Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 6279/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1015/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.2.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten einer in der A.-Klinik, einer Privatklinik, von Dr. H. durchgeführten Bandscheibenoperation.
Der 1967 geborene Kläger (Baggerfahrer/Baumaschinist), Mitglied der Beklagten, litt unter Bandscheibenverlagerungen. Seit 17.9.2003 war er deswegen arbeitsunfähig erkrankt (Verwaltungsakte – VA – S. 29). Im März 2004 beantragte er bei der Beklagten (mündlich), die Kosten für eine Bandscheibenoperation in der A.-Klinik, M., zu übernehmen; bei dieser Klinik handelt es sich um ein Privatkrankenhaus, das auf dem Gebiet der Knie- und Wirbelsäulenchirurgie minimalinvasive Operationstechniken anwendet. Im Zuge eines Telefongesprächs vom 16.3.2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers (ebenfalls mündlich) ab (VA S. 2).
Bei einem weiteren Telefongespräch am 3.5.2004 (VA S.3) trug der Kläger vor, die Operation könne nur in der A.-Klinik durchgeführt werden. In anderen Krankenhäusern würden erheblich höhere Kosten entstehen und er müsste zwei bis drei Wochen im Krankenhaus bleiben, während er aus der A.-Klinik bereits nach zwei Tagen entlassen werde. Bei der Voruntersuchung in der A.-Klinik sei festgestellt worden, dass sich der Zustand der Wirbel durch die lange Arbeitsunfähigkeit verschlechtert habe, weshalb ein erhöhter operativer Aufwand notwendig sei. Er habe sich für die Operation entschieden und werde sie auf eigene Kosten durchführen lassen.
Der behandelnde Orthopäde des Klägers (Dr. K.) hatte der Beklagten zuvor am 16.3.2004 (VA S. 2) mitgeteilt, die vom Kläger gewünschte Operationsmethode werde auch in Vertragskrankenhäusern angeboten, z. B. in G. oder in L ... Die A.Klinik sei allerdings führend in der minimalinvasiven Operationstechnik.
Nach einer Voruntersuchung am 26.5.2004 ließ der Kläger die Bandscheibenoperation am Folgetag, dem 27.5.2004, ambulant in der A.Klinik durchführen. Hierfür hielt er sich vom 26. bis 28.5. in M. auf, wobei er in einem Hotel übernachtete (VA S. 6).
Am 19.6.2004 beantragte der Kläger (per e-mail) bei der Beklagten, die Operationskosten in Höhe von 5.475,74 EUR (einschließlich Hotel- und Fahrtkosten) zu erstatten. Nach Angaben des Dr. H. habe sich sein Zustand durch die bisherige vertragsärztliche Behandlung drastisch verschlimmert und aufgrund der Röntgenbilder sei bereits im September 2003 die Operation unumgänglich gewesen. Mit der Behandlung in der A.Klinik habe er der Beklagten erhebliche Kosten erspart.
Mit Bescheid vom 24.6.2004 (VA S. 15) lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, Behandlungskosten in einer Privatklinik könnten nicht erstattet werden. Sofern ein Versicherter das Kostenerstattungsverfahren wählen wolle, müsse er sich hierfür im Voraus entscheiden und sei an diese Entscheidung mindestens ein Kalenderjahr lang gebunden. Auch dann könnten jedoch nur die Kosten für Behandlungen bei zugelassenen Leistungserbringern übernommen werden. Die A.Klinik verfüge, was der Kläger gewusst habe, nicht über eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.
Zur Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs legte der Kläger ein Attest des Dr. H. vom 27.8.2004 zur Notwendigkeit eines stabilisierenden Muskelaufbautrainings nach dem MedX-System(VA S. 38) vor und machte geltend, die für seinen Fall notwendige Behandlungsmethode werde in Vertragskrankenhäusern nicht angeboten. Ihm steht das Recht zur Wahl des Kostenerstattungsverfahrens zu, wobei in Ausnahmefällen, nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse, auch nicht zugelassene Leistungserbringer in Anspruch genommen werden dürften. Zwar habe er das Kostenerstattungsverfahren nicht ausdrücklich gewählt, bei der Beklagten jedoch eine Leistung beansprucht, die nur in diesem Verfahren gewährt werden könne. Die Beklagte hätte seinen Antrag deshalb nicht einfach ablehnen dürfen, ihn vielmehr über seine Rechte beraten müssen. Hätte man ihn auf die Möglichkeit zur Wahl des Kostenerstattungsverfahrens hingewiesen, hätte er eine entsprechende Erklärung abgegeben. Nach Maßgabe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches müsse er daher so gestellt werden, als hätte er sich für Kostenerstattung entschieden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.9.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, gem. §§ 39, 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) dürften Krankenhausbehandlungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung nur in zugelassenen Krankenhäusern erbracht werden, wozu die A.Klinik nicht gehöre. Kostenerstattung gem. § 13 Abs. 2 Satz 4 SGB V scheide mangels vorheriger Zustimmung der Krankenkasse zu der vom Kläger auf eigene Initiative und in Kenntnis der Rechtslage durchgeführten Operation aus. Außerdem werde eine vergleichbare Operationsmethode in Vertragskrankenhäusern, etwa in Ludwigsburg oder in Günzburg, angeboten. Auch wenn der Kläger seinerzeit ausdrücklich auf die Wahl des Kostenerstattungsverfahrens hingewiesen worden wäre, wären die Kosten für die Operation in der A.Klinik nicht erstattungsfähig.
