Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AL 6912/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3512/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit.
Der 1968 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger türkischer Abstammung. In seiner Lohnsteuerkarte 2004 sind die Lohnsteuerklasse 3 und 4,0 Kinderfreibeträge eingetragen. Vom 29.11.1994 bis zum 31.07.2004 war er als Recyclingverwerter versicherungspflichtig beschäftigt. Die Frist für die ordentliche Kündigung dieses Arbeitsverhältnis betrug 3 Monate zum Ende des Kalendermonats. Am 23.07.2004 schlossen der Kläger und sein Arbeitgeber, die Fa. S-Plus Umweltservice GmbH in Waiblingen, einen Aufhebungsvertrag. Darin heißt es u.a.:
"Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum Ablauf des 31.07.2004 enden wird. Bis dahin ist Herr Karasakal von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Bezüge und unter Anrechnung auf sämtlich etwaigen Resturlaubsansprüche und sämtliche etwaigen Ansprüche auf Freizeitausgleich aus Zeitguthaben freigestellt. Die S-. Umweltservice GmbH bezahlt an Herrn K. für den Verlust des Arbeitsplatzes gem. §§ 9, 10 KSchG, §§ 3 Ziff 9 EStG eine Abfindung von EUR 9.5000,00 brutto. Der Anspruch auf Abfindung entsteht und wird fällig mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. "
Der Kläger erhielt außerdem eine Urlaubsabgeltung. Wäre der Resturlaub im Anschluss an das Arbeitsverhältnis genommen worden, hätte er bis zum 12.08.2004 gedauert.
Im September 2004 arbeitete der Kläger für ein Stuttgarter Taxiunternehmen und bezog dafür einen Aushilfslohn von insgesamt 150,- EUR. Seit dem 27.06.2005 ist der Kläger als selbständiger Taxiunternehmer tätig.
Am 26.07.2004 meldete sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit in S. B. C. arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg). Mit drei Bescheiden vom 23.09.2004 entschied die Beklagte über den geltend gemachten Anspruch. Im ersten Bescheid wurde ein Anspruch auf Alg für die Zeit vom 01.08.2004 bis zum 12.09.2004 abgelehnt mit der Begründung, da das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden sei, ruhe der Anspruch - unter Berücksichtung eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung bis 12.08.2004 - gemäß § 143 a SGB III bis 12.09.2004. Im zweiten Bescheid wurde entschieden, dass in der Zeit vom 01.08.2004 bis zum 23.10.2004 eine Sperrzeit eingetreten sei, da der Kläger sein Arbeitsverhältnis, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben, durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst gelöst habe. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um 90 Tage - ein Viertel der Anspruchsdauer. Im dritten Bescheid bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab 24.10.2004 Alg mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 266,98 EUR.
Gegen den Bescheid, mit dem der Eintritt einer Sperrzeit festgestellt wurde, legte der Kläger am 08.10.2004 Widerspruch ein und kündigte an, eine Begründung des Widerspruchs sei nicht vorgesehen, weshalb er um eine Entscheidung nach Aktenlage bitte. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2004 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 15.10.2004 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, er sei von seinem Arbeitgeber vor die Alternative gestellt worden, entweder den Aufhebungsvertrag abzuschließen oder eine Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt entgegen zu nehmen. Infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses außerhalb der ordentlichen Kündigungsfrist habe die Beklagte auch gemäß § 143 a SGB III das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 01.08. bis 12.09.2004 ausgesprochen. Diese Entscheidung sei von ihm akzeptiert worden. Die darüber hinaus gehende Anordnung des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen sei unangemessen und stelle für ihn eine nicht zu rechtfertigende Härte dar. Angesichts der von seinem Arbeitgeber vorgenommenen Rationalisierungsmaßnahmen und seiner ungünstigen Sozialdaten, habe er keine Aussicht gesehen, einen möglichen Kündigungsschutzprozess erfolgreich abzuschließen. Der Abschluss des Abfindungsvergleichs sei daher die wirtschaftlich sinnvollste Option gewesen.
