L 10 R 533/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 971/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 533/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Umstritten ist die Gewährung höherer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 14. September 1999.

Der am 1949 geborene Kläger erlitt am 14. September 1999 einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall, als er beim Zusammenbruch eines Hängegerüstes einer Verschalung etwa vier bis fünf Meter abstürzte. Hierbei erlitt er im Wesentlichen eine LWK1-Kompressionsfraktur, eine Fibulamehrfragment-Fraktur, eine Mehrfragmentfraktur des Prozessus lateralis tali links, eine Cuboidmehrfragmentfraktur links, eine Traktionsläsion der rechten Schulter mit unterer Armplexusläsion, eine Schädelprellung mit occipitaler Platzwunde, eine Risswunde am rechten Daumen, ein Hämatom rechts gluteal, eine Thoraxprellung beidseits und eine Schulterprellung rechts. Bis zum 14. Oktober 1999 war er in stationärer Behandlung im Klinikum H. und danach bis 11. November 1999 zu einer Anschlussheilbehandlung in der Klinik F., Bad H ... Bis 28. November 2000 gewährte die Beklagte dem Kläger Verletztengeld.

Aufgrund eines Gutachtens des Dr. K. mit einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Schr. gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung in Höhe von 30 v.H. der Vollrente ab 29. November 2000 (Bescheid vom 3. Juli 2001).

Auf der Grundlage eines zweiten Rentengutachtens des Dr. K. vom 20. Juni 2002 (unfallbedingte MdE 30 v.H.) und dessen Auswertung durch den Beratungsarzt Dr. Schr. (unfallbedingte MdE 20 v.H.) entschied die Beklagte nach Anhörung mit Bescheid vom 3. September 2002, der Kläger erhalte anstelle der bisherigen Rente ab 1. Oktober 2002 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v.H. Folgen des Arbeitsunfalles seien eine stabil verheilte Fraktur des 1. LWK infolge einer Verknöcherung mit dem 12. BWK und hieraus resultierender mäßiger Entfaltungsstörung des BWS-/LWS-Überganges, eine gut verheilte Unterschenkelfraktur mit restlichen Funktionsstörungen im Sprunggelenksbereich und noch leichter Entkalkungsreaktion am Fußskelett und leichtem Muskelminus am linken Bein. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den am 24. Oktober 2002 erhobenen Widerspruch als unzulässig, weil verspätet, zurück und lehnte außerdem eine Rücknahme der bindend gewordenen Entscheidung nach erneuter Prüfung ab (Widerspruchsbescheid vom 11. März 2003).

Der Kläger nahm die anschließende Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG), S 6 U 726/03, auf Erhöhung der Verletztenrente wegen Verschlimmerung der Unfallfolgen zurück und legte am 31. Juli 2003 Widerspruch gegen die Entscheidung vom 11. März 2003, den Bescheid vom 3. September 2002 nicht zurückzunehmen, ein.

Nach Einholung eines weiteren Rentengutachtens des Dr. K. vom 24. Oktober 2003 (unfallbedingte MdE weiter 30 v.H.) und einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Schr. vom 3. November 2003 (unfallbedingte MdE 20 v.H., dem Gutachten sei nicht zu folgen) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. November 2003 eine Erhöhung der Verletztenrente ab, da gegenüber den dem Bescheid vom 3. September 2002 zu Grunde liegenden Verhältnissen eine wesentliche Änderung nicht eingetreten und die MdE unverändert mit 20 v.H. zu bewerten sei. Auch dagegen erhob der Kläger Widerspruch.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2004 die Widersprüche gegen die Bescheide vom 11. März und 20. November 2003 zurück.

Deswegen hat der Kläger am 31. März 2004 erneut Klage beim SG erhoben und zuletzt nur die Aufhebung des Bescheides vom 20. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2004 sowie die Gewährung höherer Verletztenrente wegen Verschlimmerung der Unfallfolgen begehrt. Er leide unter ständigen Schmerzen im Rücken, Beschwerden am linken Fuß, Potenzproblemen, unregelmäßigen Krampfanfällen an der rechten Hand, ständigen Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Schweißausbrüchen und einer psychischen Beeinträchtigung durch die lange Behandlung und die verbliebenen Dauerfolgen.

