Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 RA 2278/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 4538/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Vergleichsvertrag; Zugunstenverfahren, Verstoß gegen Verfahrensvorschriften
Ein die Anwendung des § 44 SGB X ausschließender öffentlich-rechtlicher Vergleichsvertrag setzt in der Sache ein gegenseitiges Nachgeben aufgrund bewusster Zweifel an der Rechtslage voraus und ist schriftlich niederzulegen (§ 56 SGB X). Dass sich aus einem Schriftwechsel ein Vergleich ergibt, muss in der Urkunde unmissverständlich zum Ausdruck kommen.
Das Zugunstenverfahren des § 44 SGB X dient nicht der nachträglichen Korrektur von Verfahrens - oder Formverstößen, sondern soll materielles Unrecht beseitigen. Verletzungen von vertrauensschützenden Vorschriften des Verfahrensrechts (hier: § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X) unterfallen aber der Rücknahmepflicht im Rahmen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Ein die Anwendung des § 44 SGB X ausschließender öffentlich-rechtlicher Vergleichsvertrag setzt in der Sache ein gegenseitiges Nachgeben aufgrund bewusster Zweifel an der Rechtslage voraus und ist schriftlich niederzulegen (§ 56 SGB X). Dass sich aus einem Schriftwechsel ein Vergleich ergibt, muss in der Urkunde unmissverständlich zum Ausdruck kommen.
Das Zugunstenverfahren des § 44 SGB X dient nicht der nachträglichen Korrektur von Verfahrens - oder Formverstößen, sondern soll materielles Unrecht beseitigen. Verletzungen von vertrauensschützenden Vorschriften des Verfahrensrechts (hier: § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X) unterfallen aber der Rücknahmepflicht im Rahmen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. September 2004 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2003 verpflichtet, den Bescheid vom 7. April 2000 zurückzunehmen, soweit die teilweise Aufhebung der Rentenbewilligung für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 betroffen ist. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 2.430,60 DM (= 1.242,74 Euro) zu bezahlen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens vor dem Sozialgericht und die gesamten außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Zugunstenverfahren über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids vom 7. April 2000.
Der am 1938 geborene Kläger war mit B. geb. K. (geb. 1941) in erster Ehe ab März 1966 verheiratet. Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Pforzheim vom 3. Mai 1988 (rechtskräftig seit 28. Juni 1988) wurde die Ehe geschieden; im Urteil waren vom Versicherungskonto des Klägers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Rentenanwartschaften in Höhe von 476,05 DM, bezogen auf das Ehezeitende (30. September 1986), auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen worden. Am 31. März 1989 heiratete der Kläger B. M. -K. (i.F. B.M.-K.) erneut. Die Ehefrau des Klägers war bis Februar 1994 berufstätig, danach krank geschrieben (Krankengeldbezug bis 26. August 1994); vom 1. April 1995 bis 6. Januar 1999 wurden wegen der Pflege ihres Vaters Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt.
Durch Bescheid vom 19. Februar 1997 bewilligte die BfA dem Kläger rückwirkend ab 1. Oktober 1995 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), wobei sich - unter Berücksichtigung des Abschlags von 13,6575 Entgeltpunkten aus dem Versorgungsausgleich - bei nunmehr 39,9804 persönlichen Entgeltpunkten eine monatliche (Brutto-)Rente ab 1. Oktober 1995 von 1.848,29 DM sowie ab 1. Juli 1996 von 1.865,89 DM ergab (Zahlbeträge nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. Oktober 1995 1.717,07 DM, ab 1. Juli 1996 1.725,02 DM).
Am 29. Dezember 1998 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Bestimmung des § 5 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG), den Versorgungsausgleich "auszusetzen", weil er seiner Ehefrau, die weder berufstätig sei noch eine Rente erhalte, unterhaltspflichtig sei. B.M.-K. hatte bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden im April 1997 selbst einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt, welcher im Verwaltungsverfahren mit Bescheid vom 14. August 1997 (Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 1998) erfolglos geblieben war. Von der rentenablehnenden Verwaltungsentscheidung, nicht jedoch von der zwischenzeitlichen Klageerhebung zum Sozialgericht Karlsruhe - SG - (S 14 RJ 676/98), unterrichtete sie unter dem 24. Januar 1999 die BfA, welche ihrerseits über die Rentenantragstellung bereits im Mai 1997 von der LVA Baden Mitteilung erhalten hatte. Nach Einholung des Kontospiegels der LVA Baden vom 9. Februar 1999 entsprach die BfA dem Antrag des Klägers durch Bescheid vom 23. April 1999 rückwirkend ab 1. Oktober 1995; unter zusätzlicher Berücksichtigung von persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten errechnete sie nunmehr insgesamt monatlich 55,6371 persönliche Entgeltpunkte, was einer monatlichen (Brutto-)Rente ab 1. Oktober 1995 von 2.549,00 DM (netto 2.368,03 DM), ab 1. Juli 1996 von 2.573,26 DM (2.378,98 DM), ab 1. Juli 1997 von 2.615,71 DM (netto 2.422,15 DM) sowie ab 1. Juli 1998 von 2.636,82 DM (netto 2.429,84 DM) entsprach. Mit Bescheid vom 2. Juli 1999 wurde die Rente wegen EU aufgrund der Bewertung einer weiteren Beitragszeit nochmals rückwirkend ab 1. Oktober 1995 neu feststellt; bei insgesamt 55,9744 persönlichen Entgeltpunkten ergaben sich monatliche (Brutto-)Rentenbeträge 1. Oktober 1995 von 2.587,70 (netto 2.403,97 DM), ab 1. Juli 1996 von 2.612,33 DM (netto 2.415,11 DM), ab 1. Juli 1997 von 2.655,43 DM (netto 2.458,93 DM), ab 1. Juli 1998 von 2.667,55 DM (netto 2.458,15 DM) sowie ab 1. Juli 1999 von 2.703,56 DM (netto 2.491,33 DM).
Zwischenzeitlich hatte das SG mit Urteil vom 15. April 1999 die Klage der B.M.-K. im Verfahren S 14 RJ 676/98 abgewiesen. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) - L 2 RJ 2736/99 - anerkannte die LVA Baden mit Schriftsatz vom 19. Januar 2000 (vom LSG weitergeleitet an die Prozessbevollmächtigten der B.M.-K. am 24. Januar und dort eingegangen am 26. Januar 2000) einen Anspruch der Ehefrau des Klägers auf Rente wegen EU ab 1. Oktober 1999. Durch Bescheid vom 2. Februar 2000 wurde das Anerkenntnis ausgeführt; unter Berücksichtigung eines Zuschlages von 13,6575 Entgeltpunkten aus dem Versorgungsausgleich errechnete sich eine Rente von brutto 975,92 DM (netto 899,32 DM). Das Anerkenntnis der LVA nahm B.M.-K. nicht an. Am 10. November 2000 schlossen die dortigen Beteiligten vor dem LSG im Verfahren L 2 RJ 2736/99 einen Vergleich, in welchem sich die LVA Baden zur Erledigung des Rechtsstreits verpflichtete, B.M.-K. Rente wegen EU bereits ab 1. Juli 1998 zu bewilligen.
Von der Rentenbewilligung an B.M.-K. ab 1. Oktober 1999 wurde die BfA von der LVA Baden am 7. Februar 2000 und vom Kläger am 1. März 2000 in Kenntnis gesetzt. Nach Anhörung des Klägers (beabsichtigte Aufhebung des Bescheids vom 23. April 1999, Rückforderung der entstandenen Überzahlung) hob die BfA den Rentenbescheid vom 2. Juli 1999 durch Bescheid vom 7. April 2000 unter Hinweis auf § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung ab 1. Oktober 1999 auf und forderte gemäß § 50 SGB X die Erstattung einer Überzahlung von 4.861,20 DM (errechnet aus dem Zeitraum 1. Oktober 1999 bis 31. Mai 2000). Zugleich erfolgte unter Berücksichtigung des Abschlags aus dem Versorgungsausgleich (13,6575 Entgeltpunkte) eine Neuberechnung der Rente wegen EU des Klägers ab 1. Oktober 1999; bei nunmehr insgesamt 42,3362 persönlichen Entgeltpunkten ergab sich ab diesem Zeitpunkt eine monatliche (Brutto-)Rente von 2.044,14 DM (netto 1.883,68 DM). Gegen den Bescheid vom 7. April 2000 legte der Kläger Widerspruch ein. Während des Widerspruchsverfahrens wandte sich die BfA mit Schreiben vom 3. Mai 2000 an den Kläger und erläuterte ihm die Kürzung seiner persönlichen Entgeltpunkte aufgrund der Entgeltpunkte seiner Ehefrau aus dem Versorgungsausgleich, sodass sich beim aktuellen Rentenwert (48,29 DM) eine Überzahlung von rund 660,00 DM ergeben habe.
