S 29 SO 50/06 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
29
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 29 SO 50/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 B 150/06 SO ER
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.Einzelfall einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf existenzsichernde Leistungen nach dem SGB XII aufgrund einer Folgenabschätzung bei nicht vollständig geklärter Sachlage.
2.Aus einer gesundheitlich bedingten Erstickungsgefahr kann es folgen, dass eine permanente („Rund-um-die-Uhr“) Beaufsichtigung und Betreuung einer pflegebedürftigen Person erforderlich ist. Diese Beaufsichtigung und Betreuung ist eine „andere Verrichtung“ im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII.
3.Auch eine polnische Staatsangehörige, die zum Zwecke der erwerbsmäßigen und entgeltlichen Pflege alter Menschen nach Deutschland gekommen ist, aber über keine besondere pflegefachliche Ausbildung verfügt, kann eine „besondere Pflegekraft“ im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII sein. Es kommt allein darauf an, dass die Pflegekraft tatsächlich in der Lage ist, die erforderliche Pflege sachgerecht zu erbringen, und dass es sich nicht um eine unentgeltlich pflegende Pflegeperson im Sinne von § 63 SGB XII handelt.
4.Der eine polnische Staatsangehörige für seine Pflege selbst beschäftigende Pflegebedürftige im Sinne von §§ 61 ff. SGB XII, der hierfür von der Pflegekasse nur ein Pflegegeld nach dem SGB XI erhält, kann nach dem eindeutigen Wortlaut des § 66 Abs. 4 Satz 2 SGB XII nicht auf die Inanspruchnahme zweckentsprechender Pflegesachleistungen verwiesen werden, auch wenn diese Pflegevariante für den Sozialhilfeträger im Ergebnis günstiger wäre.
5.Zum Wunsch- und Wahlrecht des Hilfebedürftigen nach § 9 Abs. 2 SGB XII, dem Vorrang der häuslichen Pflege nach § 13 Abs. 1 SGB XII sowie der Frage unverhältnismäßiger Mehrkosten im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII und § 13 Abs. 1 Satz 5 SGB XII (hier: Mehrkosten von 614,53 Euro monatlich).
6.Unter Berücksichtigung des Strukturprinzips des Vorrangs der häuslichen Pflege sowie der Entscheidung des Gesetzgebers für eine Stärkung der Pflege im Arbeitgebermodell sind solche Kosten ambulanter Pflege regelmäßig keine unverhältnismäßigen Mehrkosten, die vor Anrechnung von Einkommen und Berücksichtigung von Leistungen der Pflegekasse nicht über den Kosten einer entsprechenden stationären Unterbringung liegen. Dies ergibt sich daraus, dass wegen der strukturellen Besserstellung stationärer Pflege sowie der ambulanten Pflege durch anerkannte Pflegedienste ansonsten die vom Gesetzgeber geförderte Pflege im Arbeitgebermodell wegen der Kosten praktisch kaum zur Anwendung kommen könnte.
Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Pflege durch Frau S1 in der Zeit vom 01.09.2006 bis zum 31.12.2006 Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII) in Höhe von monatlich 1120,44 Euro darlehensweise zu gewähren.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Dieser Beschluss soll den Beteiligten vorab per Telefax bekanntgegeben werden, damit die Antragsgegnerin die angeordnete Leistung jedenfalls noch in diesem Jahr erbringen kann. Der vollständige Beschluss mit Gründen und Rechtsbehelfsbelehrung folgt unverzüglich.

Gründe:

Der am 29.08.2006 gestellte Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller für die ungedeckten Kosten der Pflege durch Frau S1 Hilfe zur Pflege von 1241,07 Euro monatlich ab September bis Dezember 2006 zu gewähren,

hat im tenorierten Umfang Erfolg. Im Übrigen war er abzulehnen.

Das Gericht kann zur Regelung eines vorläufigen Rechtszustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis einstweilige Anordnungen treffen, wenn die Regelung - etwa um wesentliche Nachteile abzuwenden - nötig erscheint, § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dabei sind die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und das Bestehen des zu sichernden Rechtes (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen, § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Die einstweilige Anordnung dient ausschließlich dazu, unzumutbare künftige Nachteile abzuwenden, die dem Antragsteller drohen, wenn seinem Begehren nicht stattgegeben wird. Sie ist hingegen nicht dafür gedacht, dem Betreffenden schneller, als dies in einem Klageverfahren möglich ist, zu seinem (vermeintlichen) Recht zu verhelfen, sofern nicht eine besondere Dringlichkeit gegeben ist, die es unzumutbar erscheinen lässt, den Ausgang eines Klageverfahrens abzuwarten.

In Bezug auf die geforderte Glaubhaftmachung ist der Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich; trotz der Möglichkeit des Gegenteils dürfen Zweifel nicht überwiegen.

Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage, III. Kapitel, Rdn. 157.

Dies ist im Rahmen einer summarischen Prüfung zu ermitteln,

vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschlüsse vom 19.01.2006 – L 1 B 17/05 AS ER –, vom 29.11.2005 – L 19 B 84/05 AS ER – und vom 26.07.2005 – L 9 B 44/05 AS ER –.

Bei der Beurteilung des Anordnungsanspruchs hat sich das Gericht an den Grundsätzen zu orientieren, die das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) aufgestellt hat. Danach dürfen sich die Gerichte bei einer Ablehnung von existenzsichernden Sozialleistungen nicht auf eine bloße summarische Prüfung der Erfolgsaussichten beschränken und die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller nicht überspannen; ist eine Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht möglich, hat eine Folgenabwägung stattzufinden.

Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 –; ebenso LSG NRW, Beschlüsse vom 06.01.2006 – L 1 B 13/05 AS ER – und vom 28.02.2006 – L 9 B 99/05 AS ER –.

Dabei gilt das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur, wenn der Leistungsberechtigte eine existenzielle Notlage glaubhaft macht, die ein sofortiges Handeln erfordert, beispielsweise, wenn die Führung eines menschenwürdigen Lebens in Frage steht. Es muss zur Vermeidung schlechthin unzumutbarer Folgen für den betreffenden Antragsteller notwendig sein, dass das Gericht die begehrte einstweilige Anordnung erlässt.

LSG NRW, Beschlüsse vom 01.12.2005 – L 9 B 22/05 SO ER –, vom 02.05.2005 – L 19 B 7/05 SO ER –, und vom 20.04.2005 – L 19 B 2/05 AS ER –.