Das SG hat Berichte des Nervenarztes L. beigezogen, wonach sich der Kläger erstmals am 28. September 2004 vorgestellt und angegeben hat, es gehe ihm seit einigen Wochen schlecht und seine rechte Hand werde seit dem Unfall immer wieder steif. Nervenarzt L. hat eine mittelgradige depressive Episode, einen Spannungskopfschmerz sowie einen Verdacht auf Polyneuropathiesyndrom und Peronaeusparese links sowie einen Zustand nach Polytrauma diagnostiziert. Außerdem hat das SG auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Sachverständigengutachten des Dr. P. eingeholt. Dieser ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, es bestehe unfallbedingt eine Funktionsstörung der Wirbelsäule (WS) bei Zunahme durch Versteifung benachbarter Segmente und ausgeprägter spondylophytärer Überbauung des Zwischenwirbelraumes BWK 12/LWK1 im Sinne einer funktionellen Versteifung sowie eine spondylophytäre Überbauung auch der ventralen Zwischenwirbel der benachbarten Segmente, wodurch eine MdE um 20 v.H. bedingt sei. Es bestehe eine Klopfempfindlichkeit über den Dornfortsätzen des Überganges von BWS und LWS und darüber hinaus ein Bewegungsschmerz. Die Beschwerden seien glaubhaft. Trotz spondylophytärer Überbauung der benachbarten Segmente könnten minimale Bewegungsunruhen in diesem WS-Abschnitt Schmerzen hervorrufen. Außerdem bestünden eine erhebliche Funktionseinschränkung am linken Bein mit Muskelverschmächtigung und Bewegungseinschränkungen im Ober- und Unterschenkel sowie zusätzlich eine unfallbedingte Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk nach Traktionstrauma. Insgesamt ergebe sich eine unfallbedingte MdE um 30 v.H. Die objektivierbare Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk könne als Folge des Unfalles gewertet werden. Durch passagere Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk könnten Einsteifungen entstanden sein, welche nicht vollständig rückbildungsfähig seien. In Gesamtschau der Unfallfolgen von WS und linkem Bein rechtfertige sich eine MdE um 30 v.H.

Die Beklagte ist dem unter Vorlage von Stellungnahmen von Dr. Schr. entgegengetreten. Danach sei der Bewegungsschmerz im LWS-Bereich von Dr. P. nicht konkretisiert. Er könne an dem geschädigten Segment im Übergang von BWS und LWS nicht entstehen, da eine knöcherne Überbauung erfolgt sei. Insoweit sei eine Erhöhung der MdE auf 30 v.H. nicht nachvollziehbar. Die endgradige Bewegungsstörung des rechten Schultergelenkes sei nicht Unfallfolge, da keine substanziellen Schäden bei dem Unfall eingetreten seien und die seinerzeitige Zerrung ohne substantielle Schäden keine nachteiligen Dauerfolgen hinterlassen könne. Die anfängliche Arm-Plexus-Läsion infolge Zerrungsbelastung habe sich auch nach den vorliegenden neurologischen Befundberichten vollständig verloren. Solche abgeheilten Verletzungen könnten nicht nach Jahren wieder auftreten.

