Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 1980/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 84/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. November 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zusteht.
Die 1968 geborene Klägerin hat in der ehemaligen DDR vom 01.09.1985 bis zum 15.07.1987 den Beruf des Backwarenfacharbeiters, Spezialisierungsrichtung Konditor, erlernt. Im Anschluss daran war sie noch in der ehemaligen DDR in einer Konditorei und nach dem Umzug nach Westdeutschland mit Unterbrechungen als Konditorin, über den Sommer 1990 in Italien in einem Hotel und anschließend wieder in Deutschland als Konditorin bzw. Patissière, Fachverkäuferin in einer Bäckerei, Außenverkäuferin für einen Betrieb für Bäckereibedarf und erneut als Konditorin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 01.05.2002 ist sie arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos.
Zwischen dem 05.07.2001 und 08.08.2001 absolvierte die Klägerin eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Rheumaklinik B. W ... Aus dieser Maßnahme wurde sie unter Nennung der Diagnosen: rezidivierende lokale Lumbalgien, sensible S1-Symptomatik links bei Bandscheibenprotrusion L4/5, BSV L5/S1 und psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, depressive Verstimmung mit der Leistungseinschätzung, dass sie als Konditorin noch drei bis unter sechs Stunden arbeiten könne, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Bücken und Wirbelsäulenzwangshaltungen jedoch sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne, entlassen.
Am 08.08.2002 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste hierauf eine Begutachtung durch den Chirurgen Dr. G. und ließ die Klägerin mit dem Arbeitsplatzsimulationssystem ERGOS untersuchen. Unter Berücksichtigung der Untersuchung mit ERGOS, die Dr. S. ausgewertet hatte, diagnostizierte Dr. G. unter weiterer Beachtung von Arztbriefen des Arztes für Diagnostische Radiologie Dr. B., des Augenarztes Dr. S., des O. Dr. R., des Radiologen Dr. H. und der Ärzte der S. K. E. ein chronisch rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom mit allenfalls endgradiger Funktionseinschränkung, kleiner mediorechtslateraler Bandscheibenprolaps L5/S1 ohne Wurzelirritation. Er kam zu dem Ergebnis, die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne langes Stehen und häufiges Bücken und nur verbunden mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg vollschichtig verrichten. Auch als Konditorin wäre sie weiterhin vollschichtig einsetzbar.
Mit Bescheid vom 30.01.2003 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab.
Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie neben dem Wirbelsäulensyndrom unter weiteren das Leistungsvermögen erheblich einschränkenden Gesundheitsstörungen wie insbesondere anhaltenden Erschöpfungszuständen, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Antriebslosigkeit, rezidivierenden Quincke-Ödemen, Migräne-Anfällen, erhöhter Infektanfälligkeit, Sehstörungen und Chemikalien-Intoleranz-Reaktionen leide. Nach der Untersuchung am Arbeitsplatzsimulator habe sie unter anhaltender Schwäche, Erschöpfung, Energielosigkeit, Kraftlosigkeit, Muskelschmerzen, Schmerzen in den Knien und der Wirbelsäule gelitten und sich sofort ins Bett legen müssen. Auch an den Folgetagen habe sie anhaltende Beschwerden gehabt. Sie sei nicht mehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Erwerbstätigkeit auszuüben.
Die Beklagte holte hierauf einen Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. S. ein. Dieser teilte mit, er habe bei der Klägerin eine hochgradige Intoleranz, Rückenschmerzen, die auf eine spezifische Spondylarthropathie hindeuten würden, eine spezifische Hypersensitivitätsvaskulitis und -Kollagenose sowie den Verdacht auf eine chronisch-toxische Encephalopathie mit zentralvegetativen und kognitiven Störungen diagnostiziert. Für die meisten Tätigkeiten sei die Klägerin zur Zeit arbeitsunfähig. Im Anschluss daran veranlasste die Beklagte weitere Begutachtungen der Klägerin auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet. Die Nervenärztin Dr. S. von der Ärztlichen Untersuchungsstelle S. diagnostizierte Lumbalgien, Lumboischialgien bei auswärts festgestellten degenerativen Veränderungen, Bandscheibenprotrusion L5/S1, medianer NPP L 5/S1, keine aktuelle belangvolle Wurzelreizsymptomatik und den Verdacht auf eine psychosomatische Beschwerdeüberlagerung ohne Rückwirkung auf das altersentsprechende Leistungsvermögen. Sie vertrat die Auffassung, die Klägerin könne als Konditorin noch vollschichtig arbeiten. Außerdem seien ihr allein aus nervenärztlicher Sicht leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel vollschichtig zumutbar. Der Chirurg Dr. R. befundete unter Berücksichtigung eines Arztbriefes der Ärztin für Diagnostische Radiologie Dr. S. und einer gutachterlichen Äußerung des Arbeitsamts G. (heute Agentur für Arbeit; gutachterliche Äußerung vom 03.06.2003: derzeit sind nur leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung ohne regelmäßiges Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten, einseitigen Wirbelsäulenbelastungen durch häufiges Bücken, häufige Zwangshaltungen und ständig einseitige Arbeitshaltung vollschichtig möglich) zusammenfassend wiederkehrende LWS-Beschwerden bei kleinem NPP L5/S1 und leichter Fehlhaltung, keine Wurzelreizzeichen, keine wesentliche Funktionseinschränkung und den Verdacht auf eine psychosomatische Beschwerdeüberlagerung ohne Rückwirkung auf das altersentsprechende Leistungsvermögen. Er vertrat die Auffassung, der Klägerin seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen und ohne schweres Heben und Tragen sechs Stunden und mehr täglich möglich. Auch als Konditorin sei sie noch sechs Stunden und mehr täglich einsetzbar. Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2004 den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung nahm sie auf ihr Widerspruchsvorbringen Bezug und wies noch einmal darauf hin, die Beklagte habe die bei ihr bestehenden, das Leistungsvermögen erheblich einschränkenden Beschwerdebilder der toxischen Encephalopathie, der Chemikalien-Intoleranz sowie der fortbestehenden chronischen Rückenschmerzen nicht berücksichtigt. Bereits kleinste Mengen neurotoxischer Stoffe und eine nur kurzfristige Belastung würden ausreichen, um ihre Beschwerden hervorzurufen bzw. erheblich zu verschlimmern. Die neurotoxischen Substanzen seien in allen Lebensbereichen anzutreffen. Bei Kontakt mit den neurotoxischen Stoffen träten Ödeme, insbesondere der Augenlider auf. Es komme hierbei zu einem vollständigen Zuschwellen eines oder beider Augenlider. Die Schwellungen würden in der Regel drei Tage anhalten. Hinzu komme, dass sie etwa drei- bis viermal im Jahr unter schweren Erkältungserkrankungen, die jeweils zwei bis drei Wochen dauern würden, leide und drei- bis viermal im Jahr würden außerdem für zwei bis drei Tage äußerst schmerzhafte Rückenbeschwerden auftreten. Darüber hinaus träten täglich Müdigkeitsattacken auf, die zur Folge hätten, dass sie zu keinerlei Verrichtung mehr in der Lage sei und sich hinlegen müsse.
Das SG hörte die Frauenärztin Dr. K.-K., den Zahnarzt Dr. K., den Orthopäden Dr. F. und Dr. S. als sachverständige Zeugen. Dr. K.-K. teilte mit, sie habe bei der Klägerin anlässlich der gynäkologischen Vorsorge eine Kolpitis diagnostiziert. Die Klägerin könne Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch vollschichtig verrichten. Dr. K. führte aus, er habe bei der Klägerin insuffiziente alte Amalgamfüllungen und (trotz guter Mundhygiene) PA diagnostiziert. Beides sei therapiert worden. Dr. F. äußerte sich dahingehend, sie habe bei der Klägerin eine rezidivierende Lumboischialgie rechts bei Bandscheibenprolaps im Segment L5/S1, Bandscheibenprotrusion L4/L5 und beginnender Instabilität bei L4/L5 sowie eine linkskonvexe LWS-Skoliose befundet. Anamnestisch bekannt sei außerdem ein Morbus Scheuermann und eine Chondropathia patellae beidseits. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Klägerin für leichte körperliche Tätigkeiten im Bewegungswechsel vollschichtig einsatzfähig. Zu vermeiden seien Arbeiten in extremen Körperhaltungen und solche, die mit Nässe, Kälte und Zugluft, ständigem schweren Heben und Tragen und Tätigkeiten auf Leitern verbunden seien. Dr. S., bei dem die Klägerin zuletzt im August 2003 in Behandlung war, bekundete den dringenden Verdacht auf Sprue/Zöliakie, ein Malabsorptionssyndrom, den Verdacht auf eine endokrine Dysbalance einschließlich Fibromyalgie bei Chemikalien-Empfindlichkeit und Folgereaktionen und darüber hinaus ein Chronic-Fatigue-Syndrom, eine Histamin-Intoleranz und den Verdacht auf eine beginnende Spondylarthrose bei undifferenzierter Kollagenose. 2002 und 2003 sei der Klägerin eine berufliche Tätigkeit, ohne weitere Gesundheitsschäden in Kauf zu nehmen, nicht möglich gewesen. Dr. S. fügte einen Arztbrief des Radiologen Dr. H. bei.
Für die Beklagte äußerte sich hierzu Dr. N. in einer Ärztlichen Stellungnahme dahingehend, dass es bei der Feststellung eines sechs- und mehrstündigen Leistungsvermögen verbleibe.
Ergänzend zog das SG den psychologischen Befund des Diplom-Psychologen C. vom Juli 2001, der während der in der Rheumaklinik in B. W. durchgeführten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme erstellt wurde, bei.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragte das SG sodann die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. G. mit der Erstattung eines neurologisch-psychiatrisch-psychologischen Gutachtens. Die Ärztin diagnostizierte unter Berücksichtigung eines neurologisch/neurophysiologischen Zusatz-Gutachtens, das der Neurologe Dr. K. erstattete, sowie eines psychologischen Zusatzgutachtens des Psychologen G. eine Migräne, eine schwere Depression, eine Angsterkrankung und den Verdacht auf den Beginn einer Zwangserkrankung. Hinsichtlich der seelischen Erkrankung liege eindeutig eine Dissimulation vor. Durch die lange Behandlung bei verschiedenen Ärzten sei die Klägerin absolut darauf fixiert, dass ihre sämtlichen Beschwerden die Folgen von malignen Umwelteinflüssen seien. Sie könne wegen ihrer Gesundheitsstörungen leichte Tätigkeiten ohne Arbeiten in öffentlichen Räumen sowie unter Vermeidung von Arbeiten, bei denen es zu einer Konfrontation mit mehr als einem Menschen komme und die in Räumen zu verrichten seien, von den die Klägerin meine, dass sie mit Duftstoffen etc., Holzschutzmittelresten belastet seien, nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Unfähig sei die Klägerin insbesondere auch zu Arbeiten, bei denen eine fortwährende Konzentration und Aufmerksamkeit erforderlich sei. Außerdem seien Bereiche, in denen die visuelle Merkfähigkeit gefordert sei, ausgeschlossen.
Die Beklagte legte hierzu eine fachpsychiatrische-psychologische Stellungnahme der Psychologin und Ärztin für Psychiatrie Dr. W.-K. vor. Danach seien die von Dr. G. gestellten Diagnosen weder aus der Vorgeschichte, der Krankheitsanamnese noch den aktuell erhobenen Befunden auch nur annähernd ableitbar. Allenfalls könne man bei der Klägerin von einer psychoreaktiven Störung mit zum Teil somatoformer Symptomatik nach Ausgliederung aus dem Erwerbsleben und konsekutiver Enttäuschung über die misslungene Rückkehr ins Erwerbsleben ausgehen. Die sozialmedizinische Schlussfolgerung, dass die Klägerin nurmehr unter dreistündig erwerbstätig sein könne, sei in keiner Weise im Hinblick auf die Vorgeschichte nachvollziehbar, schlüssig und plausibel.
In einer ergänzenden Stellungnahme hielt Dr. G. an ihrer bisherigen Einschätzung fest.
Die Beklagte legte eine weitere Äußerung von Dr. W.-K. vor, wonach sich eine Änderung der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung konsekutiv nicht ergebe.
