Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 26 U 172/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, in welchem Umfang die Beklagte die Kosten einer Zahnbehandlung zu tragen hat.
Der 1952 geborene und als Einschaler beschäftigte Kläger stürzte am 03.04.1984 auf dem Weg von der Arbeit nach Hause von seinem Motorrad, als er einem plötzlich auftauchenden Kind auswich. Der Durchgangsarzt diagnostizierte zunächst eine Prellung der linken Wade. Während einer stationären Krankenhausbehandlung in der Zeit vom 06.04.1984 bis zum 17.04.1984 wurde ein Bluterguß im linken Kniegelenk bei traumatisch bedingtem Teilriß des vorderen Kreuzbandes diagnostiziert. Im Rahmen einer stationären Behandlung in der Chirurgischen Klinik des Evangelischen und Johanniter-Klinikums Duisburg-Nord / Oberhausen vom 11.08.1998 bis zum 19.08.1998 stellte man eine generalisierte Degeneration des linken Kniegelenkes mit schweren Knorpelschäden im femoropatellaren Gleitlager, Teilinsuffizienz sowie Ausfransungen des vorderen Kreuzbandes sowie einen Zustand nach linksseitiger Spiegelung und Arthrotomie mit teilweiser Entfernung des Außenmeniskus in den Jahren 1984 und 1989 fest. Unter Berücksichtigung eines Bescheides der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen vom 16.08.1999, die wegen der Folgen eines am 20.03.1989 erlittenen Arbeitsunfalls eine Verletztenrente in Höhe von 10 v. H. der Vollrente gewährte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.1999 eine Verletztenrente in Höhe von 10 v. H. der Vollrente mit Wirkung ab dem 01.01.1993 fest und erkannte als Folgen des Wegeunfalls vom 03.04.1984 an: Leichte Gelenkinstabilität des linken Kniegelenks mit positiver vorderer Schublade, ein Teil der Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks, ein Teil der Minderung der Muskulatur am linken Bein, ein Teil der Herabsetzung der Muskelspannung und der groben Kraft am linken Bein, ein Teil der Gangstörungen und glaubhafte Beschwerden sowie röntgenologische Veränderungen nach verheilter Teilruptur des vorderen Kreuzbandes links.
Unter dem 21.11.2003 teilte der Arzt für Chirurgie E. der Beklagten im wesentlichen mit, daß die posttraumatischen Veränderungen im Bereich des linken Kniegelenkes so weit fortgeschrittenen seien, daß seines Erachtens eine endoprothetische Versorgung des linken Kniegelenks notwendig sei. Am 26.11.2003 ließ der Kläger das linke Kniegelenk mit einer Endoprothese versorgen.
Mit Schreiben vom 02.03.2004 teilte er der Beklagten im wesentlichen mit: Der zuständige Chirurg der Berufsgenossenschaftlichen Unfall-Kliniken Duisburg-Buchholz und sein behandelnder Zahnarzt seien zu dem Ergebnis gekommen, daß er sich elf Zähne ziehen lassen müsse. Fünf dieser Zähne seien vor der eigentlichen Operation gezogen worden. Danach habe er ein Provisorium bekommen, mit dem er starke Schwierigkeiten insbesondere beim Essen und beim Sprechen gehabt habe. Die eigentliche Zahnbehandlung beginne Ende März 2004. Da er mit einem Mehrkostenaufwand von ca. 4.200,00 EUR rechnen müsse, treffe ihn, der derzeit Krankengeld beziehe, eine sehr hohe Belastung. Da der Chirurg der Berufsgenossenschaftlichen Unfall-Klinik die Entfernung der Zähne verlangt habe, bitte er jetzt darum, mit dem betreffenden Arzt zu klären, ob diese Maßnahme aufgrund der Operation nötig gewesen sei. Wäre diese Operation nicht nötig gewesen, hätte er seine Zähne nicht ziehen lassen müssen.