Mit Urteil vom 5. Dezember 2005 hat das SG die Klage abgewiesen, da eine wesentliche Änderung nicht eingetreten sei, insbesondere keine Änderung der unfallbedingten MdE um mehr als 5 v.H. Zwar bestehe eine Verschlimmerung der Entfaltungsstörung im BWS-LWS-Übergang, doch sei dadurch keine Erhöhung der MdE um mehr als 5 v.H. anzunehmen. Schon im Vergleichsgutachten von Dr. K. vom 20. Juni 2002 sei eine mäßige Entfaltungsstörung von BWS- und LWS-Übergang und eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit beschrieben sowie eine Zunahme des spondylophytären Überbaus. Im Gutachten vom 24. Oktober 2003 sei nun eine ausgeprägte spondylophytäre Überbauung im Sinne einer Versteifung von BWK12/L1 beschrieben, aber keine weitere zunehmende Knickbildung. Die Beweglichkeit von BWS und LWS sei weiter nur endgradig eingeschränkt, der Fingerbodenabstand habe sich sogar von 30 auf 20 cm gebessert. Die Entfaltbarkeit habe sich leicht gebessert. Auch Dr. P. habe nur eine endgradige Bewegungseinschränkung bei Seitneigung von rechts nach links von 15/0/15 gefunden. Zwar habe er jetzt wieder einen Fingerbodenabstand von nur 30 cm erhoben, doch entspreche die Entfaltbarkeit der WS den Feststellungen von Dr. K ... Auch wenn eine funktionelle Versteifung von BWK12 auf LWK1 stattgefunden habe, und eine deutliche spondylophytäre Überbauung nun vorliege, führe dies nicht zu einer deutlichen Einschränkung der Beweglichkeit der WS, insbesondere nach den von Dr. P. gemessenen Werten nach der Neutral-Null-Methode. Zwar seien Schmerzen infolge minimaler Bewegungsunruhe nachvollziehbar, weil die spondylophytäre Überbauung noch nicht abgeschlossen sei, doch ergebe dies keine MdE um mehr als 20 v.H., was auch Dr. P. selbst nicht annehme. Nach Schönberger/Mehrtens/Valentin, 7. Auflage, S. 536, ergebe sich bei einem stabilen Wirbelkörperbruch mit Bandscheibenbeteiligung und statisch wirksamem Achsenknick nur eine MdE um 20 v.H. Hier liege keine zunehmende Knickbildung vor, weswegen eine MdE um 20 v.H. sogar zu hoch sei. Dies könne dahingestellt bleiben, da jedenfalls keine Verschlimmerung von mehr als 5 v.H. vorliege. Hinsichtlich der Folgen der Unterschenkelfraktur bestehe noch eine restliche Funktionsstörung und ein Muskelminus, eine Verschlimmerung sei aber nicht erkennbar und werde auch von Dr. P. verneint. Die Bewegungseinschränkung im Schultergelenk sei nicht Unfallfolge. Die Argumentation von Dr. P. sei nicht überzeugend und durch Dr. Schr. widerlegt. Längere Zeit habe keine Bewegungseinschränkung bestanden. Bei der Entlassung aus der Klinik F. sei die Beweglichkeit frei gewesen. Weder im Gutachten vom 20. Juni 2002 des Dr. K. noch in seinem Gutachten vom 24. Oktober 2003 sei eine Bewegungseinschränkung der Schulter festgestellt. Im Übrigen seien auch die Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit Kribbelparästhesien der rechten Hand und am linken Fuß sowie die Impotentia coeundie nicht Unfallfolge. Dies habe bereits Dr. P. so gesehen und auch der Bericht des Nervenarztes L. spreche gegen eine unfallbedingte Entstehung. Selbst wenn die psychischen Störungen und vegetativen Beeinträchtigungen Unfallfolgen wären, begründeten sie keine MdE um wenigstens 5 v.H. Unter Berücksichtigung aller unfallbedingten Funktionseinschränkungen sei eine um mehr als 5 v.H. höhere MdE als die MdE um 20 v.H. nicht begründbar.