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch auf Hilfe zur Pflege für die Betreuung durch Frau S1 in Bezug auf die Zeit vom 01.09.2006 bis zum 31.12.2006, jedoch nur im zugesprochenen Umfang von monatlich 1120,44 Euro, glaubhaft gemacht.

Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 61 Abs. 1, 65 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII). Die Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen nach Auffassung des Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor. Soweit insofern gewisse Unsicherheiten bestehen, sind diese im Widerspruchs- oder Hauptsacheverfahren aufzuklären und es ist im Wege der Folgenabschätzung zugunsten des Antragstellers zu entscheiden. Sollte sich später ergeben, dass das Gericht die Sach- und Rechtslage falsch eingeschätzt hat, so ist es vorzugswürdig, dass die Antragsgegnerin zu Unrecht Hilfe zur Pflege gewährt hat und deren Rückforderung gegebenenfalls uneinbringlich ist, als dass dem Antragsteller die ihm zustehende Hilfe zur Pflege irrtümlich verweigert wird und er nicht in der Lage ist, das Gehalt seiner Pflegerin Frau S1 sowie die darauf entfallenden gehaltsabhängigen Abgaben zu zahlen (mit den entsprechenden ihm nachteiligen Folgen, auf die noch näher einzugehen sein wird).

Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu gewähren. Was zu den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen in diesem Sinne gehört, ergibt sich aus § 61 Abs. 5 SGB XII. Weiterhin ist Hilfe zur Pflege gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz SGB XII auch Kranken und Behinderten zu gewähren, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Hilfebedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Absatz 5 bedürfen. Gemäß § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII sind bei Pflegebedürftigen im Sinne des § 61 Abs. 1 SGB XII die angemessenen Kosten zu übernehmen, wenn neben oder anstelle der Pflege nach § 63 Satz 1 SGB XII die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft erforderlich ist.

Nach diesen Vorschriften liegen die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten der Betreuung durch Frau S1 im Umfang von 1120,44 Euro monatlich in der Zeit von September bis Dezember 2006 im Wege der einstweiligen Anordnung vor.

Der Antragsteller ist pflegebedürftig im Sinne von § 61 Abs. 1 SGB XII.

In Bezug auf den auch von der Antragsgegnerin im Bescheid vom 24.08.2006 anerkannten und zwischen den Beteiligten unstreitigen Pflegebedarf (nach dem Modulsystem täglich 1 x Leistungskomplex – LK – 18, LK 03, LK 04, LK 20 und 2 x LK 15, wöchentlich zusätzlich LK 11 und LK 22) ergibt sich dies aus § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Der Antragsteller leidet an einer Krankheit oder Behinderung im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 61 Abs. 3 SGB XII. Diese liegt nach aktueller gerichtlicher Einschätzung insofern in den bei ihm vorliegenden Beeinträchtigungen durch den Zustand nach Apoplex mit Hemiparese links (vgl. Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung – MDK – Nordrhein vom 29.04.2004 und vom 30.11.2006, jeweils Ziff. 4). Wegen dieser Beeinträchtigung, die von § 61 Abs. 3 SGB XII erfasst wird und die dauerhaft beim Antragsteller vorliegt, bedarf er für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens im Sinne von § 61 Abs. 5 SGB XII in erheblichem Maße der Hilfe. Insofern geht das MDK-Gutachten vom 29.04.2004 von einem Pflegebedarf in der Grundpflege (§ 61 Abs. 5 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB XII) von 145 Minuten täglich aus und unterstellt wegen des zum Begutachtungszeitpunkt bestehenden Krankenhausaufenthalts einen Pflegebedarf für die hauswirtschaftliche Versorgung von 7 Stunden/Woche, also umgerechnet von 60 Minuten täglich. Dies deckt sich im Wesentlichen mit dem MDK-Gutachten vom 30.11.2006, in dem ein Bedarf für die Grundpflege von 154 Minuten täglich und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 60 Minuten täglich festgestellt wird. Die Antragsgegnerin sieht in Bezug auf diesen Pflegebedarf, der nach ihrer im Bescheid vom 24.08.2006 und den Aussagen in diesem Verfahren erkennbaren Vorstellung durch einen ambulanten Pflegedienst gedeckt werden sollte, auch eine Übereinstimmung mit ihren eigenen Ermittlungen durch Hausbesuche der Pflegefachkraft Frau E am 04.03.2005, am 09.06.2005, am 27.07.2006 und am 24.08.2006. Wegen dieser Beeinträchtigung bedarf der Antragsteller der Pflege in Bezug auf die in den MDK-Gutachten und dem Bescheid vom 24.08.2006 aufgeführten Verrichtungen.

Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass der Pflegebedarf des Antragstellers nicht konstant ist, sondern je nach seiner aktuellen körperlichen oder seelischen Verfassung mehr Pflegebedarf nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII anfallen kann, als im Bescheid vom 24.08.2006 festgestellt (dort finanzieller Umfang bei Pflege durch ambulanten Pflegedienst nach dem Modulsystem: 1872,52 Euro). Aufgrund des durch die bei der Antragsgegnerin beschäftigte Pflegefachkraft Frau E durchgeführten Hausbesuchs beim Antragsteller am 27.07.2006 (vgl. Beiakte 3, Bl. 244 ff.) ermittelte die bei der Antragsgegnerin für den Antragsteller zuständige Sachbearbeiterin Frau T in ihrem Vermerk zum Pflegebedarf vom 27.07.2006 (Beiakte 3, Bl. 250) den Bedarf bei Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst nach dem Modulsystem mit insgesamt 2613,56 Euro. Dieser um ca. 750 Euro über dem im Bescheid vom 24.08.2006 ermittelten Finanzbedarf für einen ambulanten Pflegedienst liegende Bedarf liegt noch über den Gesamtkosten der Pflege durch Frau S1, die die Antragsgegnerin im Bescheid vom 24.08.2006 – vom Antragsteller bisher nicht angegriffen - mit insgesamt 2273,55 Euro angesetzt hat. Schon dies zeigt, dass gegebenenfalls schon unter dem Gesichtspunkt des Pflegebedarfs nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII weitere Ermittlungen sinnvoll erscheinen, um herauszufinden, ob es einen vertretbaren "durchschnittlichen" Pflegebedarf gibt. Sollte dieser deutlich über dem im Bescheid vom 24.08.2006 von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Pflegebedarf liegen, könnte die Entscheidung der Antragsgegnerin zur Übernahme der Kosten der Betreuung durch Frau S1 anders ausfallen.

