S 3 (6) U 176/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 3 (6) U 176/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten hinsichtlich des Beginns und der Höhe der Verletztenrente des Klägers.

Der 1947 geborene Kläger war vom 31. Juli 1969 bis zum 13. Juni 1970 Beschäftigter der Firma H1 H2 AG in E. Am 24. April 1970 fuhr der Kläger zu seiner Familien nach T1 in Jugoslawien. Auf dieser Fahrt verunglückte er als Beifahrer in einem PKW und zog sich hierbei eine Gehirnerschütterung, eine Weichteilverletzung im Bereich des rechten Unterarms und einen offenen Oberschenkelschaftbruch rechts zu. Im Jahre 1973 führte der Kläger gegenüber der B AG, der Versicherung des Unfallverursachers eine außergerichtliche Auseinandersetzung mit Hilfe seines damaligen Rechtsanwalts N durch (Auseinandersetzung auch schon 1972). Im Rahmen dieser Auseinandersetzung schloss der Kläger mit der B AG einen Vergleich, wonach dem Kläger als Ausgleich für aufgrund der Unfallverletzungen zu erwartenden Einkommenseinbußen eine Entschädigung in Höhe von 70.000,00 DM gewährt wurde. Rechtsanwalt N vertrat den Kläger auch in einem Rechtsstreit gegenüber der Landesversicherungsanstalt O wegen der Ablehnung von Erwerbsunfähigkeitsrente.

Mit Datum vom 25. Februar 1997 beantragte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Verletztenrente und sonstige Leistungen bei der Beklagten. Die Beklagte wertete einen Befundbericht des T2. W-Krankenhauses E vom 30. August 1971, ein fachchirurgisches Gutachten von G vom 02. Juli 1973 aus und ließ den Kläger durch L fachchirurgisch begutachten. In seinem Gutachten vom 09. Juli 2001 stellt L als unfallabhängige Gesundheitsbeeinträchtigung fest: Narben im Bereich des rechten Beines, Beinverkürzung rechts, Gangstörung und die Notwendigkeit, für ein ausgeglichenes Gangbild eine Sohlenerhöhung zu benutzen, Achselabweichung des rechten Oberschenkels, röntgenologische Veränderungen. Als unfallunabhängig stellt er degenerative Veränderungen in verschiedenen anderen Körpergelenken sowie einen beidseitigen Kniescheibenanpressschmerz fest. Hinsichtlich einer chronischen Osteitis liege ein kompensiertes Befundbild vor. Die MdE schätzte L mit 20 % ein. Nach Auswertung von Befundberichten des T2. W-Krankenhauses E vom 31. August 2001, 27. Juli 2001, 05. Juli 2001, 04. Juli 2001, 21. Dezember 1998, 29. September 1998, eines radiologischen Befundberichts vom 26. August 1998, eines Operationsberichts vom 28. August 1998 und Laborberichten vom 26. August 1998, 28. August 1998 und 09. Juli 2001 hielt L die Einschätzung einer MdE von 20 in der ergänzenden Stellungnahme vom 27. Dezember 2001 aufrecht.

Mit Bescheid vom 18. Februar 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 01. Januar 1997 Rente wegen der Unfallfolgen bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 %. Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden anerkannt: Osteitis (Knochenmarksentzündung) am rechten Oberschenkel, Beinverkürzung rechts, Gangstörung und Notwendigkeit der Benutzung einer Sohlenerhöhung rechts, Achsabweichung des rechten Oberschenkels, Narben im Bereich des rechten Beines. Nicht anerkannt als Folgen des Arbeitsunfalls wurden: Beidseitiger Gehscheibenabrissschmerz, chronische Knochenmarksentzündung im Bereich des rechten Oberschenkels, Arthrose des Hüftgelenks links. Die Rente wurde auf unbestimmte Zeit gewährt. Hinsichtlich des Beginns der Rente verwies die Beklagte auf die Verjährungsregelung nach § 45 SGB I in Verbindung mit § 214 SGB VII und darauf, dass der Antrag auf Rente erst am 26. Februar 1997 bei der Beklagten einging. Den Widerspruch hiergegen stützte der Kläger zum einen darauf, dass sowohl die chronische Osteomylitis als auch die bisher als unfallunabhängig eingestuften Beschwerden eine MdE von mindestens 50 % bedingen würden. Die Rente müsse zudem gemäß dem zitierten § 45 SGB I zumindest ab dem 01. Januar 1993 einsetzen, nicht erst ab 1997. Der Antrag vom 25. Februar 1997 habe die Verjährung der Leistung ab dem 01. Januar 1993 unterbrochen. Mit Bescheid vom 13. August 2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Wegen der Höhe der MdE stützte wie sich auf die Auswirkungen des L in dessen Gutachten vom 09. Juli 2001 und der ergänzenden Stellungnahme vom 27. Dezember 2001. Hinsichtlich des Rentenbeginns stützte die Beklagte sich auf den am 31.12.1996 außer Kraft getretenen § 1546 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), wonach bei verspäteter Antragstellung Leistungen erst mit dem 01. des Antragsmonats gewährt werden können, wenn die verspätete Anmeldung nicht durch Verhältnisse begründet wurde, die außerhalb des Willens des Antragstellers gelegen haben. Solche außerhalb des Willens liegende Umstände seien nicht gegeben. Die Unkenntnis gesetzlicher Anspruchsgrundlagen hindere nicht den Ablauf der Ausschlussfrist. Zudem sei der Kläger wegen der Ansprüche seines Unfalls vom 24. April 1970 anwaltlich vertreten gewesen.