Am 21.9.2004 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung trug er vor, ihm stehe gem. § 13 Abs. 3 SGB V ein Kostenerstattungsanspruch zu. Zwar müsse regelmäßig ein zugelassener Leistungserbringer in Anspruch genommen werden. Anderes gelte jedoch dann, wenn die Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar sei und der Versicherte deshalb auf die Hilfe eines nicht zugelassenen Arztes angewiesen sei. Das sei hier der Fall gewesen. Wenngleich ein Notfall im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V nicht vorgelegen habe, sei der Eingriff mit Heilungsaussicht jedenfalls nicht mehr aufschiebbar gewesen. Maßgeblich sei, dass die Krankenkasse die (zunächst nicht eilbedürftige, jedoch sodann aufgeschobene und nunmehr zwingend notwendige) Behandlung nicht rechtzeitig habe erbringen können. Ihm sei der Zugang zu einem zugelassenen Leistungserbringer weder möglich noch zumutbar gewesen, da dort angemessene Behandlungsmethoden nicht angeboten worden seien. Die endoskopisch durchgeführte Bandscheibenoperation sei die einzig erfolgversprechende Methode gewesen und habe nicht weiter aufgeschoben werden können. Außerdem werde sie nur in der A.Klinik ausgeführt. Er habe seinerzeit unter massiven Beschwerden und Schmerzen gelitten, die nicht länger erträglich gewesen seien.
Der Kläger legte ein Attest des Dr. H. vom 27.8.2004 (SG-Akte S. 19) vor, in dem ausgeführt ist, der Kläger sei beschwerdefrei. Auf Grund des endoskopischen Operationsverfahrens habe eine Narbenbildung vermieden werden können, wodurch (u. a.) die Bandscheibe optimal erhalten geblieben sei. Das Operationsverfahren im Sinne eines "Schlüssellochverfahrens" werde in dieser technischen Weise nur in der A.Klinik angewendet.
Das Sozialgericht holte die sachverständigen Zeugenaussagen des Dr. H. vom 18.1.2005 und des Dr. K. vom 9.6.2005 ein.
Dr. H. führte aus, die Operationsindikation sei am 26.5.2004 gestellt worden. An diesem Tag habe man auch den Operationstermin vom 27.5.2004 vereinbart. Die ambulante Operation (transforminale Endoskopie) hätte in einem zugelassenen Krankenhaus so nicht durchgeführt werden können. Der Kläger sei wegen der Progredienz einer muskulären Parese im Tricepsbereich operiert worden. Die A.Klinik (bzw. Dr. H. selbst) verfüge nicht über eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Dies sei dem Kläger mitgeteilt worden; außerdem habe man ihn darauf hingewiesen, dass die Operation nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehöre.
Dr. K. teilte mit, er sei seit 1993 behandelnder Orthopäde des Klägers. Die Operationsindikation sei etwa sechs Wochen vor der Operation gestellt und der Operationstermin etwa vier Wochen vor der Operation vereinbart worden. Bei der A.Klinik handele es sich um eine der ganz wenigen Kliniken in Deutschland, die minimalinvasive und ambulante Bandscheibenoperationen durchführten. Beim Kläger habe zusätzlich zu dem Bandscheibenvorfall L5/S1 eine Stenose sowie eine Bandscheibendegeneration mit Verkalkung vorgelegen, was die endoskopische Operation wesentlich erschwert habe. Die A.Klinik habe hier wesentlich mehr Erfahrung als sämtliche anderen Kliniken in Deutschland; u. a. deshalb sei dem Kläger empfohlen worden, sich dort operieren zu lassen. Außerdem habe Dr. H. zusätzlich eine endoskopische Abrasion der sklerotischen degenerativen Wirbelkörperendplatten und eine Weitung des Foramen intervertebralia L5/S1 links vorgenommen, was in dieser Methode seines Wissens an keiner anderen deutschen Klinik so durchgeführt werde. Nach seiner Erfahrung führten die Operationen in der A.Klinik schneller zur Beschwerdefreiheit und brächten weniger Komplikationen mit sich. In einem Vertragskrankenhaus hätte der Kläger zwar ebenfalls behandelt werden können, jedoch auf die herkömmliche Art und Weise mit größerer Eröffnung des Operationsgebiets und damit einer größeren Wunde und einer stärkeren Schwächung der Rückenmuskulatur. Daraus folgten auch höhere Risiken für Komplikationen. Der Kläger sei von seiner Mutter und seiner Lebensgefährtin in die Klinik gefahren worden, weil er selber nicht mehr habe Auto fahren können.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.2.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs gem. § 13 Abs. 2 SGB V lägen nicht vor, weil der Kläger vor der Operation das Kostenerstattungsverfahren nicht gewählt habe. Außerdem habe die Beklagte der Operation in der A.Klinik, die nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei, nicht zugestimmt, so dass auch ein etwaiger sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht weiterführe. Damit könne der Kläger sein Begehren allenfalls auf § 13 Abs. 3 SGB V stützen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien jedoch jedenfalls nicht erfüllt. Um einen Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V habe es sich nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht gehandelt, zumal nach der Untersuchung vom 26.5.2004 ein Tag lang auf die Operation am 27.5.2004 habe gewartet werden können. Während dieser Zeit sei der Kläger auch nicht in der A.Klinik stationär, sondern in einem Hotel untergebracht gewesen. Eine unaufschiebbare Leistung habe deshalb nicht vorgelegen. Der Kläger hätte sich auch im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung behandeln lassen können. Daran ändere es nichts, dass die angewendete Operationsmethode nach Auskunft des Dr. H. so nur in der A.Klinik angeboten werde. Man hätte den Kläger in Vertragskrankenhäusern nämlich auf herkömmliche Weise mit größerer Eröffnung des Operationsgebiets erfolgversprechend operieren können. Das gehe aus der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. K. hervor. Die gesetzliche Krankenversicherung habe nicht den bestmöglichen Versorgungsstandard zu gewährleisten, sondern schulde gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V (nur) eine Behandlung, die in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche und den medizinischen Fortschritt berücksichtige. Da eine solche Behandlung in einem Vertragskrankenhaus möglich gewesen wäre, liege auch kein Systemversagen vor.
