L 11 KR 5333/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 611/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5333/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme für das Medizinprodukt "Fermathron" streitig.

Der 1946 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger, der Diplomingenieur für Nachrichtentechnik ist, arbeitete zuletzt als (versicherungspflichtiger) System- und Organisationsprogrammierer bzw. Geschäftsleitungsassistent. Im April 1994 erlitt er eine fulminante Lungenembolie nach tiefer Beinvenenthrombose, nachdem etwa drei Wochen zuvor ein Bagatelltrauma im Bereich des rechten Sprunggelenkes aufgetreten war. In deren Folge kam es zu einer hypoxischen Hirnschädigung, so dass er nunmehr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht. Sein Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz liegt bei 100 (Hirnschädigung mit psychischen Störungen, Sprachstörung; Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, mit Verformung verheilter Wirbelbruch, Nervenwurzelreizerscheinungen). Ihm sind die Merkzeichen G, B, aG und RF zuerkannt. Ausweislich des Pflegegutachtens ist bei ihm des weiteren eine Hüftdysplasie seit Geburt bekannt. Zwischenzeitlich kam es zu einer Hüftnekrose rechts mit starkem Schmerz im Bereich des rechten Hüftgelenkes bei entsprechender Bewegungs- und Belastungseinschränkung.

Seinen am 31. Januar 2002 gestellten Antrag auf Kostenerstattung des ihm von dem Orthopäden Dr. F. verordneten und injizierten Präparates Fermathron lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. April 2002 mit der Begründung ab, das Medikament sei nicht zu Lasten der Krankenkasse verordnungsfähig.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch begehrte der Kläger zugleich Kostenübernahme wegen der seines Erachtens bestehenden medizinischen Notwendigkeit von Fermathron-Spritzen in sein nekrotisches Hüftgelenk. Die Beklagte holte hierzu eine Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Südbaden ein. Diese teilte mit, bei Fermathron handele sich um ein Medizinprodukt, welches nicht apothekenpflichtig sei. Durch die Änderung des § 31 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Krankenversicherung - SGB V, welche am 01.01.2002 in Kraft getreten sei, hätten Versicherte gegen die GKV nur noch einen Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Medizinprodukten mit Arzneimittelcharakter. Deswegen könne eine Verordnung von Fermathron zu Lasten der GKV nicht vorgenommen werden. Mit weiterem Bescheid vom 11. Juni 2002 lehnte die Beklagte daraufhin auch die Kostenübernahme mit der Begründung ab, das begehrte Präparat erfülle nicht die gesetzliche Voraussetzung der Apothekenpflichtigkeit und könne deswegen nicht zu Lasten der GKV verordnet werden.

Nachdem der Kläger Widerspruch auch gegen diesen Bescheid erhob und im übrigen seinen Widerspruch aufrecht erhielt, holte die Beklagte ein Gutachten nach Aktenlage bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. S. führte in seinem Gutachten aus, dass das bei dem Kläger in fünfwöchentlichen Abständen injizierte Präparat Fermathron nicht die gesetzlichen Voraussetzungen der Apothekenpflichtigkeit erfülle. Von orthopädischer Seite aus gelte darüber hinaus, dass valide Untersuchungsdaten, die anhand eines geeigneten Studiendesigns belegten, dass eine durch Hüftkopfnekrose entstandene Coxarthrose in ihrem Verlauf durch Fermathroninjektionen gebessert werde, nicht vorlägen. Insofern fehle es auch am erforderlichen Wirksamkeitsnachweis. Die Entwicklung, d. h. das Voranschreiten degenerativer Gelenkveränderungen (Arthrose) verlaufe in zahlreichen Fällen nicht linear, sondern eher in Phasen. Die vom Patienten geltend gemachte subjektive Feststellung, dass er nach den Injektionen in das Hüftgelenk eine Besserung seiner Leistungsfähigkeit bemerke, sei ungeeignet, auch für seinen individuellen Fall, die Zweckmäßigkeit dieser Therapieform zu belegen. Die Sekundärrisiken wiederholter, in ca. fünfwöchigen Abständen stattfindenden Injektionen in ein Hüftgelenk seien nicht unerheblich. Zu beachten sei, dass die mit dem Krankheitsgeschehen einhergehende Schmerzhaftigkeit zum einen durch Einnehmen eines schmerzdämpfenden Medikamentes, zum anderen auch durch ein Entlasten des betroffenen Hüftgelenks, z.B. durch Benützen von Stützen, auf zumutbare Weise gebessert werden könne. Eine Kostenübernahme des Medikaments zur Behandlung der sekundären Hüftarthrose bei Hüftkopfnekrose könne deswegen nicht empfohlen werden. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 16. Juli 2002 die Kostenübernahme ab.

Hiergegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben (Az: S 9 KR 2012/02) und gleichzeitig Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, zur Vermeidung einer wegen hoher Thromboseneigung lebensgefährlichen Hüftgelenksoperation habe er in den letzten Jahren, um einer Verschlimmerung der Gelenkbeschwerden entgegenzuwirken, regelmäßig Hyaluronsäure in Form des apothekenpflichtigen Hyalart, welches von der Beklagten bisher stets voll erstattet worden sei, in das Gelenk gespritzt bekommen. Nachdem diese aus natürlichen Hahnenkämmen gewonnene Substanz bei ihm erste Anzeichen allergischer Reaktionen gezeigt habe, sei die erstmals synthetisch hergestellte Substanz Fermathron ersatzweise ins Gelenk gespritzt und auch diese Rechnung von der Beklagten zunächst anstandslos übernommen worden. Schließlich sei aber eine weitere Kostenerstattung mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnt worden.

Daraufhin leitete die Beklagte eine erneute Befragung des MDK ein. Dr. S. führte aus, dass verschiedene andere Hyaluronsäure-Präparate (- außer Hyalart -) zur Applikation bei degenerativen Veränderungen an Gelenken in der roten Medikamentenliste als apothekenpflichtige Präparate geführt seien (Medikamentengruppe Analgetika/Antirheumatika). Er habe bereits daraufhin gewiesen, dass das Injizieren von Hyaluronsäure in ein durch Hüftkopfnekrose verändertes Hüftgelenk keine Behandlungsmaßnahme darstelle, für welche der Nachweis über einen Therapienutzen anhand wissenschaftlicher Studien gesichert sei. Der Kläger habe auch nicht berichtet, welche ersten Anzeichen einer allergischen Reaktion er habe. Bei der vorstehenden Gelenkerkrankung sei zudem zu berücksichtigen, dass die eingetretene Nekrose am Hüftkopf im Laufe der Zeit zu einer Formänderung derselben führe. Hieraus entstehe eine Inkongruenz der Gelenkpartner/Kopf/Pfanne und es bilde sich in der Folgezeit eine (sekundäre) Arthrose aus. Die eigentliche Ursache der Arthroseentstehung, welche in der Inkongruenz der Gelenkpartner zu sehen sei, werde durch Gelenkinjektionen nicht aufgehoben. Dies habe der Kläger selbst dadurch bestätigt, dass er vorgetragen habe, der ihn betreuende Facharzt für Orthopädie habe im Rahmen der letzten Kontrolluntersuchung eine Verschlechterung des Gelenkbefundes diagnostiziert, obwohl über mehr als zwei Jahre Hyaluronsäureinjektionen vorausgegangen wären. Seine schmerzhafte Bewegungseinschränkung könne allein durch medikamentöse Maßnahmen (Analgetica/Antiphlogistica) wie auch durch physikalische (z. B. Elektrotherapie) und physiotherapeutische Maßnahmen (Extension, Mobilisation und Muskelkräftigung) in gleichem Maße verfolgt und auch gebessert werden. Gestützt auf dieses Gutachten wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2002 mit der Begründung zurück, auch nach dem Ergebnis der Zweitbegutachtung durch den MDK handele es sich bei Fermathron um ein Medizinprodukt, zu dessen Wirksamkeit noch keine wissenschaftlichen nachprüfbaren Aussagen aufgrund der Erkenntnisse in kontrollierten Studien gemacht werden könnten. Zudem liege eine medizinische Indikation für die Injektionsbehandlung nicht vor. Es bestünden ausreichende vertragliche Behandlungsmethoden. Schließlich sei das Präparat Fermathron nicht apothekenpflichtig und könne deswegen auch nicht zu Lasten der GKV verordnet werden.

Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das SG mit Beschluss vom 4. September 2002 (S 9 KR 2044/02 ER) zurückgewiesen; auch die hiergegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg L 4 KR 3776/02 ER-B vom 28. Oktober 2003).

Im April 2004 kam es erneut zu einer tiefen Unterschenkel- und Beinvenenthrombose bis ins Becken reichend. Der Kläger wurde deswegen vom 19. bis 22. April 2004 in der Kreisklinik T. stationär behandelt und mit angepassten Kompressionsstrümpfen beidseitig entlassen.

Das wegen Nichtbetreibens des Rechtsstreits ausgesetzte Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 9 KR 611/04 fortgeführt.

Mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2006, dem Kläger zugestellt am 20. Oktober 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Beklagte habe zu Recht die Kostenübernahme für die ambulante Spritzentherapie mit dem Medizinprodukt Fermathron abgelehnt. Soweit mit der Klage möglicherweise auch weitere Leistungen (Kostenübernahme von Hepatitis-Impfung; Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung; Kostenerstattung für täglich zwei mal 500 Tabletten Aspirin ab 2001) geltend gemacht werden sollten, sei eine Leistungsklage nicht zulässig, denn insoweit seien anfechtbare, ablehnende Verwaltungsakte der Beklagten nicht aktenkundig. Bei Fermathron handle es sich nicht um ein apothekenpflichtiges Medizinprodukt. Selbst wenn man die zur Anwendung gelangten Substanzen wie Fermathron, Suplasyn, GO-ON und Synvisc als (Fertig-) Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) einstufen würde, fehle es unstreitig an der arzneimittelrechtlichen Zulassung, weshalb sie im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ebenfalls nicht verordnungsfähig wären. Ihre Verordnungsfähigkeit ergebe sich auch nicht aus § 31 Abs. 1 Satz 3 SGB V als Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt und apothekenpflichtig seien und die bei der Anwendung der am 31.12.1994 geltenden Fassung des § 2 Abs. 1 AMG Arzneimittel gewesen wären. Schließlich seien nach Maßgabe des § 34 SGB V in der seit 01.01.2004 geltenden Fassung nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V grundsätzlich ausgeschlossen. Dies sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Zwar habe der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien festgelegt, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel ausnahmsweise zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig seien, weil/soweit sie nämlich bei der Erkrankung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten würden, da ihr therapeutischer Nutzen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Diese Ausnahmeregelungen seien aber abschließend geregelt. Weder die strittigen, im Falle des Klägers zur Anwendung gelangten alternativen Produkte noch der in ihnen enthaltende Wirkstoff (synthetische Hyaluronsäure) würden in der abschließenden Ausnahmeliste der verordnungsfähigen OTC-Präparate genannt. Die begehrten Substanzen könnten schließlich auch nicht als Heilmittel verordnet werden, weil sie nicht zur äußeren Einwirkung auf den Körper bestimmt und deswegen keine Heilmittel im Sinne von § 32 SGB V seien. Auch aus dem Verfassungsrecht ergäben sich keinen anderen Erwägungen. Es könne bereits nicht festgestellt werden, dass der Kläger ohne die Behandlung mit den strittigen Produkten in eine lebensbedrohliche Situation gelangen könne. Zum anderen habe er bezüglich der früheren Behandlung mit der Hyalart-Injektionslösung, die in die Leistungspflicht der Beklagten falle und für die die Beklagte auch die Kosten übernommen habe, bislang lediglich die Vermutung geäußert, dass diese bei ihm wohl eine Allergie verursacht habe bzw. allergisieren könne; gleichzeitig habe er jedoch auf seine Allergie gegen Hausstaub hingewiesen und im übrigen eingeräumt, dass bei ihm selbst bei der Anwendung von "Synvisc" immer wieder geringer Ausschlag juckend aufgetreten sei.