Mit Urteil vom 30.11.2005, dem Klägerbevollmächtigten per Empfangsbekenntnis zugestellt am 05.12.2005, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, Versichertenrente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheide bereits von vornherein aus, weil die Klägerin nach dem 01.01.1961 geboren sei. Die Klägerin sei gestützt auf die wohlbegründeten kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen der Dres. G., R. und S. und der sachverständigen Zeugen Dres. K.-K. und F. auch nicht erwerbsgemindert. Wegen der im wesentlichen festgestellten Gesundheitsstörungen in Form von Lumbalgien und Lumboischialgien sowie psychosomatischer Beschwerdeüberlagerung mit psychovegetativem Erschöpfungssyndrom und subdepressiver Stimmungslage sei das gesundheitliche Leistungsvermögen der Klägerin zwar eingeschränkt, sie könne jedoch über den Zeitpunkt der Rentenantragstellung hinaus körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Arbeitshaltung wenigstens sechs Stunden täglich verrichten. Vermeiden müsse sie wegen der Wirbelsäulenveränderungen langes Stehen und häufiges Bücken oder sonstige Wirbelsäulenzwangshaltungen, ferner das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 bis 10 kg. Diese Leistungseinschätzung finde auch eine Stütze im Entlassungsbericht der Rheumaklinik B. W. sowie im Untersuchungsbericht des Berufsförderungswerkes. Anders sei auch nicht aufgrund des von Dr. G. sowie Dr. K. und dem Psychologen G. erstatteten Gutachtens und der Bekundungen von Dr. S. zu entscheiden. Das Gutachten von Dr. G. sei nicht überzeugend. Zutreffend habe die Beratungsärztin Dr. W.-K. darauf hingewiesen, dass die Sachverständige keine Befunde erhoben habe, aus denen sich die vorgenannten Diagnosen auch nur annähernd ableiten ließen. Aus dem Gutachten des Psychologen G. ließen sich wesentliche Einschränkungen der kognitiven und mnestischen Fähigkeiten der Klägerin nicht entnehmen. Die von Dr. S. auf das Ergebnis einer Spect-Untersuchung bei dem Radiologen Dr. H. mit der Diagnose einer Encephalopathie gestützten weiteren Diagnosen und Krankheitsbilder seien in der herrschenden medizinischen Wissenschaft im wesentlichen nicht allgemein gültig anerkannt. Sie würden nur von einer kleinen Gruppe so genannter Umweltmediziner als Krankheitsentitäten behauptet.
Hiergegen richtet sie die am 05.01.2006 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie ist der Auffassung, Dr. G. und der Psychologe G. hätten überzeugend dargelegt, dass sie nicht mehr in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu den üblichen Bedingungen auszuüben. Die äußerst erfahrene Ärztin Dr. G. habe ihre Befunde auf eine mehrstündige Untersuchung gestützt. Zu der an ihrem Gutachten geäußerten Kritik habe sie sich in ihrer ergänzenden Stellungnahme geäußert und die einzelnen Kritikpunkte widerlegt.
Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. November 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. März 2004 zu verurteilen, ihr ab dem 01. September 2002 Versichertenrente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Ausführungen von Dr. W.-K ...
Der Senat hat eine sachverständige Zeugenauskunft der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. U., die mitteilte, die Klägerin habe am 22.05.2006 einen Muskelfaserriss am Oberschenkel erlitten und sei zu diesem Zeitpunkt eingeschränkt gehfähig gewesen, eingeholt.
Die Klägerin hat im Zusammenhang mit nicht wahrgenommenen Terminen beim Gutachter eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. F. und eine Heilmittelverordnung des Orthopäden Dr. H. vorgelegt.
Außerdem hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren Gutachtens auf nervenärztlichem Gebiet, das der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. erstattet hat. Dr. H., der sich der Mitarbeit der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie J. bediente, nennt als Diagnosen von der Klägerin beklagte Rückenschmerzen im Bereich der Wirbelsäule im Rahmen von Abnutzungserscheinungen im Bereich der Wirbelsäule und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Hinweise für die Schädigung eines peripheren Nerven, einer Nervenwurzel oder des Rückenmarkes durch die Abnutzungserscheinungen im Bereich der Wirbelsäule hätten sich nicht ergeben. Für die von der Klägerin beklagten Wadenkrämpfe bzw. Wadenschmerzen ergäbe sich auf neurologischem Fachgebiet kein Korrelat. Die Muskulatur sei auch seitengleich ausgebildet ohne Hinweise auf Muskelatrophien. Auf psychiatrischem Fachgebiet habe die Klägerin über eine depressive Symptomatik im Jahr 2000 berichtet. Nach ihren eigenen Angaben sei die Symptomatik nach einigen Monaten wieder vorbeigegangen. Im Rahmen der jetzigen Exploration und Untersuchung sei die Stimmung ausgeglichen bei erhaltener affektiver Schwingungsfähigkeit gewesen. Der Antrieb und die Psychomotorik seien ohne Auffälligkeiten. Aufgrund der Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule seien Arbeiten in einseitiger Körperhaltung sowie das Heben und Tragen schwererer Lasten nicht mehr zumutbar. Auszuscheiden hätten auch Arbeiten in Zwangshaltungen oder Arbeiten, die häufiges Heben und Tragen erfordern würden. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung verbiete außerdem Arbeiten, die mit einer erhöhten Verantwortung bzw. einer besonderen (hohen) geistigen Beanspruchung einhergehen würden. Desweiteren kämen Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, mit erhöhtem Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie Tätigkeiten, die die Überwachung von komplexen Arbeitsvorgängen erfordern würden, nicht mehr in Frage. Unter Beachtung dieser Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Der diagnostischen Einschätzung von Dr. G. vermöge er - Dr. H. - sich definitiv nicht anzuschließen. Weder im Rahmen der aktuellen Exploration und Untersuchung noch im Längs- oder Querschnitt hätten sich Hinweise für eine mittelschwere oder gar schwere depressive Erkrankung ergeben. Die Klägerin habe auch selbst angegeben, dass die vorübergehende leichte depressive Symptomatik zwischenzeitlich abgeklungen sei. Die von dem Psychologen G. gefundenen Ergebnisse ließen keine Rückschlüsse auf das Vorliegen relevanter Störungen der kognitiven oder mnestischen Fähigkeiten zu. Im Rahmen der klinisch-psychiatrischen Untersuchung bei seiner Begutachtung hätte sich eine gut erhaltene Auffassung bei unauffälliger Konzentrationsleistung und ungestörtem Durchhaltevermögen im Rahmen einer mehrstündigen Exploration und Untersuchung ergeben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sind im Urteil des SG zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. In Übereinstimmung mit dem SG kommt auch der Senat zu der Überzeugung, dass die Klägerin, die im Laufe des Rentenverfahrens von Dr. G. und Dr. R. auf chirurgischem Gebiet und von Dr. S. und Dr. H. auf nervenärztlichem Gebiet sowie auf ihren Antrag gemäß § 109 SGG von Dr. G. auf neurologisch-psychiatrischem und psychologischem Fachgebiet begutachtet wurde und darüber hinaus mit Hilfe des Arbeitsplatzsimulationssystems ERGOS untersucht wurde, weder teilweise noch voll erwerbsgemindert ist, da sie nach dem vorliegenden und festgestellten medizinischen Sachverhalt noch zumindest leichte Tätigkeiten mit Funktionseinschränkungen vollschichtig verrichten kann. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil, gestützt auf die Gutachten von Drs. G., R. und S., die sachverständigen Zeugenauskünfte von Drs. K.-K. und F. und unter Hinweis auf den Entlassungsbericht der Rheuma-Klinik B. W. und den Untersuchungsbericht des Berufsförderungswerkes, ausführlich und zutreffend begründet. Das SG hat sich im Urteil auch umfassend mit der hiervon abweichenden Auffassung von Dr. G. und Kollegen und der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. S. auseinander gesetzt. Den Ausführungen im Urteil des SG schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die von Dr. S. abgegebene Leistungseinschätzung sich auch nur auf die Jahre 2002 und 2003, in denen er die Klägerin behandelt hat, bezog. Zum aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin vermochte er keine Aussage zu treffen. Dass bei der Klägerin auf psychologischem Gebiet ein im wesentlichen unauffälliger Befund besteht, geht auch aus dem psychologischen Befund des Psychologen C. hervor.
