Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 6/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 204/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 14. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, Kosten einer Brustverkleinerungsoperation zu übernehmen.
Die 1979 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Bei ihr besteht eine beidseitige Makromastie und eine deutliche Ptosis beider Mammae. Die Klägerin ist dadurch psychisch sehr belastet (Attest der Frauenärztin Dr.W. vom 10.07.2001). Eine Reduktionsplastik sei medizinisch indiziert. Die Beklagte hat den Antrag auf Durchführung einer Mammareduktionsplastik mit Bescheid vom 18.07.2001 abgelehnt. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 27.07.2001 Widerspruch ein. Am 15.10.2001 erfolgte eine Begutachtung der Klägerin durch Dr.R. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK). Die Klägerin gab dabei an, innerhalb weniger Monate ihr Gewicht von 85 auf 59 kg bei einer Körpergröße von 172 cm reduziert zu haben, es bestünden zunehmende HWS- und Schulterprobleme. Der Gutachter stellte eine geringe Makromastie mit betonter Ptosis fest, jedoch keine Krankheit im Sinne des SGB V. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 30.10.2001 mit, dem Widerspruch könne nicht abgeholfen werden. Die Klägerin legte daraufhin ein ärztliches Attest des Caritas-Krankenhauses St.J. , R. , vor, wonach eine deutliche Disproportion bei der im Übrigen schlanken Patientin zur großen Brust bestehe, so dass eine Mammareduktionsplastik indiziert sei. Die Klägerin persönlich und ihr Vater, der bei der Post beschäftigt ist , wandten sich an die Beklagte und stellten die Komplexe der Klägerin dar. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2001 zurückgewiesen.
Die Klägerin erhob hiergegen am 10.01.2002 Klage zum Sozialgericht Regensburg und begründete sie mit ihren Rückenbeschwerden, deren Ursache in der Größe der Brust liege. Die Rückenbeschwerden könnten nicht durch krankengymnastische Übungen beseitigt werden. Durch das Gewicht der Brust würden Knochen und Sehnen über die Maßen belastet. Schließlich habe die Klägerin wegen ihres Brustumfanges erhebliche psychische Probleme. Vorgelegt wurde ein ärztliches Attest des Chirurgen C. vom 23.09.2002, wonach die deutliche Fehlhaltung der Wirbelsäule sicherlich überwiegend durch Vergrößerung der Brustdrüsen verursacht werde. Eine krankengymnastische Übungsbehandlung habe beendet werden müssen, weil sich weiterer Gewichtsverlust eingestellt habe, was gesundheitsbedrohende Allgemeinreaktionen des Körpers verursacht habe. Auf Antrag der Klägerin holte das Sozialgericht ein fachorthopädisches Gutachten der Universität R. , Lehrstuhl für Orthopädie, das Oberarzt Dr.P. erstellen sollte, ein. Das Gutachten wurde erstellt vom Orthopäden Dr.H. am 12.06.2003 auf Grund einer Untersuchung am 20.02.2003. Auf Seite 50 des Gutachtens kommt Dr.H. zu der Diagnose kyphoskoliotische Fehlhaltung von HWS, BWS und LWS sowie deutliche BWS-Hyperkyphose und langbogige skoliotische Fehlhaltung thorako-lumbal rechts und hochthorakal links konvex mit statischer Disfunktion und Schulterschiefstand. Sämtliche angegebenen Gesundheitsstörungen seien durch die Mammahypertrophie verursacht. Eine operative Mammareduktion sei notwendig, um eine Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Die Beklagte führte hierzu aus, der Gutachter habe keine Aussage über die Größe der Brüste und jeweilige Reduktionsgewichte getroffen. Eine entsprechende Untersuchung habe offensichtlich gar nicht stattgefunden. Der Gutachter habe es auch versäumt, eine Aussage über die Gründe zu treffen, weshalb andere Maßnahmen, z.B. Krankengymnastik, nicht mehr ausreichend seien. Zusammenfassend sei das Gutachten in wesentlichen Teilen nicht überzeugend und nicht geeignet, den Klageanspruch zu begründen. Am 22.11.2003 wurde eine ergänzende Stellungnahme erstellt. Zur Kausalität wurde ausgeführt, der Tatsache, dass die Beschwerden spezifisch bei sportlichen Belastungen auftreten, bei denen es sich um Stop-and-go-Sportarten mit häufiger Sprungbelastung handele, wobei sich die Trägheitsmomente durch Stellung und Größe der Brüste besonders negativ auswirkten, sei ein entscheidendes Gewicht bezüglich der überwiegenden Kausalität der Mammahypertrophie für die Beschwerden beizumessen. Angesichts der Vorgeschichte dürften konservative Behandlungsmethoden im vorliegenden Fall sicher nicht als ausgeschöpft eingeschätzt werden. Es sei an Krankengymnastik mit therapeutischem Konzept zu denken, die Erfolgsaussichten einer entsprechenden Therapie könnten allerdings prospektiv nicht evaluiert werden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 14.07.2004 abgewiesen. Weder dem auf Grund körperlicher Untersuchung erstellten Gutachten des MDK noch dem Gutachten des Sachverständigen nach § 109 SGG sei zu entnehmen, dass die Mammae der Klägerin von einer Größe bzw. einem Gewicht seien, die zu einer wesentlichen funktionellen Beeinträchtigung der Klägerin führten, es bestehe keine Behandlungsbedürftigkeit. Die Ptosis stelle nur ein kosmetisches Defizit dar. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, die Kosten einer Mammareduktion zur Beseitigung der orthopädischen Befunde der Klägerin zu übernehmen. Es handele sich um eine mittelbare Behandlung, die die orthopädischen Befunde nur möglicherweise, nicht mit Sicherheit beseitigen könne. Folgekosten könnten eintreten. Auch der psychische Zustand der Klägerin rechtfertige keine Operation der Brüste.
Hiergegen richtet sich die am 08.09.2004 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung, die damit begründet wird, der Makromastie und der damit einhergehenden Ptosis komme Krankheitswert zu. Der Zustand der Brust sei regelwidrig, andere Behandlungsmaßnahmen als eine operative Straffung stünden nicht mehr zur Verfügung. Der Körperzustand führe, wie im orthopädischen Gutachten ausgeführt, zu Wirbelsäulenbeschwerden. Darüber hinaus sei die Klägerin psychisch stark belastet, sie habe Schwierigkeiten, eine partnerschaftliche Beziehung zu einem Mann einzugehen. Es bestehe dadurch ein enormer Leidensdruck und eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität. Es könne keine Rede davon sein, dass insoweit normale körperliche Funktionen möglich seien.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.10.2006 erklären die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs.4 SGG.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 14.07.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2001 zu verurteilen, die Kosten der Mammareduktionsplastik zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet. Der Senat kann gemäß § 153 Abs.4 SGG durch Beschluss entscheiden, die Beteiligten sind in der mündlichen Verhandlung hierzu angehört worden.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Kosten einer Brustverkleinerungsoperation zu übernehmen. Das Sozialgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass Versicherte gemäß § 27 Abs.1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung haben, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Krankheit im rechtlichen Sinne ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat. Der Senat folgt dem Sozialgericht, wenn es davon ausgeht, dass der Zustand der Brust der Klägerin keine Krankheit darstellt, er bedarf weder der Behandlung noch hat er Arbeitsunfähigkeit zu Folge. Eine Ptosis (Hängebrust) ist keine Krankheit, sondern, möglicherweise, ein kosmetisches Defizit. Das Bundessozialgericht hat hierzu im Urteil vom 19.10.2004, B 1 KR 9/04 R (vollständig veröffentlicht in Juris - Rechtsprechungsübersicht) , ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zukommt. Eine Krankheit liege nur vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt werde oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirke. Die Rechtsprechung hat eine Entstellung z.B. bei einer Frau ohne natürliches Kopfhaar (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr.45), einer Wangenatrophie (LSG Rheinland-Pfalz vom 02.05.2002, L 5 KR 93/01) oder Narben im Lippenbereich angenommen (BSG SozR 3-1750 § 372 Nr.1). Der Senat hält eine Hängebrust abgesehen davon, dass die Beispiele der Rechtsprechung durchweg körperliche Auffälligkeiten betreffen, die sich schon in alltäglichen Situationen quasi im "Vorübergehen" bemerkbar machen, auch deshalb nicht für eine Entstellung und mit dem Krankheitsbegriff kaum in Einklang zu bringen, wenn man die außerordentliche Vielfalt in Größe und Form der weiblichen Brust berücksichtigt (BSG, Urteil vom 19.10.2004 a.a.O.). Es ist die gewünschte Leistung auch nicht daraus abzuleiten, dass die Größe der Brust zu orthopädischen Beschwerden führen soll. Das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten legt weder überzeugend orthopädische Krankheitsbilder dar noch kann es die Kausalität zwischen Brustgröße und -form und den Beschwerden schlüssig machen. Im Übrigen sei auf die Ausführungen des BSG a.a.O. hingewiesen, wonach die Frage offen ist, ob eine Mammareduktionsplastik überhaupt generell geeignet ist, zu einer Besserung von Wirbelsäulenbeschwerden beizutragen und ob sie als mittelbare Behandlung einer besonderen Rechtfertigung bedarf, wie dies bei Operationen zur Behandlung psychischer Leiden der Fall ist. Dies am vorhergehenden Fall endgültig zu klären, scheidet angesichts fehlender Nachweise vom Bestehen orthopädischer Leiden aus.
