatik einer generalisierten anhaltenden Angst ohne erkennbaren Auslöser, verbunden mit motorischer Anspannung und vegetativer Übererregbarkeit, einher. Bei selbstunsicherer neurasthenischer Persönlichkeit habe der Kläger im Laufe der Erkrankung ein deutliches Vermeidungsverhalten entwickelt, durch das er in seiner Erlebnis- und Gestaltungsfreiheit eingeschränkt sei. Die begleitende depressive Verstimmung sei im Ausprägungsgrad nicht als eigenständiges affektives Krankheitsbild, sondern als "Befindlichkeitsstörung" im Rahmen der angstneurotischen Erkrankung zu sehen. Eine stärkergradige soziale Anpassungsstörung liege nicht vor. Die psychische Erkrankung der Angstneurose sei mit einem GdB von 40 zu bewerten, der aus gutachterlicher Sicht auch den Gesamt-GdB darstelle. Im Vergleich zu den Befundfeststellungen vom 30. September 2000 seien keine wesentlichen Änderungen im Sinne der Besserung oder Verschlimmerung eingetreten. Entgegen der Bewertung des behandelnden Nervenarztes sei die vorliegende Erkrankung nach aller Erfahrung besonders gut durch eine Verhaltenstherapie positiv im Sinne einer Symptomreduktion zu beeinflussen. Eine solche Behandlung habe bisher nicht stattgefunden. Zur Feststellung der Behinderung auf orthopädischem Fachgebiet sei ein orthopädisches Fachgutachten empfehlenswert.
Daraufhin hat das Sozialgericht ein chirurgisches und sozialmedizinisches Sachverständigengutachten von Dr. med. M B vom 1. März 2004 eingeholt. Der Sachverständige ist aus der Sicht seines Fachgebietes zu der Feststellung gelangt, es sei weder im Bereich der Wirbelsäule noch im Bereich des linken Kniegelenkes eine Behinderung feststellbar. Diese sei nur gegeben, wenn eine das Altersmaß überschreitende Regelwidrigkeit vorliege. Im Bereich der HWS/ LWS sei eine völlig freie Beweglichkeit vorhanden ohne Anzeichen einer Nervenwurzelreizsymptomatik. Die von der behandelnden Orthopädin Dr. Z mitgeteilten Befunde stellten nur Diagnosen und keine funktionellen Beeinträchtigungen dar. Zusammenfassend sei festzustellen, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen ausschließlich auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet vorlägen, die mit einem GdB von 40 - entsprechend dem Gutachten von Herrn F - zu bewerten seien. Ein GdB für Veränderungen im Bereich des Stütz- und Halteapparates könne nicht festgesetzt werden, weil dieser nicht bestehe.
Durch Urteil vom 20. April 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da sich der Gesundheitszustand des Klägers seit Erlass des Bescheides vom 24. Oktober 2000 nicht wesentlich verschlechtert habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme leide der Kläger an einer chronifizierten Angstneurose mit psychosomatischen Störungen wie Herzrasen, - stolpern, -Rhythmusstörungen (Einzel-GdB 40) und an Wirbelsäulenbeschwerden (Einzel-GdB unter 10). Diese Bewertung entspreche den "Anhaltspunkten". Der Sachverständige habe das Krankheitsbild der chronifizierten Angstneurose mit psychosomatischen Störungen mit einem GdB von 40 bewertet. Der Kläger sei in seiner Lebens- und Alltagsgestaltung krankheitsbedingt eingeschränkt. Dies habe jedoch noch nicht zu einer sozialen Isolation oder zu einem völligen Verlust der Teilhabe am öffentlichen Leben geführt, wenngleich er Menschenansammlungen meide, weil diese bei ihm Angst, verbunden mit vegetativer Erregbarkeit wie z.B. Tachycardien, Schwindelgefühle oder Oberbauchbeschwerden auslösten. Er fahre noch Auto, bringe seine Tochter zur Schule und kaufe ein. Er halte Kontakt zu einem Freund und beschreibe seine Ehe als in Ordnung. Nach Meinung der Kammer liege eine mittelgradige Anpassungsstörung vor, die mit einem GdB von 40 (mittelgradige Störung im oberen Bereich) korrekt bewertet sei. Nach den Untersuchungen von Dr. B stehe fest, dass die Beschwerden des Halteapparates entgegen den Ausführungen von Frau Dr. S, die eine schwerwiegende Störung angenommen und eine Begutachtung empfohlen habe, altersgerecht seien und deshalb keinen GdB zur Folge hätten. Entscheidend seien nicht die Diagnosen, sondern die festzustellenden Funktionsbeeinträchtigungen. Die vom Kläger empfundenen Beeinträchtigungen beruhten im Wesentlichen auf den seelischen Beschwerden.