Das vorgenannten Schreiben endet folgendermaßen: " ...Sie können daraus ersehen, dass alles seine Richtigkeit hat und unser Bescheid vom 07.04.2000 nicht zu beanstanden ist. Wir sind auch bereit, Ihnen bei der Tilgung der Überzahlung entgegenzukommen, z.B. in monatlichen Raten von 250,00 DM. Bitte teilen Sie uns innerhalb von vier Wochen mit, ob Sie Ihren Widerspruch - und ggf. mit welcher Begründung - aufrechterhalten oder von der Rückzahlung in Teilbeträgen Gebrauch machen wollen. Die monatlichen Teilbeträge können wir der Einfachheit halber auch mit Ihrer Rente verrechnen. Wir hoffen, Ihnen mit diesem Schreiben gedient zu haben und erwarten Ihre Antwort. Mit freundlichen Grüßen ... (Unterschrift)". Der Kläger antwortete hierauf am 12. Mai 2000 unter Rücksendung des Schreibens der BfA vom 3. Mai 2000, auf welchem er Folgendes handschriftlich vermerkte: "Sehr geehrter Herr ...! Ich habe die Sachlage begriffen und muss nun zurückzahlen! Am besten 200,- DM monatlich mit oder ohne Zinsen? Am liebsten gar nichts, denn meine Frau hat ja das Geld mit bestem Glauben und Gewissen ausgegeben. Freundliche Grüße ... (Unterschrift)".
Die BfA reagierte mit Schreiben vom 18. Mai 2000: " ...Wir freuen uns, Ihnen die Sachlage hinreichend verständlich gemacht zu haben und erklären uns einverstanden, dass Sie die Überzahlung in monatlichen Raten von 200,- DM tilgen wollen. Wir werden Ihnen auch insoweit entgegenkommen, dass wir bei pünktlicher Erfüllung keine Verzugszinsen erheben werden. Der Einfachheit halber können wir die 200,- DM auch ab 01.08.2000 von Ihrer laufenden Rente einbehalten. Bitte geben Sie uns insoweit noch kurz Bescheid (Telefonat genügt!) ... (Unterschrift)." Auf dem am 24. Mai 2000 zurückgesandten Schreiben der BfA vom 18. Mai 2000 teilte der Kläger unter dem 23. Mai 2000 handschriftlich Folgendes mit: "Sehr geehrter Herr ...! Danke für Ihr Schreiben ich bin damit einverstanden. Freundliche Grüße ... (Unterschrift)". Die BfA kündigte darauf mit Schreiben vom 30. Mai 2000 an, die Überzahlung in Höhe von 4.861,20 DM laufend ab 1. September 2000 mit monatlich 200,00 DM sowie einmalig für den Monat August 2000 mit 61,20 DM gegen die Rentenzahlung zu "verrechnen". Ab August 2000 erhielt der Kläger die Rente gekürzt um die Aufrechnungsbeträge ausgezahlt; die errechnete Überzahlung von 4.861,20 DM war im August 2002 vollständig getilgt.
Unterdessen hatte die LVA Baden am 10. November 2000 den vor dem LSG im Verfahren L 2 RJ 2736/99 geschlossenen Vergleich ausgeführt (Bescheid vom 8. Dezember 2000) und die BfA hiervon am 14. Dezember 2000 in Kenntnis gesetzt. Nach erneuter Anhörung des Klägers hob die BfA den Rentenbescheid vom 2. Juli 1999 nunmehr mit Bescheid vom 8. März 2001 bereits ab 1. Juli 1998 auf, forderte eine Überzahlung von 9.017,79 DM (errechnet aus dem Zeitraum 1. Juli 1998 bis 30. September 1999), zurück und berechnete die Rente wegen EU ab 1. Juli 1998 neu. Der Widerspruch des Klägers blieb mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2001 erfolglos. Die Klage zum SG - S 12 RA 4200/01 - hatte dagegen Erfolg; mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 27. Juni 2002 hob das SG den Bescheid vom 8. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2001 auf, weil die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht vorlägen.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 9. Januar 2003 (Eingang bei der BfA am 10. Januar 2003) beantragte der Kläger unter Verweis auf das Urteil des SG vom 27. Juni 2002 gemäß § 44 SGB X die Überprüfung des Bescheids vom 7. April 2000, weil der gleiche Sachverhalt wie im rechtskräftig gewordenen Urteil vorgelegen habe. Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 28. Februar 2003 lehnte die BfA eine Korrektur des Bescheids vom 7. April 2000 ab, weil im damaligen Widerspruchsverfahren eine einvernehmliche Regelung getroffen worden sei, welche in ihren Auswirkungen als Vergleich zu werten sei. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2003 zurückgewiesen; mit den beiden im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gewechselten Schreiben vom 3. Mai 2000 und 18. Mai 2000, die der Kläger jeweils im Original mit handschriftlichen Anmerkungen und eigenhändig unterschrieben zurückgereicht habe, sei ein formell (§ 56 SGB X) und materiell wirksamer öffentlich-rechtlicher Vergleichsvertrag im Sinne des § 54 SGB X zustande gekommen, sodass § 44 SGB X hier nicht anwendbar, vielmehr als Spezialnorm § 59 SGB X einschlägig sei, dessen Voraussetzungen hier indes nicht vorlägen.
Deswegen hat der Kläger am 30. Juni 2003 erneut Klage zum SG - S 12 RA 2278/03 - erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, ein Vergleichsvertrag sei nicht geschlossen worden; vielmehr habe er seinen Widerspruch aufgrund falscher Darstellung der Rechtslage seitens der BfA zurückgenommen. Ein Fall des § 54 SGB X sei im Übrigen schon deswegen nicht gegeben, weil auf Seiten der BfA eine Ungewissheit über die Rechtslage nicht bestanden habe. Er hat außerdem auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Februar 2003 - B 8 KN 6/02 R - (= SozR 4-2600 § 101 Nr. 1) hingewiesen; diese Entscheidung bestätige, dass selbst nach Erhalt eines Schreibens des zuständigen Rentenversicherungsträgers mit der Mitteilung über die Rentenantragstellung des ehemaligen Ehegatten sowie die Höhe der bei Rentenbewilligung zu erwartenden Rentenminderung kein "Wissenmüssen" im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vorliege. Mit Gerichtsbescheid vom 15. September 2004 hat das SG die Klage abgewiesen; wegen der Einzelheiten der Gründe wird auf den den Bevollmächtigten des Klägers am 16. September 2004 zugestellten Gerichtsbescheid verwiesen.
Hiergegen richtet sich die am 7. Oktober 2004 eingelegte Berufung des Klägers. Ein Vergleichsvertrag sei nicht zustande gekommen; ein gegenseitiges Nachgeben zur Vermeidung einer Entscheidung über eine ungewisse Rechtslage liege nicht vor. Dem Schriftformerfordernis des § 56 SGB X sei ebenfalls nicht genügt; denn abgesehen von der grundsätzlichen Frage, ob ein Vergleichsvertrag dadurch zustande kommen könne, dass zwei Parteien ihre Briefe auf ein und dasselbe Papier schrieben, würde es der Urkunde an der vollständigen inhaltlichen Regelung fehlen. Hätte die BfA damals eine vergleichsweise Regelung erzielen wollen, so hätte sie auch eine entsprechende Urkunde vorbereitet mit allen Regelungen im Einzelnen (Höhe der Forderung, Rückzahlungsmodalitäten, Widerspruchsrücknahme des Widerspruchsführers im Übrigen). Dass eine solche Urkunde nicht gefertigt worden sei, spreche dafür, dass die BfA nicht im Bewusstsein gehandelt habe, einen Vergleich zu schließen; das sei jedoch erforderlich, da ansonsten das gemäß § 54 Abs. 1 SGB X notwendige pflichtgemäße Ermessen nicht ausgeübt werden könne. Die Vorschrift des § 44 SGB X sei mithin anwendbar, wie auch zu überprüfen sei, ob der Bescheid vom 7. April 2000 nicht schon wegen Anhörungsfehlern rechtswidrig sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. September 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2003 zu verpflichten, den Bescheid vom 7. April 2000 zurückzunehmen, soweit die teilweise Aufhebung der Rentenbewilligung für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 betroffen ist, ferner, die Beklagte zu verurteilen, die für diesen Zeitraum einbehaltenen Beträge von insgesamt 2.430,60 DM (= 1.242,74 Euro) an ihn zurückzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Sie verbleibt bei ihrer Auffassung, dass ein wirksamer Vergleichsvertrag zustande gekommen sei und weder Nichtigkeitsgründe im Sinne des § 58 SGB X vorlägen noch ein Fall des § 779 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gegeben sei.