Auf den ihm am 27.2.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.2.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei die in der A.Klinik durchgeführte Operation die einzig erfolgversprechende Methode gewesen.
Nachdem mit Beschluss des Vorsitzenden vom 23.10.2006 Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den 22.11.2006 bestimmt worden ist, hat der Kläger am 26.10.2006 die Einholung eines Gutachtens gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt; damit solle bewiesen werden, dass die in der A.Klinik durchgeführte Operation die einzig erfolgversprechende Behandlungsmaßnahme gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.2.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.9.2004 zu verurteilen, ihm die Kosten für die am 27.5.2004 in der A.Klinik, M., durchgeführte Bandscheibenoperation in Höhe von 5.475,74 EUR zu erstatten. Hilfsweise, ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen zum Beweis des Umstands, dass die beim Kläger angewandte OP-Methode die einzig erfolgversprechende Methode war, weiterhin hilfsweise, ein Sachverständigengutachten gem. § 109 SGG einzuholen zum gleichen Beweisthema.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten der in der A.Klinik durchgeführten Wirbelsäulenoperation in Höhe von 5.475,74 EUR zu erstatten. Der Kläger hat darauf keinen Anspruch.
Auf § 13 Abs. 2 SGB V kann der Kläger den Erstattungsanspruch nicht stützen. Weder hat er vor der stationären Behandlung in der A.Klinik das Kostenerstattungsverfahren gewählt noch hat die Beklagte der Inanspruchnahme des Dr. H. bzw. der A.Klinik als nicht zugelassenen Leistungserbringern (§§ 76; 39, 108, 115b SGB V) zugestimmt (§ 13 Abs. 2 Satz 1 und 4 SGB V). Die danach nicht erfüllten Voraussetzungen des in § 13 Abs. 2 SGB V geregelten Erstattungsanspruchs sind auch mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht herbeizuführen. Unbeschadet dessen, ob die fehlende Wahlerklärung des Klägers (§ 13 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und die Zustimmung der Beklagten zur Behandlung in der A.Klinik (§ 13 Abs. 2 Satz 4 SGB V) auf diesem Weg überhaupt herstellbar wären, ist schon ein Beratungsfehler (§ 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) der Beklagten nicht ersichtlich. Diese musste den Kläger keineswegs schon deshalb, weil er eine im Sachleistungsverfahren nicht erbringbare Leistung begehrt hatte, auf das Kostenerstattungsverfahren hinweisen und hierzu beraten (§ 13 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Der Kläger macht einen Anspruch aus § 13 Abs. 2 SGB V auch nicht mehr geltend, stützt sein Begehren vielmehr im Klage- und im Berufungsverfahren (nur noch) auf die Bestimmung in § 13 Abs. 3 SGB V. Auch deren Voraussetzungen sind aber nicht erfüllt.
Gem. § 13 Abs. 3 SGB V sind Kosten für (notwendige) selbst beschaffte Leistungen zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (§ 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V). Beides ist hier nicht der Fall.
Ob eine Leistung unaufschiebbar im Sinne des § 13 Abs. 3, 1. Alt. SGB V ist und damit eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht, beurteilt sich ausschließlich nach medizinischen Kriterien. Der übliche Beschaffungsweg muss mit einer für den Berechtigten unvermeidbaren Verzögerung, d. h. mit medizinischen Risiken, nicht aber unbedingt Lebensgefahr verbunden sein, der die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des Gesundheitszustandes gefährden könnte oder der für den Versicherten nicht zumutbar ist (vgl. BSGE 77, 227). Hierbei kommt es ausschließlich auf die objektive Bedarfssituation, jedoch nicht auf private Dispositionen des Versicherten oder termingebundene Zusagen des Leistungserbringers an. Unaufschiebbare Leistungen, die die Krankenkasse nicht rechtzeitig erbringen konnte, liegen danach vor allem in den Notfällen im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, hauptsächlich also dann, wenn die Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar und der Versicherte daher auf die Hilfe eines Nichtvertragsarztes angewiesen ist (BSGE 34, 172 = SozR Nr. 6 zu § 368d RVO= NJW 1972, 2244; BSGE 35, 10 = SozR Nr. 7 zu § 368d RVO; Höfler in Kasseler Kommentar § 13 SGB V Rdnr. 26), namentlich weil dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und ein an der Versorgung teilnahmeberechtigter Arzt nicht rechtzeitig zur Verfügung steht und ohne sofortige Behandlung durch den Nichtvertragsarzt Gefahren für Leib und Leben bestehen oder heftige Schmerzen unzumutbar lang andauern würden (Hess in Kasseler Kommentar § 76 Rdnr. 12). Unaufschiebbarkeit bejaht die Rechtsprechung auch bei zunächst nicht eilbedürftigen Behandlungen, wenn so lange gewartet wird, bis Eilbedürftigkeit eingetreten ist (Höfler aaO mit Hinweis auf BSG SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 22 S. 105).