Gegen das am 11. Mai 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Juni 2004 eingelegte Berufung des Klägers. Er macht geltend, das chirurgische und sozialmedizinische Sachverständigengutachten von Dr. B sei zur Sachverhaltsaufklärung ungeeignet. Dieser verfüge über nicht genügend orthopädisches Fachwissen, da er die von der Fachärztin Dr. S festgestellten Erkrankungen entweder gar nicht diagnostiziert oder in Abrede gestellt habe. Die bei ihm bestehenden körperlichen Erkrankungen und Beschwerden führten immer häufiger zu einer noch schlechteren psychischen Verfassung. Die Auswirkungen des gesamten Krankheitsbildes ließen ihn nur stark eingeschränkt am öffentlichen Leben teilhaben und soziale Kontakte könnten nur partiell aufrechterhalten werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 20. April 2004 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2002 zu verurteilen, ihm einen höheren GdB als 40 zuzuerkennen.
Der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Gericht hat einen Befundbericht von dem Facharzt für Orthopädie Dr. K vom 30. September 2004 eingeholt, der den Kläger in der Zeit vom 12. August 1996 bis 25. September 1996 behandelt hat. Aus dem gleichfalls veranlassten Befundbericht der Internistin R E vom 7. Dezember 2004 ist eine Behandlung des Klägers vom 21. Januar 1993 bis 10. März 2003 wegen Tachycardien, hyperkinetischem Herzsyndrom, Gastritis und Psychosomatik zu entnehmen. Laut Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie Dr. med. U S vom 3. November 2004 befand sich der Kläger vom 10. September 1999 bis 6. Dezember 2001 in ihrer fachärztlichen Behandlung. Aus dem Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. B vom 1. Januar 2005 ergibt sich eine Behandlung des Klägers vom 14. August 1998 bis 20. August 1999 wegen Belastungsschmerzen im linken Knie. Es sind weiterhin die ärztlichen Atteste des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G L für den Zeitraum vom 15. Juli 2002 bis 5. Januar 2004 beigezogen worden.
Zu den genannten Unterlagen hat der Beklagte eine versorgungsärztliche Stellungnahme der Ärztin Dr. med. H vom 10. Februar 2005 vorgelegt, die darin zusammenfassend feststellt, den weit zurückliegenden orthopädischen Befunden seien keine gravierenden Behinderungen zu entnehmen und das ärztliche Attest des behandelnden Psychiaters sei nicht geeignet, einen höheren GdB vorzuschlagen.
Auf Hinweis des Klägers hat das Gericht aus dem Rentenstreitverfahren S 4 RJ 108/02 ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. G.-J. F vom 19. April 2005 beigezogen, der eine generalisierte Angsterkrankung mit zahlreichen Somatisierungen und autonomen Störungen, spezifische Phobien, ein depressives Syndrom und somatoforme Schmerzstörung im Stadium II nach Prof. G festgestellt hat. Der Kläger könne mittelschwere sowie leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen mit einer täglichen Arbeitzeit von 3 bis unter 6 Stunden ausüben. Der Beklagte hat hierzu eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. med. H vom 1. August 2005 vorgelegt, die in Kenntnis des aktuellen Gutachtens keinen Anlass sah, von der versorgungsärztlichen Einschätzung eines GdB von 40 abzuweichen.