Die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme führt zu keinem anderen Ergebnis. Dr. H. hat die von Dr. S. getroffene Leistungseinschätzung bestätigt. Wie Dr. S. beschreibt er Beschwerden der Klägerin im Bereich der Wirbelsäule ohne Lähmungserscheinungen, Muskelatrophien, trophische Störungen an den Extremitäten und Gefühlsstörungen im Bereich der Arme und Beine. Unterschiede ergeben sich auf psychiatrischem Fachgebiet. Während Dr. S. den Verdacht auf eine psychosomatische Beschwerdeüberlagerung in den Raum stellte, sieht Dr. H. die Kriterien für das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung als erfüllt an. Beide Krankheitsbilder äußern sich indessen durch das Empfinden von Schmerzen. Die aus der Erkrankung resultierenden Einschränkungen sind daher identisch. Die Diagnose selbst ist für die Beurteilung der Funktionseinschränkungen ohne Belang. In Übereinstimmung mit Dr. S. fand auch Dr. H. bei der Begutachtung keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin unter der von Dr. G. diagnostizierten schweren Depression, Angsterkrankung und dem Verdacht auf den Beginn einer Zwangserkrankung leidet. Die Klägerin selbst berichtete auch jeweils nur über eine vorübergehende depressive Symptomatik in der Vergangenheit. In Behandlung wegen einer Depression befindet sie sich nicht und sie nimmt insoweit auch keine Medikamente ein. Auch nach dem Entlassungsbericht über die von der Klägerin durchgeführte Heilbehandlung wurde von den dortigen Ärzten ebenfalls nur eine depressive Verstimmung, jedoch keine schwerwiegendere Erkrankung auf psychischem Fachgebiet diagnostiziert. In der Einschätzung des Leistungsvermögens stimmen Dr. S. und Dr. H. auch mit der von Dr. R. in seinem Gutachten geäußerten Auffassung, wonach die Klägerin nur noch leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen schwererer Lasten und häufige Zwangshaltungen vollschichtig verrichten kann, überein. Darüber hinaus haben nach Auffassung von Dr. H., der sich der Senat anschließt, auch Arbeiten, die mit einer erhöhten Verantwortung bzw. einer besonderen (hohen) geistigen Beanspruchung einhergehen und mit besonderem Zeitdruck und erhöhtem Umstellungs- und Anpassungsvermögen verbunden sind, und die die Überwachung von komplexen Arbeitsvorgängen erfordern, auszuscheiden. Diese im wesentlichen übereinstimmend getroffene Leistungsbeurteilung wird nach Auffassung des Senats auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin, dass die Einschätzung von Dr. H. "ausschließlich auf einem lockeren Arzt-Patientengespräch" beruhe, während Dr. G. ihre Leistungseinschätzung auf der Grundlage einer ausführlichen psychologischen Zusatzbegutachtung nebst umfangreicher Testverfahren erstellt habe, widerlegt. Abgesehen davon, dass die von dem Psychologen G. durchgeführten Tests insgesamt eine durchschnittlich ausgeprägte intellektuelle Leistungsfähigkeit, eine durchschnittliche Arbeitssorgfalt und eine überdurchschnittliche verbale Merkfähigkeit ergaben und beispielsweise der Persönlichkeitsfragebogen MMPI auch nach den Ausführungen des Psychologen G. nicht als gültige Darstellung der Stimmungs- und Befindlichkeitslage der Klägerin zu sehen ist, ist insoweit zu beachten, dass die Validität von Tests aufgrund der Testsituation, in der sie absolviert werden müssen und der Verallgemeinerung, die jedem Test innewohnt, allenfalls als Ergänzung für einen Eindruck, den man aufgrund einer ausführlichen Exploration gewonnen hat, herangezogen werden sollte. Einer ausführlichen Exploration, die durch einen erfahrenen Arzt und Gutachter wie Dr. H. durchgeführt wird, ist der Vorrang einzuräumen. Für die Begutachtung durch Dr. H. spricht insoweit auch, dass es Dr. H. nach dem Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin gelungen ist, ein "lockeres" Gespräch zu führen und er hiermit den Druck, der bei einer Begutachtung herrscht, genommen hat.
Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit genannt zu werden. Die Leistungseinschränkungen erfordern ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung", weil sie nicht geeignet erscheinen, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Insbesondere ist der Ausschluss von Heben und Tragen schwerer Lasten und Zwangshaltungen bereits vom Begriff "leichte Tätigkeiten" umfasst (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117 und SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17).
Der Klägerin ist auch der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Die Frage, ob es auf dem gesamten Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze gibt, ist nur dann zu prüfen, wenn die Versicherte die noch in Betracht kommenden Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben kann oder entsprechende Arbeitsplätze von ihrer Wohnung aus nicht zu erreichen vermag oder die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil die Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Schonarbeitsplätze nicht an Betriebsfremde vergeben werden, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Berufsfremde nicht vergeben werden oder entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. Dieser Katalog ist nach der Einschätzung des großen Senats des BSG vom 19.12.1999 - Gs 1/95 - abschließend. Im Falle der Klägerin ist keiner dieser Fälle zu berücksichtigen.
Die derzeitige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Der Rentenversicherung ist nur das Risiko einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung zugewiesen, nicht dagegen das Risiko einer Minderung einer Erwerbsmöglichkeit oder der Arbeitslosigkeit (vgl. Beschluss des Großen Senats vom BSG vom 19.12.1996). Das Risiko, dass die Klägerin keinen für sie geeigneten Arbeitsplatz findet, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG SozR - 2200 § 1246 Nr. 41 und vom 21.07.1992 - 4 RA 13/91 -; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19).
Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zusteht.
