Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3868/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4742/05 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18. Oktober 2005 abgeändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin wird insgesamt zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragsstellers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Der (zulässigen) Beschwerde der Antragsgegnerin wird stattgegeben.
Die gesetzlichen Grundlagen für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind im angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellt, weswegen der Senat hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Nach der erforderlichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen für den Senat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Bescheide vom 23.09.2004, mit denen die Antragsgegnerin den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag - ausgehend von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe der jeweiligen Bemessungsgrenze - rückwirkend für die Zeit ab 01.10.2002 neu festgesetzt hat. Dem stand nicht entgegen, dass sie bereits mit Bescheid vom 11.11.2002 über die Höhe der für die Zeit ab 01.09.2002 zu zahlenden Beiträge entschieden hatte. Dieser Bescheid enthielt keine endgültige Regelung, die grundsätzlich nur dann hätte abgeändert werden dürfen, wenn sie die Beklagte entweder darin rechtmäßig deren Rücknahme, Widerruf oder Abänderung vorbehalten hätte oder aber dazu nach den §§ 44 ff. des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) oder durch Spezialvorschriften gesetzlich ermächtigt gewesen wäre. Denn der Bescheid regelte die Beitragshöhe nur vorläufig und entfaltete keine Bindungswirkung in Bezug auf die mit den Bescheid vom 23.09.2004 erfolgte endgültige Regelung der Beitragshöhe. Dem Bescheid war deutlich zu entnehmen, dass die Regelung der Beitragshöhe nur einstweilig für eine Übergangszeit bis zur Vorlage des die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit festsetzenden Einkommenssteuerbescheides sowie bis zum Abschluss der dann möglichen umfassenden Sachprüfung erfolgte. Die Beitragsfestsetzung durch einstweiligen Verwaltungsakt ist bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen freiwillig Versicherten auch zulässig, wenn diese - wie hier der Kläger - mit Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft ihre selbstständige Tätigkeit aufgenommen haben und deshalb der Nachweis über die Einnahmen im Sinne des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V für die endgültige Beitragsfestsetzung noch nicht erbracht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 12 KR 14/05 R -). Die gesetzliche Regelung geht davon aus, dass die Beiträge freiwillig Versicherter jeweils nach den aktuellen Einnahmen bemessen werden. Theoretisch müsste der Versicherte nach § 206 Abs. 1 Nr. 2 SGB V Änderungen in seinen Einkommensverhältnissen laufend mitteilen, gegebenenfalls Monat für Monat. Die zugrunde zu legenden beitragspflichtigen Einnahmen wären von der Krankenkasse daraufhin zu überprüfen. Dies wäre jedoch verwaltungspraktisch nicht umsetzbar. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Höhe des steuerrechtlich zu ermittelnden Gewinns in der Regel erst nach der Festsetzung durch das Finanzamt, d. h. häufig erst erheblich später nach Ablauf des Veranlagungsjahres, feststeht und bis dahin dem Versicherten konkrete Kenntnisse über eventuelle Änderungen nicht vorliegen. Die Anbindung an die steuerrechtliche Festsetzung wirkt sich mithin sowohl zugunsten als auch zu ungusten des Versicherten aus, denn Änderungen der Einkommensverhältnisse könnten jeweils nur mit Wirkung für die Zukunft berücksichtigt werden. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn - wie hier vom Antragsteller - am Beginn seiner selbstständigen Tätigkeit bei der erstmaligen Beitragseinstufung Nachweise über die Einnahmen noch nicht erbracht werden können. Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V wäre in diesem Fall der Höchstbeitrag zu zahlen, bis in der Regel frühestens nach Ablauf des Kalenderjahres Nachweise über die tatsächlich erzielten Einnahmen vorliegen. Zur Vermeidung dieses Ergebnisses kann die Krankenkasse bei dem Personenkreis der hauptberuflich selbstständigen zu Beginn ihrer Tätigkeit jedenfalls dann, wenn zu erwarten ist, dass die Einnahmen nicht die Beitragsbemessungsgrenze erreichen, einstweilige Regelungen der Beitragshöhe treffen (vgl. BSG a. a. O.).
Die Antragsgegnerin hat mit den angefochtenen Bescheiden vom 23.09.2004/Widerspruchsbescheid vom 17.08.2005 nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheides für 2002 die Beitragshöhe zutreffend festgesetzt.
Im übrigen fehlt es auch an einem Anordnungsgrund, denn es ist für den Senat nicht ersichtlich, dass die Vollziehung der Bescheide für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne des § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG zur Folge hätte.
Aus den oben genannten Gründen ist die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen. Soweit der Antragsteller den Einkommenssteuerbescheid für 2005 vorgelegt hat, ist darauf hinzuweisen, dass eine gegebenenfalls erforderliche Beitragskorrektur zum ersten Tag des auf den Nachweis folgenden Monats (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V) durchzuführen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Der (zulässigen) Beschwerde der Antragsgegnerin wird stattgegeben.
