L 3 AL 2788/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 435/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2788/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

Tatbestand:

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen fehlender Erreichbarkeit und die Rückforderung überzahlter Leistungen.

Die am 23.11.1954 geborene Klägerin stand im Leistungsbezug der Beklagten. Zuletzt war ihr Alhi mit Bescheid vom 4.1.2002 bewilligt worden. In der Folgezeit erfolgte die Korrespondenz mit der Klägerin unter der von ihr im Antrag angegebenen Anschrift "Hotel X". Am 29.10.2002 erfolgte ein Postrücklauf mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" und "am 18.10.02 unbekannt verzogen". Alhi wurde gezahlt bis 28.10.2002, durch Bescheid vom 5.11.2002 wurde die Bewilligung ab 29.10.2002 aufgehoben. Eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt ergab, dass sich die Klägerin am 17.10.2002 unter der Anschrift "Eulenweg 19, Freiburg" umgemeldet hatte. Am 10. u. 13.12.2002 gingen bei der Beklagten zwei Schreiben der Klägerin mit der Anschrift "U" ein. Diese Adresse gab die Klägerin auch im Alhi-Antrag vom 23.12.2002 an. Bei einer persönlichen Vorsprache an diesem Tag erklärte die Klägerin, sie sei am 12.10.2002 in den Eulenweg und am 1.12.2002 in den Unteren Mühlenweg umgezogen. Alhi wurde antragsgemäß weitergewährt ab dem 23.12.2002.

Mit Bescheid vom 22.1.2003 hob die Beklagte nach vorheriger Anhörung und unter Ersetzung des Bescheides vom 5.11.2002 die Entscheidung über die Bewilligung der Alhi vom 12.10.2002 an auf und forderte die Erstattung der überzahlten Alhi Höhe von 569,16 EUR. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.1.2003 mit der Begründung zurück, diese habe ihre Wohnsitzwechsel nicht rechtzeitig mitgeteilt und auch keinen Nachsendeauftrag erteilt. Sie habe daher der Arbeitsvermittlung wegen fehlender Erreichbarkeit ab 12.10.2002 nicht mehr zur Verfügung gestanden und sei somit nicht mehr arbeitslos gewesen. In einem Schreiben vom 23.1.2003, eingegangen am 30.1.2003, nannte die Klägerin den 17.10. und den 2.12.2002 als genaue Umzugsdaten und den 18.10. u. 4.12.2002 als Daten der Ummeldung.

Am 24.2.2003 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Sie hat zunächst vorgebracht, sie habe immer schriftlich Kontakt zum Arbeitsamt gehalten und sei so ihrer Mitteilungspflicht nachgekommen. Später hat sie ferner geltend gemacht, sie habe jeweils unverzüglich einen Nachsendeauftrag gestellt. Jedenfalls sei sie erst am 17.10., nicht schon am 12.10.2002 umgezogen.

Das SG hat vom Nachsendezentrum der Deutschen Post AG München die (negative) Auskunft vom 9.1.2004 eingeholt. Das SG hat sodann nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 30.6.2004 den Bescheid der Beklagten vom "5.11.2002" in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.1.2003 insoweit aufgehoben, als die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi mit Wirkung vom 12. bis 17.10.2002 aufgehoben und hinsichtlich für diesen Zeitraum gezahlter Alhi ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der Alhi-Bewilligung sowie der Pflicht zur Erstattung bereits gezahlter Leistungen vorlägen, weil die Klägerin, da sie ihre Wohnungswechsel nicht rechtzeitig mitgeteilt habe, nicht erreichbar, damit nicht verfügbar und nicht arbeitslos gewesen sei. Die Erreichbarkeitsanordnung (EAO) verlange, dass der Arbeitslose sicherstelle, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichen könne. Diese Erreichbarkeit sei nicht mehr gegeben, wenn eine geänderte Anschrift nicht mitgeteilt werde. Zwar könne bei einem Umzug innerhalb der Wohngemeinde ein vorher rechtzeitig gestellter Nachsendeauftrag die Erreichbarkeit noch gewährleisten. Das Gericht sei allerdings nicht davon überzeugt, dass die Klägerin tatsächlich entsprechende Nachsendeaufträge gestellt habe. Zum einen seien Briefsendungen nämlich tatsächlich nicht nachgesandt, sondern an den Absender zurückgesandt worden. Zum anderen habe die Deutsche Post AG die behaupteten Nachsendeaufträge nicht bestätigen können. Des Weiteren habe die Klägerin erst sehr spät im Verfahren Nachsendeaufträge behauptet, was gegen die Glaubwürdigkeit ihres Vorbringens spreche. Das Gericht sei jedoch davon überzeugt, dass die Klägerin nicht schon am 12.10., sondern erst am 17.10.2002 umgezogenen sei. Die Annahme der Beklagten, der Umzug sei bereits am 12.10.2002 erfolgte, beruhe ausschließlich auf der entsprechenden Äußerungen der Klägerin bei ihrer persönlichen Vorsprache am 23.12.2002. Dagegen sprächen jedoch alle anderen objektiven Umstände, vor allem auch die Auskunft des Einwohnermeldeamts. Dagegen sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte der Klägerin nicht bereits vom 10.12.2002 an wieder Alhi gewährt habe. Ob die Klägerin durch die bloße Verwendung ihrer (neuen) Anschrift ihrer Mitteilungspflichten nachgekommen sei und die Erreichbarkeit wieder hergestellt habe, könne dahinstehen, denn jedenfalls sei am 10.12.2002 nach einem Zeitraum von mehr als sechs Wochen die Wirkung der Arbeitslosmeldung erloschen gewesen. Ein Anspruch auf Alhi habe daher auch über den 10.12.2002 hinaus nicht bestanden.