Mit Bescheid vom 16.11.2004 hat die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 15.10 bis zum 28.10.2004 aufgehoben mit der Begründung, der Kläger sei einer Aufforderung, sich am 14.10.2004 nach § 309 SGB III zu melden, nicht nachgekommen sei. Der Anspruch auf Alg ruhe daher für die Dauer von zwei Wochen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.07.2005, den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am 08.08.2005, abgewiesen.
Am 24.08.2005 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er beruft sich auf sein bisheriges Vorbringen und macht ergänzend geltend, er sei mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages lediglich einer Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorgekommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten 23. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 13. September 2004 bis zum 14. Oktober 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat eine Auskunft der Fa. S-P. Umweltservice GmbH eingeholt. Diese hat mit Schreiben vom 09.03.2006 mitgeteilt, beide Seiten seien sich einig gewesen, dass eine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses durch gegenseitiges Misstrauen stark geprägt gewesen wäre. In Abwägung der beiderseitigen Interessen sei der Aufhebungsvertrag geschlossen worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und es Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind die beiden Bescheide vom 23.09.2004, mit denen die Beklagte den Eintritt der Sperrzeit festgestellt und den Anspruch des Klägers auf Alg für die Zeit vom 13.09. bis 23.10.2004 abgelehnt hat, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2004 sowie aufgrund von § 96 SGG auch der während des Klageverfahrens ergangene Bescheid vom 16.11.2004, mit dem das Ruhen des Alg-Anspruches wegen Missachtung einer Meldeaufforderung für die Zeit vom 15.10. bis 28.10.2004 angeordnet worden ist.
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Rechtsgrundlage für die Feststellung der Sperrzeit ist § 144 SGB III in der vom 01.01.2003 bis 05.08.2004 geltenden Fassung. Danach tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben (Abs. 1 S. 1 Nr. 1). Der Arbeitslose hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatschen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen (Abs. 1 S. 2). Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit (Abs. 2 S. 1). Während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Alg (Abs. 2 S. 2). Die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen (Abs. 3 S. 1). Sie verkürzt sich auf sechs Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte (Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a) oder wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde (Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b).
Die Voraussetzungen für den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit sind erfüllt. Der Kläger hat ein bestehendes ungekündigtes Beschäftigungsverhältnis durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages am 23.07.2004 gelöst. Dies hat das SG mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird (§ 153 Abs. 2 SGG), entschieden.
Der Einwand des Klägers, er habe für sein Verhalten einen wichtigen Grund gehabt, weil er damit nur einer rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung zuvorgekommen sei, greift, wie das SG ebenfalls richtig dargelegt hat, nicht durch. Denn eine rechtmäßige Kündigung zu dem Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag beendet wurde, drohte nicht. Eine am 23.07.2004 auf den 31.07.2004 ausgesprochene ordentliche Kündigung wäre rechtlich nicht zulässig gewesen, da die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber drei Monate betragen hat. Soweit das BSG im Urteil vom 17.11.2005 (B 11a/11 AL 69/04) ausgeführt hat, dass bei einer drohenden rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung im Regelfall ein wichtiger Grund anzunehmen sein werde (RdNr 21), handelte es sich um einen Fall, in dem der Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis erst zu einem Zeitpunkt beendete, zu dem auch eine Kündigung drohte. Das SG hat unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BSG zu Recht darauf hingewiesen, dass der wichtige Grund nicht nur die Lösung vom Beschäftigungsverhältnis, sondern auch den konkreten Zeitpunkt der Lösung decken muss. Die Drohung des Arbeitgebers mit einer rechtmäßigen ordentlichen Kündigung kann deshalb für den Betroffenen nur dann ein wichtiger Grund zur einverständlichen Lösung sein, wenn vom Arbeitgeber die für ihn geltende Kündigungsfrist beachtet wird. Die Einhaltung der Kündigungsfrist bei der - angeblich - drohenden Kündigung wird jedoch noch nicht einmal vom Kläger behauptet.