Der Senat hat die beim SG und LSG geführten Gerichtsakten der B.M.-K. - S 14 RJ 676/98, L 2 RJ 2736/99 - beigezogen.
Zur weiteren Darstellung wird auf die beigezogenen Akten, die Klageakte des SG (S 12 RA 2278/03), die weitere Akte des SG (S 12 RA 4200/01) und die Berufungsakte des Senats (L 7 R 4538/04) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die jetzt noch aufrechterhaltene Berufung des Klägers und seine Rückerstattungsklage haben Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei weitem überschritten ist. Die Berufung ist auch - ebenso wie die im Berufungsverfahren zulässigerweise erhobene Leistungsklage - begründet.
Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist das zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 19 S. 33) verfolgte Begehren des Klägers auf teilweise Rücknahme des Bescheids vom 7. April 2000, soweit die Aufhebung der Rentenbewilligung für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 - und damit auch die für diesen Zeitraum verfügte Erstattungspflicht - betroffen ist, sowie die im Berufungsverfahren erhobene, auf Folgenbeseitigung (§ 131 Abs. 1 Satz 1 SGG) gerichtete Leistungsklage (vgl. hierzu BSGE 71, 72, 73 = SozR 3-7610 § 291 Nr. 1; ferner Senatsurteil vom 16. März 2006 - L 7 AL 413/05 -), mit welcher der Kläger die Rückerstattung der im genannten Zeitraum im Wege der Aufrechnung bereits vollzogenen Rückforderung der Rentenüberzahlung verlangt. Nicht mehr im Streit steht dagegen der Zeitraum ab 1. Februar 2000, nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seinen Berufungsantrag entsprechend eingegrenzt hat; bezüglich der Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. September 1999 ist durch das Urteil des SG vom 27. Juni 2002 - S 12 RA 4200/01 - bereits rechtskräftig entschieden.
Ausgangspunkt der Prüfung ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Zwar ist in der Vorschrift ausdrücklich nur geregelt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, bei rechtswidriger Nichterbringung einer Sozialleistung mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist; die Bestimmung ist nach ihrem Regelungszweck indes auf Aufhebungs- und Erstattungsbescheide entsprechend anwendbar (vgl. BSG SozR 3-1300 § 44 Nrn. 19 und 21). Die volle gerichtliche Prüfpflicht im Rahmen des durch den Zugunstenantrag des Betroffenen eingeleiteten Verfahrens besteht im Übrigen selbst dann, wenn die Behörde - wie hier - eine Überprüfung des (bindend gewordenen) Bescheids nach § 44 SGB X abgelehnt hat (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 S. 119 f.; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - B 2 U 32/02 R - (juris)).
Ein öffentlich-rechtlicher Vergleichsvertrag (§ 54 SGB X), der die Anwendbarkeit des § 44 SGB X hindern könnte (vgl. § 61 Satz 1 SGB X; hierzu Krasney in Kassel Kommentar, SGB X § 61 Rdnr. 4), liegt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vor. Bereits die Schreiben der BfA vom 3. und 18. Mai 2000 zeigen sowohl formal als auch ihrem Inhalt nach, dass die BfA dem Kläger seinerzeit keinen öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrag unterbreiten wollte; darauf, dass dieser nicht im Bewusstsein handelte, einen Vergleich abzuschließen, er vielmehr aufgrund der vorbezeichneten Schreiben von der Aussichtslosigkeit seines Widerspruchs ausging und diesen am 23. Mai 2000 sinngemäß zurücknahm, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an. Das Schreiben der BfA vom 3. Mai 2000 war ein reines Erläuterungsschreiben, wie sich die Rechtslage aus ihrer (damaligen) Sicht darstellte, verbunden mit einem Vorschlag zu den Rückzahlungsmodalitäten, falls der Kläger seinen Widerspruch nicht aufrechterhalte. In seinem Antwortschreiben vom 12. Mai 2000 machte der Kläger zwar einen Gegenvorschlag zur Ratenzahlungshöhe, brachte jedoch deutlich zum Ausdruck, dass er nach wie vor der Auffassung sei, zur Erstattung nicht verpflichtet zu sein. In ihrem Schreiben vom 18. Mai 2000 ging die BfA wiederum allein auf die vom Kläger ins Spiel gebrachte alternative monatliche Tilgungsrate, nicht jedoch darauf ein, dass dieser eigentlich nichts zurückzahlen wollte. Dass die BfA im Übrigen selbst nicht im Bewusstsein gehandelt haben dürfte, dem Kläger einen Vergleichsvertrag zu unterbreiten, ergibt sich auch daraus, dass sie ihm im Schreiben vom 18. Mai 2000 die Möglichkeit einräumte, er könne telefonisch Bescheid geben, ob er mit dem vorgeschlagenen Renteneinbehalt einverstanden sei. Ein fernmündlicher Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags ist nämlich - was auch der BfA nicht entgangen sein dürfte - rechtlich nicht möglich (vgl. § 56 SGB X). Zutreffend hat der Kläger überdies darauf hingewiesen, dass ein Vergleichsvertrag nicht bereits dadurch zustande kommt, dass zwei Parteien ihre Briefe zufällig auf ein und dasselbe Papier schreiben; er hat außerdem zu Recht gerügt, dass es vorliegend an jeglicher vollständigen inhaltlichen Regelung fehlt. Eine Urkunde mit allen Vertragsregelungen im Einzelnen (z.B. Höhe der Forderung, Rückzahlungsmodalitäten, Widerspruchsrücknahme des Widerspruchsführers im Übrigen) wurde nicht vorbereitet; wenn überhaupt, so haben sich die Beteiligten allenfalls über die Höhe der Rückzahlungsraten geeinigt, während der Bescheid vom 7. April 2000 in seinen Verfügungssätzen unangetastet geblieben ist. Ein der Sache nach zu forderndes gegenseitiges Nachgeben aufgrund beiderseitiger bewusster Zweifel an der Rechtslage (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Februar 1975 - IV C 79.73 - (juris), dieses auch zum - hier zu verneinenden - öffentlich-rechtlichen Schuldanerkenntnis; ferner Krasney a.a.O., § 54 Rdnrn. 8 ff.), liegt unter diesen Umständen nicht vor. Die vom Kläger gegen die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrags vorgebrachten Gründe sind durchgreifend.