Gegen diesen mit Übergabe-Einschreiben vom 1.7.2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 14.7.2004 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und meint, der Umstand, dass sie tatsächlich einen Nachsendeauftrag erteilt gehabt habe, sei dadurch belegt, dass ein Schreiben der Beklagten vom 22.10.2002, das an die Adresse Hotel zum Löwen gerichtet gewesen sei, sie dennoch erreicht habe.

Die Klägerin stellt sinngemäß den Antrag,

den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Freiburg vom 30. Juni 2004 abzuändern und den Bescheid vom 22. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2003 ganz aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.

Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet, dass die Klägerin, weil sie ihre Umzüge am 17.10. und 1.12.2002 nicht rechtzeitig mitgeteilt hat, nicht mehr erreichbar, damit nicht mehr verfügbar und nicht mehr arbeitslos war. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Auch der Senat lässt offen, die Klägerin dadurch, dass sie in einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 7.12.2002, das am 10.12.2002 einging, als Absenderangabe den Unteren Mühlenweg 50 in Freiburg angegeben hat, ihrer Pflicht zur Mitteilung einer neuen Anschrift nachgekommen ist. Dabei ist zu beachten, dass dieser Brief mit der neuen Anschrift nicht etwa gelegentlich oder in anderem Zusammenhang an das Arbeitsamt gelangt ist, sondern gerade im Zusammenhang mit der Auszahlung der Alhi, die zuvor wegen fehlender Erreichbarkeit eingestellt worden war. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass der letzte Aktenvorgang vor diesem genannten Schreiben ein Postrücklauf vom 13.11.2002 "unbekannt zurück" war. Die Beklagte hätte also wohl Veranlassung gehabt, diese Absenderangabe bewusst zur Kenntnis zu nehmen.

Zwar gilt eine neue Anschrift nicht als mitgeteilt, wenn die Beklagte auf anderem Wege, etwa durch einen Postrücklauf oder durch die Mitteilung eines Dritten, von der neuen Anschrift Kenntnis erlangt. Auch in einem solchen Fall darf sie die neue Anschrift nicht als unbekannt behandeln, sondern muss dem nachgehen. Damit ist jedoch der vorliegende Fall nicht zu vergleichen. Die Klägerin hat zwar nicht ausdrücklich und bewusst ihre neue Anschrift mitgeteilt. Sie hat jedoch in ihrer Leistungsangelegenheit ein Schreiben mit ihrer neuen Anschrift an die Beklagte gerichtet. Es hieße die Anforderungen an die Mitteilungspflicht zu überspannen, wenn man darin nicht die Mitteilung der neuen Anschrift sehen würde. Darauf kommt es im vorliegenden Fall jedoch nicht entscheidend an, denn die Klägerin hat aus anderem Grund keinen Anspruch auf die begehrte Alhi.

Wie schon das SG zutreffend entschieden hat, ist nämlich nach der mehr als sechswöchigen Unterbrechung des Leistungsbezuges die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung nach § 122 Abs. 3 Nr. 1 SGB II erloschen. Nach dieser Vorschrift erlischt die Wirkung der Arbeitslosmeldung bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit. Diese gesetzliche Regelung erfasst alle Unterbrechungen der Arbeitslosigkeit durch Wegfall der Verfügbarkeit, zum Beispiel die Aufnahme einer Beschäftigung, eine Ortsabwesenheit oder auch die Nichterreichbarkeit infolge eines nicht mitgeteilten Wohnungswechsels. Der vorliegende Fall wird also ohne weiteres davon erfasst. Nachdem die Klägerin am 10. und 13.12.2002 bereits länger als Wochen nicht erreichbar und damit nicht verfügbar war, war die Wirkung der Arbeitslosmeldung bereits erloschen. Alhi konnte die Klägerin daher erst nach einer erneuten Meldung und Antragstellung erhalten, diese sind auch am 23.12.2002 erfolgt. Die Berufung der Klägerin ist jedenfalls aus den vom SG genannten Gründen als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem wechselseitigen Prozesserfolg der Beteiligten Rechnung.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen vor.
Rechtskraft
Aus
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