Zu den von der Klägerbevollmächtigten im Berufungsverfahren wieder vorgetragenen psychischen Beschwerden hat sich das Bundessozialgericht im bereits genannten Urteil auch geäußert. Danach gab und gibt es Hinweise darauf, dass bei Patienten, die wegen einer als Makel empfundenen körperlichen Besonderheit psychisch erkranken, operative Interventionen sogar zu einer Verschlimmerung des psychischen Krankheitsbildes führen können und daher als kontraindiziert angesehen werden müssten. Selbst wenn diese Auffassung ihrerseits in der medizinischen Wissenschaft nicht unumstritten sei, begründe sie doch zumindest Zweifel an der Erfolgsaussicht von Operationen zur Überwindung einer psychischen Krankheit und bestätige jedenfalls die schon in der bisherigen Rechtsprechung angelegte Zurückhaltung.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, Kosten einer Brustverkleinerungsoperation zu übernehmen.
Die 1979 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Bei ihr besteht eine beidseitige Makromastie und eine deutliche Ptosis beider Mammae. Die Klägerin ist dadurch psychisch sehr belastet (Attest der Frauenärztin Dr.W. vom 10.07.2001). Eine Reduktionsplastik sei medizinisch indiziert. Die Beklagte hat den Antrag auf Durchführung einer Mammareduktionsplastik mit Bescheid vom 18.07.2001 abgelehnt. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 27.07.2001 Widerspruch ein. Am 15.10.2001 erfolgte eine Begutachtung der Klägerin durch Dr.R. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK). Die Klägerin gab dabei an, innerhalb weniger Monate ihr Gewicht von 85 auf 59 kg bei einer Körpergröße von 172 cm reduziert zu haben, es bestünden zunehmende HWS- und Schulterprobleme. Der Gutachter stellte eine geringe Makromastie mit betonter Ptosis fest, jedoch keine Krankheit im Sinne des SGB V. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 30.10.2001 mit, dem Widerspruch könne nicht abgeholfen werden. Die Klägerin legte daraufhin ein ärztliches Attest des Caritas-Krankenhauses St.J. , R. , vor, wonach eine deutliche Disproportion bei der im Übrigen schlanken Patientin zur großen Brust bestehe, so dass eine Mammareduktionsplastik indiziert sei. Die Klägerin persönlich und ihr Vater, der bei der Post beschäftigt ist , wandten sich an die Beklagte und stellten die Komplexe der Klägerin dar. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2001 zurückgewiesen.