Die 1968 geborene Klägerin hat in der ehemaligen DDR vom 01.09.1985 bis zum 15.07.1987 den Beruf des Backwarenfacharbeiters, Spezialisierungsrichtung Konditor, erlernt. Im Anschluss daran war sie noch in der ehemaligen DDR in einer Konditorei und nach dem Umzug nach Westdeutschland mit Unterbrechungen als Konditorin, über den Sommer 1990 in Italien in einem Hotel und anschließend wieder in Deutschland als Konditorin bzw. Patissière, Fachverkäuferin in einer Bäckerei, Außenverkäuferin für einen Betrieb für Bäckereibedarf und erneut als Konditorin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 01.05.2002 ist sie arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos.
Zwischen dem 05.07.2001 und 08.08.2001 absolvierte die Klägerin eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Rheumaklinik B. W ... Aus dieser Maßnahme wurde sie unter Nennung der Diagnosen: rezidivierende lokale Lumbalgien, sensible S1-Symptomatik links bei Bandscheibenprotrusion L4/5, BSV L5/S1 und psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, depressive Verstimmung mit der Leistungseinschätzung, dass sie als Konditorin noch drei bis unter sechs Stunden arbeiten könne, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Bücken und Wirbelsäulenzwangshaltungen jedoch sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne, entlassen.
Am 08.08.2002 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste hierauf eine Begutachtung durch den Chirurgen Dr. G. und ließ die Klägerin mit dem Arbeitsplatzsimulationssystem ERGOS untersuchen. Unter Berücksichtigung der Untersuchung mit ERGOS, die Dr. S. ausgewertet hatte, diagnostizierte Dr. G. unter weiterer Beachtung von Arztbriefen des Arztes für Diagnostische Radiologie Dr. B., des Augenarztes Dr. S., des O. Dr. R., des Radiologen Dr. H. und der Ärzte der S. K. E. ein chronisch rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom mit allenfalls endgradiger Funktionseinschränkung, kleiner mediorechtslateraler Bandscheibenprolaps L5/S1 ohne Wurzelirritation. Er kam zu dem Ergebnis, die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne langes Stehen und häufiges Bücken und nur verbunden mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg vollschichtig verrichten. Auch als Konditorin wäre sie weiterhin vollschichtig einsetzbar.
Mit Bescheid vom 30.01.2003 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab.
Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie neben dem Wirbelsäulensyndrom unter weiteren das Leistungsvermögen erheblich einschränkenden Gesundheitsstörungen wie insbesondere anhaltenden Erschöpfungszuständen, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Antriebslosigkeit, rezidivierenden Quincke-Ödemen, Migräne-Anfällen, erhöhter Infektanfälligkeit, Sehstörungen und Chemikalien-Intoleranz-Reaktionen leide. Nach der Untersuchung am Arbeitsplatzsimulator habe sie unter anhaltender Schwäche, Erschöpfung, Energielosigkeit, Kraftlosigkeit, Muskelschmerzen, Schmerzen in den Knien und der Wirbelsäule gelitten und sich sofort ins Bett legen müssen. Auch an den Folgetagen habe sie anhaltende Beschwerden gehabt. Sie sei nicht mehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Erwerbstätigkeit auszuüben.
Die Beklagte holte hierauf einen Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. S. ein. Dieser teilte mit, er habe bei der Klägerin eine hochgradige Intoleranz, Rückenschmerzen, die auf eine spezifische Spondylarthropathie hindeuten würden, eine spezifische Hypersensitivitätsvaskulitis und -Kollagenose sowie den Verdacht auf eine chronisch-toxische Encephalopathie mit zentralvegetativen und kognitiven Störungen diagnostiziert. Für die meisten Tätigkeiten sei die Klägerin zur Zeit arbeitsunfähig. Im Anschluss daran veranlasste die Beklagte weitere Begutachtungen der Klägerin auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet. Die Nervenärztin Dr. S. von der Ärztlichen Untersuchungsstelle S. diagnostizierte Lumbalgien, Lumboischialgien bei auswärts festgestellten degenerativen Veränderungen, Bandscheibenprotrusion L5/S1, medianer NPP L 5/S1, keine aktuelle belangvolle Wurzelreizsymptomatik und den Verdacht auf eine psychosomatische Beschwerdeüberlagerung ohne Rückwirkung auf das altersentsprechende Leistungsvermögen. Sie vertrat die Auffassung, die Klägerin könne als Konditorin noch vollschichtig arbeiten. Außerdem seien ihr allein aus nervenärztlicher Sicht leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel vollschichtig zumutbar. Der Chirurg Dr. R. befundete unter Berücksichtigung eines Arztbriefes der Ärztin für Diagnostische Radiologie Dr. S. und einer gutachterlichen Äußerung des Arbeitsamts G. (heute Agentur für Arbeit; gutachterliche Äußerung vom 03.06.2003: derzeit sind nur leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung ohne regelmäßiges Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten, einseitigen Wirbelsäulenbelastungen durch häufiges Bücken, häufige Zwangshaltungen und ständig einseitige Arbeitshaltung vollschichtig möglich) zusammenfassend wiederkehrende LWS-Beschwerden bei kleinem NPP L5/S1 und leichter Fehlhaltung, keine Wurzelreizzeichen, keine wesentliche Funktionseinschränkung und den Verdacht auf eine psychosomatische Beschwerdeüberlagerung ohne Rückwirkung auf das altersentsprechende Leistungsvermögen. Er vertrat die Auffassung, der Klägerin seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen und ohne schweres Heben und Tragen sechs Stunden und mehr täglich möglich. Auch als Konditorin sei sie noch sechs Stunden und mehr täglich einsetzbar. Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2004 den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung nahm sie auf ihr Widerspruchsvorbringen Bezug und wies noch einmal darauf hin, die Beklagte habe die bei ihr bestehenden, das Leistungsvermögen erheblich einschränkenden Beschwerdebilder der toxischen Encephalopathie, der Chemikalien-Intoleranz sowie der fortbestehenden chronischen Rückenschmerzen nicht berücksichtigt. Bereits kleinste Mengen neurotoxischer Stoffe und eine nur kurzfristige Belastung würden ausreichen, um ihre Beschwerden hervorzurufen bzw. erheblich zu verschlimmern. Die neurotoxischen Substanzen seien in allen Lebensbereichen anzutreffen. Bei Kontakt mit den neurotoxischen Stoffen träten Ödeme, insbesondere der Augenlider auf. Es komme hierbei zu einem vollständigen Zuschwellen eines oder beider Augenlider. Die Schwellungen würden in der Regel drei Tage anhalten. Hinzu komme, dass sie etwa drei- bis viermal im Jahr unter schweren Erkältungserkrankungen, die jeweils zwei bis drei Wochen dauern würden, leide und drei- bis viermal im Jahr würden außerdem für zwei bis drei Tage äußerst schmerzhafte Rückenbeschwerden auftreten. Darüber hinaus träten täglich Müdigkeitsattacken auf, die zur Folge hätten, dass sie zu keinerlei Verrichtung mehr in der Lage sei und sich hinlegen müsse.