Mit seiner dagegen am 24. Oktober 2006 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, das SG habe nicht ausreichend die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06.12.2005 beachtet. Er habe vergeblich als Beisitzer Behinderte gefordert, die in der Lage sein sollten, sich in seine Situation hineinzuversetzen. Er sei mehrfach dem Tode nahe gewesen (drei mal allein klinisch manifest im Kreiskrankenhaus T.), davon allein dort wegen schwerer Thrombosen. Nachweislich hätten ihm die Spritzen geholfen. Die Kasse zahle Hüftgelenksoperationen mit Folgekosten, die erheblich teurer seien als die von ihm gewünschte Therapie.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Oktober 2006 sowie die Bescheide vom 17. April 2002, 11. Juni 2002 und 16. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten für eine ambulante Spritzentherapie mit dem Medizinprodukt "Fermathron" zu erstatten bzw. diese oder hilfsweise mit einem anderen Präparat mit synthetischer Hyaluronsäure zu übernehmen bzw. zu verurteilen, die Kosten für Aspirin und Heparin zu erstatten sowie ihm ab Oktober 2004 Pflegestufe I zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass sie nicht "Arbeitgeber" des MDK sei. Dieser stelle eine eigene Körperschaft dar und die dort tätigen Ärzte entschieden selbst, ob das persönliche Erscheinen der Kläger erforderlich sei bzw. welche Geschäftsstelle zur Wertung des medizinischen Sachverhaltes die geeignete sei. Ebenso wenig sei bekannt, welche Akten den Gutachtern vorlägen. Die Gutachter entschieden selbst, welche Unterlagen benötigt würden. Sie forderten diese gegebenenfalls selbstständig bei den Behandlern an und hielten ebenso fernmündliche Unterredungen ab. Hierauf habe die Krankenkasse keinen Einfluss.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und damit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide vom 17. April 2002, 11. Juni 2002 und 16. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung oder Kostenübernahme der ambulanten Spritzentherapie mit dem Medizinprodukt Fermathron bzw. mit einem anderen Präparat mit synthetischer Hyluronsäure. Dies hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausführlich und begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und nimmt deshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist auszuführen, dass, soweit der Kläger weitere Arzneimittel bzw. die Pflegestufe 1 begehrt, die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen wurde, da insofern keine Verwaltungsentscheidung vorliegt, bzw. die Beklagte als Krankenkasse auch nicht zuständig für Pflegeleistungen ist. Denn die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind als (besondere) Verwaltungsgerichte nicht befugt, sich an Stelle einer Verwaltungsbehörde zu setzen und als erste staatliche Stelle an Stelle des Organs der vollziehenden Gewalt verwaltungsaktersetzende Regelungen zu treffen (zuletzt: BSG, Beschluss vom 16.03.2006, B 4 RA 24/05 R). Soweit der Kläger die Kostenerstattung für die bereits vor Januar 2002 durchgeführte Therapie begehrt, steht diesem Anspruch bereits die fehlende Kausalität der Leistungsablehnung durch die Beklagte entgegen. Nach § 13 Abs. 3 2. Alternative SGB V, der hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, da eine Notfallbehandlung nach Alt. 1 denknotwendig ausscheidet, sind Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung dann zu erstatten, wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Haftungsbegründendes Tatbestandsmerkmal der unrechtmäßigen Leistungsablehnung ist somit der ursächliche Zusammenhang zwischen Ablehnung und dem eingeschlagenen Beschaffungsweg (BSG SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 10). Die Kosten dürfen daher erst nach Ablehnung durch die Krankenkasse entstanden sein (BSG SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 15). Der Versicherte muss sich deshalb vor jeder Therapieentscheidung in zumutbarem Umfang um die Gewährung der Behandlung als Sachleistung bemühen, d.h. muss vor Behandlungsbeginn mit der Krankenkasse Kontakt aufgenommen und deren Entscheidung abgewartet haben. Dies hat der Kläger nicht getan, sondern die Erstattung erst nach durchgeführter Behandlung bei der Beklagten beantragt. Ein Erstattungsanspruch für die Vergangenheit besteht daher bereits aus zwingenden formellen Gründen nicht.

Soweit der Kläger eine Kostenübernahme für die Zukunft begehrt, ist Anspruchsgrundlage § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V i. V. m. § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach erstreckt sich der Anspruch auf Krankenbehandlung auch auf die Versorgung mit Arzneimitteln, wobei seit 01.01.2002 nur apothekenpflichtige Arzneimittel beansprucht werden können. Diese Rechtslage ist auch für den Leistungsanspruch des Klägers einschlägig, da sein Antrag auf Kostenübernahme frühestens vom 31. Januar 2002 datiert. Ausweislich des Gutachtens des MDK, an dessen Richtigkeit zu zweifeln kein begründeter Anlass besteht, handelt es sich bei den zur Spritzenbehandlung verwendeten Präparaten nicht um apothekenpflichtige Medizinprodukte, so dass eine Kostenübernahme bereits aus diesem Grund ausscheidet. Denn der Anspruch ist auf solche Arzneimittel beschränkt, die nach dem Arzneimittelrecht (§§ 43 ff. AMG) ausschließlich über Apotheken vertrieben werden dürfen. Durch Art. 1 Nr. 8 des Zweiten GKV-NOG wurde ausdrücklich klargestellt, dass der Versorgungsanspruch des Versicherten nicht solche Arzneimittel umfasst, die aus Drogerien, Reformhäusern oder Supermärkten bezogen werden können (Bt-Drucks. 13/6087 S. 23). Darüber hinaus unterliegen neue Arzneimitteltherapien, d.h. wenn der Untersuchungs- oder Behandlungsmethode ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V (BSG SozR 3 -2500 § 31 Nr. 5; SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 14). Eine solche Erlaubnis, d. h. dass der Bundesausschuss in den Richtlinien abweichend von § 31 SGB V ausnahmsweise die Verordnungsfähigkeit zugelassen hat, liegt ebenfalls nicht vor. Dies hat das SG ausführlich begründet dargelegt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98). Die Entscheidung, Alternativmedizin in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, wenn herkömmliche Therapie nicht helfen kann, betrifft nur seltene, lebensbedrohliche Erkrankungen, bei denen eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht. Dies ist aber bei dem Kläger nicht der Fall, denn er kann konservativ mit Schmerzmitteln behandelt werden und seine Gehfähigkeit durch Verwendung von Krückstöcken erhalten, worauf bereits der MDK in seinem Gutachten hingewiesen hat. Außerdem leidet er nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung.

Nach alledem hat daher die Beklagte zu Recht sowohl den Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung wie auch Kostenübernahme verneint und das SG zu Recht die Klage abgewiesen, weswegen die Berufung zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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