Die Ärzte für Chirurgie Dr. L. und Dr. H. teilten der Beklagten unter dem 11.05.2004 mit: Die notwendige zahnärztliche Behandlung sei auf den hygiene- und anlagebedingt schlechten Zustand der Zähne zurückzuführen und damit operationsunabhängig. Um die Implantation der Kniegelenksendoprothese nicht zu gefährden, sei es vor dem Operationstermin nötig gewesen, mögliche Streuherde für Infektionen zu sanieren. Daher habe man dem Kläger die Sanierung seiner Zähne empfohlen. Hier sei bedauerlicherweise aufgrund des schlechten Zustandes der Zähne nur die Extraktion von elf Zähnen geblieben. Der schlechte Zahnstatus stehe in keinem kausalen Zusammenhang mit der geplanten Operation.
Zahnarzt Sch. teilte der Beklagten unter dem 09.07.2004 mit: Der Kläger habe sich am 23.10.2003 bei ihm vorgestellt, um im Rahmen einer präoperativen Fokussuche den Zahnstatus untersuchen zu lassen. Dabei habe sich herausgestellt, daß bis auf eine mittelschwere, lokal teils sehr schwere Erwachsenenparodontitis keine weiteren pathologischen Befunde vorlägen. Nach telefonischer Rücksprache mit den behandelnden Krankenhausärzten habe man beschlossen, die Zähne 16, 15, 21, 23, 31, 33, 34, 37, 41, 45 und 47 im Rahmen der Operationsvorbereitung zu ziehen. Diese Zähne seien dann durch eine Interimsprothese ersetzt worden. Nach der Operation seien teleskopierende Prothesen hergestellt worden. Im Zeitpunkt der Extraktion seien die Zähne für den Kläger objektiv beschwerdefrei gewesen, objektiv betrachtet jedoch durch die lokal weit fortgeschrittene Parodontitis stark geschädigt. Ohne die geplante Operation wäre zum damaligen Zeitpunkt ein Entfernen der Zähne noch nicht notwendig gewesen; auf den Behandlungsbericht vom 09.07.2004 wird im übrigen Bezug genommen. Der Arzt für Chirurgie Dr. W. vertrat in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.09.2004 die Auffassung, der schlechte Zahnstatus hätte sicherlich über kurz oder lang auch zur Behandlungsbedürftigkeit geführt; die Zahnbehandlung an sich sei jedoch nicht wegen Unfallfolgen, sondern nur indirekt wegen der geplanten Operation erforderlich gewesen.
Mit Schreiben vom 05.10.2005 teilte die Beklagte den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers mit, daß sie von den Kosten der prothetischen Versorgung, die laut der Rechnung des Zahnarztes Sch. vom 18.06.2004 insgesamt 3.776,57 EUR betrügen, 50 v. H. übernommen und am 09.12.2004 1.888,29 EUR gezahlt habe. Mit Bescheid vom 03.11.2005 lehnte die Beklagte weitergehende Leistungen für Zahnersatz ab: Die Berufsgenossenschaft könne nicht für einen anlage- sowie hygienebedingten schlechten Zustand der Zähne wie hier die ausgeprägte Parodontitis leistungspflichtig herangezogen werden. Die Folgen einer mangelnden Zahnhygiene seien das Ergebnis der persönlichen Entscheidung des Klägers und könnten somit nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft gehen. Zahnarzt Sch. habe eindeutig die Feststellung getroffen, daß sich die Zähne in einem objektiv weit fortgeschrittenen Zustand der Parodontitis befänden.