Das SG hörte die Frauenärztin Dr. K.-K., den Zahnarzt Dr. K., den Orthopäden Dr. F. und Dr. S. als sachverständige Zeugen. Dr. K.-K. teilte mit, sie habe bei der Klägerin anlässlich der gynäkologischen Vorsorge eine Kolpitis diagnostiziert. Die Klägerin könne Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch vollschichtig verrichten. Dr. K. führte aus, er habe bei der Klägerin insuffiziente alte Amalgamfüllungen und (trotz guter Mundhygiene) PA diagnostiziert. Beides sei therapiert worden. Dr. F. äußerte sich dahingehend, sie habe bei der Klägerin eine rezidivierende Lumboischialgie rechts bei Bandscheibenprolaps im Segment L5/S1, Bandscheibenprotrusion L4/L5 und beginnender Instabilität bei L4/L5 sowie eine linkskonvexe LWS-Skoliose befundet. Anamnestisch bekannt sei außerdem ein Morbus Scheuermann und eine Chondropathia patellae beidseits. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Klägerin für leichte körperliche Tätigkeiten im Bewegungswechsel vollschichtig einsatzfähig. Zu vermeiden seien Arbeiten in extremen Körperhaltungen und solche, die mit Nässe, Kälte und Zugluft, ständigem schweren Heben und Tragen und Tätigkeiten auf Leitern verbunden seien. Dr. S., bei dem die Klägerin zuletzt im August 2003 in Behandlung war, bekundete den dringenden Verdacht auf Sprue/Zöliakie, ein Malabsorptionssyndrom, den Verdacht auf eine endokrine Dysbalance einschließlich Fibromyalgie bei Chemikalien-Empfindlichkeit und Folgereaktionen und darüber hinaus ein Chronic-Fatigue-Syndrom, eine Histamin-Intoleranz und den Verdacht auf eine beginnende Spondylarthrose bei undifferenzierter Kollagenose. 2002 und 2003 sei der Klägerin eine berufliche Tätigkeit, ohne weitere Gesundheitsschäden in Kauf zu nehmen, nicht möglich gewesen. Dr. S. fügte einen Arztbrief des Radiologen Dr. H. bei.
Für die Beklagte äußerte sich hierzu Dr. N. in einer Ärztlichen Stellungnahme dahingehend, dass es bei der Feststellung eines sechs- und mehrstündigen Leistungsvermögen verbleibe.
Ergänzend zog das SG den psychologischen Befund des Diplom-Psychologen C. vom Juli 2001, der während der in der Rheumaklinik in B. W. durchgeführten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme erstellt wurde, bei.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragte das SG sodann die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. G. mit der Erstattung eines neurologisch-psychiatrisch-psychologischen Gutachtens. Die Ärztin diagnostizierte unter Berücksichtigung eines neurologisch/neurophysiologischen Zusatz-Gutachtens, das der Neurologe Dr. K. erstattete, sowie eines psychologischen Zusatzgutachtens des Psychologen G. eine Migräne, eine schwere Depression, eine Angsterkrankung und den Verdacht auf den Beginn einer Zwangserkrankung. Hinsichtlich der seelischen Erkrankung liege eindeutig eine Dissimulation vor. Durch die lange Behandlung bei verschiedenen Ärzten sei die Klägerin absolut darauf fixiert, dass ihre sämtlichen Beschwerden die Folgen von malignen Umwelteinflüssen seien. Sie könne wegen ihrer Gesundheitsstörungen leichte Tätigkeiten ohne Arbeiten in öffentlichen Räumen sowie unter Vermeidung von Arbeiten, bei denen es zu einer Konfrontation mit mehr als einem Menschen komme und die in Räumen zu verrichten seien, von den die Klägerin meine, dass sie mit Duftstoffen etc., Holzschutzmittelresten belastet seien, nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Unfähig sei die Klägerin insbesondere auch zu Arbeiten, bei denen eine fortwährende Konzentration und Aufmerksamkeit erforderlich sei. Außerdem seien Bereiche, in denen die visuelle Merkfähigkeit gefordert sei, ausgeschlossen.
Die Beklagte legte hierzu eine fachpsychiatrische-psychologische Stellungnahme der Psychologin und Ärztin für Psychiatrie Dr. W.-K. vor. Danach seien die von Dr. G. gestellten Diagnosen weder aus der Vorgeschichte, der Krankheitsanamnese noch den aktuell erhobenen Befunden auch nur annähernd ableitbar. Allenfalls könne man bei der Klägerin von einer psychoreaktiven Störung mit zum Teil somatoformer Symptomatik nach Ausgliederung aus dem Erwerbsleben und konsekutiver Enttäuschung über die misslungene Rückkehr ins Erwerbsleben ausgehen. Die sozialmedizinische Schlussfolgerung, dass die Klägerin nurmehr unter dreistündig erwerbstätig sein könne, sei in keiner Weise im Hinblick auf die Vorgeschichte nachvollziehbar, schlüssig und plausibel.
In einer ergänzenden Stellungnahme hielt Dr. G. an ihrer bisherigen Einschätzung fest.
Die Beklagte legte eine weitere Äußerung von Dr. W.-K. vor, wonach sich eine Änderung der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung konsekutiv nicht ergebe.