Der Antragsteller bedarf über den vorstehend dargestellten Pflegebedarf nach § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII hinaus auch im Übrigen der im Wesentlichen ganztägigen Betreuung durch Frau S1. Insofern ergibt sich seine Pflegebedürftigkeit und sein Pflegebedarf aus § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Die Erkrankung bzw. Behinderung, an der er leidet, ist insofern der Zustand nach operiertem Zenker-Divertikel, der nach dem Attest der Gemeinschaftspraxis T2/ I1/ T3 vom 31.10.2006 gelegentliche Regurgitationen auslösen kann, die ohne Intervention zur Asphyxie führen können. Hierdurch bedarf der Antragsteller zwar nicht der Hilfe bei den Verrichtungen im Sinne von § 61 Abs. 5 SGB XII, jedoch bedarf er der Hilfe bei "anderen Verrichtungen" gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz SGB XII. Diese Vorschrift erweitert den sozialhilferechtlichen Pflegebegriff, indem sie gegenüber dem pflegeversicherungsrechtlichen Pflegebegriff einen kürzeren Zeitraum der Pflegebedürftigkeit, einen geringeren Pflegebedarf (sog. Stufe 0) und Hilfebedarf für andere Verrichtungen für die Pflegebedürftigkeit als ausreichend anerkennt.

Von den "anderen Verrichtungen" gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz SGB XII werden neben hier nicht in Betracht kommenden Hilfeleistungen auch tagesstrukturierende Maßnahmen, Orientierung im häuslichen und außerhäuslichen Bereich, Schutz vor Selbst- und Fremdgefährdung, Beaufsichtigung, Anleitung und Beschäftigung, insbesondere bei psychischen Erkrankungen, sowie die medikamentöse Versorgung des Hilfeempfängers oder seine Begleitung bei Spaziergängen und gemäß § 61 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB XII in Verbindung mit § 28 Abs. 4 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) die Ermöglichung von Kommunikationsbeziehungen zur Umwelt sowie die aktivierende Pflege erfasst,

vgl. Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2004 - 13 K 5630/02 -, Juris, Rn. 53; Lehr- und Praxiskommentar zum SGB XII (LPK-SGB XII), 7. Aufl., 2005, § 61 Rn. 7; Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl., 2002, § 68 Rn. 24, 49; Lehr- und Praxiskommentar zum BSHG (LPK-BSHG), 6. Aufl., 2003, § 68 Rn. 7; U. Krahmer, ZFSH/SGB 1997, 282 (293 f.); Fichtner, BSHG, 2. Aufl., 2003, § 68 Rn. 28 ff., 34.

Insbesondere hat das VG Karlsruhe die Rund-um-die-Uhr-Versorgung eines Querschnittsgelähmten auch in Bezug auf Zeiten einer Anwesenheitsbereitschaft ohne Bezug zu Grundpflege oder hauswirtschaftlicher Versorgung dann als "andere Verrichtung" im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG angesehen, wenn die ständige Anwesenheit einer Pflegefachkraft erforderlich ist, weil jederzeit ein nicht planbarer Hilfefall eintreten kann,

vgl. Beschluss vom 26.03.2003 – 2 K 4604/02 -, Juris.

Da Beaufsichtigung oder Betreuung bei Gefahr von Selbst- oder Fremdgefährdung aber auch ein ansonsten bestehender Beaufsichtigungs- oder Betreuungsbedarf unter diese "anderen Verrichtungen" fällt, geht das Gericht unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung und Kommentierung davon aus, dass auch ein Beaufsichtigungs- oder Betreuungserfordernis zur Abwehr von Gefahren, die aus körperlichen Gesundheitsbeeinträchtigungen folgen, ein pflegebegründender Umstand sein kann. Die attestierte Erstickungsgefahr (Asphyxie), die aus den auch bei operiertem Zenker-Divertikel anscheinend möglichen gelegentlichen Regurgitationen folgen soll, führt nach dem im Einstweiligen Anordnungsverfahren geltenden Maßstab mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem besonderen Beaufsichtigungserfordernis, das rund um die Uhr besteht. Die ausreichend aktuelle ärztliche Aussage im Attest vom 31.10.2006, die für das Gericht schlüssig und nicht von vornherein unglaubhaft ist, ist von der Antragsgegnerin nicht konkret in Frage gestellt worden. Eine gewisse Fragwürdigkeit ergibt sich zwar daraus, dass dieser Zustand zuvor in den Verwaltungsvorgängen, ärztlichen und sonstigen Bescheinigungen, die vorgelegt worden sind, dem gesamten Vortrag des Antragstellers im vorangegangenen Eilverfahren S 00 SO 00/00 ER und diesem Verfahren einschließlich des Ortstermins am 17.10.2006 keine besondere Erwähnung gefunden hat und zur Begründung der Rund-um-die-Uhr-Betreuung erst mit dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 02.11.2006 herangezogen wurde. Erstmals im mit diesem Schriftsatz eingereichten Attest vom 31.10.2006 wird diese Diagnose so pointiert hervorgehoben. Gleichwohl trifft auch der Gutachter im Verfahren, das zur Einrichtung der Betreuung für den Antragsteller nach dem Betreuungsgesetz (BetrG) führte, S2 vom Institut für gerichtliche Psychologie und Psychiatrie, in seinem Gutachten vom 21.03.2006 die Aussage, der Antragsteller bedürfe einer ständigen pflegerischen Beaufsichtigung und Betreuung bzw. eine pflegerische Betreuung rund um die Uhr sei notwendig (S. 4 des Gutachtens). Diese Aussage hat zwar nicht das Gewicht, das der Antragsteller ihr beimessen möchte, da der Gutachter nicht besonders für die Einschätzung von Pflegebedarf im Sinne der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII qualifiziert ist, sondern sein Spezialgebiet in der Begutachtung psychischer und psychiatrischer Beeinträchtigungen hat. Jedoch ist es immerhin eine Aussage eines gerichtlichen Gutachters mit einschlägiger Erfahrung im Bereich des BetrG. Soweit hier in tatsächlicher Hinsicht eine Unsicherheit liegt, so geht diese wegen der Folgenabschätzung zulasten der Antragsgegnerin. Es obliegt ihr, für das bei ihr noch weiterzuführende Widerspruchsverfahren den Sachverhalt weiter aufzuklären, gegebenenfalls den amtsärztlichen Dienst mit der weitergehenden Ermittlung des Sachverhalts zu beauftragen und so festzustellen, ob beim Antragsteller tatsächlich gelegentliche Regurgitationen vorkommen und ob diese ohne Intervention eine Erstickungsgefahr bedingen. Eine gerichtliche weitere Aufklärung des Sachverhalts in dieser Hinsicht, z. B. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, ist in diesem Eilverfahren weder geboten noch in zeitlicher Hinsicht möglich. In einem möglichen späteren Klageverfahren ist sie hingegen denkbar, soweit die Aufklärung durch die Antragsgegnerin nicht ausreicht.