Der Kläger trägt zur Begründung der gegen den Widerspruchsbescheid vom 11.07.2006 binnen Monatsfrist erhobenen Klage im wesentlichen vor: Der Grund dafür, daß vor der am 26.11.2003 durchgeführten Kniegelenksoperation insgesamt elf Zähne hätten gezogen werden müssen, sei der gewesen, daß diese Zähne eine Parodontitis aufgewiesen und aufgrund des hohen Infektionsrisikos einen Erfolg der Kniegelenksoperation gefährdet hätten. Nach Auskunft des behandelnden Zahnarztes hätten neben einer mittelschweren lokal schweren Erwachsenenparodontitis keine weiteren pathologischen Befunde vorgelegen. Da die Zähne im Zeitpunkt der Ziehung beschwerdefrei gewesen seien, sei ein Entfernen zum Operationszeitpunkt nicht notwendig gewesen. Der behandelnde Zahnarzt habe bescheinigt, daß Routinekontrolluntersuchungen sowie Zahnstein- und Belagentfernungen regelmäßig vorgenommen worden seien. Ferner sei in der Zeit vom 30.10.2001 bis zum 20.12.2001 eine Parodontaltherapie erfolgt. Die Notwendigkeit, die elf parodontösen Zähne vor der Knieoperation zu ziehen, habe in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der im November 2003 durchgeführten Knieoperation gestanden. Zwar hätte man ihn nicht zwingen können, sich die Zähne ziehen zu lassen; die Ärzte seien sich jedoch darüber einig gewesen, daß dann für ihn ein erhöhtes Infektionsrisiko bestanden hätte. Dieses Risiko habe er verständlicherweise nicht eingehen können bzw. wollen. Fest stehe auch, daß zum Operationszeitpunkt eine Zahnsanierung nicht erforderlich gewesen wäre. Zwar hätte unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt eine Zahnsanierung erfolgen müssen; dies sei jedoch eine natürliche Folge für jeden älter werdenden Menschen. Von daher habe die Beklagte die vollen Zahnersatzkosten zu übernehmen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2006 zu verurteilen, die weitergehenden Leistungen für Zahnersatz als die mit Verwaltungsakt vom 05.10.2005 getragenen zu tragen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor: Der krankhafte Zahnstatus sei unstrittig. Die mittelschwere, örtlich teils sehr schwere Parodontitis habe bereits vor der geplanten Implantation der Kniegelenksendoprothese bestanden. Da eine Gefährdung des Operationsergebnisses durch die Parodontitis bestanden habe, sei von seiten der behandelnden Ärzte die Ziehung von elf Zähnen empfohlen worden. Der Kläger, welcher letztendlich das Operationsrisiko trage, habe die Zahnsanierung befürwortet. Da der Beklagten der Umstand des vorzeitigen zahnärztlichen Eingriffs bewußt gewesen sei, habe sie die damit verbundenen Kosten ohne Leistungspflicht zur Hälfte übernommen. Die angefochtenen Bescheide seien daher rechtmäßig.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten, die dem Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung ebenfalls vollständig vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (Satz 1). Die Beteiligten sind vorher zu hören (Satz 2). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid vom 03.11.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 11.07.2006 beschweren den Kläger nicht nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Diese Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, über die bereits mit dem Bescheid vom 05.10.2005 bewilligten Betrag von 1.888,29 EUR hinaus weitere Kosten der zahnärztlichen Behandlung des Oberkiefers zu tragen, der sich der Kläger seit dem 23.10.2003 in der Praxis des Zahnarztes Sch., Duisburg, unterzogen hat. Ein derartiger Kostenübernahme- bzw. Erstattungsanspruch ist nicht entstanden.
Nach §§ 26 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1, 27 Abs. 1 Nr. 2, 28 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz, gegenüber dem Unfallversicherungsträger wenn es darum geht, die durch einen Arbeitsunfall (§ 7 Abs. 1 1. Alternative SGB VII) verursachten Gesundheitsschäden zu beseitigen oder zu bessern. Diese Voraussetzungen sind mit Blick auf die Extraktion von elf Zähnen aus dem Oberkiefer, die der Kläger wegen der am 26.11.2003 im Bereich des Kniegelenks anstehenden operativen Versorgung mit einer Totalendoprothese hat durchführen lassen, sowie für den Ersatz dieser Zähne durch eine sogenannte Teleskopprothese nicht erfüllt. Entgegen dem Vorbringen des Klägers steht die Extraktion der elf parodontösen Oberkieferzähne nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit der am 26.11.2003 durchgeführten Kniegelenksoperation. Es ist nämlich nicht hinreichend wahrscheinlich, daß der am 03.04.1984 erlittene Wegeunfall bzw. dessen Spätfolgen zu der Entfernung der betreffenden elf Oberkieferzähne einen wesentlichen ursächlichen Beitrag geleistet haben.