Eine Sperrzeit von 12 Wochen ist für den Kläger auch nicht deshalb als Härte zu werten, weil der Anspruch auf Alg bereits nach § 143a SGB III bis einschließlich 12.09.2004 ruht. Das Ruhen des Anspruchs nach § 143a SGB III lässt den Eintritt der Sperrzeit unberührt (vgl. BSG 25.04.1991 - 11 RAr 99/90 - SozR 3-4100 § 119a Nr. 1 zu § 117 AFG).
Allerdings ist die Sperrzeit nicht erst am 01.08.2004, sondern bereits am 24.07.2004 eingetreten. Das den Eintritt der Sperrzeit begründenden Ereignis war der Abschluss des Aufhebungsvertrages am 23.07.2004 und die damit einhergehende Freistellung des Klägers von der Arbeit. Dadurch ist die Arbeitslosigkeit des Klägers eingetreten und das leistungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis beendet worden. Der Umstand, dass der Kläger noch eine Urlaubsabgeltung erhalten hat, steht dem Eintritt der Sperrzeit nicht entgegen. Für den Beginn der Sperrzeit ist unerheblich, ob der Anspruch auf Alg aus anderen Gründen ruht (Niesel SGB III 3.Aufl. 2005 § 144 RdNr. 92 m.w.N.). Die Sperrzeit endet nach Ablauf von zwölf Wochen am 16.10.2004. Dennoch steht dem Kläger für die Zeit vom 17.10. bis 23.10.2004 kein Anspruch auf Alg zu, weil mit dem während des Klageverfahrens ergangenen Bescheid vom 16.11.2004 das Ruhen des Alg-Anspruches wegen Missachtung einer Meldeaufforderung für die Zeit vom 15.10. bis 28.10.2004 angeordnet worden ist. Nach Aktenlage bestehen an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides keine Zweifel und der Kläger hat auch gegen die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides keine Einwände erhoben.
Die 12-wöchige Sperrzeit führt auch aus den vom SG angeführten Gründen zu einer Minderung des Alg-Anspruches um ein Viertel der Anspruchsdauer (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit.
Der 1968 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger türkischer Abstammung. In seiner Lohnsteuerkarte 2004 sind die Lohnsteuerklasse 3 und 4,0 Kinderfreibeträge eingetragen. Vom 29.11.1994 bis zum 31.07.2004 war er als Recyclingverwerter versicherungspflichtig beschäftigt. Die Frist für die ordentliche Kündigung dieses Arbeitsverhältnis betrug 3 Monate zum Ende des Kalendermonats. Am 23.07.2004 schlossen der Kläger und sein Arbeitgeber, die Fa. S-Plus Umweltservice GmbH in Waiblingen, einen Aufhebungsvertrag. Darin heißt es u.a.:
"Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum Ablauf des 31.07.2004 enden wird. Bis dahin ist Herr Karasakal von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Bezüge und unter Anrechnung auf sämtlich etwaigen Resturlaubsansprüche und sämtliche etwaigen Ansprüche auf Freizeitausgleich aus Zeitguthaben freigestellt. Die S-. Umweltservice GmbH bezahlt an Herrn K. für den Verlust des Arbeitsplatzes gem. §§ 9, 10 KSchG, §§ 3 Ziff 9 EStG eine Abfindung von EUR 9.5000,00 brutto. Der Anspruch auf Abfindung entsteht und wird fällig mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. "
Der Kläger erhielt außerdem eine Urlaubsabgeltung. Wäre der Resturlaub im Anschluss an das Arbeitsverhältnis genommen worden, hätte er bis zum 12.08.2004 gedauert.
Im September 2004 arbeitete der Kläger für ein Stuttgarter Taxiunternehmen und bezog dafür einen Aushilfslohn von insgesamt 150,- EUR. Seit dem 27.06.2005 ist der Kläger als selbständiger Taxiunternehmer tätig.