Gegen das am 4. Januar 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. Februar 2006 Berufung eingelegt. Er behauptet weiterhin eine Verschlimmerung. Vor dem Unfall sei er gesund gewesen, jedenfalls habe keine MdE vorgelegen. Dr. K. habe schon am 14. April 2003 Schulterprobleme bestätigt und aus dem Bericht von Dr. Schm. vom 17. Februar 2003 ergebe sich ein schmerzhafter Bogen an der Schulter rechts. Die psychische Beeinträchtigung habe vor dem Unfall nicht vorgelegen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. März 2004 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine wesentliche Änderung, nämlich eine Änderung der MdE um mehr als 5 v.H. liege nicht vor. Unter Auswertung der von Dr. K. und Dr. P. erhobenen Befunde ergebe sich keine höhere MdE. Die Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk und die verstärkten psychischen Beeinträchtigungen seien nicht wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Im vorliegenden Verfahren hat der Senat lediglich darüber zu entscheiden, ob gegenüber den dem Bescheid vom 3. September 2002 zu Grunde liegenden Befunden eine wesentliche Verschlimmerung der Unfallfolgen eingetreten ist und infolgedessen eine höhere Rente als nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren ist. Eine Überprüfung des bindend gewordenen Bescheides vom 3. September 2002 (Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2002 als unzulässig zurückgewiesen und Rücknahme der Klage am 31. Juli 2003, § 77 SGG), nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hat im vorliegenden Verfahren nicht zu erfolgen, denn auch die Entscheidung, dass er nicht zurückgenommen wird ([Widerspruchs-]Bescheid vom 11. März 2003 und Widerspruchsbescheid vom 3. März 2004 hierzu) ist nach § 77 SGG bindend, nachdem ihn der Kläger im Klageverfahren zuletzt nicht angefochten hat und sich ausdrücklich allein gegen die Ablehnung einer Verschlimmerung wendet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von höherer Verletztenrente als nach einer MdE um 20 v.H., denn es liegt gegenüber den Befunden, die dem Bescheid vom 3. September 2002 zu Grunde lagen, keine wesentliche Änderung in den Unfallfolgen vor, die eine höhere MdE begründen würde.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier der Bescheid vom 3. September 2002 - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Bei der Feststellung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung ist eine Änderung in diesem Sinne nach § 73 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt. Bei Renten auf unbestimmte Zeit muss die Veränderungen der MdE länger als drei Monate andauernden.

Die MdE, bei deren Bemessung die nachgewiesenen Gesundheitsstörungen und Funktionseinschränkungen zu berücksichtigen sind, die mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen sind, richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt, dass die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, weil gegenüber dem maßgeblichen Vorgutachten vom 3. September 2002 eine um mehr als 5 v.H. höhere unfallbedingte MdE nicht vorliegt und damit eine wesentliche Verschlimmerung nicht eingetreten ist. Der Senat sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen lediglich auf Folgendes hinzuweisen: Hinsichtlich der Beeinträchtigung des rechten Schultergelenks liegen wesentliche Unfallfolgen und eine dadurch bedingte Verschlimmerung nicht vor. Soweit der Kläger darauf hinweist, Dr. K. und Dr. Schm. hätten schon 2003 Schulterprobleme bestätigt, verkennt er, dass Dr. Schm. ("soweit feststellbar") eine Einschränkung der Beweglichkeit beider Schultern angegeben und in der Diagnose die Traktionsläsion als abgeheilt bewertet hat. Dr. K. hat in der ärztlichen Bescheinigung, auf die sich der Kläger bezieht, lediglich Diagnosen, jedoch keine Befunde oder gar Bewegungsmaße, aufgeführt. Eine durchgängige Beeinträchtigung im Bereich der rechten Schulter ist dadurch nicht belegt, zumal anlässlich gutachterlicher Untersuchungen entsprechende Beschwerdeangaben nicht gemacht worden sind.

Die geltend gemachten psychischen Störungen, die vegetativen Störungen und sonstigen Beschwerden sind nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen. Insofern fehlt es schon an einem zeitlichen Zusammenhang, nachdem der Kläger den Nervenarzt L. erstmals mehr als fünf Jahre nach dem Unfall aufgesucht und angegeben hat, es gehe ihm "seit einigen Wochen" schlecht.

Eine Verschlimmerung der unfallbedingten Gesamt-MdE um mehr als 5 v. H. gegenüber dem Befund vom 4. Juni 2002 (Gutachten Dr. K. vom 20. Juni 2002, Stellungnahme Dr. Schr.), der dem bindenden Bescheid vom 3. September 2002 zu Grunde lag, ist sonach in Gesamtschau aller vorliegender Unfallfolgen nicht feststellbar.

Da das SG somit die Klage zu Recht abgewiesen hat, ist die Berufung zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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