Zunächst liegt nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vor, daß der am 03.04.1984 erlittene Sturz vom Motorrad die Substanz oder zumindest die funktionale Situation der im Herbst 2003 gezogenen Zähne nachteilig beeinflußt hat; wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, hat der Motorradsturz, den die Beklagte als einen Wegeunfall nach § 550 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der am 31.12.1996 geltenden Fassung anerkannt hat, ausschließlich das linke Kniegelenk und den linken Unterschenkel betroffen.
Die im rechtlichen Sinne wesentliche Ursache für die Extraktion der elf Oberkieferzähne, die Herr Zahnarzt Sch. nach Rücksprache mit den Chirurgen der Berufsgenossenschaftlichen Unfall-Kliniken Duisburg-Buchholz im Herbst 2003 durchgeführt hat, ist die Parodontose-Erkrankung, die Herr Sch. im Bereich der Zähne 16, 15, 21, 23, 31, 33, 34, 37 41, 45 und 47 festgestellt hat. Wenn auch diese Zähne im Zeitpunkt ihres Ziehens aus Sicht des Klägers keinerlei Beschwerden bereitet haben, sind sie, wie Herr Sch. in seinem Bericht vom 09.07.2004 gegenüber der Beklagten dargelegt hat, dennoch durch die örtlich weit fortgeschrittene Parodontitis stark geschädigt gewesen.
Der von Herrn Sch. hervorgehobene Umstand, daß ein Belassen der Zähne den Erfolg der geplanten Kniegelenksoperation deshalb gefährdet hätte, weil ein Belassen der Zähne unter dem Gesichtspunkt einer sogenannten Herdinfektion ein hohes Infektionsrisiko bedeutet hätte, ist nicht geeignet, einen auch im rechtlichen Sinne wesentlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Entfernung dieser Zähne auf der einen Seite und dem am 03.04.1984 erlittenen Wegeunfall auf der anderen Seite hinreichend wahrscheinlich zu machen. Zum einen entspricht es nicht gerade der Lebenserfahrung, daß ein gut 50-jähriger Versicherter, der vor ca. 20 Jahren einen Arbeitsunfall mit Beteiligung eines Kniegelenks erlitten hat, vor einer weiteren umfangreichen Operation an dem unfallverletzten Kniegelenk eine Entfernung von ca. einem Drittel der bleibenden Zähne ernsthaft in Betracht zu ziehen hat, weil er an einer Parodontose leidet. Zum anderen liegt kein ernsthafter Anhaltspunkt dafür vor, daß die für November 2003 angesetzte Operation am linken Kniegelenk die im Hinblick auf die Parodontose-Erkrankung erforderliche Entfernung der betreffenden elf Oberkieferzähne und deren Ersatz durch eine Prothese um mindestens ein Jahr vorverlegt hat. Der Aussage von Herrn Sch., daß ein Entfernen der Zähne zu dem damaligen Zeitpunkt ohne die geplante Operation noch nicht notwendig gewesen wäre, vermag eine solche Annahme nicht hinreichend zu stützen. Wie Dr. W. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.09.2004 dargelegt hat, hätte der schlechte Zahnstatus sicherlich über kurz oder lang auch zu einer Behandlungsbedürftigkeit geführt. Dieser schlechte Zahnstatus des Klägers ist jedoch, wie keiner weiteren Begründung bedarf, ein Umstand, der nicht in den Risikobereich der Beklagten fällt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 193 Abs. 1 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist, in welchem Umfang die Beklagte die Kosten einer Zahnbehandlung zu tragen hat.