In der hiergegen am 18. September 2003 bei Gericht eingegangen Klage wiederholt und vertieft der Kläger das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Die Beklagte habe von Amts wegen zu ermitteln gehabt, dass sich ein Unfall nach den Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung ereignet habe. Bemühungen der Beklagten, Kenntnis von Unfällen auf Familienheimfahrten zu erlangen, seien nicht ersichtlich. Solche Meldungen seien daher dem blanken Zufall überlassen. Der Kläger sei zudem Ausländer und der deutschen Sprache kaum mächtig gewesen. Er habe auch nicht gewusst, dass auf Familienheimfahrten Versicherungsschutz bestehe. Auch der damalige Rechtsanwalt des Klägers habe solche Ansprüche nicht gekannt. Die MdE um 20 % berücksichtige die bei dem Kläger vorliegenden Unfallfolgen nicht hinreichend.

In der mündlichen Verhandlung am 14. März 2006 nahm der Kläger ein Teilanerkenntnis der Beklagten, wonach für die Zeit vom 03. Juli 1998 bis 31. Dezember 2001 Rente nach einer MdE von 30 % gewährt wird und als Unfallfolge für diesen Zeitraum ein akuter Schub und Fistelbildung einer chronischen Osteomylitis (Knochenmarksentzündung) am rechten Oberschenkel anerkannt wird an.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. August 2003, beide in der Gestalt des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 14. März 2006 zu verurteilen, bei dem Kläger aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 24. April 1970 eine Verletztenrente ab einem früheren Zeitpunkt zu gewähren als dem 01.01.1997 nach einer höheren MdE, mindestens 50 %.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Bescheid für rechtmäßig und stützt sich auf die Gründe des Bescheids und des Widerspruchsbescheids.

Das Gericht hat den Kläger fachorthopädisch begutachten lassen. In seinem Gutachten vom 24. Februar 2004 stellt der Sachverständige K folgende unfallabhängige Gesundheitsstörungen fest: Reizlose Narben über der Streckseite des rechten Ellenbogengelenkes nach Weichteilverletzung, verbliebener kleinerer Glassplitter rechter körpernaher Unterarm, Achsenabweichung des rechten Oberschenkels nach vorne und seitlich nach offener Oberschenkelfraktur, Gangstörung im Sinne eines Verkürzungshinkens nach Oberschenkelfraktur rechts, reizlose Narbenzüge rechter Oberschenkel mit lokaler Störung der Berührungsempfindlichkeit nach osteosynthetischer Versorgung der Oberschenkelschaftfraktur mit nachfolgendem Knocheninfekt und mehreren Revisionseingriffen, Beinverkürzung rechts nach Oberschenkelfraktur. Als unfallunabhängige Gesundheitsstörung stellte er fest: Lateraler Bandscheibenvorfall E tage L 3 / L 4 links ohne neurologische Symptomatik, innitiale Coxarthrose mit geringer klinischer Symptomatik (rechts größer links), leichtgradig eingeschränkte Beugung rechtes Kniegelenk bei lateraler und retropatellaer Arthrose Grad 2 bis 3, Baricosis Unterschenkel beiderseits (rechts größer links), Schwäche des rechten Armes bei Zustand nach Hirninfarkt vor 2 Jahren. Die unfallabhängige MdE schätzte er für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 02. Juli 1998 auf 20, für den Zeitraum vom 03. Juli 1998 bis 30.12.2001 durchschnittlich auf 30 und ab dem 01.01.2002 auf 20 ein. Im Wege des Urkundsbeweises hat das Gericht ein von der Beklagten bei dem Orthopäden P in Auftrag gegebene Gutachten nach Aktenlage vom 18. März 2004 verwertet. P folgt in diesem Gutachten den Beurteilungen und Einschätzungen von K.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes verweist das Gericht auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 18. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. August 2003, beider in der Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 14. März 2006 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Verletztenrente oder auf Gewährung ab einem anderen Zeitpunkt als dem 01. Januar 1997.

Nach § 56 Abs. 1 des Siebten Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 % von Hundert gemindert ist, Anspruch auf Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet. Sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).

Von diesen rechtlichen Voraussetzungen ausgehend hat die Beklagte die Rente auf unbestimmte Zeit zu Recht für den Zeitraum vom 01. Januar 1997 bis 02. Juli 1998 auf 20 %, für den Zeitraum vom 03. Juli 1998 bis 31.12.2001 durchschnittlich auf 30 % und ab dem 01. Januar 2002 auf 20 % festgesetzt. Das Gericht schließt sich in der medizinischen Beurteilung dem eingeholten Gutachten von K vom 24. Februar 2004 an. Hinsichtlich des rechten Ellenbogens hat der Sachverständige einen reizlosen Narbenzug über der Streckseite des rechten Ellenbogengelenkes mit lokal herabgesetzter Berührungsempfindlichkeit befundet. Der radiologisch im Verlauf unveränderte Glassplitter in Projektion auf den körpernahen Unterarm ist nach den Feststellungen des Sachverständigen symtomlos. Die vergleichende Umfangsmessung der Unterarmmuskulatur ergab keinen Unterschied. Hinsichtlich des rechten Oberschenkels hat der Sachverständige eine Beinlängenverkürzung rechts um 3,5 cm festgestellt, die allein auf den Oberschenkel entfällt. Zudem besteht nach den Befunden des Sachverständigen ein Beckentiefstand rechts mit Verformung der Lendenwirbelsäule sowie ein hinkendes Gangbild, welches aus dem verkürzten Oberschenkel herrührt. Der rechte Oberschenkel zeigte eine Achsenabweichung nach vorne von 20 Grad, in der Seitenansicht besteht ein Achsenknick im Sinne einer O-Bein-Stellung von 10 Grad. Zusätzlich bestehen mehrere reizlose Narbenzüge über der Vorder- und Außenseite sowie kleinere Einschnitte an der Rückseite mit herabgesetzter lokaler Berührungsempfindlichkeit nach osteosynthetischer Versorgung und mehrfachen Revisionseingriffen infolge einer rezidivierenden Knocheineitherung. Akute Zeichen einer aufgetretenen Osteomylythis mit Fistelbildung und ausgedehnten Weichteilabzessen konnte der Sachverständige nicht feststellen. Sowhl äußerliche Untersuchung als auch Röntgenbilder und Laboruntersuchung ergaben keine Hinweise auf eine akute Osteomylitis.

Nach § 56 Abs. 2 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus den Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, Aktenzeichen: B 2 U 14/03 R). Die Beurteilung in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Versicherten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich- wissenschaftlichem Gebiet. Dabei sind für die Festsetzung der MdE die von der Rechtsprechung sowie vom versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttun herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar für die Entscheidung im Einzelfall nicht bindend sind, aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 23, 27). Sie sind in Form von Rententabellen und Empfehlungen zusammengefasst und bilden die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, wodurch gewährleistet wird, dass alle Versicherten bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 19.12.2000 – B 2 U 49/99 R - ).

Hiervon ausgehend können die beim Kläger bestehenden Unfallfolgen für die jeweiligen Zeiträume nur mit einer MdE von 20 bzw. 30 vom Hundert bewertet werden.

Nach Bereiter-Haan-Merthens, Gesetzliche Unfallversicherung Handkommentar sind hinsichtlich der chronischen Osteomylitis, dass diese über viele Jahre so beschwerdefrei sein kann, dass die MdE bei 10 % oder weniger liegt nach Aufflackern mit schwerer Gebrauchsbeeinträchtigung ist die MdE neu festzustellen. Dabei darf der MdE-Wert für den Verlust der Extremität nicht überschritten werden. Für den Oberschenkelbruch werden keine MdE-Erfahrungswerte gegeben, für den Unterschenkelbruch in stärkerer X-Stellung verheilt soll die MdE 25 % in stärkerer Umstellung 20 %, mit Rückwärtsbiegung verheilt 25 %, achsengerecht verheilt mit Verkürzung bis zu 4 cm 10 %, bis zu 6 cm 20 %, über 6 cm 30 % betragen. Danach ist es sachgerecht, die MdE für die Phase, in der die chronische Osteomylitis beschwerdefrei ist, mit einer MdE von 20 vergleichbar der MdE von 20 für den Unterschenkelbruch in stärkerer O-Stellung verheilt einzuschätzen. Die bei dem Kläger ebenfalls gegebene Beinverkürzung führt nicht zu einer Erhöhung der MdE. Nach Meerhoff, Mantel, Murr Unfallbegutachtung 11. Auflage beträgt die MdE für die chronische Osteomylitis am Oberschenkel mit Fistel (Blutbild) 30 bis 50, für die beschwerdefreie Osteomylitis weniger als 10 %. Der Oberschenkelbruch verheilt mit Verkürzung bis zu 4 cm wird mit 10 % bis 6 cm mit 20 % über 6 cm mit 30 % angegeben. Nach allem ist die MdE für die betreffenden Zeiträume mit 20 bzw. 30 % zur Überzeugung der Kammer sachgerecht eingeschätzt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen früheren Rentenbeginn als den 1. Januar 1997.