Die beim Kläger in der A.Klinik durchgeführte Bandscheibenoperation stellt eine unaufschiebbare (Notfall-)Leistung (Notfalloperation) in diesem Sinne nicht dar. Das Sozialgericht hat das richtig erkannt und im angefochtenen Gerichtsbescheid auch zutreffend begründet; auf die entsprechenden Darlegungen auf S. 7 4. Absatz bis S. 8 1. Absatz des Entscheidungsabdrucks wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGB V). Der Annahme einer unaufschiebbaren Leistung steht entgegen, dass zwischen Terminsvereinbarung (hinsichtlich der seit längerem geplanten Behandlung) und Durchführung der Operation ein Tag lag und der Kläger bis zum Operationstermin im Hotel übernachtet hatte.
Die Beklagte hat die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt, da im Zeitpunkt der Behandlung ein Leistungsanspruch nicht bestand, nachdem es sich bei Dr. H. bzw. der A.Klinik, wie dargelegt, nicht um zugelassene Leistungserbringer (Vertragsarzt- bzw. Vertragskrankenhaus) handelt, so dass die Beklagte schon deshalb zur Ablehnung der begehrten Operation auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung berechtigt (und verpflichtet) war (§§ 76 bzw. 39, 108, 115b SGB V).
Schließlich liegen Anhaltspunkte für ein so genanntes "Systemversagen" nicht vor. Wie aus den Auskünften des behandelnden Orthopäden Dr. K. (Arztbericht vom 16.3.2004 und sachverständige Zeugenaussage vom 9.6.2005) hervorgeht, hätte der Kläger vielmehr auch in einem Vertragskrankenhaus behandelt werden können. Ob dort anstelle der in der A.Klinik durch Dr. H. angewandten minimalinvasiven Methode die herkömmliche Operationsmethode mit größerer Eröffnung des Operationsgebiets und den damit verbundenen Nachteilen gewählt worden wäre, ist rechtlich nicht ausschlaggebend. Mit Recht hat das Sozialgericht insoweit darauf verwiesen, dass die gesetzliche Krankenversicherung nämlich nicht den jeweils unter allen denkbaren Gesichtspunkten bestmöglichen Versorgungsstandard zu gewährleisten hat, sondern ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen zur Verfügung stellen muss (§§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 SGB V). Dem wird das Behandlungsangebot in den zugelassenen Vertragskrankenhäusern gerecht.
Welche Kosten die Behandlung des Klägers durch Vertragsärzte bzw. in einem Vertragskrankenhaus verursacht hätte und wie sich diese zu den Kosten der privatärztlichen Behandlung in der A.Klinik verhalten, ist ebenfalls rechtlich unerheblich. Der Kläger hat die Wirbelsäulenoperation aus freien Stücken außerhalb des (Sachleistungs-)Systems der gesetzlichen Krankenversicherung ausführen lassen. Für solche Behandlungen haben die Krankenkassen auch dann nicht aufzukommen, wenn keine höheren Kosten oder sogar geringere Kosten entstehen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.2.2003, - L 4 KR 3843/02 -).
Weitere Ermittlungen in medizinischer Hinsicht drängen sich dem Senat bei dieser Sach- und Rechtslage nicht auf. Der vom Kläger am 26.10.2006 nach der Ladung zum Verhandlungstermin vom 22.11.2006 durch Terminsbeschluss vom 23.10.2006 und in der mündlichen Verhandlung am 22.11.2006 wiederholend gestellte Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 Abs. 1 SGG wird gem. § 109 Abs. 2 SGG abgelehnt, da dadurch die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde und der Antrag aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Der Klägerbevollmächtigte wurde nämlich bereits mit Verfügung vom 5.5.2006 darauf hingewiesen, dass Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt sind. Er wusste also, dass damit weitere Ermittlungen nicht erfolgen und hätte wissen müssen, dass damit vielmehr die Sache zur Terminierung ansteht, weshalb schon damals Veranlassung bestanden hätte, die Begutachtung nach § 109 SGG zu beantragen. Auch von Amts wegen besteht für den Senat keine Veranlassung noch gem. § 106 SGG ein Gutachten zu der Frage einzuholen, ob die beim Kläger angewandte OP-Methode die einzig erfolgversprechende Methode war, denn schon nach der sachverständigen Zeugenauskunft des behandelnden Orthopäden Dr. K. wäre auch in Vertragskrankenhäusern eine entsprechende Operation möglich gewesen, wenn auch nicht so minimal invasiv. Als allein erfolgversprechend hat der behandelnden Orthopäde diese Operationsmethode der A.Klinik nicht bezeichnet, sondern lediglich als die wohl weniger belastende. Da dies allein aus den bereits oben genannten Gründen einen Anspruch auf Kostenübernahme nicht rechtfertigen kann, bedurfte es insoweit auch nicht weiterer Ermittlungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten einer in der A.-Klinik, einer Privatklinik, von Dr. H. durchgeführten Bandscheibenoperation.
Der 1967 geborene Kläger (Baggerfahrer/Baumaschinist), Mitglied der Beklagten, litt unter Bandscheibenverlagerungen. Seit 17.9.2003 war er deswegen arbeitsunfähig erkrankt (Verwaltungsakte – VA – S. 29). Im März 2004 beantragte er bei der Beklagten (mündlich), die Kosten für eine Bandscheibenoperation in der A.-Klinik, M., zu übernehmen; bei dieser Klinik handelt es sich um ein Privatkrankenhaus, das auf dem Gebiet der Knie- und Wirbelsäulenchirurgie minimalinvasive Operationstechniken anwendet. Im Zuge eines Telefongesprächs vom 16.3.2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers (ebenfalls mündlich) ab (VA S. 2).
Bei einem weiteren Telefongespräch am 3.5.2004 (VA S.3) trug der Kläger vor, die Operation könne nur in der A.-Klinik durchgeführt werden. In anderen Krankenhäusern würden erheblich höhere Kosten entstehen und er müsste zwei bis drei Wochen im Krankenhaus bleiben, während er aus der A.-Klinik bereits nach zwei Tagen entlassen werde. Bei der Voruntersuchung in der A.-Klinik sei festgestellt worden, dass sich der Zustand der Wirbel durch die lange Arbeitsunfähigkeit verschlechtert habe, weshalb ein erhöhter operativer Aufwand notwendig sei. Er habe sich für die Operation entschieden und werde sie auf eigene Kosten durchführen lassen.
Der behandelnde Orthopäde des Klägers (Dr. K.) hatte der Beklagten zuvor am 16.3.2004 (VA S. 2) mitgeteilt, die vom Kläger gewünschte Operationsmethode werde auch in Vertragskrankenhäusern angeboten, z. B. in G. oder in L ... Die A.Klinik sei allerdings führend in der minimalinvasiven Operationstechnik.
Nach einer Voruntersuchung am 26.5.2004 ließ der Kläger die Bandscheibenoperation am Folgetag, dem 27.5.2004, ambulant in der A.Klinik durchführen. Hierfür hielt er sich vom 26. bis 28.5. in M. auf, wobei er in einem Hotel übernachtete (VA S. 6).
Am 19.6.2004 beantragte der Kläger (per e-mail) bei der Beklagten, die Operationskosten in Höhe von 5.475,74 EUR (einschließlich Hotel- und Fahrtkosten) zu erstatten. Nach Angaben des Dr. H. habe sich sein Zustand durch die bisherige vertragsärztliche Behandlung drastisch verschlimmert und aufgrund der Röntgenbilder sei bereits im September 2003 die Operation unumgänglich gewesen. Mit der Behandlung in der A.Klinik habe er der Beklagten erhebliche Kosten erspart.
Mit Bescheid vom 24.6.2004 (VA S. 15) lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, Behandlungskosten in einer Privatklinik könnten nicht erstattet werden. Sofern ein Versicherter das Kostenerstattungsverfahren wählen wolle, müsse er sich hierfür im Voraus entscheiden und sei an diese Entscheidung mindestens ein Kalenderjahr lang gebunden. Auch dann könnten jedoch nur die Kosten für Behandlungen bei zugelassenen Leistungserbringern übernommen werden. Die A.Klinik verfüge, was der Kläger gewusst habe, nicht über eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.
Zur Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs legte der Kläger ein Attest des Dr. H. vom 27.8.2004 zur Notwendigkeit eines stabilisierenden Muskelaufbautrainings nach dem MedX-System(VA S. 38) vor und machte geltend, die für seinen Fall notwendige Behandlungsmethode werde in Vertragskrankenhäusern nicht angeboten. Ihm steht das Recht zur Wahl des Kostenerstattungsverfahrens zu, wobei in Ausnahmefällen, nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse, auch nicht zugelassene Leistungserbringer in Anspruch genommen werden dürften. Zwar habe er das Kostenerstattungsverfahren nicht ausdrücklich gewählt, bei der Beklagten jedoch eine Leistung beansprucht, die nur in diesem Verfahren gewährt werden könne. Die Beklagte hätte seinen Antrag deshalb nicht einfach ablehnen dürfen, ihn vielmehr über seine Rechte beraten müssen. Hätte man ihn auf die Möglichkeit zur Wahl des Kostenerstattungsverfahrens hingewiesen, hätte er eine entsprechende Erklärung abgegeben. Nach Maßgabe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches müsse er daher so gestellt werden, als hätte er sich für Kostenerstattung entschieden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.9.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, gem. §§ 39, 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) dürften Krankenhausbehandlungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung nur in zugelassenen Krankenhäusern erbracht werden, wozu die A.Klinik nicht gehöre. Kostenerstattung gem. § 13 Abs. 2 Satz 4 SGB V scheide mangels vorheriger Zustimmung der Krankenkasse zu der vom Kläger auf eigene Initiative und in Kenntnis der Rechtslage durchgeführten Operation aus. Außerdem werde eine vergleichbare Operationsmethode in Vertragskrankenhäusern, etwa in Ludwigsburg oder in Günzburg, angeboten. Auch wenn der Kläger seinerzeit ausdrücklich auf die Wahl des Kostenerstattungsverfahrens hingewiesen worden wäre, wären die Kosten für die Operation in der A.Klinik nicht erstattungsfähig.