Dass Gericht hat weiterhin eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Dr. M B vom 10. November 2005 veranlasst, der zusammenfassend mitgeteilt hat, die nachgereichten Befunde des Stütz- und Halteapparates seien – wie bereits die Versorgungsärztin Frau Dr. H zu Recht vermerkt habe - stark überaltert und für die Beurteilung der gegenwärtig vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen nicht ausreichend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Schwerbehindertenakte verwiesen, die vorgelegen haben und ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung durch Urteil entscheiden, da er in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§§ 124 Abs.1 , 126 Sozialgerichtsgesetz – SGG-). Die frist- und formgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass eine Verschlimmerung nicht eingetreten ist und ein höherer GdB als 40 nicht festgestellt werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil vom 20. April 2004 gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen werden.
Gemäß § 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 9. Buch (SGB IX) in Verbindung mit § 48 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Wesentlich ist eine Änderung nur dann, wenn eine Behinderung (Beeinträchtigung) hinzutritt oder wegfällt und sich der Grad der Behinderung durch Verschlechterung oder Besserung der Behinderung um wenigstens 10 nach oben oder unten ändert. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Im Vordergrund steht bei dem Kläger eine seelische Störung, die sich in Form einer chronischen Angstneurose mit psychosomatischen Störungen wie Tachycardien, Schwindelgefühlen und Oberbauchbeschwerden sowie einer stärkergradigen sozialen Anpassungsstörung äußert. Hierbei handelt es sich nach den insoweit übereinstimmenden Einschätzungen der im Verwaltungsverfahren beigezogenen Gutachten von Dr. med. S. L vom 28. Mai 2001 und dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie C F vom 10. September 2003 um eine stärker behindernde Störung, die mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einhergeht.
Nach Nr. 26.3 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP 1996 Seite 60, 61/ AHP 2004/2005 Seite 48) sind
leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20,
stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40
sowie schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70
und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeit mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten.
Nach diesen Maßgaben ist die von dem gerichtlichen Sachverständigen C F vorgenommene Einschätzung der seelischen Störung des Klägers mit einem GdB von 40 nicht zu beanstanden, da bei ihm keine schwere, sondern lediglich eine stärker behindernde Störung im Sinne der Anhaltspunkte vorliegt. Auch dem im Rentenstreitverfahren veranlassten Gutachten des Facharztes für Neurologie u. Psychiatrie Dr. F vom 19. April 2005 sind keine weitergehenden Anzeichen von schweren Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten zu entnehmen. Die psychometrischen Untersuchungen (Testergebnisse) ergaben deutliche psychopathologische Auffälligkeiten in Form von Hypochondrie, Depression, kontrollierter Aggression, Verbitterung, Kränkung, Rückzugstendenzen und zahlreichen Körpersymptomen, die jedoch bereits in der vorgenommenen Beurteilung des Gesamtkomplexes der seelischen Störung Berücksichtigung gefunden haben. Eine weitergehende Einschränkung der Erlebnis – und Gestaltungsfähigkeit, als sie im vorliegenden Fall zugrundegelegt worden ist, ergibt sich auch aus diesem Gutachten nicht.
Die übrigen bei dem Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen - insbesondere auf orthopädischem Fachgebiet - können das Ausmaß einer nachweisbaren funktionellen Beeinträchtigung nicht erreichen, da die Untersuchungsbefunde keine gravierenden funktionellen dauerhaft beeinträchtigenden Störungen im Bereich des Stütz- und Halteapparates aufgewiesen haben. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. B vom 1. März 2004 sowie der vom Berufungsgericht veranlassten ergänzenden Stellungnahme vom 10. November 2005. Dr. B hat dazu ausdrücklich festgestellt, dass weder im Bereich der Wirbelsäule noch im Bereich des linken Kniegelenkes das Altersmaß überschreitende Regelwidrigkeiten vorgelegen hätten, die es rechtfertigen könnten, diese als Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen zu bezeichnen. Auch die im Berufungsverfahren veranlassten Befundberichte der behandelnden Orthopäden Dr. K und Dr. B sowie der Orthopädin Dr. S waren entweder mangels aktueller Befunde oder der Angabe von Diagnosen anstelle von Funktionsbefunden des Stütz- und Bewegungsapparates nicht geeignet, eine andere Beurteilung des Sachverhalts zu rechtfertigen.
Nach Nr. 19 Abs. 3 AHP 1996/ 2004/ 2005 ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Grade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Grundsätzlich führen zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe erscheint die vorgenommene Festsetzung eines GdB von 40 als angemessen.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved