L 4 R 514/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RA 7467/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 R 514/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Überführungsbescheides (Entgeltbescheides).

Die 1937 geborene Klägerin war seit dem 1. Januar 1952 berufstätig, und zwar zunächst als Verkäuferin und Schreibkraft, später als Verwaltungsangestellte. Vom 1. September 1959 bis zum 31. Januar 1990 war die Klägerin Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (MfS/AfNS) und gehörte dem dortigen Sonderversorgungssystem an. Die Klägerin bezieht seit dem 1. Februar 1997 Altersrente.

Mit Bescheid vom 3. Dezember 1996 in der Fassung des Bescheides vom 26. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2001 stellte die Beklagte als Versorgungsträger die Zugehörigkeit der Klägerin zu dem genannten Sonderversorgungssystem (Nr. 4 der Anlage 2 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG –) und die in dieser Zeit bezogenen Jahresbruttoentgelte fest. Den von der Klägerin erzielten Jahresbruttoentgelten stellte sie im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 (1 BvL 11/94 in BVerfGE 100, 138) das "Entgelt nach AAÜG" gegenüber, das sich unter Berücksichtigung der Höhe des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet ergab.

Die hiergegen gerichtete Klage vom 18. Dezember 2001, mit der die Klägerin sich weiterhin gegen die ihrer Ansicht nach nicht gerechtfertigte Begrenzung ihrer Arbeitsentgelte gewandt hat, hat das Sozialgericht nach Beiladung des Rentenversicherungsträgers mit Urteil vom 11. Februar 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage auf Verpflichtung des Versorgungsträgers zur für den Rentenversicherungsträger verbindlichen Feststellung, dass die höhere – allgemeine – Beitragsbemessungsgrenze nach § 6 Abs. 1 AAÜG in ihrem Fall anzuwenden sei und nicht die besondere Beitragsbemessungsgrenze nach § 7 AAÜG, sei unzulässig. Erst der Rentenversicherungsträger entscheide über die Frage, welche Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden sei. Nach § 8 Abs. 1 AAÜG habe der Versorgungsträger, also die Beklagte, in einem der Rentenfeststellung vorgelagerten und dem Vormerkungsverfahren nach § 149 SGB VI ähnlichen Verfahren lediglich bestimmte Daten verbindlich festzustellen und zwar: - Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, - die Höhe des aus der vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, - die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (§§ 6 und 7 AAÜG) und - in den Fällen des § 8 Abs. 1 Satz 3 AAÜG die Feststellung von Arbeitsausfalltagen.

Dagegen habe die Beklagte nicht dem Rentenversicherungsträger die für die Entscheidung über den Rentenanspruch maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze oder die Höhe der als versichert geltenden Arbeitsverdienste vorzuschreiben. Die Begrenzung des fiktiv als versichert geltenden Arbeitsverdienstes höchstens auf die Werte der besonderen Beitragsbemessungsgrenzen (hier § 7 Abs. 1 AAÜG) könne daher nicht schon mit der Klage gegen den Entgeltbescheid des Versorgungsträgers überprüft werden (BSG – B 4 RA 6/01 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 7). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 7 AAÜG bestünden vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. April 1999 (a.a.O.) und vom 22. Juni 2004 (1 BvR 1070/02BVerfGK 3, 270-273) nicht.

Gegen das ihr am 3. Juni 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. Juni 2005 Berufung eingelegt, mit der sie weiterhin die Begrenzung der Arbeitsentgelte beanstandet. Die Klägerin macht geltend, sie werde auch nach Inkrafttreten des 2. AAÜG-ÄndG vom 27. Juli 2001 (BGBl. I Seite 1939) durch die darin erneut vorgesehene Herabsetzung der Beitragsbemessungsgrenze gegenüber anderen Versicherten mit vergleichbarer Qualifikation und entsprechender Lebensarbeitsleistung verfassungswidrig benachteiligt. Die von ihr erzielten Verdienste beruhten auf real erbrachter hervorgehobener Arbeit und Leistung als Berufssoldatin auf Akademikerniveau, sodass in ihrem konkreten Fall keine Überhöhung der Entgelte vorgelegen habe. Ihre Arbeit sei gleich hoch bezahlt worden wie allgemein in der DDR bei gleicher beruflicher Position.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2005 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 3. Dezember 1996 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeiten vom 1. September 1959 bis zum 31. Januar 1990 die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 6 Abs. 1 AAÜG festzustellen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, für die Zeiten vom 1. September 1959 bis zum 31. Januar 1990 festzustellen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 6 AAÜG nicht vorliegen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag und der Begründung der Beklagten an.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss entscheiden, weil er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG).

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin und die Beklagte haben zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen mit Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) durchsetzbaren Anspruch auf Feststellung der Anwendung einer bestimmten Beitragsbemessungsgrenze für die Zeiten vom 1. September 1959 bis zum 31. Januar 1990 hat. Wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, ist die erhobene Klage unzulässig. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist die Klage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zulässig, wenn die Klägerin behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein. Dafür muss nach dem von der Klägerin behaupteten Sachverhalt zumindest die Möglichkeit bestehen, dass sie in einem subjektiv-öffentlichen Recht, das es in der Rechtsordnung wirklich gibt und das ihr möglicherweise zusteht, durch den Verwaltungsakt verletzt worden ist (vgl. BSG Urteil vom 18. Juli 1996, 4 RA 7/95 in SozR 3-8570 § 8 Nr. 2). Daran fehlt es hier.

Die Klägerin will im Ergebnis erreichen, dass die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Versorgungsträger durch Verwaltungsakt mit einem anderen Inhalt als dem streitbefangenen der Beigeladenen als Rentenversicherungsträger verbindlich vorschreiben möge, für die Rentenfestsetzung ein bestimmtes – höheres – Jahresbruttoarbeitsentgelt zugrunde zu legen. Ein solcher Anspruch gegen den Versorgungsträger ist jedoch in der Rechtsordnung nicht vorgesehen. Das Bundessozialgericht, dem sich der Senat anschließt, hat wiederholt entschieden, dass nach § 8 Abs. 1 AAÜG der Versorgungsträger als insoweit besonders sachkundige Behörde in einem der Rentenfeststellung vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlichen Verfahren einzelne Daten verbindlich festzustellen hat, die für die Feststellung der Rangstelle und des Wertes der Rente oder diesbezüglicher Anwartschaften durch den Rentenversicherungsträger von Bedeutung sein können. Dies sind nur die Daten, die das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil bereits ausdrücklich aufgeführt hat. Der Senat nimmt hierauf und auf die auch im Übrigen die Sach- und Rechtslage zutreffend und ausführlich würdigenden Gründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts nach eigener Prüfung ausdrücklich Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 2 SGG). Anlass zu weiteren Ausführungen besteht nicht, denn die Rechtslage ist eindeutig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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