Am 26.07.2004 meldete sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit in S. B. C. arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg). Mit drei Bescheiden vom 23.09.2004 entschied die Beklagte über den geltend gemachten Anspruch. Im ersten Bescheid wurde ein Anspruch auf Alg für die Zeit vom 01.08.2004 bis zum 12.09.2004 abgelehnt mit der Begründung, da das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden sei, ruhe der Anspruch - unter Berücksichtung eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung bis 12.08.2004 - gemäß § 143 a SGB III bis 12.09.2004. Im zweiten Bescheid wurde entschieden, dass in der Zeit vom 01.08.2004 bis zum 23.10.2004 eine Sperrzeit eingetreten sei, da der Kläger sein Arbeitsverhältnis, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben, durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst gelöst habe. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um 90 Tage - ein Viertel der Anspruchsdauer. Im dritten Bescheid bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab 24.10.2004 Alg mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 266,98 EUR.
Gegen den Bescheid, mit dem der Eintritt einer Sperrzeit festgestellt wurde, legte der Kläger am 08.10.2004 Widerspruch ein und kündigte an, eine Begründung des Widerspruchs sei nicht vorgesehen, weshalb er um eine Entscheidung nach Aktenlage bitte. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2004 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 15.10.2004 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, er sei von seinem Arbeitgeber vor die Alternative gestellt worden, entweder den Aufhebungsvertrag abzuschließen oder eine Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt entgegen zu nehmen. Infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses außerhalb der ordentlichen Kündigungsfrist habe die Beklagte auch gemäß § 143 a SGB III das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 01.08. bis 12.09.2004 ausgesprochen. Diese Entscheidung sei von ihm akzeptiert worden. Die darüber hinaus gehende Anordnung des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen sei unangemessen und stelle für ihn eine nicht zu rechtfertigende Härte dar. Angesichts der von seinem Arbeitgeber vorgenommenen Rationalisierungsmaßnahmen und seiner ungünstigen Sozialdaten, habe er keine Aussicht gesehen, einen möglichen Kündigungsschutzprozess erfolgreich abzuschließen. Der Abschluss des Abfindungsvergleichs sei daher die wirtschaftlich sinnvollste Option gewesen.
Mit Bescheid vom 16.11.2004 hat die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 15.10 bis zum 28.10.2004 aufgehoben mit der Begründung, der Kläger sei einer Aufforderung, sich am 14.10.2004 nach § 309 SGB III zu melden, nicht nachgekommen sei. Der Anspruch auf Alg ruhe daher für die Dauer von zwei Wochen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.07.2005, den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis zugestellt am 08.08.2005, abgewiesen.
Am 24.08.2005 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er beruft sich auf sein bisheriges Vorbringen und macht ergänzend geltend, er sei mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages lediglich einer Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorgekommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten 23. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 13. September 2004 bis zum 14. Oktober 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat eine Auskunft der Fa. S-P. Umweltservice GmbH eingeholt. Diese hat mit Schreiben vom 09.03.2006 mitgeteilt, beide Seiten seien sich einig gewesen, dass eine Weiterführung des Arbeitsverhältnisses durch gegenseitiges Misstrauen stark geprägt gewesen wäre. In Abwägung der beiderseitigen Interessen sei der Aufhebungsvertrag geschlossen worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und es Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens sind die beiden Bescheide vom 23.09.2004, mit denen die Beklagte den Eintritt der Sperrzeit festgestellt und den Anspruch des Klägers auf Alg für die Zeit vom 13.09. bis 23.10.2004 abgelehnt hat, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2004 sowie aufgrund von § 96 SGG auch der während des Klageverfahrens ergangene Bescheid vom 16.11.2004, mit dem das Ruhen des Alg-Anspruches wegen Missachtung einer Meldeaufforderung für die Zeit vom 15.10. bis 28.10.2004 angeordnet worden ist.
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Rechtsgrundlage für die Feststellung der Sperrzeit ist § 144 SGB III in der vom 01.01.2003 bis 05.08.2004 geltenden Fassung. Danach tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben (Abs. 1 S. 1 Nr. 1). Der Arbeitslose hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatschen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen (Abs. 1 S. 2). Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit (Abs. 2 S. 1). Während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Alg (Abs. 2 S. 2). Die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen (Abs. 3 S. 1). Sie verkürzt sich auf sechs Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte (Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a) oder wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde (Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b).
