Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 843/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 1/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtstreits sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Verletztenteilrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 14. Oktober 1994.
Der 1949 geborene Kläger war als Montierer beschäftigt. Er erlitt am 14. Oktober 1994 einen Arbeitsunfall, als er von einer Laufkatze (beweglichem Kranbauteil zur Veränderung der Lage des Hubseils) hinter dem rechten Ohr getroffen wurde. Dem Durchgangsarzt-Bericht des Chirurgen R vom 17. Oktober 1994 zufolge bestand am rechten Ohr hinter der Ohrmuschel eine 5 DM-Stück große Hämatomschwellung mit oberflächlicher Schürfwunde und rechtseitigem Hinterhauptkopfschmerz sowie leichtem Schwindelgefühl, keine Pupillendifferenz. Peripherneurologisch war der Befund unauffällig. Eine Röntgenuntersuchung des Schädels ergab keine knöcherne Verletzung. Erst als der Kläger am 19. Oktober 1994 über eine Zunahme der Beschwerden im Schädelbereich sowie bewegungsabhängige Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule klagte, bescheinigte der Durchgangsarzt eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab 20.Oktober 1994. Bei einer neurologischen Untersuchung am 1. November 1994 erhob Dr. J einen unauffälligen Befund und hielt eine weitere neurotechnische Untersuchung nicht für notwendig.
Am 9. Januar 1995 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall, als er bei Glatteis auf den Hinterkopf stürzte. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 8. April 1999 als Folgen dieses Unfalls eine folgenlos ausgeheilte Schädelprellung und Distorsion der Halswirbelsäule an und lehnte die Gewährung einer Rente ab. Dem lag ein Gutachten des Chrirurgen Prof. Dr. G vom 3. März 1999 zugrunde.
Im Juni 2000 beantragte der Kläger die Gewährung einer Verletztenteilrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. Oktober 1994. Er begründete seinen Antrag unter Bezugnahme auf Atteste des Allgemeinmediziners Dr. H, des Psychologen Dr. Z und der Augenärztin E damit, dass er seit dem Unfall unter Kopfschmerzen, Schwindelanfällen, Nackenschmerzen sowie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen und einem sekundären Glaukom leide.
Die Beklagte holte ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie Dr. C vom 28. September 2001 ein. Diese führte aus, bei den vom Kläger angegebenen Schmerzen der rechten Körperhälfte dürfte es sich hinsichtlich der Reflexabschwächung der oberen Extremität um Folgen des wahrscheinlich schon vorbestehenden degenerativen Halswirbelsäulen-Syndroms handeln, das sich nach dem Sturzereignis verschlimmert habe. Auch die radikuläre Symptomatik des Lendenwirbelsäulensyndroms stehe wahrscheinlich mit dem Unfall in ursächlichem Zusammenhang. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf neurologischen Gebiet betrage 20 v.H., zuzüglich der Einschränkungen im HNO-Bereich 25 v.H ... Dr. A kam in einem HNO-fachärztlichen Gutachten vom 19. Februar 2002 zu dem Ergebnis, über sechs Jahre nach dem Unfall sei es schwer, einen Ursachenzusammenhang zwischen den nunmehr bestehenden Erkrankungen und dem Unfall festzustellen, weil inzwischen Krankheiten bestünden, die die entsprechenden Hör- und Gleichgewichtsstörungen verursachen könnten, nämlich Diabetes mellitus, Bluthochdruck, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule. Es könne jedoch davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der Schädelprellung bei dem Unfallereignis vom 14. Oktober 1994 auch eine Hirnstammirritation verursacht worden sei, die noch eine geringe zentrale Gleichgewichtsirritation bedinge. Die MdE werden auf 10 v.H. geschätzt. Prof. Dr. B konnte in seinem augenärztlichen Gutachten vom 10. Juni 2002 keine unfallbedingten Veränderungen feststellen.
Mit Bescheid vom 2. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. Oktober 1994 ab. Die Schädelprellung und die Distorsion der Hals-wirbelsäule seien folgenlos ausgeheilt. Die Schlussfolgerungen von Dr. C seien medizinisch und wissenschaftlich nicht begründet. Es werde nicht zwischen den Folgen der beiden Arbeitsunfälle unterschieden und keine kritische Abgrenzung unfallfremder Leiden vorgenommen.
Mit der dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, wenn nicht zwischen den Folgen beider Arbeitsunfälle unterschieden werden könne, so dürfe das nicht zu seinen Lasten gehen. Das Sozialgericht hat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. G vom 30. Dezember 2003 eingeholt, der darauf verwiesen hat, sowohl der Unfall vom 14. Oktober 1994 als auch derjenige vom 9. Januar 1995 hätten nur vorübergehende und geringe Funktionsbeeinträchtigungen bewirkt. Anders als von Dr. C angenommen, sei allein aus dem Folgezustand nach einem Unfall bei einem fehlenden adäquaten Unfallereignis kein Zusammenhang ableitbar. Die jetzt diagnostizierte Gleichgewichtsstörung sei so gering, dass sie als Ausdruck einer arteriosklerotischen Encephalopathie zu bewerten sei.
Der anschließend gehörte Orthopäde Dr. E ist in seinem Gutachten vom 26. März 2004 zu dem Ergebnis gelangt, die durch den Unfall bewirkte Verletzung am Schädel (Prellung mit Schürfwunde) mache deutlich, dass keine hohe kinetische Energie auf den Kläger eingewirkt habe, da es nicht einmal zu einer Platzwunde oder Schädelkalottenfraktur gekommen sei. Die Beschwerden an der Halswirbelsäule seien so gering gewesen, dass eine röntgenologische Untersuchung nicht für erforderlich gehalten worden sei. Das Unfallereignis sei demzufolge nicht geeignet gewesen, eine knöcherne Verletzung der Halswirbelsäule hervorzurufen. Die in der Folge des Unfalls vom 9. Januar 1995 gestellte Diagnose einer älteren C5-Fraktur sei nicht nachzuvollziehen und werde durch die Befundung eines Computertomogramm aus dem Jahr 2001 auch in Frage gestellt. Die Beschwerdesymptomatik seitens des Hinterkopf-Nacken-Schulterbereichs sei durch die festgestellten degenerativen Veränderungen an der Halswirbelsäule zu erklären. Durch das Unfallereignis sei es zu einer zeitlich begrenzten Erkrankung, nicht aber zu einer richtunggebenden Verschlimmerung gekommen. Der Beurteilung durch Dr. A könne nicht gefolgt werden, weil die von ihm spekulativ angenommene Hirnstammirritation eine schwere Verletzung mit einer unmittelbar eintretenden erheblichen klinischen Symptomatik darstelle, die in den Durchgangsarztberichten nicht beschrieben und durch den Unfallmechanismus nicht erklärt werde.
Durch Urteil vom 12. November 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Nach den Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. G und Dr. E, die überzeugend seien, seien die durch den Arbeitsunfall vom 14. Oktober 1994 erlittenen Verletzungen folgenlos ausgeheilt.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, das Sozialgericht habe sich nicht mit der Tatsache auseinander gesetzt, dass seine Schwindelanfälle und Kopfschmerzen sehr bald nach dem Unfall aufgetreten seien. Gleichgewichtsstörungen und Schwindelanfälle seien keine typischen Folgen einer Wirbelsäulendegeneration.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. Oktober 1994 eine Verletztenteilrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisches Gutachten von Dr. M vom 17. Januar 2006 eingeholt. Die Gutachterin hat dargelegt, aufgrund des Verlaufes seien Diagnosen wie Labyrinthkontusion oder Hirnstammkontusion durch den Unfall ausgeschlossen, weil beides mit charakteristischen Beschwerden sowie objektivierbaren neurologischen Befunden im direkten zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall einherginge. Es bestehe kein Anhalt für eine Verletzung des Gleichgewichtsorgans, kein Nachweis einer Verletzung des Augenmuskels, eines für die Augenbewegungen zuständigen Nerves rechts, einer Nervenwurzelschädigung im Bereich der Halswirbelsäule oder eines spezifischen neuropsychologischen Befundes. Dr. C habe in ihrer neurologischen Untersuchung keinen Befund dargestellt, der objektiv auf eine Schädigung des Gleichgewichtssystems hinweisen würde. Die von Dr. C diagnostizierte Lähmung des rechten Augennerves sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachweisbar und werde in den sonstigen augenärztlichen Befunden nicht aufgeführt.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte, der Akte des Sozialgerichts und des den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Der Kläger hat mangels feststellbarer Unfallfolgen keinen Anspruch auf die geltend gemachte Verletztenteilrente. Erforderlich ist ein kausaler Zusammenhang sowohl zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden (vgl. Bundessozialgericht –BSG–, Urteile vom 14. Dezember 1999, B 2 U 3/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 1, und vom 7. November 2000, B 2 U 39/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 3). Dabei gilt auch für die hier allein streitige haftungsausfüllende Kausalität der Beweismaßstab der – überwiegenden – Wahrscheinlichkeit (vgl. zur haftungsausfüllenden Kausalität zuletzt BSG, Urteil vom 9. Dezember 2003, B 2 U 8/03 R, SozR 4-2200 § 589 Nr. 1). Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978, 8 RU 66/77, BSGE 45, 285). Gemessen an diesem Maßstab ist der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und den bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers nicht hinreichend wahrscheinlich. Dies haben nicht nur die vom Sozialgericht Berlin gehörten Gutachter Prof. Dr. G und Dr. E jeweils für ihr Fachgebiet unter Berücksichtigung der unmittelbar nach dem Unfall erhobenen Befunde dargelegt, sondern auch die auf Antrag des Klägers gehörte Dr. bestätigt.
Zu einem anderen Ergebnis sind Dr. C und Dr. A unter Außerachtlassung des Erfordernisses einer Begründung für einen Kausalzusammenhang gekommen. Dr. C hat in ihrem Gutachten vom 28. September 2001 nicht ausgeführt, warum bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt. Nach der Befunderhebung hat sie zusammenfassend die vom Kläger angegebenen Schmerzen der rechten Körperhälfte einem Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndrom zugeordnet, und diese als Unfallfolge bezeichnet, weil diese Beschwerden nach den Angaben des Klägers in der zeitlichen Folge der beiden Arbeitsunfälle aufgetreten seien. Dabei setzt sie sich weder mit dem unfallnah von Dr. J erhobenen neurologischen Befund auseinander und noch grenzt sie die auch von ihr als degenerativ bezeichneten Schäden an der Halswirbelsäule von etwaigen unfallbedingten Folgen ab.
Dr. A legt in seinem Gutachten zunächst dar, dass ein Kausalzusammenhang zwischen den Körperschäden und dem Unfall besonders schwer festzustellen sei, weil der Kläger u.a. an einem Diabetes mellitus leide, der entsprechende Beschwerden verursachen könne. Anschließend geht er, ohne eine Begründung hierfür zu geben, von einer durch den Unfall verursachten Hirnstammirritation aus und rechnet diesem fiktiven Ereignis eine "allerdings von anderen Krankheiten überlagerten" Irritation des Gleichgewichtssinnes zu. Dem kann schon deswegen nicht gefolgt werden, weil die zeitnah erhobenen Befunde keinen Anhaltspunkt für eine Hirnstammirritation liefern.
Die nach § 193 Abs. 1 S.1 SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Berufung keinen Erfolg hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Verletztenteilrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 14. Oktober 1994.
Der 1949 geborene Kläger war als Montierer beschäftigt. Er erlitt am 14. Oktober 1994 einen Arbeitsunfall, als er von einer Laufkatze (beweglichem Kranbauteil zur Veränderung der Lage des Hubseils) hinter dem rechten Ohr getroffen wurde. Dem Durchgangsarzt-Bericht des Chirurgen R vom 17. Oktober 1994 zufolge bestand am rechten Ohr hinter der Ohrmuschel eine 5 DM-Stück große Hämatomschwellung mit oberflächlicher Schürfwunde und rechtseitigem Hinterhauptkopfschmerz sowie leichtem Schwindelgefühl, keine Pupillendifferenz. Peripherneurologisch war der Befund unauffällig. Eine Röntgenuntersuchung des Schädels ergab keine knöcherne Verletzung. Erst als der Kläger am 19. Oktober 1994 über eine Zunahme der Beschwerden im Schädelbereich sowie bewegungsabhängige Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule klagte, bescheinigte der Durchgangsarzt eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab 20.Oktober 1994. Bei einer neurologischen Untersuchung am 1. November 1994 erhob Dr. J einen unauffälligen Befund und hielt eine weitere neurotechnische Untersuchung nicht für notwendig.
Am 9. Januar 1995 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall, als er bei Glatteis auf den Hinterkopf stürzte. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 8. April 1999 als Folgen dieses Unfalls eine folgenlos ausgeheilte Schädelprellung und Distorsion der Halswirbelsäule an und lehnte die Gewährung einer Rente ab. Dem lag ein Gutachten des Chrirurgen Prof. Dr. G vom 3. März 1999 zugrunde.
Im Juni 2000 beantragte der Kläger die Gewährung einer Verletztenteilrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. Oktober 1994. Er begründete seinen Antrag unter Bezugnahme auf Atteste des Allgemeinmediziners Dr. H, des Psychologen Dr. Z und der Augenärztin E damit, dass er seit dem Unfall unter Kopfschmerzen, Schwindelanfällen, Nackenschmerzen sowie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen und einem sekundären Glaukom leide.
Die Beklagte holte ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie Dr. C vom 28. September 2001 ein. Diese führte aus, bei den vom Kläger angegebenen Schmerzen der rechten Körperhälfte dürfte es sich hinsichtlich der Reflexabschwächung der oberen Extremität um Folgen des wahrscheinlich schon vorbestehenden degenerativen Halswirbelsäulen-Syndroms handeln, das sich nach dem Sturzereignis verschlimmert habe. Auch die radikuläre Symptomatik des Lendenwirbelsäulensyndroms stehe wahrscheinlich mit dem Unfall in ursächlichem Zusammenhang. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf neurologischen Gebiet betrage 20 v.H., zuzüglich der Einschränkungen im HNO-Bereich 25 v.H ... Dr. A kam in einem HNO-fachärztlichen Gutachten vom 19. Februar 2002 zu dem Ergebnis, über sechs Jahre nach dem Unfall sei es schwer, einen Ursachenzusammenhang zwischen den nunmehr bestehenden Erkrankungen und dem Unfall festzustellen, weil inzwischen Krankheiten bestünden, die die entsprechenden Hör- und Gleichgewichtsstörungen verursachen könnten, nämlich Diabetes mellitus, Bluthochdruck, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule. Es könne jedoch davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der Schädelprellung bei dem Unfallereignis vom 14. Oktober 1994 auch eine Hirnstammirritation verursacht worden sei, die noch eine geringe zentrale Gleichgewichtsirritation bedinge. Die MdE werden auf 10 v.H. geschätzt. Prof. Dr. B konnte in seinem augenärztlichen Gutachten vom 10. Juni 2002 keine unfallbedingten Veränderungen feststellen.
Mit Bescheid vom 2. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. Oktober 1994 ab. Die Schädelprellung und die Distorsion der Hals-wirbelsäule seien folgenlos ausgeheilt. Die Schlussfolgerungen von Dr. C seien medizinisch und wissenschaftlich nicht begründet. Es werde nicht zwischen den Folgen der beiden Arbeitsunfälle unterschieden und keine kritische Abgrenzung unfallfremder Leiden vorgenommen.
Mit der dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, wenn nicht zwischen den Folgen beider Arbeitsunfälle unterschieden werden könne, so dürfe das nicht zu seinen Lasten gehen. Das Sozialgericht hat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. G vom 30. Dezember 2003 eingeholt, der darauf verwiesen hat, sowohl der Unfall vom 14. Oktober 1994 als auch derjenige vom 9. Januar 1995 hätten nur vorübergehende und geringe Funktionsbeeinträchtigungen bewirkt. Anders als von Dr. C angenommen, sei allein aus dem Folgezustand nach einem Unfall bei einem fehlenden adäquaten Unfallereignis kein Zusammenhang ableitbar. Die jetzt diagnostizierte Gleichgewichtsstörung sei so gering, dass sie als Ausdruck einer arteriosklerotischen Encephalopathie zu bewerten sei.
Der anschließend gehörte Orthopäde Dr. E ist in seinem Gutachten vom 26. März 2004 zu dem Ergebnis gelangt, die durch den Unfall bewirkte Verletzung am Schädel (Prellung mit Schürfwunde) mache deutlich, dass keine hohe kinetische Energie auf den Kläger eingewirkt habe, da es nicht einmal zu einer Platzwunde oder Schädelkalottenfraktur gekommen sei. Die Beschwerden an der Halswirbelsäule seien so gering gewesen, dass eine röntgenologische Untersuchung nicht für erforderlich gehalten worden sei. Das Unfallereignis sei demzufolge nicht geeignet gewesen, eine knöcherne Verletzung der Halswirbelsäule hervorzurufen. Die in der Folge des Unfalls vom 9. Januar 1995 gestellte Diagnose einer älteren C5-Fraktur sei nicht nachzuvollziehen und werde durch die Befundung eines Computertomogramm aus dem Jahr 2001 auch in Frage gestellt. Die Beschwerdesymptomatik seitens des Hinterkopf-Nacken-Schulterbereichs sei durch die festgestellten degenerativen Veränderungen an der Halswirbelsäule zu erklären. Durch das Unfallereignis sei es zu einer zeitlich begrenzten Erkrankung, nicht aber zu einer richtunggebenden Verschlimmerung gekommen. Der Beurteilung durch Dr. A könne nicht gefolgt werden, weil die von ihm spekulativ angenommene Hirnstammirritation eine schwere Verletzung mit einer unmittelbar eintretenden erheblichen klinischen Symptomatik darstelle, die in den Durchgangsarztberichten nicht beschrieben und durch den Unfallmechanismus nicht erklärt werde.
Durch Urteil vom 12. November 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Nach den Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. G und Dr. E, die überzeugend seien, seien die durch den Arbeitsunfall vom 14. Oktober 1994 erlittenen Verletzungen folgenlos ausgeheilt.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, das Sozialgericht habe sich nicht mit der Tatsache auseinander gesetzt, dass seine Schwindelanfälle und Kopfschmerzen sehr bald nach dem Unfall aufgetreten seien. Gleichgewichtsstörungen und Schwindelanfälle seien keine typischen Folgen einer Wirbelsäulendegeneration.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. Oktober 1994 eine Verletztenteilrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisches Gutachten von Dr. M vom 17. Januar 2006 eingeholt. Die Gutachterin hat dargelegt, aufgrund des Verlaufes seien Diagnosen wie Labyrinthkontusion oder Hirnstammkontusion durch den Unfall ausgeschlossen, weil beides mit charakteristischen Beschwerden sowie objektivierbaren neurologischen Befunden im direkten zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall einherginge. Es bestehe kein Anhalt für eine Verletzung des Gleichgewichtsorgans, kein Nachweis einer Verletzung des Augenmuskels, eines für die Augenbewegungen zuständigen Nerves rechts, einer Nervenwurzelschädigung im Bereich der Halswirbelsäule oder eines spezifischen neuropsychologischen Befundes. Dr. C habe in ihrer neurologischen Untersuchung keinen Befund dargestellt, der objektiv auf eine Schädigung des Gleichgewichtssystems hinweisen würde. Die von Dr. C diagnostizierte Lähmung des rechten Augennerves sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachweisbar und werde in den sonstigen augenärztlichen Befunden nicht aufgeführt.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte, der Akte des Sozialgerichts und des den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Der Kläger hat mangels feststellbarer Unfallfolgen keinen Anspruch auf die geltend gemachte Verletztenteilrente. Erforderlich ist ein kausaler Zusammenhang sowohl zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden (vgl. Bundessozialgericht –BSG–, Urteile vom 14. Dezember 1999, B 2 U 3/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 1, und vom 7. November 2000, B 2 U 39/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 3). Dabei gilt auch für die hier allein streitige haftungsausfüllende Kausalität der Beweismaßstab der – überwiegenden – Wahrscheinlichkeit (vgl. zur haftungsausfüllenden Kausalität zuletzt BSG, Urteil vom 9. Dezember 2003, B 2 U 8/03 R, SozR 4-2200 § 589 Nr. 1). Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978, 8 RU 66/77, BSGE 45, 285). Gemessen an diesem Maßstab ist der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und den bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers nicht hinreichend wahrscheinlich. Dies haben nicht nur die vom Sozialgericht Berlin gehörten Gutachter Prof. Dr. G und Dr. E jeweils für ihr Fachgebiet unter Berücksichtigung der unmittelbar nach dem Unfall erhobenen Befunde dargelegt, sondern auch die auf Antrag des Klägers gehörte Dr. bestätigt.
Zu einem anderen Ergebnis sind Dr. C und Dr. A unter Außerachtlassung des Erfordernisses einer Begründung für einen Kausalzusammenhang gekommen. Dr. C hat in ihrem Gutachten vom 28. September 2001 nicht ausgeführt, warum bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt. Nach der Befunderhebung hat sie zusammenfassend die vom Kläger angegebenen Schmerzen der rechten Körperhälfte einem Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndrom zugeordnet, und diese als Unfallfolge bezeichnet, weil diese Beschwerden nach den Angaben des Klägers in der zeitlichen Folge der beiden Arbeitsunfälle aufgetreten seien. Dabei setzt sie sich weder mit dem unfallnah von Dr. J erhobenen neurologischen Befund auseinander und noch grenzt sie die auch von ihr als degenerativ bezeichneten Schäden an der Halswirbelsäule von etwaigen unfallbedingten Folgen ab.
Dr. A legt in seinem Gutachten zunächst dar, dass ein Kausalzusammenhang zwischen den Körperschäden und dem Unfall besonders schwer festzustellen sei, weil der Kläger u.a. an einem Diabetes mellitus leide, der entsprechende Beschwerden verursachen könne. Anschließend geht er, ohne eine Begründung hierfür zu geben, von einer durch den Unfall verursachten Hirnstammirritation aus und rechnet diesem fiktiven Ereignis eine "allerdings von anderen Krankheiten überlagerten" Irritation des Gleichgewichtssinnes zu. Dem kann schon deswegen nicht gefolgt werden, weil die zeitnah erhobenen Befunde keinen Anhaltspunkt für eine Hirnstammirritation liefern.
Die nach § 193 Abs. 1 S.1 SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Berufung keinen Erfolg hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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