Die gesetzlichen Grundlagen für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind im angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellt, weswegen der Senat hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Nach der erforderlichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen für den Senat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Bescheide vom 23.09.2004, mit denen die Antragsgegnerin den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag - ausgehend von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe der jeweiligen Bemessungsgrenze - rückwirkend für die Zeit ab 01.10.2002 neu festgesetzt hat. Dem stand nicht entgegen, dass sie bereits mit Bescheid vom 11.11.2002 über die Höhe der für die Zeit ab 01.09.2002 zu zahlenden Beiträge entschieden hatte. Dieser Bescheid enthielt keine endgültige Regelung, die grundsätzlich nur dann hätte abgeändert werden dürfen, wenn sie die Beklagte entweder darin rechtmäßig deren Rücknahme, Widerruf oder Abänderung vorbehalten hätte oder aber dazu nach den §§ 44 ff. des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) oder durch Spezialvorschriften gesetzlich ermächtigt gewesen wäre. Denn der Bescheid regelte die Beitragshöhe nur vorläufig und entfaltete keine Bindungswirkung in Bezug auf die mit den Bescheid vom 23.09.2004 erfolgte endgültige Regelung der Beitragshöhe. Dem Bescheid war deutlich zu entnehmen, dass die Regelung der Beitragshöhe nur einstweilig für eine Übergangszeit bis zur Vorlage des die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit festsetzenden Einkommenssteuerbescheides sowie bis zum Abschluss der dann möglichen umfassenden Sachprüfung erfolgte. Die Beitragsfestsetzung durch einstweiligen Verwaltungsakt ist bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen freiwillig Versicherten auch zulässig, wenn diese - wie hier der Kläger - mit Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft ihre selbstständige Tätigkeit aufgenommen haben und deshalb der Nachweis über die Einnahmen im Sinne des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V für die endgültige Beitragsfestsetzung noch nicht erbracht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 12 KR 14/05 R -). Die gesetzliche Regelung geht davon aus, dass die Beiträge freiwillig Versicherter jeweils nach den aktuellen Einnahmen bemessen werden. Theoretisch müsste der Versicherte nach § 206 Abs. 1 Nr. 2 SGB V Änderungen in seinen Einkommensverhältnissen laufend mitteilen, gegebenenfalls Monat für Monat. Die zugrunde zu legenden beitragspflichtigen Einnahmen wären von der Krankenkasse daraufhin zu überprüfen. Dies wäre jedoch verwaltungspraktisch nicht umsetzbar. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Höhe des steuerrechtlich zu ermittelnden Gewinns in der Regel erst nach der Festsetzung durch das Finanzamt, d. h. häufig erst erheblich später nach Ablauf des Veranlagungsjahres, feststeht und bis dahin dem Versicherten konkrete Kenntnisse über eventuelle Änderungen nicht vorliegen. Die Anbindung an die steuerrechtliche Festsetzung wirkt sich mithin sowohl zugunsten als auch zu ungusten des Versicherten aus, denn Änderungen der Einkommensverhältnisse könnten jeweils nur mit Wirkung für die Zukunft berücksichtigt werden. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn - wie hier vom Antragsteller - am Beginn seiner selbstständigen Tätigkeit bei der erstmaligen Beitragseinstufung Nachweise über die Einnahmen noch nicht erbracht werden können. Nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V wäre in diesem Fall der Höchstbeitrag zu zahlen, bis in der Regel frühestens nach Ablauf des Kalenderjahres Nachweise über die tatsächlich erzielten Einnahmen vorliegen. Zur Vermeidung dieses Ergebnisses kann die Krankenkasse bei dem Personenkreis der hauptberuflich selbstständigen zu Beginn ihrer Tätigkeit jedenfalls dann, wenn zu erwarten ist, dass die Einnahmen nicht die Beitragsbemessungsgrenze erreichen, einstweilige Regelungen der Beitragshöhe treffen (vgl. BSG a. a. O.).
Die Antragsgegnerin hat mit den angefochtenen Bescheiden vom 23.09.2004/Widerspruchsbescheid vom 17.08.2005 nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheides für 2002 die Beitragshöhe zutreffend festgesetzt.
Im übrigen fehlt es auch an einem Anordnungsgrund, denn es ist für den Senat nicht ersichtlich, dass die Vollziehung der Bescheide für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne des § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG zur Folge hätte.
Aus den oben genannten Gründen ist die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen. Soweit der Antragsteller den Einkommenssteuerbescheid für 2005 vorgelegt hat, ist darauf hinzuweisen, dass eine gegebenenfalls erforderliche Beitragskorrektur zum ersten Tag des auf den Nachweis folgenden Monats (§ 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V) durchzuführen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved