S 16 (24) KN 69/04 U

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 (24) KN 69/04 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 273/06 U
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger die rückwirkende Neufeststellung der von ihm bezogenen Rente beanspruchen kann.

Der 1933 geborene Kläger, der inzwischen die Vollrente wegen Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 4101 der Anlage zur BKV bezieht, erhielt wegen dieser Berufskrankheit ab dem 01.01.1998 Rente nach einer MdE von 50 vom Hundert (Bescheid vom 29.07.1998). Die Rentengewährung erfolgte auf der Grundlage eines Gutachtens von Privat-Dozent N vom 23.01.1998, der leichtgradig restriktive und obstruktive Ventilationsstörungen sowie eine mittelschwere Überblähung des Alveolarraumes beschrieben hatte und blutgasanalytisch unter Ruhebedingungen eine leicht- bis mittelgradige respiratorische Parzialinsuffizienz und unter Belastung eine signifikante Zunahme der Parzialinsuffizienz festgestellt hatte, die bei 25 Watt in eine schweren Insuffizienz gemündetwar. Im Februar 2000 veranlasste die Beklagte eine Nachuntersuchung des Klägers in der Lungenklinik I. Nachdem Privat-Dozent N unter dem 28.02.2000 eine Verschlimmerung der Berufskrankheitenfolgen verneint hatte, lehnte die Beklagte die Bewilligung von Rente nach einem höheren Grad der MdE als 50 vom Hundert ab (Bescheid vom 12.04.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2000). Während des sich daran anschließenden Klageverfahrens, das beim Sozialgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen S 00 KN 0/00 U geführt wurde, veranlasste die Beklagte erneut eine Nachuntersuchung in der Lungenklinik I. Bei der am 28.03.2002 erfolgten Untersuchung stellte Privat-Dozent N nunmehr eine Verschlimmerung der Berufskrankheitsfolgen in Form einer zunehmenden Verschlechterung des Gasaustausches, die sich blutgasanalytisch in einer Zunahme der respiratorischen Partialinsuffizienz, insbesondere unter Belastung, zeigte. Der Gutachter schätzte die dadurch bedingte MdE ab dem Zeitpunkt der Untersuchung auf 80 vom Hundert ein. Auf dieser medizinischen Grundlage bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 18.07.2002 ab dem 01.04.2002 Rente nach einer MdE von 80 vom Hundert. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zurück. Mit Schriftsatz vom 23.07.2003 ersuchte der Kläger im Wege des § 44 SGB X die Beklagte, die Rente nach einer MdE von 80 vom Hundert bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu gewähren. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 11.03.2004 ab. Die Widerspruchsstelle bei der Beklagten bestätigte diese Entscheidung unter dem 24.06.2004. Dagegen wendete sich der Kläger mit der am 20.07.2004 bei Gericht eingegangenen Klage. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte eine Nachuntersuchung, wiederum in der Lungenklinik I veranlasst. Aufgrund der am 13.05.2004 erfolgten Untersuchung kam Privat-Dozent N zu dem Ergebnis, die Leistungsfähigkeit des Klägers habe berufskrankheitsbedingt nachgelassen. Die Belastbarkeit sei infolge einer weiteren Verschlechterung der Atemmechanik und des Gasaustausches in Ruhe und unter Belastung sowie infolge der zwischenzeitlich eingetretenen Störungen im Bereich des Lungenkreislaufes und des rechten Herzens, die als direkte Folgeerkrankung aufzufassen seien, gesunken. Mit dem Datum der Begutachtung sei die berufskrankheitsbedingte MdE auf 100 vom Hundert zu schätzen. Die Beklagte bewilligte daraufhin Rente nach einer MdE von 100 von 100 ab dem 01.06.2004. Mit seinem Widerspruch begehrt der Kläger die Bewilligung der Vollrente bereits ab dem 28.03.2002. Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers nicht beschieden, da sie der Auffassung ist, der Bescheid vom 19.07.2004 werde Gegenstand des anhängigen Verfahrens. In diesem Verfahren begehrt der Kläger rückwirkend ihm eine Rente nach einer MdE bereits ab dem 28.02.2000 zu gewähren. Er meint, die Beklagte habe die Beweisanforderungen überzogen. Bei freier Schadensschätzung gemäß §§ 202 SGG, 287 ZPO müsse die MdE bereits ab einem früheren Zeitraum höher eingeschätzt werden.

In der mündlichen Verhandlung vom 14.11.2006 ist für den Kläger niemand aufgetreten. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses ist die Terminsmitteilung dem Klägerbevollmächtigten am 18.10.2006 zugegangen.

Schriftsätzlich begehrt der Kläger, die Erhöhung der Verletztenrente nach einer MdE von 80 vom Hundert aus Anlass einer Silikose ab einem wesentlich früheren Zeitpunkt vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten, die Akten der Beklagten und die Vorprozessakten S 00 BU 0/00 und S 00 KN 0/00 U Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann im Wege des § 44 SGB X nicht beanspruchen, dass die Beklagte den bindenden Bescheid vom 18.07.2002 zurücknimmt und Rente nach einer MdE von 80 vom Hundert bereits für einen Zeitraum vor dem 01.04.2002 bewilligt. Auch kann der Kläger nicht verlangen, dass die Beklagte schon vor dem 01.06.2004 die Vollrente zahlt. Der Bescheid vom 19.07.2004, der gemäß § 96 SGG Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden ist, lässt sich nicht beanstanden. Mit dieser Auffassung schließt sich die Kammer der schlüssigen Bewertung von Privat-Dozent N an. Danach ist für die Rentenerhöhung der jeweilige Untersuchungszeitpunkt in der Lungenklinik I maßgebend. In der Lungenklinik I ist der Kläger am 28.03.2002 und am 13.05.2004 lungenfunktionsanalytisch untersucht worden. Da für das Ausmaß der MdE die objektiv nachweisbare pulmokardiale Funktionseinbuße maßgeblich ist und entsprechende Befunde nur in der Lungenklinik erhoben worden sind, ist plausibel, dass die jeweilige Verschlimmerung ab dem Zeitpunkt der Untersuchung konstatiert worden ist. Soweit der Kläger meint, die Erkrankung habe bereits vor den Untersuchungszeitpunkten in gleichem Umfang vorgelegen, hat sich die Richtigkeit seiner Behauptung nicht beweisen lassen. Befunde, die seine Auffassung rechtfertigen, liegen nicht vor. Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten muss auch das Ausmaß der Erkrankung im Sinne des Vollbeweises gesichert sein. Darauf hat bereits die Beklagte hingewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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