Es ist jedenfalls zwischen den Beteiligten aktuell unstreitig, dass dann, wenn man vom Vorliegen einer Erstickungsgefahr aufgrund von aus dem operierten Zenker-Divertikel folgenden Regurgitationen ausgeht, eine Betreuung "rund um die Uhr" erforderlich ist. Der Vortrag der Antragsgegnerin ist zwar so zu verstehen, dass sie das Vorliegen dieser Erstickungsgefahr nicht ohne weiteres anerkennt, sondern in ihren Stellungnahmen vom 14.11.2006, vom 06.12.2006, vom 13.12.2006 und vom 15.12.2006 sinngemäß ausgeführt wird, dass sie sich nur zum aus der Erstickungsgefahr folgenden Pflegeerfordernis sowie der Geeignetheit der aktuell erfolgenden häuslichen Pflege durch Frau S1 unter der Voraussetzung äußert, dass eine solche Erstickungsgefahr tatsächlich besteht. Dass dies nicht zugestanden bzw. anerkannt wird, lässt sich jedenfalls der Klarstellung in der E-Mail der Antragsgegnerin vom 15.12.2006 entnehmen.

Auch die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII für eine Übernahme der Kosten der Pflege durch Frau S1 liegen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor. Verbleibende Unklarheiten gehen im Wege der Folgenabschätzung nach dem oben Gesagten zulasten der Antragsgegnerin, weil die aus einer Fehleinschätzung im Falle der Ablehnung für den Antragsteller entstehenden Nachteile diejenigen beim Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Antragsgegnerin entstehenden Nachteile überwiegen.

Zunächst ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die häusliche Pflege gemäß § 63 SGB XII im oben beschriebenen Umfang nicht durch dem Antragsteller nahestehende Personen oder durch Nachbarschaftshilfe sichergestellt werden kann. Zwar unterstützt insbesondere die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers, seine Nichte X, ihn nach Kräften bei der Regelung u.a. seiner finanziellen Angelegenheiten. Mehr als derzeit an Hilfeleistung tatsächlich erbracht, kann sie jedoch aufgrund ihrer familiären und beruflichen Auslastung jedoch keinesfalls leisten. Andere Helfer, insbesondere aus dem familiären Bereich, sind nicht in der Lage die umfangreichen Hilfebedürfnisse des Antragstellers nennenswert zu befriedigen. Deshalb ist grundsätzlich im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII die Heranziehung einer besonderen Pflegefachkraft neben oder anstelle der häuslichen Pflege (oder alternativ eine stationäre Unterbringung nach § 61 Abs. 2 Satz 1, 5. Variante SGB XII, hierzu siehe unten) erforderlich.

Die Übernahme der Kosten für die Pflege durch Frau S1 ist möglich, weil es sich bei ihr nach aktueller Einschätzung um eine besondere Pflegefachkraft im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII handeln kann. Auch wenn es sich bei erwerbsmäßig handelnden besonderen Pflegefachkräften, die wegen der Entgeltlichkeit ihrer Pflege nicht Pflegepersonen im Sinne von § 63 SGB XII sind, in der Regel um über besondere Fachqualifikationen verfügende Kräfte handeln wird, also z. B. Krankenpflegepersonal, Altenpfleger oder Familienpflegekräfte,

vgl. Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2005, § 65 Rn. 14; Schellhorn/Schellhorn, a. a. O., § 69 b Rn. 10a,

so ist eine Berufs- oder Fachausbildung nicht zwingend erforderlich. Es kommt letztlich allein darauf an, ob die besondere Pflegefachkraft nach ihrer fachlichen Befähigung geeignet ist, die Pflegeerfordernisse des Pflegebedürftigen zu erfüllen, sofern sie nicht zum Kreis der unentgeltlich pflegenden Pflegepersonen im Sinne von § 63 SGB XII gehören.

Vgl. Schellhorn/Schellhorn, a. a. O., Rn. 10a; LPK-SGB XII, a. a. O., § 65 Rn. 10; LPK-BSHG, a. a. O., § 69 b Rn. 10; Fichtner, a. a. O., § 69 b Rn. 19.

Bei Frau S1 handelt es sich um eine polnische Staatsangehörige, die zum Zwecke der entgeltlichen Ausübung einer pflegenden Tätigkeit, wie der vorliegenden beim Antragsteller, nach Deutschland gekommen ist. Eine besondere Berufsausbildung im Pflegebereich ist nicht bekannt. Jedoch ist sie bisher anscheinend mit der Pflege und sonstigen Betreuung des Antragstellers gut klar gekommen. Auch die Antragsgegnerin hat im Grundsatz ihre pflegerischen Fähigkeiten nicht in Frage gestellt. Der psychiatrische Gutachter aus dem Betreuungsverfahren sieht durch sie die Pflege gut sichergestellt. Die Angehörigen sowie der Betreuer des Antragstellers, die sich nach dem Eindruck des Gerichts sehr um die gute und auch fachgerechte Versorgung des Antragstellers kümmern, haben keinen Zweifel an der fachgerechten Pflege durch Frau S1. Der Hausarzt des Antragstellers hat nach den Aussagen des Betreuers des Antragstellers in seiner Stellungnahme vom 15.12.2006 keine Bedenken gegen die Betreuung durch Frau S1 und sieht sie in der Lage, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten und zu veranlassen, wie es in einem Pflegeheim auch geschähe; zudem sei sie in der Lage, kritische Situationen zu erkennen.