Am 21.9.2004 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung trug er vor, ihm stehe gem. § 13 Abs. 3 SGB V ein Kostenerstattungsanspruch zu. Zwar müsse regelmäßig ein zugelassener Leistungserbringer in Anspruch genommen werden. Anderes gelte jedoch dann, wenn die Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar sei und der Versicherte deshalb auf die Hilfe eines nicht zugelassenen Arztes angewiesen sei. Das sei hier der Fall gewesen. Wenngleich ein Notfall im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V nicht vorgelegen habe, sei der Eingriff mit Heilungsaussicht jedenfalls nicht mehr aufschiebbar gewesen. Maßgeblich sei, dass die Krankenkasse die (zunächst nicht eilbedürftige, jedoch sodann aufgeschobene und nunmehr zwingend notwendige) Behandlung nicht rechtzeitig habe erbringen können. Ihm sei der Zugang zu einem zugelassenen Leistungserbringer weder möglich noch zumutbar gewesen, da dort angemessene Behandlungsmethoden nicht angeboten worden seien. Die endoskopisch durchgeführte Bandscheibenoperation sei die einzig erfolgversprechende Methode gewesen und habe nicht weiter aufgeschoben werden können. Außerdem werde sie nur in der A.Klinik ausgeführt. Er habe seinerzeit unter massiven Beschwerden und Schmerzen gelitten, die nicht länger erträglich gewesen seien.
Der Kläger legte ein Attest des Dr. H. vom 27.8.2004 (SG-Akte S. 19) vor, in dem ausgeführt ist, der Kläger sei beschwerdefrei. Auf Grund des endoskopischen Operationsverfahrens habe eine Narbenbildung vermieden werden können, wodurch (u. a.) die Bandscheibe optimal erhalten geblieben sei. Das Operationsverfahren im Sinne eines "Schlüssellochverfahrens" werde in dieser technischen Weise nur in der A.Klinik angewendet.
Das Sozialgericht holte die sachverständigen Zeugenaussagen des Dr. H. vom 18.1.2005 und des Dr. K. vom 9.6.2005 ein.
Dr. H. führte aus, die Operationsindikation sei am 26.5.2004 gestellt worden. An diesem Tag habe man auch den Operationstermin vom 27.5.2004 vereinbart. Die ambulante Operation (transforminale Endoskopie) hätte in einem zugelassenen Krankenhaus so nicht durchgeführt werden können. Der Kläger sei wegen der Progredienz einer muskulären Parese im Tricepsbereich operiert worden. Die A.Klinik (bzw. Dr. H. selbst) verfüge nicht über eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Dies sei dem Kläger mitgeteilt worden; außerdem habe man ihn darauf hingewiesen, dass die Operation nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehöre.
Dr. K. teilte mit, er sei seit 1993 behandelnder Orthopäde des Klägers. Die Operationsindikation sei etwa sechs Wochen vor der Operation gestellt und der Operationstermin etwa vier Wochen vor der Operation vereinbart worden. Bei der A.Klinik handele es sich um eine der ganz wenigen Kliniken in Deutschland, die minimalinvasive und ambulante Bandscheibenoperationen durchführten. Beim Kläger habe zusätzlich zu dem Bandscheibenvorfall L5/S1 eine Stenose sowie eine Bandscheibendegeneration mit Verkalkung vorgelegen, was die endoskopische Operation wesentlich erschwert habe. Die A.Klinik habe hier wesentlich mehr Erfahrung als sämtliche anderen Kliniken in Deutschland; u. a. deshalb sei dem Kläger empfohlen worden, sich dort operieren zu lassen. Außerdem habe Dr. H. zusätzlich eine endoskopische Abrasion der sklerotischen degenerativen Wirbelkörperendplatten und eine Weitung des Foramen intervertebralia L5/S1 links vorgenommen, was in dieser Methode seines Wissens an keiner anderen deutschen Klinik so durchgeführt werde. Nach seiner Erfahrung führten die Operationen in der A.Klinik schneller zur Beschwerdefreiheit und brächten weniger Komplikationen mit sich. In einem Vertragskrankenhaus hätte der Kläger zwar ebenfalls behandelt werden können, jedoch auf die herkömmliche Art und Weise mit größerer Eröffnung des Operationsgebiets und damit einer größeren Wunde und einer stärkeren Schwächung der Rückenmuskulatur. Daraus folgten auch höhere Risiken für Komplikationen. Der Kläger sei von seiner Mutter und seiner Lebensgefährtin in die Klinik gefahren worden, weil er selber nicht mehr habe Auto fahren können.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.2.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs gem. § 13 Abs. 2 SGB V lägen nicht vor, weil der Kläger vor der Operation das Kostenerstattungsverfahren nicht gewählt habe. Außerdem habe die Beklagte der Operation in der A.Klinik, die nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei, nicht zugestimmt, so dass auch ein etwaiger sozialrechtliche Herstellungsanspruch nicht weiterführe. Damit könne der Kläger sein Begehren allenfalls auf § 13 Abs. 3 SGB V stützen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien jedoch jedenfalls nicht erfüllt. Um einen Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V habe es sich nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht gehandelt, zumal nach der Untersuchung vom 26.5.2004 ein Tag lang auf die Operation am 27.5.2004 habe gewartet werden können. Während dieser Zeit sei der Kläger auch nicht in der A.Klinik stationär, sondern in einem Hotel untergebracht gewesen. Eine unaufschiebbare Leistung habe deshalb nicht vorgelegen. Der Kläger hätte sich auch im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung behandeln lassen können. Daran ändere es nichts, dass die angewendete Operationsmethode nach Auskunft des Dr. H. so nur in der A.Klinik angeboten werde. Man hätte den Kläger in Vertragskrankenhäusern nämlich auf herkömmliche Weise mit größerer Eröffnung des Operationsgebiets erfolgversprechend operieren können. Das gehe aus der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. K. hervor. Die gesetzliche Krankenversicherung habe nicht den bestmöglichen Versorgungsstandard zu gewährleisten, sondern schulde gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V (nur) eine Behandlung, die in Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche und den medizinischen Fortschritt berücksichtige. Da eine solche Behandlung in einem Vertragskrankenhaus möglich gewesen wäre, liege auch kein Systemversagen vor.