Mit Urteil vom 30.11.2005, dem Klägerbevollmächtigten per Empfangsbekenntnis zugestellt am 05.12.2005, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, Versichertenrente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheide bereits von vornherein aus, weil die Klägerin nach dem 01.01.1961 geboren sei. Die Klägerin sei gestützt auf die wohlbegründeten kompetenten und widerspruchsfreien Darlegungen der Dres. G., R. und S. und der sachverständigen Zeugen Dres. K.-K. und F. auch nicht erwerbsgemindert. Wegen der im wesentlichen festgestellten Gesundheitsstörungen in Form von Lumbalgien und Lumboischialgien sowie psychosomatischer Beschwerdeüberlagerung mit psychovegetativem Erschöpfungssyndrom und subdepressiver Stimmungslage sei das gesundheitliche Leistungsvermögen der Klägerin zwar eingeschränkt, sie könne jedoch über den Zeitpunkt der Rentenantragstellung hinaus körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Arbeitshaltung wenigstens sechs Stunden täglich verrichten. Vermeiden müsse sie wegen der Wirbelsäulenveränderungen langes Stehen und häufiges Bücken oder sonstige Wirbelsäulenzwangshaltungen, ferner das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 bis 10 kg. Diese Leistungseinschätzung finde auch eine Stütze im Entlassungsbericht der Rheumaklinik B. W. sowie im Untersuchungsbericht des Berufsförderungswerkes. Anders sei auch nicht aufgrund des von Dr. G. sowie Dr. K. und dem Psychologen G. erstatteten Gutachtens und der Bekundungen von Dr. S. zu entscheiden. Das Gutachten von Dr. G. sei nicht überzeugend. Zutreffend habe die Beratungsärztin Dr. W.-K. darauf hingewiesen, dass die Sachverständige keine Befunde erhoben habe, aus denen sich die vorgenannten Diagnosen auch nur annähernd ableiten ließen. Aus dem Gutachten des Psychologen G. ließen sich wesentliche Einschränkungen der kognitiven und mnestischen Fähigkeiten der Klägerin nicht entnehmen. Die von Dr. S. auf das Ergebnis einer Spect-Untersuchung bei dem Radiologen Dr. H. mit der Diagnose einer Encephalopathie gestützten weiteren Diagnosen und Krankheitsbilder seien in der herrschenden medizinischen Wissenschaft im wesentlichen nicht allgemein gültig anerkannt. Sie würden nur von einer kleinen Gruppe so genannter Umweltmediziner als Krankheitsentitäten behauptet.
Hiergegen richtet sie die am 05.01.2006 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie ist der Auffassung, Dr. G. und der Psychologe G. hätten überzeugend dargelegt, dass sie nicht mehr in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu den üblichen Bedingungen auszuüben. Die äußerst erfahrene Ärztin Dr. G. habe ihre Befunde auf eine mehrstündige Untersuchung gestützt. Zu der an ihrem Gutachten geäußerten Kritik habe sie sich in ihrer ergänzenden Stellungnahme geäußert und die einzelnen Kritikpunkte widerlegt.
Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. November 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. März 2004 zu verurteilen, ihr ab dem 01. September 2002 Versichertenrente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Ausführungen von Dr. W.-K ...
Der Senat hat eine sachverständige Zeugenauskunft der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. U., die mitteilte, die Klägerin habe am 22.05.2006 einen Muskelfaserriss am Oberschenkel erlitten und sei zu diesem Zeitpunkt eingeschränkt gehfähig gewesen, eingeholt.
Die Klägerin hat im Zusammenhang mit nicht wahrgenommenen Terminen beim Gutachter eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. F. und eine Heilmittelverordnung des Orthopäden Dr. H. vorgelegt.
Außerdem hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren Gutachtens auf nervenärztlichem Gebiet, das der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. erstattet hat. Dr. H., der sich der Mitarbeit der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie J. bediente, nennt als Diagnosen von der Klägerin beklagte Rückenschmerzen im Bereich der Wirbelsäule im Rahmen von Abnutzungserscheinungen im Bereich der Wirbelsäule und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Hinweise für die Schädigung eines peripheren Nerven, einer Nervenwurzel oder des Rückenmarkes durch die Abnutzungserscheinungen im Bereich der Wirbelsäule hätten sich nicht ergeben. Für die von der Klägerin beklagten Wadenkrämpfe bzw. Wadenschmerzen ergäbe sich auf neurologischem Fachgebiet kein Korrelat. Die Muskulatur sei auch seitengleich ausgebildet ohne Hinweise auf Muskelatrophien. Auf psychiatrischem Fachgebiet habe die Klägerin über eine depressive Symptomatik im Jahr 2000 berichtet. Nach ihren eigenen Angaben sei die Symptomatik nach einigen Monaten wieder vorbeigegangen. Im Rahmen der jetzigen Exploration und Untersuchung sei die Stimmung ausgeglichen bei erhaltener affektiver Schwingungsfähigkeit gewesen. Der Antrieb und die Psychomotorik seien ohne Auffälligkeiten. Aufgrund der Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule seien Arbeiten in einseitiger Körperhaltung sowie das Heben und Tragen schwererer Lasten nicht mehr zumutbar. Auszuscheiden hätten auch Arbeiten in Zwangshaltungen oder Arbeiten, die häufiges Heben und Tragen erfordern würden. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung verbiete außerdem Arbeiten, die mit einer erhöhten Verantwortung bzw. einer besonderen (hohen) geistigen Beanspruchung einhergehen würden. Desweiteren kämen Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, mit erhöhtem Umstellungs- und Anpassungsvermögen sowie Tätigkeiten, die die Überwachung von komplexen Arbeitsvorgängen erfordern würden, nicht mehr in Frage. Unter Beachtung dieser Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Der diagnostischen Einschätzung von Dr. G. vermöge er - Dr. H. - sich definitiv nicht anzuschließen. Weder im Rahmen der aktuellen Exploration und Untersuchung noch im Längs- oder Querschnitt hätten sich Hinweise für eine mittelschwere oder gar schwere depressive Erkrankung ergeben. Die Klägerin habe auch selbst angegeben, dass die vorübergehende leichte depressive Symptomatik zwischenzeitlich abgeklungen sei. Die von dem Psychologen G. gefundenen Ergebnisse ließen keine Rückschlüsse auf das Vorliegen relevanter Störungen der kognitiven oder mnestischen Fähigkeiten zu. Im Rahmen der klinisch-psychiatrischen Untersuchung bei seiner Begutachtung hätte sich eine gut erhaltene Auffassung bei unauffälliger Konzentrationsleistung und ungestörtem Durchhaltevermögen im Rahmen einer mehrstündigen Exploration und Untersuchung ergeben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in der hier anzuwendenden ab 01.01.2001 gültigen Fassung des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sind im Urteil des SG zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. In Übereinstimmung mit dem SG kommt auch der Senat zu der Überzeugung, dass die Klägerin, die im Laufe des Rentenverfahrens von Dr. G. und Dr. R. auf chirurgischem Gebiet und von Dr. S. und Dr. H. auf nervenärztlichem Gebiet sowie auf ihren Antrag gemäß § 109 SGG von Dr. G. auf neurologisch-psychiatrischem und psychologischem Fachgebiet begutachtet wurde und darüber hinaus mit Hilfe des Arbeitsplatzsimulationssystems ERGOS untersucht wurde, weder teilweise noch voll erwerbsgemindert ist, da sie nach dem vorliegenden und festgestellten medizinischen Sachverhalt noch zumindest leichte Tätigkeiten mit Funktionseinschränkungen vollschichtig verrichten kann. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil, gestützt auf die Gutachten von Drs. G., R. und S., die sachverständigen Zeugenauskünfte von Drs. K.-K. und F. und unter Hinweis auf den Entlassungsbericht der Rheuma-Klinik B. W. und den Untersuchungsbericht des Berufsförderungswerkes, ausführlich und zutreffend begründet. Das SG hat sich im Urteil auch umfassend mit der hiervon abweichenden Auffassung von Dr. G. und Kollegen und der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. S. auseinander gesetzt. Den Ausführungen im Urteil des SG schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die von Dr. S. abgegebene Leistungseinschätzung sich auch nur auf die Jahre 2002 und 2003, in denen er die Klägerin behandelt hat, bezog. Zum aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin vermochte er keine Aussage zu treffen. Dass bei der Klägerin auf psychologischem Gebiet ein im wesentlichen unauffälliger Befund besteht, geht auch aus dem psychologischen Befund des Psychologen C. hervor.