Das Gericht geht auch mit der für den Erlass dieser einstweiligen Anordnung erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon aus, dass Frau S1 geeignet ist, durch Beaufsichtigung und Betreuung des Antragstellers der Erstickungsgefahr bei Regurgitationen durch das Zenker-Divertikel in angemessener Weise zu begegnen. Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Antragsgegnerin sind zwar in ihrem Grundgedanken berechtigt, jedoch hat der Betreuer des Antragstellers in seiner Stellungnahme vom 15.12.2006 nachvollziehbar dargelegt, dass auch bei einer Betreuung in einem Pflegeheim keine vollständige Sicherheit gegenüber der möglichen Erstickungsgefahr gewährleistet werden könnte. Er gibt insofern ein Telefonat mit einem Herrn P (00000/ 00 00 000) wieder, der die Hausleitung in einem im September 2005 eröffneten und deshalb wohl modern ausgestatteten städtischen Altenheim der Stadt L innehaben soll. Dieser soll geäußert haben: Auf einen Bewohner mit möglichen Erstickungsanfällen wie den Antragsteller sei sein Heim – und nach seinem Wissen auch ein anderes Altenheim – nicht vorbereitet. Es gäbe keine Ausstattung oder spezielle Vorsorge für Situationen mit Erstickungsanfällen oder Atemnot. Es könne allein ein Notarzt gerufen werden, der die medizinische Versorgung übernähme und weitere Maßnahmen veranlassen könne. Bewohner wären auf ihren Zimmern regelmäßig nicht nur kurzzeitig allein und stünden deshalb nicht unter permanenter Aufsicht.

Dieser Aussage lässt sich entnehmen, dass eventuell auch in einem Pflegeheim der vom Antragsteller vorgetragenen Situation nicht mit Sicherheit begegnet werden kann. Dies steht zwar nicht fest, jedoch sieht sich das Gericht nicht in der Lage, dies kurzfristig zu ermitteln. Die gewisse Unsicherheit, ob Frau S1 mit allen auftretenden Gefahren fertig werden kann, ist deshalb mangels besser geeigneter Pflege in einem Pflege-/Altenheim, in diesem Verfahren hinzunehmen. Die Antragsgegnerin wird zu ermitteln haben, ob es andere Möglichkeiten (eventuell andere stationäre Einrichtungen) gibt, die das Wohlergehen des Antragstellers sicherer gewährleisten als bei Pflege durch Frau S1 oder in einem Altenheim wie dem des Herrn P. Gibt es Möglichkeiten, die nicht mit dieser verbleibenden Unsicherheit behaftet sind, so dürften sie als geeignetere Formen der Pflege Vorrang vor der eventuell nicht in jeder Hinsicht geeigneten Pflege durch Frau S1 haben.

Angesichts der an Frau S1 letztlich ausgezahlten Nettovergütung für ihre Vollzeitbetreuung des Antragstellers (831,71 Euro, gegebenenfalls zuzüglich des Betrages für Unterkunft und Verpflegung, der wohl als ihr Verdienst in Gestalt von Sachbezügen anzusehen ist, 369,72 Euro; Summe: 1201,42 Euro) hat das Gericht keinen Zweifel an der Angemessenheit der Vergütung von Frau S1 und hält die Aufwendungen des Antragstellers für die Pflege durch Frau S1 deshalb für angemessen im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII.

Der Anspruch des Antragstellers auf Übernahme der angemessenen Aufwendungen für die Pflege durch Frau S1 gemäß § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII beläuft sich nach den soweit ersichtlich zutreffenden Berechnungen der Antragsgegnerin, denen der Antragsteller nicht konkret entgegengetreten ist, auf monatlich 1120,44 Euro.

Dies ergibt sich aus dem Pflegebedarf in Gestalt der angemessenen Vergütung der Frau S1 mit allen Nebenkosten, der sich insgesamt auf monatlich 2273,55 Euro beläuft. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24.08.2006, S. 1, verwiesen. Diesen Berechnungen ist der Antragsteller nicht entgegengetreten.

Zu diesem Bedarf hat der Antragsteller mit seinem über der Einkommensgrenze nach § 85 Abs. 1 SGB XII liegenden Einkommen nach § 87 Abs. 1 SGB XII beizutragen. Diesen sog. Eigenanteil hat die Antragsgegnerin in der Weise berechnet, indem sie vom Renteneinkommen des Antragstellers (1512,06 Euro + 68 Euro = 1580,06 Euro) den Grundbetrag nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII (2-facher Eckregelsatz = 690 Euro), die monatlichen angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII (Jahresaufwendungen des Antragstellers für das Hausgrundstück I2straße 00 in L-G: 1663,06 Euro gemäß Aufstellung vom 27.07.2006 in Beiakte 3, Bl. 241; davon 1/12: 138,59 Euro monatlich) und als besondere Belastung im Sinne von § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB XII den Monatsanteil für die Hausratversicherung des Antragstellers von 8,36 Euro (100,30 Euro Jahresbeitrag / 12) abgezogen hat. Danach verbleibt ein nach §§ 85, 87 SGB XII einzusetzendes Einkommen von 743,11 Euro. Dieser rechnerisch zutreffenden Berechnung der Antragsgegnerin ist der Antragsteller nicht entgegengetreten, obwohl ihm diese Berechnungen mit dem Bescheid vom 24.08.2006 als Anlage übersandt worden sind. Das Gericht geht jedenfalls für dieses Eilverfahren von diesen Zahlen aus. Es war dabei auch richtig, dass die Antragsgegnerin bei der Berechnung des vom Einkommenseinsatz jedenfalls freizulassenden Einkommensanteils nach § 85 Abs. 1 SGB XII für Frau S1 keinen sog. Familienzuschlag nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII angesetzt hat, wie sie es zunächst im Bescheid vom 31.07.2006 (Beiakte 3, Bl. 259 ff.) und der entsprechenden Berechnung des Eigenanteils vom 27.07.2006 (Beiakte 3, Bl. 242) getan hat. Ein solcher Familienzuschlag ist für eine Person, die bei der nachfragenden Person (hier: dem Antragsteller) beschäftigt ist, nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht anzusetzen.