Die Vorschrift des § 44 SGB X, und zwar hier in ihrer Regelung in Abs. 1 Satz 1, ist sonach anwendbar. Dabei ist der Beklagten freilich einzuräumen, dass nicht jeder Verstoß gegen Verfahrens- und Formvorschriften zur Korrektur über die vorgenannte Bestimmung führt; so stellen etwa Verstöße gegen die Anhörungspflicht (§ 24 SGB X) entgegen der Auffassung des Klägers kein Unrecht im Sinne des § 44 SGB X dar (vgl. BSG SozR 1200 § 34 Nr. 18; SozR 3-1300 § 44 Nr. 21 S. 45). Denn Ziel des Zugunstenverfahrens ist es grundsätzlich, materielles Unrecht zu beseitigen und der materiellen Gerechtigkeit zum Erfolg zu verhelfen (vgl. dazu schon BSG SozR 5870 § 2 Nr. 44; SozR 1300 § 44 Nr. 38). Allerdings unterfallen Verletzungen vertrauensschützender Vorschriften des Verfahrensrechts nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG der Rücknahmepflicht, weil die Vertrauensschutzvorschriften selbst wieder einen eigenständigen materiellen Rechtsgrund darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-1500 § 44 Nrn. 21 und 24); dem ist mit Blick auf den vorbeschriebenen Gesetzeszweck jedenfalls insoweit zuzustimmen, als es - wie hier - um einen unter Verstoß gegen Vertrauensschutznormen ergangenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für die Vergangenheit geht (so BSG in dem in SozR 3-1500 § 44 Nr. 21 veröffentlichten Urteil vom 28. Mai 1997 - 14/10 RKg 25/95 -; ferner Steinwedel in Kasseler Kommentar § 44 Rdnr.33; a.A. Wiesner in von Wulffen u.a., SGB X, 5. Auflage, § 44 Rdnr. 3); denn die Behörde soll sich nicht auf - rechtswidrige - Eingriffe in Rechtspositionen des Betroffenen bloß deswegen berufen dürfen, weil der entsprechende Bescheid nach § 77 SGG bindend geworden ist (vgl. hierzu nochmals Steinwedel a.a.O.); hier kommt zudem hinzu, dass der Bescheid vom 7. April 2000 nur deswegen bestandkräftig geworden war, weil die BfA dem Kläger eine objektiv unzureichende Rechtsauskunft erteilt hatte.
Der hier allein hinsichtlich des in der Vergangenheit liegenden Aufhebungs- und Erstattungszeitraums vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 zur Überprüfung gestellte (bestandskräftig gewordene) Bescheid vom 7. April 2000 war bei seinem Erlass (vgl. hierzu BSGE 88, 75, 81 = SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20) rechtswidrig. Verfahrensrechtliche Grundlage der im Bescheid ausgesprochenen teilweisen Aufhebung des - bereits vor dem Anerkenntnis der LVA Baden (Schriftsatz vom 19. Januar 2000) erlassenen - Rentenbescheides vom 2. Juli 1999 war - wie die BfA zu Recht angenommen hat - die Bestimmung des § 48 SGB X (vgl. BSGE 61, 230, 231 f. = SozR § 1304a Nr. 10; BSG SozR 1300 § 48 Nr. 36; SozR 4-2600 § 101 Nr. 1). Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung, die einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie die Bewilligung einer Altersrente - nachträglich rechtswidrig werden lässt, liegt vor, wenn die Änderung im Vergleich zur Sach- und Rechtslage bei dessen Erlass dazu führt, dass die Behörde den ergangenen Bescheid unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen nicht hätte erlassen dürfen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22). Nach der Sondervorschrift des § 100 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) wird die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam wird.
Zwar war mit der Zuerkennung einer Rente wegen EU an B.M.-K. ab 1. Oktober 1999 eine rechtlich wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne der §§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, 100 Abs. 1 Satz 1 SGB VI eingetreten. Materiell-rechtliche Grundlage für die Gewährung der ungekürzten Rente an den Kläger durch die Bescheide vom 23. April und 2. Juli 1999 rückwirkend ab 1. Oktober 1995 war die Bestimmung des § 5 VAHRG (in der Fassung vom 21. Februar 1983 (BGBl. I S. 105)). Nach dieser Vorschrift wird die Versorgung des Verpflichteten nicht auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, solange der Berechtigte aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Rente erhalten kann und er gegen den Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt hat oder nur deshalb nicht hat, weil der Verpflichtete zur Unterhaltsleistung wegen der auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Kürzung seiner Versorgung außerstande ist. Diese Voraussetzungen lagen bis zur Rentenbewilligung durch die LVA Baden an B.M.-K. vor, weil diese nach Aufgabe ihrer beruflichen Tätigkeit und dem Auslaufen des Krankengeldes (1994) über kein eigenes Einkommen mehr verfügte und der Kläger ihr damit zum Unterhalt verpflichtet war. Dies änderte sich erst mit der Zuerkennung einer Rente wegen EU durch die LVA Baden an B.M-K. rückwirkend ab 1. Oktober 1999. Nunmehr waren die Voraussetzungen für eine Rentenminderung infolge der im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften (§ 1587b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unter Beachtung der Vorschriften der §§ 76, 264 SGB VI gegeben (vgl. dazu BSG SozR 1300 § 48 Nr. 36; SozR 3-5795 § 4 Nr. 7), weil die LVA Baden der Ehefrau des Klägers ab dem vorgenannten Zeitpunkt eine Rente unter Berücksichtigung des Zuschlages aus dem Versorgungsausgleich (13,6575 Entgeltpunkte) zahlte. Die Rente wegen EU an B.M.-K. wurde auch aus ihrem aus dem Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht gewährt; hierfür ist entscheidend, ob eine individualisierte Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung bei Hinwegdenken der übertragenen Rentenanwartschaften dem Leistungsempfänger nicht oder nicht in ihrer tatsächlichen Höhe gewährt worden wäre (ständige Rechtsprechung; vgl. BSGE 66, 198, 204 = SozR 3-5795 § 4 Nr. 2; BSG SozR 3-5795 § 4 Nr. 6; SozR 4-5765 § 4 Nr. 1). Das ist hier der Fall, sodass die teilweise Aufhebung des Bescheids vom 2. Juli 1999 jedenfalls mit Bekanntgabe des Bescheids vom 7. April 2000 unter Beachtung der Sonderregelung des § 100 Abs. 1 Satz 1 SGB VI rechtmäßig war; dies ist unter den Beteiligten auch nicht streitig.
Allerdings hat BfA hat die Bewilligung im Bescheid vom 7. April 2000 nicht nur für die Zukunft (vgl. hierzu BSGE 61, 189, 190 = SozR 1300 § 48 Nr. 31; BSGE 65, 185, 188 = SozR a.a.O. Nr. 57), sondern auch für die Vergangenheit, nämlich bereits mit Wirkung ab 1. Oktober 1999 aufgehoben. Die Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung eines Verwaltungsakts sind in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X geregelt. Wird dem Versorgungsausgleichsberechtigten rückwirkend eine Rente gewährt und dadurch die Rente des Ausgleichsverpflichteten gemindert, so ist die - zeitlich entsprechende - rückwirkende Aufhebung des Rentenbescheides des Ausgleichsverpflichteten nur unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X zulässig (vgl. nochmals BSGE 61, 230, 231 f.; BSG SozR 1300 § 48 Nr. 36; SozR 4-2600 § 101 Nr. 1); die Vorschrift der Nr. 3 a.a.O. ist hier nicht einschlägig. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Bösgläubigkeit im Sinne der Nr. 4 a.a.O. liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn der Betroffene mit dem Wegfall der Leistungsberechtigung rechnen musste, sondern erst, wenn der zum Wegfall führende Umstand eingetreten ist und er hiervon sowie von den Auswirkungen auf die Leistungsberechtigung Kenntnis erlangt hat oder seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22); bei Rentenminderungen infolge der Rentengewährung an den Versorgungsausgleichsberechtigten gilt trotz der Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs nichts anderes (vgl. BSG SozR 4-2600 § 101 Nr. 1). Diese vorwerfbare Kenntnis - oder zumindest grob fahrlässige Unkenntnis - hatte der Kläger jedoch frühestens mit dem Anerkenntnis der LVA Baden im Schriftsatz vom 19. Januar 2000, welcher seinen Prozessbevollmächtigten (den damaligen Bevollmächtigten seiner Ehefrau) am 26. Januar 2000 zugegangen ist.
Jedenfalls in der noch streitbefangenen Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 kann dem Kläger mithin der Vorwurf der Bösgläubigkeit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht gemacht werden, nachdem die LVA Baden erst im Januar 2000 ein Anerkenntnis abgegeben hatte, sodass die Voraussetzungen für eine rückwirkende kassatorische Verwaltungsentscheidung im vorgenannten Zeitraum nicht vorgelegen haben (vgl. zum Monatsprinzip nochmals § 100 Abs. 1 SGB VI). Daraus folgt, dass für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 eine Erstattungspflicht des Klägers gemäß § 50 Abs. 1 SGB X ebenfalls nicht bestanden hat. Die BfA hat deshalb insgesamt 2.430,60 DM (= 1.242,74 Euro), dies sind 4 Monate (Oktober 1999 bis Januar 2000) zu je 607,65 DM (2.491,33 DM./. 1.883,68 DM), zu Unrecht zurückgefordert.