Der Rentenbeginn richtet sich beim Kläger noch nach § 1546 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO). Diese Vorschrift, die in der hier maßgebenden, seit dem 01. Juli 1963 geltenden Fassung (vgl. Art. 2 Nr. 15, Art. 4 § 16 Abs. 1 des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 Bundesgesetzblatt I 241) galt, ist mit Wirkung vom 01. Januar 1997 ersatzlos aufgehoben worden (vgl. Art. 35 Nr. 1 und Art. 36 Satz 1 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 07. August 1996 Bundesgesetzblatt I 1254). Die Vorschrift bestimmte, was dann, wenn die Unfallentschädigung nicht von Amts wegen festgestellt wurde, der Anspruch spätestens 2 Jahre nach dem Unfall bei dem Versicherungsträger anzumelden war; wurde der Anspruch später angemeldet, so begannen die Leistungen mit dem 1. des Antragsmonats, es sei denn, dass die verspätete Anmeldung durch Verhältnisse begründet war, die außerhalb des Willens des Antragstellers lagen.

§ 1546 Abs. 1 Satz 1 RVO ist auf den Rentenanspruch des Klägers gemäß § 212 SGB VII noch anzuwenden, weil der Versicherungsfall vor dem Inkrafttreten des SGB VII (01. Januar 1997) eingetreten war und die Vorschriften des SGB VII, die den §§ 212 SGB VII folgen, insbesondere § 214 SGB VII, nichts anderes bestimmen (siehe hierzu BSG, Urteil vom 20. Februar 2001, Aktenzeichen: B 2 U 1/00 R). Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf früheren Rentenbeginn als dem 01. Januar 1997. Er hat erst im Februar 1997 den Anspruch bei der Beklagten angemeldet. Diese verspätete Meldung war nicht durch Verhältnisse begründet, die außerhalb des Willens des Antragstellers lagen. Entgegen der Ansicht des Klägers war die Beklagte nicht verpflichtet, von sich aus Ermittlungen im Hinblick auf einen Unfall bei der Familienheimfahrt des Klägers anzustellen. Bis zur Antragstellung des Klägers lagen für die Beklagte keine Anhaltspunkte vor, die für einen eventuellen Unfall auf einer Heimfahrt sprachen. Die Beklagte ist trotz Amtsermittlung nicht verpflichtet, Ermittlungen ins Blaue hinein zu machen. Denn die Tatsache, dass der Kläger Ausländer war und kaum der deutschen Sprache mächtig gewesen sei, führt nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Trotz der vom Kläger behaupteten Sprachprobleme war er im Jahre 1972 und 1973 in der Lage, sich mit der Versicherung des Unfallverursachers außergerichtlich auseinander zu setzen, als auch Ansprüche gegenüber der Landesversicherungsanstalt O gerichtlich geltend zu machen. Dies lässt zur Überzeugung des Gerichts erkennen, dass eine Sprachbarriere, die eine verspätete Anmeldung rechtfertigen könnte, nicht gegeben war. Soweit der Kläger vorträgt, sowohl er als auch sein damaliger Anwalt hätten keine Kenntnis von derartigen Ansprüchen gegen die Beklagte gehabt, liegt darin auch kein Verhältnis, das außerhalb des Willens des Antragstellers lag im Sinne von § 1546 Abs. 1 Satz 1 RVO. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind Rechtsunkenntnis und Rechtsanwendungsunkenntnis nicht als Verhältnisse anzusehen, die außerhalb des Willens eines Berechtigten liegen (siehe hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 25. Juli 1992, Aktenzeichen: 2 RU 14/92).

Weitere Gründe, die die verspätete Anmeldung entschuldigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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