Da dem Antragsteller somit nach §§ 85 Abs. 1, 87 Abs. 1 SGB XII zuzumuten ist, mit 743,11 Euro zu seinem Pflegebedarf von 2273,55 Euro beizutragen, verbleibt nach Anrechnung des Eigenanteils und des nach § 66 Abs. 4 Satz 3 SGB XII anzurechnenden Pflegegeldes der Pflegekasse nach dem SGB XI von 410 Euro ein zu übernehmender Betrag von 1120,44 Euro. Auf welcher Grundlage der Antragsteller meint, ihm stünden monatlich 1241,07 Euro zu, ist nicht ersichtlich. Der Betreuer hat diesen Betrag mit dem Antrag vom 28.08.2006 geltend gemacht und diesen Betrag auch im Ortstermin am 17.10.2006 trotz Hinweises des Gerichts nicht korrigiert. Er hat aber auch nicht dargelegt, inwiefern die Berechnungen der Antragsgegnerin, die das Gericht hier - ohne abschließende Prüfung nach dem Maßstab eines Klageverfahrens – nachvollzieht, nicht zutreffend sein sollen.

Der Anspruch des Antragstellers ist nach aktueller Einschätzung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der für die Antragsgegnerin anfallenden Kosten ausgeschlossen, weil eine stationäre Unterbringung des Antragstellers in einem Pflege- oder Altenheim für die Antragsgegnerin kostengünstiger wäre.

Dies ergibt sich nach aktueller Einschätzung des Gerichts im Rahmen dieses Eilverfahrens nicht aus § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift werden Leistungen nach § 65 Abs. 1 insoweit nicht erbracht, als Pflegebedürftige in der Lage sind, zweckentsprechende Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften in Anspruch zu nehmen. Die Argumentation der Antragsgegnerin geht dahin, der Antragsteller solle eine stationäre Unterbringung wählen, da er dann für die Kosten dieser Unterbringung statt des Pflegegeldes nach dem SGB XI von 410 Euro Pflegesachleistungen von 1279 Euro erhalten könnte. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 66 Abs. 4 Satz 2 SGB II können Pflegebedürftige wie der Antragsteller, die ihre Pflege durch von ihnen beschäftigte besondere Pflegefachkräfte sicherstellen, nicht auf die Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen nach dem SGB XI verwiesen werden. Das hier besonders geregelte sog. Arbeitgebermodell ist ein vom Gesetzgeber für den Bereich der Pflege sowie des Schwerbehindertenrechts nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuches – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) besonders gefördertes Modell, das mit dem Gedanken des persönlichen Budgets nach § 17 Abs. 2 bis Abs. 4 SGB IX einher geht und dem Ziel der möglichst selbstbestimmten und eigeninitiativen Lebensführung Behinderter dient. Der Antragsteller beschäftigt Frau S1 im Arbeitgebermodell und fällt somit unter § 66 Abs. 4 Satz 2 SGB XII. Aus diesem Grund kann er nicht auf die Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen nach dem SGB XI in einer stationären Einrichtung, ergänzt durch stationäre Hilfe zur Pflege nach § 68 SGB XII verwiesen werden.

Die Übernahme der Kosten der Pflege durch Frau S1 ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der §§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen, die als allgemeine "Grundsätze der Leistungen" im 1. Abschnitt des 2. Kapitels des SGB XII für alle Arten der Sozialhilfe gelten.

Nach § 9 Abs. 2 SGB XII soll Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Hilfe richten, entsprochen werden, soweit sie angemessen sind (Satz 1). Der Träger der Sozialhilfe soll solchen Wünschen in der Regel nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre (Satz 3). Zugleich regelt § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, dass ambulante Leistungen vor teilstationären oder stationären Leistungen Vorrang haben; der Vorrang der ambulanten Leistungen gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist (Satz 4); bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen (Satz 5); dabei sind die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen (Satz 6); bei Unzumutbarkeit ist ein Kostenvergleich nicht vorzunehmen (Satz 7).

Nach aktueller Einschätzung des Gerichts ist der Wunsch des Antragstellers, von Frau S1 in seinem Eigenheim gepflegt zu werden, anstatt sich in eine stationäre Einrichtung zu begeben, angemessen und auch nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden.

Dieser Wunsch ist sehr gut nachvollziehbar, da der Antragsteller von Frau S1 persönlich, einfühlsam und seinen Bedürfnissen entsprechend gepflegt wird. Sie betreut ihn seit Oktober 2004, hat zu ihm ein Vertrauensverhältnis aufgebaut und weiß seine Eigenheiten und die Besonderheiten seiner gesundheitlichen Verfassung aufgrund ihrer Erfahrung mit ihm gut einzuschätzen. Wegen des aufgebauten Vertrauensverhältnisses wäre ein Wechsel der Pflegekraft für den fast 79-jährigen Antragsteller eine erhebliche Zumutung, die es zwar nicht ausschließen dürfte, ihm einen Wechsel der Bezugsperson zuzumuten, die die Anforderungen an ein solches Ansinnen jedoch recht hoch legt. Dies wäre anders, wenn es darum ginge, dass die Pflege des Antragstellers erst begonnen würde und die Wahl bestünde, Frau S1 erstmals zu beauftragen oder den Antragsteller stationär unterzubringen. Aus diesen Erwägungen ergibt sich im Wesentlichen bereits, dass der Wunsch des Antragstellers angemessen sein dürfte.

Hinzu kommt, dass nicht nur der Antragsteller sondern auch viele andere ältere pflegebedürftige Menschen die Vorstellung, ihre Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit durch stationäre Unterbringung zu verlieren, in hohem Maße fürchten. Wohl aufgrund dieser Erkenntnis hat auch der Gesetzgeber im SGB XI und der Regelung der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII den Grundsatz des Vorrangs der häuslichen bzw. ambulanten Pflege niedergelegt, der ein systembildender Grundsatz dieser gesetzlichen Regelungen ist, wie z. B. § 3 SGB XI, § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII oder § 61 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB XII verdeutlichen. Hieraus ergibt sich in Ergänzung des Vorstehenden, dass der Wunsch des Antragstellers nach Pflege durch Frau S1 in seiner ihm vertrauten häuslichen Umgebung jedenfalls angemessen ist.

Zugleich kann nicht festgestellt werden, dass es dem Antragsteller von vornherein unzumutbar wäre, stationär versorgt zu werden. Seine Abneigung dagegen, die er im Ortstermin am 17.10.2006 überzeugend ausgedrückt hat, ist zwar nachvollziehbar. Er teilt diese jedoch mit einer Vielzahl anderer alter Menschen. Auch die Veränderung seiner mittlerweile für über zwei Jahre etablierten Pflegesituation ist für ihn zwar sicher eine Zumutung, also ein empfundenes Übel, aber wohl nicht unzumutbar.