Demzufolge ist der angefochtene Bescheid vom 28. Februar 2003 (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2003) im Umfange seiner Anfechtung rechtswidrig; der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 7. April 2000 ist deshalb für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 nach § 44 SGB X von der Beklagten als Funktionsnachfolgerin der BfA zurückzunehmen.
Da im Wege der Aufrechnung indes bereits der gesamte Rückforderungsbetrag (4.861,20 DM) einbehalten worden ist, ist die Beklagte zur Rückerstattung vom 2.430,60 DM (= 1.242,74 Euro) über den vom Kläger zu Recht erhobenen Folgenbeseitigungsanspruch verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei der Senat mit Blick auf die zweitinstanzlich gestellten Anträge des Klägers die Auferlegung seiner außergerichtlichen Kosten auf die Beklagte in vollem Umfang für angemessen erachtet, dem teilweisen Unterliegen des Klägers in der ersten Instanz indes durch eine Kostenquotelung Rechnung getragen hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens vor dem Sozialgericht und die gesamten außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Zugunstenverfahren über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids vom 7. April 2000.
Der am 1938 geborene Kläger war mit B. geb. K. (geb. 1941) in erster Ehe ab März 1966 verheiratet. Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Pforzheim vom 3. Mai 1988 (rechtskräftig seit 28. Juni 1988) wurde die Ehe geschieden; im Urteil waren vom Versicherungskonto des Klägers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Rentenanwartschaften in Höhe von 476,05 DM, bezogen auf das Ehezeitende (30. September 1986), auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen worden. Am 31. März 1989 heiratete der Kläger B. M. -K. (i.F. B.M.-K.) erneut. Die Ehefrau des Klägers war bis Februar 1994 berufstätig, danach krank geschrieben (Krankengeldbezug bis 26. August 1994); vom 1. April 1995 bis 6. Januar 1999 wurden wegen der Pflege ihres Vaters Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt.
Durch Bescheid vom 19. Februar 1997 bewilligte die BfA dem Kläger rückwirkend ab 1. Oktober 1995 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), wobei sich - unter Berücksichtigung des Abschlags von 13,6575 Entgeltpunkten aus dem Versorgungsausgleich - bei nunmehr 39,9804 persönlichen Entgeltpunkten eine monatliche (Brutto-)Rente ab 1. Oktober 1995 von 1.848,29 DM sowie ab 1. Juli 1996 von 1.865,89 DM ergab (Zahlbeträge nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. Oktober 1995 1.717,07 DM, ab 1. Juli 1996 1.725,02 DM).
Am 29. Dezember 1998 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Bestimmung des § 5 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG), den Versorgungsausgleich "auszusetzen", weil er seiner Ehefrau, die weder berufstätig sei noch eine Rente erhalte, unterhaltspflichtig sei. B.M.-K. hatte bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden im April 1997 selbst einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt, welcher im Verwaltungsverfahren mit Bescheid vom 14. August 1997 (Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 1998) erfolglos geblieben war. Von der rentenablehnenden Verwaltungsentscheidung, nicht jedoch von der zwischenzeitlichen Klageerhebung zum Sozialgericht Karlsruhe - SG - (S 14 RJ 676/98), unterrichtete sie unter dem 24. Januar 1999 die BfA, welche ihrerseits über die Rentenantragstellung bereits im Mai 1997 von der LVA Baden Mitteilung erhalten hatte. Nach Einholung des Kontospiegels der LVA Baden vom 9. Februar 1999 entsprach die BfA dem Antrag des Klägers durch Bescheid vom 23. April 1999 rückwirkend ab 1. Oktober 1995; unter zusätzlicher Berücksichtigung von persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten errechnete sie nunmehr insgesamt monatlich 55,6371 persönliche Entgeltpunkte, was einer monatlichen (Brutto-)Rente ab 1. Oktober 1995 von 2.549,00 DM (netto 2.368,03 DM), ab 1. Juli 1996 von 2.573,26 DM (2.378,98 DM), ab 1. Juli 1997 von 2.615,71 DM (netto 2.422,15 DM) sowie ab 1. Juli 1998 von 2.636,82 DM (netto 2.429,84 DM) entsprach. Mit Bescheid vom 2. Juli 1999 wurde die Rente wegen EU aufgrund der Bewertung einer weiteren Beitragszeit nochmals rückwirkend ab 1. Oktober 1995 neu feststellt; bei insgesamt 55,9744 persönlichen Entgeltpunkten ergaben sich monatliche (Brutto-)Rentenbeträge 1. Oktober 1995 von 2.587,70 (netto 2.403,97 DM), ab 1. Juli 1996 von 2.612,33 DM (netto 2.415,11 DM), ab 1. Juli 1997 von 2.655,43 DM (netto 2.458,93 DM), ab 1. Juli 1998 von 2.667,55 DM (netto 2.458,15 DM) sowie ab 1. Juli 1999 von 2.703,56 DM (netto 2.491,33 DM).
Zwischenzeitlich hatte das SG mit Urteil vom 15. April 1999 die Klage der B.M.-K. im Verfahren S 14 RJ 676/98 abgewiesen. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) - L 2 RJ 2736/99 - anerkannte die LVA Baden mit Schriftsatz vom 19. Januar 2000 (vom LSG weitergeleitet an die Prozessbevollmächtigten der B.M.-K. am 24. Januar und dort eingegangen am 26. Januar 2000) einen Anspruch der Ehefrau des Klägers auf Rente wegen EU ab 1. Oktober 1999. Durch Bescheid vom 2. Februar 2000 wurde das Anerkenntnis ausgeführt; unter Berücksichtigung eines Zuschlages von 13,6575 Entgeltpunkten aus dem Versorgungsausgleich errechnete sich eine Rente von brutto 975,92 DM (netto 899,32 DM). Das Anerkenntnis der LVA nahm B.M.-K. nicht an. Am 10. November 2000 schlossen die dortigen Beteiligten vor dem LSG im Verfahren L 2 RJ 2736/99 einen Vergleich, in welchem sich die LVA Baden zur Erledigung des Rechtsstreits verpflichtete, B.M.-K. Rente wegen EU bereits ab 1. Juli 1998 zu bewilligen.
Von der Rentenbewilligung an B.M.-K. ab 1. Oktober 1999 wurde die BfA von der LVA Baden am 7. Februar 2000 und vom Kläger am 1. März 2000 in Kenntnis gesetzt. Nach Anhörung des Klägers (beabsichtigte Aufhebung des Bescheids vom 23. April 1999, Rückforderung der entstandenen Überzahlung) hob die BfA den Rentenbescheid vom 2. Juli 1999 durch Bescheid vom 7. April 2000 unter Hinweis auf § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung ab 1. Oktober 1999 auf und forderte gemäß § 50 SGB X die Erstattung einer Überzahlung von 4.861,20 DM (errechnet aus dem Zeitraum 1. Oktober 1999 bis 31. Mai 2000). Zugleich erfolgte unter Berücksichtigung des Abschlags aus dem Versorgungsausgleich (13,6575 Entgeltpunkte) eine Neuberechnung der Rente wegen EU des Klägers ab 1. Oktober 1999; bei nunmehr insgesamt 42,3362 persönlichen Entgeltpunkten ergab sich ab diesem Zeitpunkt eine monatliche (Brutto-)Rente von 2.044,14 DM (netto 1.883,68 DM). Gegen den Bescheid vom 7. April 2000 legte der Kläger Widerspruch ein. Während des Widerspruchsverfahrens wandte sich die BfA mit Schreiben vom 3. Mai 2000 an den Kläger und erläuterte ihm die Kürzung seiner persönlichen Entgeltpunkte aufgrund der Entgeltpunkte seiner Ehefrau aus dem Versorgungsausgleich, sodass sich beim aktuellen Rentenwert (48,29 DM) eine Überzahlung von rund 660,00 DM ergeben habe.