Die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme führt zu keinem anderen Ergebnis. Dr. H. hat die von Dr. S. getroffene Leistungseinschätzung bestätigt. Wie Dr. S. beschreibt er Beschwerden der Klägerin im Bereich der Wirbelsäule ohne Lähmungserscheinungen, Muskelatrophien, trophische Störungen an den Extremitäten und Gefühlsstörungen im Bereich der Arme und Beine. Unterschiede ergeben sich auf psychiatrischem Fachgebiet. Während Dr. S. den Verdacht auf eine psychosomatische Beschwerdeüberlagerung in den Raum stellte, sieht Dr. H. die Kriterien für das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung als erfüllt an. Beide Krankheitsbilder äußern sich indessen durch das Empfinden von Schmerzen. Die aus der Erkrankung resultierenden Einschränkungen sind daher identisch. Die Diagnose selbst ist für die Beurteilung der Funktionseinschränkungen ohne Belang. In Übereinstimmung mit Dr. S. fand auch Dr. H. bei der Begutachtung keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin unter der von Dr. G. diagnostizierten schweren Depression, Angsterkrankung und dem Verdacht auf den Beginn einer Zwangserkrankung leidet. Die Klägerin selbst berichtete auch jeweils nur über eine vorübergehende depressive Symptomatik in der Vergangenheit. In Behandlung wegen einer Depression befindet sie sich nicht und sie nimmt insoweit auch keine Medikamente ein. Auch nach dem Entlassungsbericht über die von der Klägerin durchgeführte Heilbehandlung wurde von den dortigen Ärzten ebenfalls nur eine depressive Verstimmung, jedoch keine schwerwiegendere Erkrankung auf psychischem Fachgebiet diagnostiziert. In der Einschätzung des Leistungsvermögens stimmen Dr. S. und Dr. H. auch mit der von Dr. R. in seinem Gutachten geäußerten Auffassung, wonach die Klägerin nur noch leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen schwererer Lasten und häufige Zwangshaltungen vollschichtig verrichten kann, überein. Darüber hinaus haben nach Auffassung von Dr. H., der sich der Senat anschließt, auch Arbeiten, die mit einer erhöhten Verantwortung bzw. einer besonderen (hohen) geistigen Beanspruchung einhergehen und mit besonderem Zeitdruck und erhöhtem Umstellungs- und Anpassungsvermögen verbunden sind, und die die Überwachung von komplexen Arbeitsvorgängen erfordern, auszuscheiden. Diese im wesentlichen übereinstimmend getroffene Leistungsbeurteilung wird nach Auffassung des Senats auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin, dass die Einschätzung von Dr. H. "ausschließlich auf einem lockeren Arzt-Patientengespräch" beruhe, während Dr. G. ihre Leistungseinschätzung auf der Grundlage einer ausführlichen psychologischen Zusatzbegutachtung nebst umfangreicher Testverfahren erstellt habe, widerlegt. Abgesehen davon, dass die von dem Psychologen G. durchgeführten Tests insgesamt eine durchschnittlich ausgeprägte intellektuelle Leistungsfähigkeit, eine durchschnittliche Arbeitssorgfalt und eine überdurchschnittliche verbale Merkfähigkeit ergaben und beispielsweise der Persönlichkeitsfragebogen MMPI auch nach den Ausführungen des Psychologen G. nicht als gültige Darstellung der Stimmungs- und Befindlichkeitslage der Klägerin zu sehen ist, ist insoweit zu beachten, dass die Validität von Tests aufgrund der Testsituation, in der sie absolviert werden müssen und der Verallgemeinerung, die jedem Test innewohnt, allenfalls als Ergänzung für einen Eindruck, den man aufgrund einer ausführlichen Exploration gewonnen hat, herangezogen werden sollte. Einer ausführlichen Exploration, die durch einen erfahrenen Arzt und Gutachter wie Dr. H. durchgeführt wird, ist der Vorrang einzuräumen. Für die Begutachtung durch Dr. H. spricht insoweit auch, dass es Dr. H. nach dem Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin gelungen ist, ein "lockeres" Gespräch zu führen und er hiermit den Druck, der bei einer Begutachtung herrscht, genommen hat.
Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit genannt zu werden. Die Leistungseinschränkungen erfordern ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung", weil sie nicht geeignet erscheinen, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Insbesondere ist der Ausschluss von Heben und Tragen schwerer Lasten und Zwangshaltungen bereits vom Begriff "leichte Tätigkeiten" umfasst (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117 und SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17).
Der Klägerin ist auch der Arbeitsmarkt nicht verschlossen. Die Frage, ob es auf dem gesamten Arbeitsmarkt ausreichend Arbeitsplätze gibt, ist nur dann zu prüfen, wenn die Versicherte die noch in Betracht kommenden Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben kann oder entsprechende Arbeitsplätze von ihrer Wohnung aus nicht zu erreichen vermag oder die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil die Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Schonarbeitsplätze nicht an Betriebsfremde vergeben werden, oder die in Betracht kommenden Tätigkeiten auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Berufsfremde nicht vergeben werden oder entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. Dieser Katalog ist nach der Einschätzung des großen Senats des BSG vom 19.12.1999 - Gs 1/95 - abschließend. Im Falle der Klägerin ist keiner dieser Fälle zu berücksichtigen.
Die derzeitige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Der Rentenversicherung ist nur das Risiko einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung zugewiesen, nicht dagegen das Risiko einer Minderung einer Erwerbsmöglichkeit oder der Arbeitslosigkeit (vgl. Beschluss des Großen Senats vom BSG vom 19.12.1996). Das Risiko, dass die Klägerin keinen für sie geeigneten Arbeitsplatz findet, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BSG SozR - 2200 § 1246 Nr. 41 und vom 21.07.1992 - 4 RA 13/91 -; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19).
Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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