Der 1952 geborene und als Einschaler beschäftigte Kläger stürzte am 03.04.1984 auf dem Weg von der Arbeit nach Hause von seinem Motorrad, als er einem plötzlich auftauchenden Kind auswich. Der Durchgangsarzt diagnostizierte zunächst eine Prellung der linken Wade. Während einer stationären Krankenhausbehandlung in der Zeit vom 06.04.1984 bis zum 17.04.1984 wurde ein Bluterguß im linken Kniegelenk bei traumatisch bedingtem Teilriß des vorderen Kreuzbandes diagnostiziert. Im Rahmen einer stationären Behandlung in der Chirurgischen Klinik des Evangelischen und Johanniter-Klinikums Duisburg-Nord / Oberhausen vom 11.08.1998 bis zum 19.08.1998 stellte man eine generalisierte Degeneration des linken Kniegelenkes mit schweren Knorpelschäden im femoropatellaren Gleitlager, Teilinsuffizienz sowie Ausfransungen des vorderen Kreuzbandes sowie einen Zustand nach linksseitiger Spiegelung und Arthrotomie mit teilweiser Entfernung des Außenmeniskus in den Jahren 1984 und 1989 fest. Unter Berücksichtigung eines Bescheides der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen vom 16.08.1999, die wegen der Folgen eines am 20.03.1989 erlittenen Arbeitsunfalls eine Verletztenrente in Höhe von 10 v. H. der Vollrente gewährte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.1999 eine Verletztenrente in Höhe von 10 v. H. der Vollrente mit Wirkung ab dem 01.01.1993 fest und erkannte als Folgen des Wegeunfalls vom 03.04.1984 an: Leichte Gelenkinstabilität des linken Kniegelenks mit positiver vorderer Schublade, ein Teil der Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks, ein Teil der Minderung der Muskulatur am linken Bein, ein Teil der Herabsetzung der Muskelspannung und der groben Kraft am linken Bein, ein Teil der Gangstörungen und glaubhafte Beschwerden sowie röntgenologische Veränderungen nach verheilter Teilruptur des vorderen Kreuzbandes links.
Unter dem 21.11.2003 teilte der Arzt für Chirurgie E. der Beklagten im wesentlichen mit, daß die posttraumatischen Veränderungen im Bereich des linken Kniegelenkes so weit fortgeschrittenen seien, daß seines Erachtens eine endoprothetische Versorgung des linken Kniegelenks notwendig sei. Am 26.11.2003 ließ der Kläger das linke Kniegelenk mit einer Endoprothese versorgen.
Mit Schreiben vom 02.03.2004 teilte er der Beklagten im wesentlichen mit: Der zuständige Chirurg der Berufsgenossenschaftlichen Unfall-Kliniken Duisburg-Buchholz und sein behandelnder Zahnarzt seien zu dem Ergebnis gekommen, daß er sich elf Zähne ziehen lassen müsse. Fünf dieser Zähne seien vor der eigentlichen Operation gezogen worden. Danach habe er ein Provisorium bekommen, mit dem er starke Schwierigkeiten insbesondere beim Essen und beim Sprechen gehabt habe. Die eigentliche Zahnbehandlung beginne Ende März 2004. Da er mit einem Mehrkostenaufwand von ca. 4.200,00 EUR rechnen müsse, treffe ihn, der derzeit Krankengeld beziehe, eine sehr hohe Belastung. Da der Chirurg der Berufsgenossenschaftlichen Unfall-Klinik die Entfernung der Zähne verlangt habe, bitte er jetzt darum, mit dem betreffenden Arzt zu klären, ob diese Maßnahme aufgrund der Operation nötig gewesen sei. Wäre diese Operation nicht nötig gewesen, hätte er seine Zähne nicht ziehen lassen müssen.
Die Ärzte für Chirurgie Dr. L. und Dr. H. teilten der Beklagten unter dem 11.05.2004 mit: Die notwendige zahnärztliche Behandlung sei auf den hygiene- und anlagebedingt schlechten Zustand der Zähne zurückzuführen und damit operationsunabhängig. Um die Implantation der Kniegelenksendoprothese nicht zu gefährden, sei es vor dem Operationstermin nötig gewesen, mögliche Streuherde für Infektionen zu sanieren. Daher habe man dem Kläger die Sanierung seiner Zähne empfohlen. Hier sei bedauerlicherweise aufgrund des schlechten Zustandes der Zähne nur die Extraktion von elf Zähnen geblieben. Der schlechte Zahnstatus stehe in keinem kausalen Zusammenhang mit der geplanten Operation.
Zahnarzt Sch. teilte der Beklagten unter dem 09.07.2004 mit: Der Kläger habe sich am 23.10.2003 bei ihm vorgestellt, um im Rahmen einer präoperativen Fokussuche den Zahnstatus untersuchen zu lassen. Dabei habe sich herausgestellt, daß bis auf eine mittelschwere, lokal teils sehr schwere Erwachsenenparodontitis keine weiteren pathologischen Befunde vorlägen. Nach telefonischer Rücksprache mit den behandelnden Krankenhausärzten habe man beschlossen, die Zähne 16, 15, 21, 23, 31, 33, 34, 37, 41, 45 und 47 im Rahmen der Operationsvorbereitung zu ziehen. Diese Zähne seien dann durch eine Interimsprothese ersetzt worden. Nach der Operation seien teleskopierende Prothesen hergestellt worden. Im Zeitpunkt der Extraktion seien die Zähne für den Kläger objektiv beschwerdefrei gewesen, objektiv betrachtet jedoch durch die lokal weit fortgeschrittene Parodontitis stark geschädigt. Ohne die geplante Operation wäre zum damaligen Zeitpunkt ein Entfernen der Zähne noch nicht notwendig gewesen; auf den Behandlungsbericht vom 09.07.2004 wird im übrigen Bezug genommen. Der Arzt für Chirurgie Dr. W. vertrat in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.09.2004 die Auffassung, der schlechte Zahnstatus hätte sicherlich über kurz oder lang auch zur Behandlungsbedürftigkeit geführt; die Zahnbehandlung an sich sei jedoch nicht wegen Unfallfolgen, sondern nur indirekt wegen der geplanten Operation erforderlich gewesen.
Mit Schreiben vom 05.10.2005 teilte die Beklagte den Verfahrensbevollmächtigten des Klägers mit, daß sie von den Kosten der prothetischen Versorgung, die laut der Rechnung des Zahnarztes Sch. vom 18.06.2004 insgesamt 3.776,57 EUR betrügen, 50 v. H. übernommen und am 09.12.2004 1.888,29 EUR gezahlt habe. Mit Bescheid vom 03.11.2005 lehnte die Beklagte weitergehende Leistungen für Zahnersatz ab: Die Berufsgenossenschaft könne nicht für einen anlage- sowie hygienebedingten schlechten Zustand der Zähne wie hier die ausgeprägte Parodontitis leistungspflichtig herangezogen werden. Die Folgen einer mangelnden Zahnhygiene seien das Ergebnis der persönlichen Entscheidung des Klägers und könnten somit nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft gehen. Zahnarzt Sch. habe eindeutig die Feststellung getroffen, daß sich die Zähne in einem objektiv weit fortgeschrittenen Zustand der Parodontitis befänden.