Die Klägerin erhob hiergegen am 10.01.2002 Klage zum Sozialgericht Regensburg und begründete sie mit ihren Rückenbeschwerden, deren Ursache in der Größe der Brust liege. Die Rückenbeschwerden könnten nicht durch krankengymnastische Übungen beseitigt werden. Durch das Gewicht der Brust würden Knochen und Sehnen über die Maßen belastet. Schließlich habe die Klägerin wegen ihres Brustumfanges erhebliche psychische Probleme. Vorgelegt wurde ein ärztliches Attest des Chirurgen C. vom 23.09.2002, wonach die deutliche Fehlhaltung der Wirbelsäule sicherlich überwiegend durch Vergrößerung der Brustdrüsen verursacht werde. Eine krankengymnastische Übungsbehandlung habe beendet werden müssen, weil sich weiterer Gewichtsverlust eingestellt habe, was gesundheitsbedrohende Allgemeinreaktionen des Körpers verursacht habe. Auf Antrag der Klägerin holte das Sozialgericht ein fachorthopädisches Gutachten der Universität R. , Lehrstuhl für Orthopädie, das Oberarzt Dr.P. erstellen sollte, ein. Das Gutachten wurde erstellt vom Orthopäden Dr.H. am 12.06.2003 auf Grund einer Untersuchung am 20.02.2003. Auf Seite 50 des Gutachtens kommt Dr.H. zu der Diagnose kyphoskoliotische Fehlhaltung von HWS, BWS und LWS sowie deutliche BWS-Hyperkyphose und langbogige skoliotische Fehlhaltung thorako-lumbal rechts und hochthorakal links konvex mit statischer Disfunktion und Schulterschiefstand. Sämtliche angegebenen Gesundheitsstörungen seien durch die Mammahypertrophie verursacht. Eine operative Mammareduktion sei notwendig, um eine Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Die Beklagte führte hierzu aus, der Gutachter habe keine Aussage über die Größe der Brüste und jeweilige Reduktionsgewichte getroffen. Eine entsprechende Untersuchung habe offensichtlich gar nicht stattgefunden. Der Gutachter habe es auch versäumt, eine Aussage über die Gründe zu treffen, weshalb andere Maßnahmen, z.B. Krankengymnastik, nicht mehr ausreichend seien. Zusammenfassend sei das Gutachten in wesentlichen Teilen nicht überzeugend und nicht geeignet, den Klageanspruch zu begründen. Am 22.11.2003 wurde eine ergänzende Stellungnahme erstellt. Zur Kausalität wurde ausgeführt, der Tatsache, dass die Beschwerden spezifisch bei sportlichen Belastungen auftreten, bei denen es sich um Stop-and-go-Sportarten mit häufiger Sprungbelastung handele, wobei sich die Trägheitsmomente durch Stellung und Größe der Brüste besonders negativ auswirkten, sei ein entscheidendes Gewicht bezüglich der überwiegenden Kausalität der Mammahypertrophie für die Beschwerden beizumessen. Angesichts der Vorgeschichte dürften konservative Behandlungsmethoden im vorliegenden Fall sicher nicht als ausgeschöpft eingeschätzt werden. Es sei an Krankengymnastik mit therapeutischem Konzept zu denken, die Erfolgsaussichten einer entsprechenden Therapie könnten allerdings prospektiv nicht evaluiert werden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 14.07.2004 abgewiesen. Weder dem auf Grund körperlicher Untersuchung erstellten Gutachten des MDK noch dem Gutachten des Sachverständigen nach § 109 SGG sei zu entnehmen, dass die Mammae der Klägerin von einer Größe bzw. einem Gewicht seien, die zu einer wesentlichen funktionellen Beeinträchtigung der Klägerin führten, es bestehe keine Behandlungsbedürftigkeit. Die Ptosis stelle nur ein kosmetisches Defizit dar. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, die Kosten einer Mammareduktion zur Beseitigung der orthopädischen Befunde der Klägerin zu übernehmen. Es handele sich um eine mittelbare Behandlung, die die orthopädischen Befunde nur möglicherweise, nicht mit Sicherheit beseitigen könne. Folgekosten könnten eintreten. Auch der psychische Zustand der Klägerin rechtfertige keine Operation der Brüste.