Das vorgenannten Schreiben endet folgendermaßen: " ...Sie können daraus ersehen, dass alles seine Richtigkeit hat und unser Bescheid vom 07.04.2000 nicht zu beanstanden ist. Wir sind auch bereit, Ihnen bei der Tilgung der Überzahlung entgegenzukommen, z.B. in monatlichen Raten von 250,00 DM. Bitte teilen Sie uns innerhalb von vier Wochen mit, ob Sie Ihren Widerspruch - und ggf. mit welcher Begründung - aufrechterhalten oder von der Rückzahlung in Teilbeträgen Gebrauch machen wollen. Die monatlichen Teilbeträge können wir der Einfachheit halber auch mit Ihrer Rente verrechnen. Wir hoffen, Ihnen mit diesem Schreiben gedient zu haben und erwarten Ihre Antwort. Mit freundlichen Grüßen ... (Unterschrift)". Der Kläger antwortete hierauf am 12. Mai 2000 unter Rücksendung des Schreibens der BfA vom 3. Mai 2000, auf welchem er Folgendes handschriftlich vermerkte: "Sehr geehrter Herr ...! Ich habe die Sachlage begriffen und muss nun zurückzahlen! Am besten 200,- DM monatlich mit oder ohne Zinsen? Am liebsten gar nichts, denn meine Frau hat ja das Geld mit bestem Glauben und Gewissen ausgegeben. Freundliche Grüße ... (Unterschrift)".
Die BfA reagierte mit Schreiben vom 18. Mai 2000: " ...Wir freuen uns, Ihnen die Sachlage hinreichend verständlich gemacht zu haben und erklären uns einverstanden, dass Sie die Überzahlung in monatlichen Raten von 200,- DM tilgen wollen. Wir werden Ihnen auch insoweit entgegenkommen, dass wir bei pünktlicher Erfüllung keine Verzugszinsen erheben werden. Der Einfachheit halber können wir die 200,- DM auch ab 01.08.2000 von Ihrer laufenden Rente einbehalten. Bitte geben Sie uns insoweit noch kurz Bescheid (Telefonat genügt!) ... (Unterschrift)." Auf dem am 24. Mai 2000 zurückgesandten Schreiben der BfA vom 18. Mai 2000 teilte der Kläger unter dem 23. Mai 2000 handschriftlich Folgendes mit: "Sehr geehrter Herr ...! Danke für Ihr Schreiben ich bin damit einverstanden. Freundliche Grüße ... (Unterschrift)". Die BfA kündigte darauf mit Schreiben vom 30. Mai 2000 an, die Überzahlung in Höhe von 4.861,20 DM laufend ab 1. September 2000 mit monatlich 200,00 DM sowie einmalig für den Monat August 2000 mit 61,20 DM gegen die Rentenzahlung zu "verrechnen". Ab August 2000 erhielt der Kläger die Rente gekürzt um die Aufrechnungsbeträge ausgezahlt; die errechnete Überzahlung von 4.861,20 DM war im August 2002 vollständig getilgt.
Unterdessen hatte die LVA Baden am 10. November 2000 den vor dem LSG im Verfahren L 2 RJ 2736/99 geschlossenen Vergleich ausgeführt (Bescheid vom 8. Dezember 2000) und die BfA hiervon am 14. Dezember 2000 in Kenntnis gesetzt. Nach erneuter Anhörung des Klägers hob die BfA den Rentenbescheid vom 2. Juli 1999 nunmehr mit Bescheid vom 8. März 2001 bereits ab 1. Juli 1998 auf, forderte eine Überzahlung von 9.017,79 DM (errechnet aus dem Zeitraum 1. Juli 1998 bis 30. September 1999), zurück und berechnete die Rente wegen EU ab 1. Juli 1998 neu. Der Widerspruch des Klägers blieb mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2001 erfolglos. Die Klage zum SG - S 12 RA 4200/01 - hatte dagegen Erfolg; mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 27. Juni 2002 hob das SG den Bescheid vom 8. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2001 auf, weil die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht vorlägen.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 9. Januar 2003 (Eingang bei der BfA am 10. Januar 2003) beantragte der Kläger unter Verweis auf das Urteil des SG vom 27. Juni 2002 gemäß § 44 SGB X die Überprüfung des Bescheids vom 7. April 2000, weil der gleiche Sachverhalt wie im rechtskräftig gewordenen Urteil vorgelegen habe. Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 28. Februar 2003 lehnte die BfA eine Korrektur des Bescheids vom 7. April 2000 ab, weil im damaligen Widerspruchsverfahren eine einvernehmliche Regelung getroffen worden sei, welche in ihren Auswirkungen als Vergleich zu werten sei. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2003 zurückgewiesen; mit den beiden im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gewechselten Schreiben vom 3. Mai 2000 und 18. Mai 2000, die der Kläger jeweils im Original mit handschriftlichen Anmerkungen und eigenhändig unterschrieben zurückgereicht habe, sei ein formell (§ 56 SGB X) und materiell wirksamer öffentlich-rechtlicher Vergleichsvertrag im Sinne des § 54 SGB X zustande gekommen, sodass § 44 SGB X hier nicht anwendbar, vielmehr als Spezialnorm § 59 SGB X einschlägig sei, dessen Voraussetzungen hier indes nicht vorlägen.
Deswegen hat der Kläger am 30. Juni 2003 erneut Klage zum SG - S 12 RA 2278/03 - erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, ein Vergleichsvertrag sei nicht geschlossen worden; vielmehr habe er seinen Widerspruch aufgrund falscher Darstellung der Rechtslage seitens der BfA zurückgenommen. Ein Fall des § 54 SGB X sei im Übrigen schon deswegen nicht gegeben, weil auf Seiten der BfA eine Ungewissheit über die Rechtslage nicht bestanden habe. Er hat außerdem auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Februar 2003 - B 8 KN 6/02 R - (= SozR 4-2600 § 101 Nr. 1) hingewiesen; diese Entscheidung bestätige, dass selbst nach Erhalt eines Schreibens des zuständigen Rentenversicherungsträgers mit der Mitteilung über die Rentenantragstellung des ehemaligen Ehegatten sowie die Höhe der bei Rentenbewilligung zu erwartenden Rentenminderung kein "Wissenmüssen" im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vorliege. Mit Gerichtsbescheid vom 15. September 2004 hat das SG die Klage abgewiesen; wegen der Einzelheiten der Gründe wird auf den den Bevollmächtigten des Klägers am 16. September 2004 zugestellten Gerichtsbescheid verwiesen.
Hiergegen richtet sich die am 7. Oktober 2004 eingelegte Berufung des Klägers. Ein Vergleichsvertrag sei nicht zustande gekommen; ein gegenseitiges Nachgeben zur Vermeidung einer Entscheidung über eine ungewisse Rechtslage liege nicht vor. Dem Schriftformerfordernis des § 56 SGB X sei ebenfalls nicht genügt; denn abgesehen von der grundsätzlichen Frage, ob ein Vergleichsvertrag dadurch zustande kommen könne, dass zwei Parteien ihre Briefe auf ein und dasselbe Papier schrieben, würde es der Urkunde an der vollständigen inhaltlichen Regelung fehlen. Hätte die BfA damals eine vergleichsweise Regelung erzielen wollen, so hätte sie auch eine entsprechende Urkunde vorbereitet mit allen Regelungen im Einzelnen (Höhe der Forderung, Rückzahlungsmodalitäten, Widerspruchsrücknahme des Widerspruchsführers im Übrigen). Dass eine solche Urkunde nicht gefertigt worden sei, spreche dafür, dass die BfA nicht im Bewusstsein gehandelt habe, einen Vergleich zu schließen; das sei jedoch erforderlich, da ansonsten das gemäß § 54 Abs. 1 SGB X notwendige pflichtgemäße Ermessen nicht ausgeübt werden könne. Die Vorschrift des § 44 SGB X sei mithin anwendbar, wie auch zu überprüfen sei, ob der Bescheid vom 7. April 2000 nicht schon wegen Anhörungsfehlern rechtswidrig sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. September 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juni 2003 zu verpflichten, den Bescheid vom 7. April 2000 zurückzunehmen, soweit die teilweise Aufhebung der Rentenbewilligung für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 betroffen ist, ferner, die Beklagte zu verurteilen, die für diesen Zeitraum einbehaltenen Beträge von insgesamt 2.430,60 DM (= 1.242,74 Euro) an ihn zurückzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Sie verbleibt bei ihrer Auffassung, dass ein wirksamer Vergleichsvertrag zustande gekommen sei und weder Nichtigkeitsgründe im Sinne des § 58 SGB X vorlägen noch ein Fall des § 779 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gegeben sei.
Der Senat hat die beim SG und LSG geführten Gerichtsakten der B.M.-K. - S 14 RJ 676/98, L 2 RJ 2736/99 - beigezogen.
Zur weiteren Darstellung wird auf die beigezogenen Akten, die Klageakte des SG (S 12 RA 2278/03), die weitere Akte des SG (S 12 RA 4200/01) und die Berufungsakte des Senats (L 7 R 4538/04) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die jetzt noch aufrechterhaltene Berufung des Klägers und seine Rückerstattungsklage haben Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei weitem überschritten ist. Die Berufung ist auch - ebenso wie die im Berufungsverfahren zulässigerweise erhobene Leistungsklage - begründet.
Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist das zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 19 S. 33) verfolgte Begehren des Klägers auf teilweise Rücknahme des Bescheids vom 7. April 2000, soweit die Aufhebung der Rentenbewilligung für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 - und damit auch die für diesen Zeitraum verfügte Erstattungspflicht - betroffen ist, sowie die im Berufungsverfahren erhobene, auf Folgenbeseitigung (§ 131 Abs. 1 Satz 1 SGG) gerichtete Leistungsklage (vgl. hierzu BSGE 71, 72, 73 = SozR 3-7610 § 291 Nr. 1; ferner Senatsurteil vom 16. März 2006 - L 7 AL 413/05 -), mit welcher der Kläger die Rückerstattung der im genannten Zeitraum im Wege der Aufrechnung bereits vollzogenen Rückforderung der Rentenüberzahlung verlangt. Nicht mehr im Streit steht dagegen der Zeitraum ab 1. Februar 2000, nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seinen Berufungsantrag entsprechend eingegrenzt hat; bezüglich der Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. September 1999 ist durch das Urteil des SG vom 27. Juni 2002 - S 12 RA 4200/01 - bereits rechtskräftig entschieden.
Ausgangspunkt der Prüfung ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Zwar ist in der Vorschrift ausdrücklich nur geregelt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, bei rechtswidriger Nichterbringung einer Sozialleistung mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist; die Bestimmung ist nach ihrem Regelungszweck indes auf Aufhebungs- und Erstattungsbescheide entsprechend anwendbar (vgl. BSG SozR 3-1300 § 44 Nrn. 19 und 21). Die volle gerichtliche Prüfpflicht im Rahmen des durch den Zugunstenantrag des Betroffenen eingeleiteten Verfahrens besteht im Übrigen selbst dann, wenn die Behörde - wie hier - eine Überprüfung des (bindend gewordenen) Bescheids nach § 44 SGB X abgelehnt hat (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 S. 119 f.; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - B 2 U 32/02 R - (juris)).
Ein öffentlich-rechtlicher Vergleichsvertrag (§ 54 SGB X), der die Anwendbarkeit des § 44 SGB X hindern könnte (vgl. § 61 Satz 1 SGB X; hierzu Krasney in Kassel Kommentar, SGB X § 61 Rdnr. 4), liegt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vor. Bereits die Schreiben der BfA vom 3. und 18. Mai 2000 zeigen sowohl formal als auch ihrem Inhalt nach, dass die BfA dem Kläger seinerzeit keinen öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrag unterbreiten wollte; darauf, dass dieser nicht im Bewusstsein handelte, einen Vergleich abzuschließen, er vielmehr aufgrund der vorbezeichneten Schreiben von der Aussichtslosigkeit seines Widerspruchs ausging und diesen am 23. Mai 2000 sinngemäß zurücknahm, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an. Das Schreiben der BfA vom 3. Mai 2000 war ein reines Erläuterungsschreiben, wie sich die Rechtslage aus ihrer (damaligen) Sicht darstellte, verbunden mit einem Vorschlag zu den Rückzahlungsmodalitäten, falls der Kläger seinen Widerspruch nicht aufrechterhalte. In seinem Antwortschreiben vom 12. Mai 2000 machte der Kläger zwar einen Gegenvorschlag zur Ratenzahlungshöhe, brachte jedoch deutlich zum Ausdruck, dass er nach wie vor der Auffassung sei, zur Erstattung nicht verpflichtet zu sein. In ihrem Schreiben vom 18. Mai 2000 ging die BfA wiederum allein auf die vom Kläger ins Spiel gebrachte alternative monatliche Tilgungsrate, nicht jedoch darauf ein, dass dieser eigentlich nichts zurückzahlen wollte. Dass die BfA im Übrigen selbst nicht im Bewusstsein gehandelt haben dürfte, dem Kläger einen Vergleichsvertrag zu unterbreiten, ergibt sich auch daraus, dass sie ihm im Schreiben vom 18. Mai 2000 die Möglichkeit einräumte, er könne telefonisch Bescheid geben, ob er mit dem vorgeschlagenen Renteneinbehalt einverstanden sei. Ein fernmündlicher Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags ist nämlich - was auch der BfA nicht entgangen sein dürfte - rechtlich nicht möglich (vgl. § 56 SGB X). Zutreffend hat der Kläger überdies darauf hingewiesen, dass ein Vergleichsvertrag nicht bereits dadurch zustande kommt, dass zwei Parteien ihre Briefe zufällig auf ein und dasselbe Papier schreiben; er hat außerdem zu Recht gerügt, dass es vorliegend an jeglicher vollständigen inhaltlichen Regelung fehlt. Eine Urkunde mit allen Vertragsregelungen im Einzelnen (z.B. Höhe der Forderung, Rückzahlungsmodalitäten, Widerspruchsrücknahme des Widerspruchsführers im Übrigen) wurde nicht vorbereitet; wenn überhaupt, so haben sich die Beteiligten allenfalls über die Höhe der Rückzahlungsraten geeinigt, während der Bescheid vom 7. April 2000 in seinen Verfügungssätzen unangetastet geblieben ist. Ein der Sache nach zu forderndes gegenseitiges Nachgeben aufgrund beiderseitiger bewusster Zweifel an der Rechtslage (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Februar 1975 - IV C 79.73 - (juris), dieses auch zum - hier zu verneinenden - öffentlich-rechtlichen Schuldanerkenntnis; ferner Krasney a.a.O., § 54 Rdnrn. 8 ff.), liegt unter diesen Umständen nicht vor. Die vom Kläger gegen die Existenz eines öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrags vorgebrachten Gründe sind durchgreifend.
Die Vorschrift des § 44 SGB X, und zwar hier in ihrer Regelung in Abs. 1 Satz 1, ist sonach anwendbar. Dabei ist der Beklagten freilich einzuräumen, dass nicht jeder Verstoß gegen Verfahrens- und Formvorschriften zur Korrektur über die vorgenannte Bestimmung führt; so stellen etwa Verstöße gegen die Anhörungspflicht (§ 24 SGB X) entgegen der Auffassung des Klägers kein Unrecht im Sinne des § 44 SGB X dar (vgl. BSG SozR 1200 § 34 Nr. 18; SozR 3-1300 § 44 Nr. 21 S. 45). Denn Ziel des Zugunstenverfahrens ist es grundsätzlich, materielles Unrecht zu beseitigen und der materiellen Gerechtigkeit zum Erfolg zu verhelfen (vgl. dazu schon BSG SozR 5870 § 2 Nr. 44; SozR 1300 § 44 Nr. 38). Allerdings unterfallen Verletzungen vertrauensschützender Vorschriften des Verfahrensrechts nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG der Rücknahmepflicht, weil die Vertrauensschutzvorschriften selbst wieder einen eigenständigen materiellen Rechtsgrund darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-1500 § 44 Nrn. 21 und 24); dem ist mit Blick auf den vorbeschriebenen Gesetzeszweck jedenfalls insoweit zuzustimmen, als es - wie hier - um einen unter Verstoß gegen Vertrauensschutznormen ergangenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für die Vergangenheit geht (so BSG in dem in SozR 3-1500 § 44 Nr. 21 veröffentlichten Urteil vom 28. Mai 1997 - 14/10 RKg 25/95 -; ferner Steinwedel in Kasseler Kommentar § 44 Rdnr.33; a.A. Wiesner in von Wulffen u.a., SGB X, 5. Auflage, § 44 Rdnr. 3); denn die Behörde soll sich nicht auf - rechtswidrige - Eingriffe in Rechtspositionen des Betroffenen bloß deswegen berufen dürfen, weil der entsprechende Bescheid nach § 77 SGG bindend geworden ist (vgl. hierzu nochmals Steinwedel a.a.O.); hier kommt zudem hinzu, dass der Bescheid vom 7. April 2000 nur deswegen bestandkräftig geworden war, weil die BfA dem Kläger eine objektiv unzureichende Rechtsauskunft erteilt hatte.
