L 7 AS 2429/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 4157/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 2429/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Aufwendungen für eine nicht selbst genutzte Eigentumswohnung können nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden. Eine Analogie zu Altersvorsorgeaufwendungen i.S.v. § 11 Abs. 2 Nr. 3a SGB II oder ein Rückgriff auf die Vorschriften über geschütztes Altersvorsorgevermögen i.S.v. § 12 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 SGB II ist ausgeschlossen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 15. Juni 2006. Streitig ist zwischen den Beteiligten die Frage, ob und in welcher Form Wohnungseigentum des Klägers in C. , das nicht von ihm selbst bewohnt wird, seine Hilfsbedürftigkeit ausschließt.

Der am 1948 geborene Kläger beantragte am 15. Juni 2006 Arbeitslosengeld II (Alg II). Er gab an, er habe zuletzt Arbeitslosengeld in Höhe von 118,93 EUR wöchentlich bezogen. Seine Ehefrau, mit der er in einer Mietwohnung zusammen lebe, habe ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.375,24 EUR (netto: 1.852,56 EUR). Für die gemietete Wohnung sei derzeit eine Kaltmiete von 324,20 EUR zu entrichten. Zusätzlich seien monatlich 65,00 EUR Heizkosten, 26,00 EUR für Abwasser und 15,00 EUR für Müll zu bezahlen. An Vermögen gab der Kläger an: eine Lebensversicherung über 5.902,00 EUR (einbezahlt bislang 4.680,00 EUR), ein Bausparvertrag über 7.600,00 EUR und schließlich ein Wohnungseigentum in C. mit einem Verkehrswert von 75.000,00 EUR, woraus monatliche Mieteinnahmen von 213,66 EUR entstünden. Die Belastung für die Wohnung in C. betrage monatlich 854,48 EUR.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2005 lehnte der Beklagte im Hinblick auf das Einkommen der Ehefrau den Antrag ab. Er errechnete für die Bedarfsgemeinschaft bestehend aus dem Kläger und seiner Ehefrau einen Gesamtbedarf von 1.052,20 EUR, welchem ein Einkommen der Ehefrau von 1.742,14 EUR (netto) gegenüberstehe. Es bestehe keine Hilfebedürftigkeit.

Hiergegen erhob der Kläger am 19. Juli 2005 Widerspruch und rügte, dass die Belastung für die Wohnung in C. nicht berücksichtigt worden sei. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2005 (zugestellt am 10. September) zurückgewiesen. Hierin wird nach den Angaben des Klägers und unter Berücksichtigung weiterer Abzüge ein Nettoeinkommen der Ehefrau von 1.522,08 EUR errechnet, was deutlich über dem geltend gemachten Bedarf liege. Eine Überprüfung des Vermögens sei nicht vorgenommen worden. Die vermietete Eigentumswohnung in C. gehöre aber nicht zum geschützten Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II und sei somit verwertbar. Eine Berücksichtigung der durch den Kauf entstandenen Kosten könne nicht stattfinden.

Hiergegen hat der Kläger am 10. Oktober 2005 Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Von dem Einkommen müssten weitere Raten für die Lebensversicherung abgezogen werden. Außerdem stehe beiden Eheleuten die volle Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR zu. Die Wohnung in C. sei als Altersvorsorge gedacht.

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten wies das Sozialgericht Freiburg (SG) diese Klage mit Gerichtsbescheid vom 18. April 2006 ab und stützte sich hierzu im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid. Dem Kläger stehe mit seiner Ehefrau zusammen gemäß § 20 Abs. 3 SGB II nur eine Regelleistung in Höhe von 90 vom Hundert der Regelleistung von 345,00 EUR zu. Daraus ergebe sich für ihn und seine Ehefrau die richtig angesetzten Beträge von jeweils 311,00 EUR. Telefonkosten könnten nicht als weiterer Bedarf anerkannt werden. Die Kosten der Finanzierung einer Eigentumswohnung in C. seien kein berücksichtigungsfähiger Bedarf des Klägers. Die Ausgaben dienten der Vermögensbildung. Die errechneten Einnahmen überstiegen damit den anzuerkennenden Bedarf.

Hiergegen richtet sich die am 10. Mai 2006 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung. Der Kläger wiederholt sein Vorbringen, die Wohnung in C. sei als Altersvorsorge gedacht und müsse deshalb analog der Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II berücksichtigt werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 7. Juli 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2005 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ab 15. Juni 2005 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und die Akten des SG (S 7 AS 4157/05) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung durch den Vorsitzenden ohne die Beiziehung weiterer Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 155 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG )). Der Senat konnte auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten auch hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG). Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 1 SGG) ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG (500,00 EUR) erreicht ist.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende, da der vom Beklagten richtig errechnete Bedarf für die aus ihm und seiner Ehefrau bestehende Bedarfsgemeinschaft durch anrechenbares Einkommen der Ehefrau gedeckt ist (§ 9 Abs. 2 SGB II). Außerdem hat der Kläger verwertbares Vermögen, was ebenfalls eine Hilfebedürftigkeit ausschließt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II).

Für die vom Kläger begehrte Berücksichtigung der Belastung (Zinsen plus Tilgung) betr. die gekaufte Eigentumswohnung in C. fehlt eine gesetzliche Grundlage. In § 11 Abs. 2 SGB II ist geregelt, welche Belastungen vom Einkommen abzusetzen sind. Aufwendungen für die Bildung von Vermögen sind dort nur in der Form berücksichtigt, als es sich um Beiträge zur öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen handelt, die gesetzlich vorgeschrieben oder Grund und Höhe nach angemessen sind. Die vom Kläger gezogene Analogie mit der Altervorsorge durch eine Rente ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil es hierfür eigene gesetzliche Grundlagen in § 12 SGB II gibt. So sind nach § 12 Abs. 3 SGB II Vermögensgegenstände, die für die Altersvorsorge bestimmt sind, dann nicht als Vermögen zu berücksichtigen, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist (Nr. 3) oder wenn es sich um ein selbstgenutztes Hausgrundstück oder eine entsprechende Eigentumswohnung handelt (Nr. 4) oder aber um ein Vermögen, das zur baldigen Beschaffung eines solchen (selbstgenutzten) Hausgrundstücks bestimmt ist (Nr. 5). Damit hat der Gesetzgeber ausführlich geregelt, welche Vermögensgegenstände er von der Anrechnung freihalten will. Hausgrundstücke und Eigentumswohnungen sind damit vom Gesetzgeber erkennbar abschließend geregelt worden. Die gewünschte Analogie zu § 12 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 SGB II ist nicht möglich. Dort handelt es sich entweder um die gesetzlich geförderte Altersvorsorge oder aber um Versicherungsverträge, die aus rechtlichen Gründen vor dem Eintritt in den Ruhestand nicht verwertet werden können. Diese Voraussetzungen liegen bei der jederzeit verkäuflichen Eigentumswohnung in C. nicht vor. Aufwendungen für nicht geschütztes Vermögen sind nicht als einkommensmindernd zu berücksichtigen. Der grundsicherungsrechtlich maßgebliche Bedarf des Klägers ist durch anrechenbares Einkommen in der Bedarfsgemeinschaft gedeckt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da angesichts der klaren und eindeutigen Rechtslage die Voraussetzung des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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