Die Voraussetzungen für den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit sind erfüllt. Der Kläger hat ein bestehendes ungekündigtes Beschäftigungsverhältnis durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages am 23.07.2004 gelöst. Dies hat das SG mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird (§ 153 Abs. 2 SGG), entschieden.
Der Einwand des Klägers, er habe für sein Verhalten einen wichtigen Grund gehabt, weil er damit nur einer rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung zuvorgekommen sei, greift, wie das SG ebenfalls richtig dargelegt hat, nicht durch. Denn eine rechtmäßige Kündigung zu dem Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag beendet wurde, drohte nicht. Eine am 23.07.2004 auf den 31.07.2004 ausgesprochene ordentliche Kündigung wäre rechtlich nicht zulässig gewesen, da die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber drei Monate betragen hat. Soweit das BSG im Urteil vom 17.11.2005 (B 11a/11 AL 69/04) ausgeführt hat, dass bei einer drohenden rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung im Regelfall ein wichtiger Grund anzunehmen sein werde (RdNr 21), handelte es sich um einen Fall, in dem der Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis erst zu einem Zeitpunkt beendete, zu dem auch eine Kündigung drohte. Das SG hat unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BSG zu Recht darauf hingewiesen, dass der wichtige Grund nicht nur die Lösung vom Beschäftigungsverhältnis, sondern auch den konkreten Zeitpunkt der Lösung decken muss. Die Drohung des Arbeitgebers mit einer rechtmäßigen ordentlichen Kündigung kann deshalb für den Betroffenen nur dann ein wichtiger Grund zur einverständlichen Lösung sein, wenn vom Arbeitgeber die für ihn geltende Kündigungsfrist beachtet wird. Die Einhaltung der Kündigungsfrist bei der - angeblich - drohenden Kündigung wird jedoch noch nicht einmal vom Kläger behauptet.
Eine Sperrzeit von 12 Wochen ist für den Kläger auch nicht deshalb als Härte zu werten, weil der Anspruch auf Alg bereits nach § 143a SGB III bis einschließlich 12.09.2004 ruht. Das Ruhen des Anspruchs nach § 143a SGB III lässt den Eintritt der Sperrzeit unberührt (vgl. BSG 25.04.1991 - 11 RAr 99/90 - SozR 3-4100 § 119a Nr. 1 zu § 117 AFG).
Allerdings ist die Sperrzeit nicht erst am 01.08.2004, sondern bereits am 24.07.2004 eingetreten. Das den Eintritt der Sperrzeit begründenden Ereignis war der Abschluss des Aufhebungsvertrages am 23.07.2004 und die damit einhergehende Freistellung des Klägers von der Arbeit. Dadurch ist die Arbeitslosigkeit des Klägers eingetreten und das leistungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis beendet worden. Der Umstand, dass der Kläger noch eine Urlaubsabgeltung erhalten hat, steht dem Eintritt der Sperrzeit nicht entgegen. Für den Beginn der Sperrzeit ist unerheblich, ob der Anspruch auf Alg aus anderen Gründen ruht (Niesel SGB III 3.Aufl. 2005 § 144 RdNr. 92 m.w.N.). Die Sperrzeit endet nach Ablauf von zwölf Wochen am 16.10.2004. Dennoch steht dem Kläger für die Zeit vom 17.10. bis 23.10.2004 kein Anspruch auf Alg zu, weil mit dem während des Klageverfahrens ergangenen Bescheid vom 16.11.2004 das Ruhen des Alg-Anspruches wegen Missachtung einer Meldeaufforderung für die Zeit vom 15.10. bis 28.10.2004 angeordnet worden ist. Nach Aktenlage bestehen an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides keine Zweifel und der Kläger hat auch gegen die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides keine Einwände erhoben.
Die 12-wöchige Sperrzeit führt auch aus den vom SG angeführten Gründen zu einer Minderung des Alg-Anspruches um ein Viertel der Anspruchsdauer (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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