Der hier allein hinsichtlich des in der Vergangenheit liegenden Aufhebungs- und Erstattungszeitraums vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 zur Überprüfung gestellte (bestandskräftig gewordene) Bescheid vom 7. April 2000 war bei seinem Erlass (vgl. hierzu BSGE 88, 75, 81 = SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20) rechtswidrig. Verfahrensrechtliche Grundlage der im Bescheid ausgesprochenen teilweisen Aufhebung des - bereits vor dem Anerkenntnis der LVA Baden (Schriftsatz vom 19. Januar 2000) erlassenen - Rentenbescheides vom 2. Juli 1999 war - wie die BfA zu Recht angenommen hat - die Bestimmung des § 48 SGB X (vgl. BSGE 61, 230, 231 f. = SozR § 1304a Nr. 10; BSG SozR 1300 § 48 Nr. 36; SozR 4-2600 § 101 Nr. 1). Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung, die einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie die Bewilligung einer Altersrente - nachträglich rechtswidrig werden lässt, liegt vor, wenn die Änderung im Vergleich zur Sach- und Rechtslage bei dessen Erlass dazu führt, dass die Behörde den ergangenen Bescheid unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen nicht hätte erlassen dürfen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22). Nach der Sondervorschrift des § 100 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) wird die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam wird.
Zwar war mit der Zuerkennung einer Rente wegen EU an B.M.-K. ab 1. Oktober 1999 eine rechtlich wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne der §§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, 100 Abs. 1 Satz 1 SGB VI eingetreten. Materiell-rechtliche Grundlage für die Gewährung der ungekürzten Rente an den Kläger durch die Bescheide vom 23. April und 2. Juli 1999 rückwirkend ab 1. Oktober 1995 war die Bestimmung des § 5 VAHRG (in der Fassung vom 21. Februar 1983 (BGBl. I S. 105)). Nach dieser Vorschrift wird die Versorgung des Verpflichteten nicht auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, solange der Berechtigte aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine Rente erhalten kann und er gegen den Verpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt hat oder nur deshalb nicht hat, weil der Verpflichtete zur Unterhaltsleistung wegen der auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Kürzung seiner Versorgung außerstande ist. Diese Voraussetzungen lagen bis zur Rentenbewilligung durch die LVA Baden an B.M.-K. vor, weil diese nach Aufgabe ihrer beruflichen Tätigkeit und dem Auslaufen des Krankengeldes (1994) über kein eigenes Einkommen mehr verfügte und der Kläger ihr damit zum Unterhalt verpflichtet war. Dies änderte sich erst mit der Zuerkennung einer Rente wegen EU durch die LVA Baden an B.M-K. rückwirkend ab 1. Oktober 1999. Nunmehr waren die Voraussetzungen für eine Rentenminderung infolge der im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften (§ 1587b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unter Beachtung der Vorschriften der §§ 76, 264 SGB VI gegeben (vgl. dazu BSG SozR 1300 § 48 Nr. 36; SozR 3-5795 § 4 Nr. 7), weil die LVA Baden der Ehefrau des Klägers ab dem vorgenannten Zeitpunkt eine Rente unter Berücksichtigung des Zuschlages aus dem Versorgungsausgleich (13,6575 Entgeltpunkte) zahlte. Die Rente wegen EU an B.M.-K. wurde auch aus ihrem aus dem Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht gewährt; hierfür ist entscheidend, ob eine individualisierte Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung bei Hinwegdenken der übertragenen Rentenanwartschaften dem Leistungsempfänger nicht oder nicht in ihrer tatsächlichen Höhe gewährt worden wäre (ständige Rechtsprechung; vgl. BSGE 66, 198, 204 = SozR 3-5795 § 4 Nr. 2; BSG SozR 3-5795 § 4 Nr. 6; SozR 4-5765 § 4 Nr. 1). Das ist hier der Fall, sodass die teilweise Aufhebung des Bescheids vom 2. Juli 1999 jedenfalls mit Bekanntgabe des Bescheids vom 7. April 2000 unter Beachtung der Sonderregelung des § 100 Abs. 1 Satz 1 SGB VI rechtmäßig war; dies ist unter den Beteiligten auch nicht streitig.
Allerdings hat BfA hat die Bewilligung im Bescheid vom 7. April 2000 nicht nur für die Zukunft (vgl. hierzu BSGE 61, 189, 190 = SozR 1300 § 48 Nr. 31; BSGE 65, 185, 188 = SozR a.a.O. Nr. 57), sondern auch für die Vergangenheit, nämlich bereits mit Wirkung ab 1. Oktober 1999 aufgehoben. Die Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung eines Verwaltungsakts sind in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X geregelt. Wird dem Versorgungsausgleichsberechtigten rückwirkend eine Rente gewährt und dadurch die Rente des Ausgleichsverpflichteten gemindert, so ist die - zeitlich entsprechende - rückwirkende Aufhebung des Rentenbescheides des Ausgleichsverpflichteten nur unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X zulässig (vgl. nochmals BSGE 61, 230, 231 f.; BSG SozR 1300 § 48 Nr. 36; SozR 4-2600 § 101 Nr. 1); die Vorschrift der Nr. 3 a.a.O. ist hier nicht einschlägig. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Bösgläubigkeit im Sinne der Nr. 4 a.a.O. liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn der Betroffene mit dem Wegfall der Leistungsberechtigung rechnen musste, sondern erst, wenn der zum Wegfall führende Umstand eingetreten ist und er hiervon sowie von den Auswirkungen auf die Leistungsberechtigung Kenntnis erlangt hat oder seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22); bei Rentenminderungen infolge der Rentengewährung an den Versorgungsausgleichsberechtigten gilt trotz der Kostenneutralität des Versorgungsausgleichs nichts anderes (vgl. BSG SozR 4-2600 § 101 Nr. 1). Diese vorwerfbare Kenntnis - oder zumindest grob fahrlässige Unkenntnis - hatte der Kläger jedoch frühestens mit dem Anerkenntnis der LVA Baden im Schriftsatz vom 19. Januar 2000, welcher seinen Prozessbevollmächtigten (den damaligen Bevollmächtigten seiner Ehefrau) am 26. Januar 2000 zugegangen ist.
Jedenfalls in der noch streitbefangenen Zeit vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 kann dem Kläger mithin der Vorwurf der Bösgläubigkeit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht gemacht werden, nachdem die LVA Baden erst im Januar 2000 ein Anerkenntnis abgegeben hatte, sodass die Voraussetzungen für eine rückwirkende kassatorische Verwaltungsentscheidung im vorgenannten Zeitraum nicht vorgelegen haben (vgl. zum Monatsprinzip nochmals § 100 Abs. 1 SGB VI). Daraus folgt, dass für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 eine Erstattungspflicht des Klägers gemäß § 50 Abs. 1 SGB X ebenfalls nicht bestanden hat. Die BfA hat deshalb insgesamt 2.430,60 DM (= 1.242,74 Euro), dies sind 4 Monate (Oktober 1999 bis Januar 2000) zu je 607,65 DM (2.491,33 DM./. 1.883,68 DM), zu Unrecht zurückgefordert.
Demzufolge ist der angefochtene Bescheid vom 28. Februar 2003 (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2003) im Umfange seiner Anfechtung rechtswidrig; der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 7. April 2000 ist deshalb für den Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis 31. Januar 2000 nach § 44 SGB X von der Beklagten als Funktionsnachfolgerin der BfA zurückzunehmen.
Da im Wege der Aufrechnung indes bereits der gesamte Rückforderungsbetrag (4.861,20 DM) einbehalten worden ist, ist die Beklagte zur Rückerstattung vom 2.430,60 DM (= 1.242,74 Euro) über den vom Kläger zu Recht erhobenen Folgenbeseitigungsanspruch verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei der Senat mit Blick auf die zweitinstanzlich gestellten Anträge des Klägers die Auferlegung seiner außergerichtlichen Kosten auf die Beklagte in vollem Umfang für angemessen erachtet, dem teilweisen Unterliegen des Klägers in der ersten Instanz indes durch eine Kostenquotelung Rechnung getragen hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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