Die Berücksichtigung des Wunsches des Antragstellers nach häuslicher Pflege ist auch nicht wegen unverhältnismäßiger Mehrkosten gegenüber stationärer Unterbringung ausgeschlossen.

Zum einen ist schon fraglich, ob überhaupt im Sinne der §§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 1 Satz 4 SGB XII Mehrkosten anfallen. Denn die Pflege durch Frau S1 verursacht finanziell einen Bedarf von 2273,55 Euro. Die von der Antragsgegnerin in ihrem beim Ortstermin am 17.10.2006 vorgelegten Kostenvergleich beispielhaft angeführte stationäre Unterbringung im N (wohl in L) würde in Pflegestufe II monatlich 3275,27 Euro kosten, wäre damit also nicht billiger als die häusliche Pflege durch Frau S1 sondern teurer. Die von der Antragsgegnerin bei der Pflege durch Frau S1 gesehenen Mehrkosten lassen sich nur dann begründen, wenn man allein darauf abstellt, was der Sozialhilfeträger im Ergebnis zahlen muss. Den 1120,44 Euro Anspruch des Antragstellers bei Pflege durch Frau S1 unter Anrechnung von 743,11 Euro Eigenanteil und 410 Euro Pflegegeld stehen bei stationärer Unterbringung vom Sozialhilfeträger zu übernehmende 505,91 Euro gegenüber. Dass dieser Betrag trotz um ca. 1000 Euro höherem Pflegebedarf um 614,53 Euro unter dem Anspruch bei häuslicher Pflege liegt, ergibt sich einerseits daraus, dass die Renten des Antragstellers (wohl) nach § 88 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 SGB XII, auch soweit sie unter der Einkommensgrenze nach § 85 Abs. 1 SGB XII liegen, vollständig auf den Pflegebedarf angerechnet werden können, weil der Antragsteller in einer stationären Einrichtung keines Einkommens über dem Barbetrag ("Taschengeld"), den die Antragsgegnerin berücksichtigt hat, hinaus bedürfte. Andererseits ist nach dem SGB XI für die stationäre Unterbringung als Pflegesachleistung bei Pflegestufe II ein Betrag von 1279 Euro zu leisten, der über das Pflegegeld nach Pflegestufe II von 410 Euro weit hinaus geht. Insofern ist weder dem Gesetz noch der auffindbaren Rechtsprechung oder Kommentierung deutlich zu entnehmen, ob die Mehrkosten allein unter Berücksichtigung der verursachten Kosten auf der Bedarfsseite zu ermitteln sind, oder ob allein auf die beim verpflichteten Sozialhilfeträger anfallenden Kosten abzustellen ist.

Dies kann in diesem Eilverfahren offen bleiben, weil das Gericht jedenfalls davon ausgeht, dass dann, wenn man von entstehenden Mehrkosten aufgrund der häuslichen Pflege von Frau S1 ausgeht, diese Mehrkosten jedenfalls nicht unverhältnismäßig im Sinne von §§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 1 Satz 4 SGB XII wären.

Stellt man auf die Kosten für den Sozialhilfeträger ab, so entstehen nach der Rechnung der Antragsgegnerin Mehrkosten von 614,53 Euro. Dass diese nicht unverhältnismäßig sind, ergibt sich aus der Berücksichtigung folgender Umstände:

Erstens empfindet es der Antragsteller offensichtlich fast als unerträglich, stationär untergebracht zu sein. Dies lässt sich nicht nur seinen Äußerungen im Ortstermin am 17.10.2006 entnehmen, sondern er hat auch bereits eine tatsächliche Erfahrung in dem Heim, in dem auch seine Ehefrau Agnes stationär untergebracht ist, hinter sich gebracht diese beendet und die aktuelle Pflegesituation mit Frau S1 begonnen, weil es dort für ihn nach seiner Aussage nicht auszuhalten war.

Zweitens ist die Pflege durch Frau S1 mittlerweile über zwei Jahre etabliert und es würde für den Antragsteller eine erhebliche Belastung darstellen, müsste er sich in seinem Alter sowie seiner körperlichen und seelischen Verfassung auf andere Abläufe und eine vollständig neue Pflegesituation mit anderen Pflegekräften umstellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Pflege durch Frau S1 in seinen persönlichen Belangen sehr Rechnung tragender Weise erfolgt und er bei einer stationären Unterbringung durch die damit notwendig verbundene unpersönlichere Art der Betreuung besonders betroffen wäre.

Drittens entspricht die derzeit vorhandene häusliche Pflege dem Vorrang der häuslichen Pflege gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Gewisse Mehrkosten sind damit gesetzgeberisch in Kauf genommen worden und nur bei unverhältnismäßigen Mehrkosten soll der Vorrang der häuslichen Pflege zurücktreten.

Viertens verwirklicht der Antragsteller mit der von ihm realisierten häuslichen Pflege durch Frau S1 das gesetzgeberisch akzeptierte und geförderte Arbeitgebermodell, das in § 17 SGB IX vorausgesetzt wird und in § 66 Abs. 4 Satz 2 SGB XII für die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII besonders geregelt ist. Gerade die Regelung in § 66 Abs. 4 Satz 2 SGB XII zeigt, dass der Gesetzgeber akzeptiert, dass das Arbeitgebermodell zu Mehrkosten führt, da die in § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB XII geregelte Verweisung auf zweckentsprechende Pflegesachleistungen der Pflegeversicherung nichts anderes ist als eine spezielle Ausformung des Mehrkostenvorbehalts beim Wunsch- und Wahlrecht bzw. zugleich des Nachranges der Sozialhilfe. Wenn diese Regelung dem Gesetzgeber notwendig erschien, so setzt dies nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts voraus, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass im Arbeitgebermodell auch solche Pflegekräfte beschäftigt werden können, für die die Pflegekassen keine Pflegesachleistungen erbringen können, weil mit ihnen (wie im Fall der Frau S1) ein Versorgungsvertrag nach dem SGB XI nicht besteht und wegen fehlender Voraussetzungen nach dem SGB XI auch nicht geschlossen werden kann. Nur dann käme eine Verweisung auf Pflegesachleistung überhaupt in Betracht. Akzeptiert (und wünscht) der Gesetzgeber aber die Beschäftigung von Pflegekräften im Arbeitgebermodell nach § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, weil dies die Autonomie und Selbstbestimmtheit in der Lebensführung von Behinderten und sonst Pflegebedürftigen erhöht, so sind damit Mehrkosten notwendig verbunden. Dies ergibt sich aus der strukturellen Besserstellung stationärer Unterbringung durch das SGB XI einerseits (Pflegesachleistung, hoher pauschaler Pflegesatz bei stationärer Unterbringung) sowie der ambulanten Pflege durch anerkannte Pflegedienste (nicht im Arbeitgebermodell) andererseits (über das Pflegegeld um mehr als 100 % hinausgehende Pflegesachleistung). Allein unter dem Kostengesichtspunkt könnte die häusliche Pflege im Arbeitgebermodell mit diesen Varianten der Pflege niemals konkurrieren und wäre in der Lebenswirklichkeit rechtlich ausgeschlossen bzw. eventuell auf Ausnahmen begrenzt.