Auf den ihm am 27.2.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.2.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei die in der A.Klinik durchgeführte Operation die einzig erfolgversprechende Methode gewesen.
Nachdem mit Beschluss des Vorsitzenden vom 23.10.2006 Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den 22.11.2006 bestimmt worden ist, hat der Kläger am 26.10.2006 die Einholung eines Gutachtens gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt; damit solle bewiesen werden, dass die in der A.Klinik durchgeführte Operation die einzig erfolgversprechende Behandlungsmaßnahme gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.2.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.9.2004 zu verurteilen, ihm die Kosten für die am 27.5.2004 in der A.Klinik, M., durchgeführte Bandscheibenoperation in Höhe von 5.475,74 EUR zu erstatten. Hilfsweise, ein ärztliches Sachverständigengutachten einzuholen zum Beweis des Umstands, dass die beim Kläger angewandte OP-Methode die einzig erfolgversprechende Methode war, weiterhin hilfsweise, ein Sachverständigengutachten gem. § 109 SGG einzuholen zum gleichen Beweisthema.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten der in der A.Klinik durchgeführten Wirbelsäulenoperation in Höhe von 5.475,74 EUR zu erstatten. Der Kläger hat darauf keinen Anspruch.
Auf § 13 Abs. 2 SGB V kann der Kläger den Erstattungsanspruch nicht stützen. Weder hat er vor der stationären Behandlung in der A.Klinik das Kostenerstattungsverfahren gewählt noch hat die Beklagte der Inanspruchnahme des Dr. H. bzw. der A.Klinik als nicht zugelassenen Leistungserbringern (§§ 76; 39, 108, 115b SGB V) zugestimmt (§ 13 Abs. 2 Satz 1 und 4 SGB V). Die danach nicht erfüllten Voraussetzungen des in § 13 Abs. 2 SGB V geregelten Erstattungsanspruchs sind auch mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht herbeizuführen. Unbeschadet dessen, ob die fehlende Wahlerklärung des Klägers (§ 13 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und die Zustimmung der Beklagten zur Behandlung in der A.Klinik (§ 13 Abs. 2 Satz 4 SGB V) auf diesem Weg überhaupt herstellbar wären, ist schon ein Beratungsfehler (§ 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) der Beklagten nicht ersichtlich. Diese musste den Kläger keineswegs schon deshalb, weil er eine im Sachleistungsverfahren nicht erbringbare Leistung begehrt hatte, auf das Kostenerstattungsverfahren hinweisen und hierzu beraten (§ 13 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Der Kläger macht einen Anspruch aus § 13 Abs. 2 SGB V auch nicht mehr geltend, stützt sein Begehren vielmehr im Klage- und im Berufungsverfahren (nur noch) auf die Bestimmung in § 13 Abs. 3 SGB V. Auch deren Voraussetzungen sind aber nicht erfüllt.
Gem. § 13 Abs. 3 SGB V sind Kosten für (notwendige) selbst beschaffte Leistungen zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (§ 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V). Beides ist hier nicht der Fall.
Ob eine Leistung unaufschiebbar im Sinne des § 13 Abs. 3, 1. Alt. SGB V ist und damit eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht, beurteilt sich ausschließlich nach medizinischen Kriterien. Der übliche Beschaffungsweg muss mit einer für den Berechtigten unvermeidbaren Verzögerung, d. h. mit medizinischen Risiken, nicht aber unbedingt Lebensgefahr verbunden sein, der die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des Gesundheitszustandes gefährden könnte oder der für den Versicherten nicht zumutbar ist (vgl. BSGE 77, 227). Hierbei kommt es ausschließlich auf die objektive Bedarfssituation, jedoch nicht auf private Dispositionen des Versicherten oder termingebundene Zusagen des Leistungserbringers an. Unaufschiebbare Leistungen, die die Krankenkasse nicht rechtzeitig erbringen konnte, liegen danach vor allem in den Notfällen im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, hauptsächlich also dann, wenn die Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar und der Versicherte daher auf die Hilfe eines Nichtvertragsarztes angewiesen ist (BSGE 34, 172 = SozR Nr. 6 zu § 368d RVO= NJW 1972, 2244; BSGE 35, 10 = SozR Nr. 7 zu § 368d RVO; Höfler in Kasseler Kommentar § 13 SGB V Rdnr. 26), namentlich weil dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und ein an der Versorgung teilnahmeberechtigter Arzt nicht rechtzeitig zur Verfügung steht und ohne sofortige Behandlung durch den Nichtvertragsarzt Gefahren für Leib und Leben bestehen oder heftige Schmerzen unzumutbar lang andauern würden (Hess in Kasseler Kommentar § 76 Rdnr. 12). Unaufschiebbarkeit bejaht die Rechtsprechung auch bei zunächst nicht eilbedürftigen Behandlungen, wenn so lange gewartet wird, bis Eilbedürftigkeit eingetreten ist (Höfler aaO mit Hinweis auf BSG SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 22 S. 105).