Der Kläger trägt zur Begründung der gegen den Widerspruchsbescheid vom 11.07.2006 binnen Monatsfrist erhobenen Klage im wesentlichen vor: Der Grund dafür, daß vor der am 26.11.2003 durchgeführten Kniegelenksoperation insgesamt elf Zähne hätten gezogen werden müssen, sei der gewesen, daß diese Zähne eine Parodontitis aufgewiesen und aufgrund des hohen Infektionsrisikos einen Erfolg der Kniegelenksoperation gefährdet hätten. Nach Auskunft des behandelnden Zahnarztes hätten neben einer mittelschweren lokal schweren Erwachsenenparodontitis keine weiteren pathologischen Befunde vorgelegen. Da die Zähne im Zeitpunkt der Ziehung beschwerdefrei gewesen seien, sei ein Entfernen zum Operationszeitpunkt nicht notwendig gewesen. Der behandelnde Zahnarzt habe bescheinigt, daß Routinekontrolluntersuchungen sowie Zahnstein- und Belagentfernungen regelmäßig vorgenommen worden seien. Ferner sei in der Zeit vom 30.10.2001 bis zum 20.12.2001 eine Parodontaltherapie erfolgt. Die Notwendigkeit, die elf parodontösen Zähne vor der Knieoperation zu ziehen, habe in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der im November 2003 durchgeführten Knieoperation gestanden. Zwar hätte man ihn nicht zwingen können, sich die Zähne ziehen zu lassen; die Ärzte seien sich jedoch darüber einig gewesen, daß dann für ihn ein erhöhtes Infektionsrisiko bestanden hätte. Dieses Risiko habe er verständlicherweise nicht eingehen können bzw. wollen. Fest stehe auch, daß zum Operationszeitpunkt eine Zahnsanierung nicht erforderlich gewesen wäre. Zwar hätte unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt eine Zahnsanierung erfolgen müssen; dies sei jedoch eine natürliche Folge für jeden älter werdenden Menschen. Von daher habe die Beklagte die vollen Zahnersatzkosten zu übernehmen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2006 zu verurteilen, die weitergehenden Leistungen für Zahnersatz als die mit Verwaltungsakt vom 05.10.2005 getragenen zu tragen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor: Der krankhafte Zahnstatus sei unstrittig. Die mittelschwere, örtlich teils sehr schwere Parodontitis habe bereits vor der geplanten Implantation der Kniegelenksendoprothese bestanden. Da eine Gefährdung des Operationsergebnisses durch die Parodontitis bestanden habe, sei von seiten der behandelnden Ärzte die Ziehung von elf Zähnen empfohlen worden. Der Kläger, welcher letztendlich das Operationsrisiko trage, habe die Zahnsanierung befürwortet. Da der Beklagten der Umstand des vorzeitigen zahnärztlichen Eingriffs bewußt gewesen sei, habe sie die damit verbundenen Kosten ohne Leistungspflicht zur Hälfte übernommen. Die angefochtenen Bescheide seien daher rechtmäßig.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten, die dem Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung ebenfalls vollständig vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (Satz 1). Die Beteiligten sind vorher zu hören (Satz 2). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid vom 03.11.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 11.07.2006 beschweren den Kläger nicht nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Diese Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, über die bereits mit dem Bescheid vom 05.10.2005 bewilligten Betrag von 1.888,29 EUR hinaus weitere Kosten der zahnärztlichen Behandlung des Oberkiefers zu tragen, der sich der Kläger seit dem 23.10.2003 in der Praxis des Zahnarztes Sch., Duisburg, unterzogen hat. Ein derartiger Kostenübernahme- bzw. Erstattungsanspruch ist nicht entstanden.
Nach §§ 26 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1, 27 Abs. 1 Nr. 2, 28 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz, gegenüber dem Unfallversicherungsträger wenn es darum geht, die durch einen Arbeitsunfall (§ 7 Abs. 1 1. Alternative SGB VII) verursachten Gesundheitsschäden zu beseitigen oder zu bessern. Diese Voraussetzungen sind mit Blick auf die Extraktion von elf Zähnen aus dem Oberkiefer, die der Kläger wegen der am 26.11.2003 im Bereich des Kniegelenks anstehenden operativen Versorgung mit einer Totalendoprothese hat durchführen lassen, sowie für den Ersatz dieser Zähne durch eine sogenannte Teleskopprothese nicht erfüllt. Entgegen dem Vorbringen des Klägers steht die Extraktion der elf parodontösen Oberkieferzähne nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit der am 26.11.2003 durchgeführten Kniegelenksoperation. Es ist nämlich nicht hinreichend wahrscheinlich, daß der am 03.04.1984 erlittene Wegeunfall bzw. dessen Spätfolgen zu der Entfernung der betreffenden elf Oberkieferzähne einen wesentlichen ursächlichen Beitrag geleistet haben.
Zunächst liegt nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vor, daß der am 03.04.1984 erlittene Sturz vom Motorrad die Substanz oder zumindest die funktionale Situation der im Herbst 2003 gezogenen Zähne nachteilig beeinflußt hat; wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, hat der Motorradsturz, den die Beklagte als einen Wegeunfall nach § 550 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der am 31.12.1996 geltenden Fassung anerkannt hat, ausschließlich das linke Kniegelenk und den linken Unterschenkel betroffen.
Die im rechtlichen Sinne wesentliche Ursache für die Extraktion der elf Oberkieferzähne, die Herr Zahnarzt Sch. nach Rücksprache mit den Chirurgen der Berufsgenossenschaftlichen Unfall-Kliniken Duisburg-Buchholz im Herbst 2003 durchgeführt hat, ist die Parodontose-Erkrankung, die Herr Sch. im Bereich der Zähne 16, 15, 21, 23, 31, 33, 34, 37 41, 45 und 47 festgestellt hat. Wenn auch diese Zähne im Zeitpunkt ihres Ziehens aus Sicht des Klägers keinerlei Beschwerden bereitet haben, sind sie, wie Herr Sch. in seinem Bericht vom 09.07.2004 gegenüber der Beklagten dargelegt hat, dennoch durch die örtlich weit fortgeschrittene Parodontitis stark geschädigt gewesen.
Der von Herrn Sch. hervorgehobene Umstand, daß ein Belassen der Zähne den Erfolg der geplanten Kniegelenksoperation deshalb gefährdet hätte, weil ein Belassen der Zähne unter dem Gesichtspunkt einer sogenannten Herdinfektion ein hohes Infektionsrisiko bedeutet hätte, ist nicht geeignet, einen auch im rechtlichen Sinne wesentlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Entfernung dieser Zähne auf der einen Seite und dem am 03.04.1984 erlittenen Wegeunfall auf der anderen Seite hinreichend wahrscheinlich zu machen. Zum einen entspricht es nicht gerade der Lebenserfahrung, daß ein gut 50-jähriger Versicherter, der vor ca. 20 Jahren einen Arbeitsunfall mit Beteiligung eines Kniegelenks erlitten hat, vor einer weiteren umfangreichen Operation an dem unfallverletzten Kniegelenk eine Entfernung von ca. einem Drittel der bleibenden Zähne ernsthaft in Betracht zu ziehen hat, weil er an einer Parodontose leidet. Zum anderen liegt kein ernsthafter Anhaltspunkt dafür vor, daß die für November 2003 angesetzte Operation am linken Kniegelenk die im Hinblick auf die Parodontose-Erkrankung erforderliche Entfernung der betreffenden elf Oberkieferzähne und deren Ersatz durch eine Prothese um mindestens ein Jahr vorverlegt hat. Der Aussage von Herrn Sch., daß ein Entfernen der Zähne zu dem damaligen Zeitpunkt ohne die geplante Operation noch nicht notwendig gewesen wäre, vermag eine solche Annahme nicht hinreichend zu stützen. Wie Dr. W. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.09.2004 dargelegt hat, hätte der schlechte Zahnstatus sicherlich über kurz oder lang auch zu einer Behandlungsbedürftigkeit geführt. Dieser schlechte Zahnstatus des Klägers ist jedoch, wie keiner weiteren Begründung bedarf, ein Umstand, der nicht in den Risikobereich der Beklagten fällt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 105 Abs. 1 Satz 3, 193 Abs. 1 SGG.
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