Deshalb geht das Gericht derzeit davon aus, dass Mehrkosten von Pflege im Arbeitgebermodell für den Sozialhilfeträger gegenüber stationärer Pflege (oder ambulanter Pflege durch Pflegedienste), die allein dadurch entstehen, dass Einkommen nach §§ 85 ff. SGB XII bei diesen Pflegevarianten anders angerechnet wird, bzw. dass für diese Pflege höhere Leistungen der Pflegeversicherung erbracht werden, niemals unverhältnismäßig sind. Mit anderen Worten: Liegen die absoluten Kosten einer Pflege (Pflegebedarf) im Arbeitgebermodell vor Anrechnung von Einkommen oder Leistungen der Pflegeversicherung nicht über den absoluten Kosten einer anderen Art der Erbringung der Pflege, so sind diese hinzunehmen.

Soweit der Antrag abgelehnt wurde, folgt dies allein daraus, dass der Antragsteller monatlich 1241,07 Euro beantragt hat und nicht nachvollziehbar ist, wie er hierauf kommt. Den Berechnungen der Antragsgegnerin ist er nicht im Einzelnen entgegengetreten und auch das Gericht konnte bei der erfolgten summarischen Prüfung keine Fehler entdecken.

Es besteht neben dem vorstehend erörterten Anordnungsanspruch auch ein Anordnungsgrund für das Begehren. Würde dem Antrag nicht entsprochen, so wäre derzeit mit den Mitteln des Antragstellers seine Pflege durch Frau S1 nicht sicherzustellen. Er bedarf dieser Pflege im über die im Bescheid vom 24.08.2006 erfolgte Bewilligung hinausgehenden Umfang jedoch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit. Das Attest der Gemeinschaftspraxis T2/ I1/ T3 vom 31.10.2006 bescheinigt, dass ärztlicherseits eine Ganztagsbetreuung indiziert sei, und begründet dies mit der Erstickungsgefahr. Der so glaubhaft gemachte unzumutbare Nachteil könnte zwar auch durch die von der Antragsgegnerin für geeignet gehaltene stationäre Unterbringung in einer Einrichtung abgewendet werden. Die einstweilige Anordnung ist jedoch gleichwohl zu erlassen, weil es dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, vorläufig, wie von der Antragsgegnerin für richtig gehalten, in eine stationäre Unterbringung zu wechseln und gegebenenfalls bei Erfolg in der Hauptsache später wieder in die häusliche Pflegesituation zurückzukehren. Diese zweifache grundlegende Veränderung seiner Wohn- und Pflegesituation stellt für den fast 79-jährigen Antragsteller, wie das Gericht ihn im Ortstermin am 17.10.2006 erlebt hat, eine unzumutbare Belastung dar. Besonders ist dabei zu berücksichtigen, dass eine enge Bindung und Vertrautheit zwischen Frau S1 und dem Antragsteller besteht. Würde ihm die stationäre Unterbringung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache angesonnen, so könnte Frau S1 nicht mehr bezahlt werden und würde sich einen anderen Arbeitgeber suchen oder in ihre Heimat zurückkehren. Wenn der Antragsteller in der Hauptsache obsiegen würde, stünde Frau S1 nach aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr zur Verfügung.

Die Verpflichtung zur Gewährung der Hilfe zur Pflege als Darlehen ergibt sich aus dem Ermessen des Gerichts über die Art der im Wege der einstweiligen Anordnung zugesprochenen Leistung, sofern diese nur die unmittelbar drohende Gefahr abzuwehren in der Lage ist, sowie der möglichst weitgehenden Vermeidung einer Vorwegnahme der Hauptsache. Dies ist auch mit darlehensweise gewährten Mitteln möglich, solange nur Frau S1 bezahlt wird. Die Entscheidung darüber, ob das Hausgrundstück I2straße 00 in L-G einzusetzendes Vermögen im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 8 SGB XII ist, wird hiermit nicht vorweggenommen und bleibt dem Widerspruchsverfahren der Antragsgegnerin sowie einem möglichen späteren Klageverfahren vorbehalten.

Der Zeitraum der einstweiligen Anordnung wird auf den 31.12.2006 begrenzt, weil der Antragsteller dies im Ortstermin auf Vorschlag des Gerichts so beantragt hat. Das Gericht geht jedoch davon aus, dass die Antragsgegnerin für die Zeit ab Januar 2007 bis zu einer Entscheidung im Widerspruchsverfahren bei unveränderter Sachlage die vorläufig zugesprochenen Leistungen weiter erbringen wird. Andernfalls steht es dem Antragsteller frei, erneut eine einstweilige Anordnung zu beantragen.

Die Antragsgegnerin wird gebeten, eine möglichst umgehende Auszahlung der darlehensweise zu erbringenden Mittel in Abstimmung mit dem Betreuer des Antragstellers bzw. mit der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers sicherzustellen, damit der Zweck dieser einstweiligen Anordnung auch tatsächlich erreicht wird. Sollte eine Beschwerde gegen diesen Beschluss erwogen werden, ist zu berücksichtigen, dass diese keine aufschiebende Wirkung hat, sondern diese erst durch eine Entscheidung des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) über die Aussetzung der Vollziehung dieses Beschlusses herbeigeführt werden kann. Zunächst einmal müssen deshalb die zugesprochenen Mittel unbedingt und zeitnah zur Auszahlung gebracht werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung der §§ 183, 193 SGG. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers vollständig, weil sein Unterliegen geringfügig ist und nicht ersichtlich ist, dass hierdurch Mehrkosten verursacht wurden (Rechtsgedanke des § 155 Abs. 1 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Rechtskraft
Aus
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