Hiergegen richtet sich die am 08.09.2004 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung, die damit begründet wird, der Makromastie und der damit einhergehenden Ptosis komme Krankheitswert zu. Der Zustand der Brust sei regelwidrig, andere Behandlungsmaßnahmen als eine operative Straffung stünden nicht mehr zur Verfügung. Der Körperzustand führe, wie im orthopädischen Gutachten ausgeführt, zu Wirbelsäulenbeschwerden. Darüber hinaus sei die Klägerin psychisch stark belastet, sie habe Schwierigkeiten, eine partnerschaftliche Beziehung zu einem Mann einzugehen. Es bestehe dadurch ein enormer Leidensdruck und eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität. Es könne keine Rede davon sein, dass insoweit normale körperliche Funktionen möglich seien.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.10.2006 erklären die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs.4 SGG.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 14.07.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2001 zu verurteilen, die Kosten der Mammareduktionsplastik zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet. Der Senat kann gemäß § 153 Abs.4 SGG durch Beschluss entscheiden, die Beteiligten sind in der mündlichen Verhandlung hierzu angehört worden.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Kosten einer Brustverkleinerungsoperation zu übernehmen. Das Sozialgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass Versicherte gemäß § 27 Abs.1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung haben, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Krankheit im rechtlichen Sinne ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat. Der Senat folgt dem Sozialgericht, wenn es davon ausgeht, dass der Zustand der Brust der Klägerin keine Krankheit darstellt, er bedarf weder der Behandlung noch hat er Arbeitsunfähigkeit zu Folge. Eine Ptosis (Hängebrust) ist keine Krankheit, sondern, möglicherweise, ein kosmetisches Defizit. Das Bundessozialgericht hat hierzu im Urteil vom 19.10.2004, B 1 KR 9/04 R (vollständig veröffentlicht in Juris - Rechtsprechungsübersicht) , ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zukommt. Eine Krankheit liege nur vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt werde oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirke. Die Rechtsprechung hat eine Entstellung z.B. bei einer Frau ohne natürliches Kopfhaar (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr.45), einer Wangenatrophie (LSG Rheinland-Pfalz vom 02.05.2002, L 5 KR 93/01) oder Narben im Lippenbereich angenommen (BSG SozR 3-1750 § 372 Nr.1). Der Senat hält eine Hängebrust abgesehen davon, dass die Beispiele der Rechtsprechung durchweg körperliche Auffälligkeiten betreffen, die sich schon in alltäglichen Situationen quasi im "Vorübergehen" bemerkbar machen, auch deshalb nicht für eine Entstellung und mit dem Krankheitsbegriff kaum in Einklang zu bringen, wenn man die außerordentliche Vielfalt in Größe und Form der weiblichen Brust berücksichtigt (BSG, Urteil vom 19.10.2004 a.a.O.). Es ist die gewünschte Leistung auch nicht daraus abzuleiten, dass die Größe der Brust zu orthopädischen Beschwerden führen soll. Das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten legt weder überzeugend orthopädische Krankheitsbilder dar noch kann es die Kausalität zwischen Brustgröße und -form und den Beschwerden schlüssig machen. Im Übrigen sei auf die Ausführungen des BSG a.a.O. hingewiesen, wonach die Frage offen ist, ob eine Mammareduktionsplastik überhaupt generell geeignet ist, zu einer Besserung von Wirbelsäulenbeschwerden beizutragen und ob sie als mittelbare Behandlung einer besonderen Rechtfertigung bedarf, wie dies bei Operationen zur Behandlung psychischer Leiden der Fall ist. Dies am vorhergehenden Fall endgültig zu klären, scheidet angesichts fehlender Nachweise vom Bestehen orthopädischer Leiden aus.
Zu den von der Klägerbevollmächtigten im Berufungsverfahren wieder vorgetragenen psychischen Beschwerden hat sich das Bundessozialgericht im bereits genannten Urteil auch geäußert. Danach gab und gibt es Hinweise darauf, dass bei Patienten, die wegen einer als Makel empfundenen körperlichen Besonderheit psychisch erkranken, operative Interventionen sogar zu einer Verschlimmerung des psychischen Krankheitsbildes führen können und daher als kontraindiziert angesehen werden müssten. Selbst wenn diese Auffassung ihrerseits in der medizinischen Wissenschaft nicht unumstritten sei, begründe sie doch zumindest Zweifel an der Erfolgsaussicht von Operationen zur Überwindung einer psychischen Krankheit und bestätige jedenfalls die schon in der bisherigen Rechtsprechung angelegte Zurückhaltung.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
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