Die beim Kläger in der A.Klinik durchgeführte Bandscheibenoperation stellt eine unaufschiebbare (Notfall-)Leistung (Notfalloperation) in diesem Sinne nicht dar. Das Sozialgericht hat das richtig erkannt und im angefochtenen Gerichtsbescheid auch zutreffend begründet; auf die entsprechenden Darlegungen auf S. 7 4. Absatz bis S. 8 1. Absatz des Entscheidungsabdrucks wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGB V). Der Annahme einer unaufschiebbaren Leistung steht entgegen, dass zwischen Terminsvereinbarung (hinsichtlich der seit längerem geplanten Behandlung) und Durchführung der Operation ein Tag lag und der Kläger bis zum Operationstermin im Hotel übernachtet hatte.
Die Beklagte hat die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt, da im Zeitpunkt der Behandlung ein Leistungsanspruch nicht bestand, nachdem es sich bei Dr. H. bzw. der A.Klinik, wie dargelegt, nicht um zugelassene Leistungserbringer (Vertragsarzt- bzw. Vertragskrankenhaus) handelt, so dass die Beklagte schon deshalb zur Ablehnung der begehrten Operation auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung berechtigt (und verpflichtet) war (§§ 76 bzw. 39, 108, 115b SGB V).
Schließlich liegen Anhaltspunkte für ein so genanntes "Systemversagen" nicht vor. Wie aus den Auskünften des behandelnden Orthopäden Dr. K. (Arztbericht vom 16.3.2004 und sachverständige Zeugenaussage vom 9.6.2005) hervorgeht, hätte der Kläger vielmehr auch in einem Vertragskrankenhaus behandelt werden können. Ob dort anstelle der in der A.Klinik durch Dr. H. angewandten minimalinvasiven Methode die herkömmliche Operationsmethode mit größerer Eröffnung des Operationsgebiets und den damit verbundenen Nachteilen gewählt worden wäre, ist rechtlich nicht ausschlaggebend. Mit Recht hat das Sozialgericht insoweit darauf verwiesen, dass die gesetzliche Krankenversicherung nämlich nicht den jeweils unter allen denkbaren Gesichtspunkten bestmöglichen Versorgungsstandard zu gewährleisten hat, sondern ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen zur Verfügung stellen muss (§§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 SGB V). Dem wird das Behandlungsangebot in den zugelassenen Vertragskrankenhäusern gerecht.
Welche Kosten die Behandlung des Klägers durch Vertragsärzte bzw. in einem Vertragskrankenhaus verursacht hätte und wie sich diese zu den Kosten der privatärztlichen Behandlung in der A.Klinik verhalten, ist ebenfalls rechtlich unerheblich. Der Kläger hat die Wirbelsäulenoperation aus freien Stücken außerhalb des (Sachleistungs-)Systems der gesetzlichen Krankenversicherung ausführen lassen. Für solche Behandlungen haben die Krankenkassen auch dann nicht aufzukommen, wenn keine höheren Kosten oder sogar geringere Kosten entstehen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.2.2003, - L 4 KR 3843/02 -).
Weitere Ermittlungen in medizinischer Hinsicht drängen sich dem Senat bei dieser Sach- und Rechtslage nicht auf. Der vom Kläger am 26.10.2006 nach der Ladung zum Verhandlungstermin vom 22.11.2006 durch Terminsbeschluss vom 23.10.2006 und in der mündlichen Verhandlung am 22.11.2006 wiederholend gestellte Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 Abs. 1 SGG wird gem. § 109 Abs. 2 SGG abgelehnt, da dadurch die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde und der Antrag aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Der Klägerbevollmächtigte wurde nämlich bereits mit Verfügung vom 5.5.2006 darauf hingewiesen, dass Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt sind. Er wusste also, dass damit weitere Ermittlungen nicht erfolgen und hätte wissen müssen, dass damit vielmehr die Sache zur Terminierung ansteht, weshalb schon damals Veranlassung bestanden hätte, die Begutachtung nach § 109 SGG zu beantragen. Auch von Amts wegen besteht für den Senat keine Veranlassung noch gem. § 106 SGG ein Gutachten zu der Frage einzuholen, ob die beim Kläger angewandte OP-Methode die einzig erfolgversprechende Methode war, denn schon nach der sachverständigen Zeugenauskunft des behandelnden Orthopäden Dr. K. wäre auch in Vertragskrankenhäusern eine entsprechende Operation möglich gewesen, wenn auch nicht so minimal invasiv. Als allein erfolgversprechend hat der behandelnden Orthopäde diese Operationsmethode der A.Klinik nicht bezeichnet, sondern lediglich als die wohl weniger belastende. Da dies allein aus den bereits oben genannten Gründen einen Anspruch auf Kostenübernahme nicht rechtfertigen kann, bedurfte es insoweit auch nicht weiterer Ermittlungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
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