Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 AS 1170/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 735/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zusätzlich 90,03 EUR zu bewilligen. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin die außergerichtlichen Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) zahlt der 1953 geborenen Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf.) Arbeitslosengeld (Alg) II. Mit Bescheiden vom 28.06.2006 wurden für Juni 718,89 EUR, für Juli bis November 2006 589,29 EUR und für Dezember 538,16 EUR bewilligt. In der Leistung sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 193,16 EUR enthalten; dies stellt die Hälfte der anfallenden Kosten für die Miete und die Heizkostenvorauszahlung dar, da die Bf. mit dem 1938 geborenen W. zusammenwohnt.
Die Bf. reichte die Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung vom 23.05.2006 für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2005 ein. Mit Bescheid vom 08.06.2006 bewilligte die Beklagte eine Zahlung von 143,20 EUR mit der Begründung, die Obergrenze der Heizkosten betrage im Landkreis Bad T. 45,00 EUR. Dem Widerspruch half sie im Widerspruchsbescheid vom 29.06.2006 teilweise dahingehend ab, dass sie zusätzlich 28,64 EUR bewilligte, wies ihn im Übrigen aber als unbegründet zurück.
Mit einem am 31.07.2006 beim Sozialgericht München (SG) eingegangenen Schreiben hat die Klägerin einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Ihre Hausvermieterin sitze ihr "im Nacken", so dass sie damit rechnen müsse, "aus der Wohnung zu fliegen". Sie habe darauf aufmerksam gemacht, dass sämtliche Fenster und Türen undicht seien und die Temperatur im Winter nicht über 18 Grad betrage.
Mit Beschluss vom 25.08.2006 hat das SG den Antrag abgelehnt. Dieser sei bereits unzulässig, weil die Bf. innerhalb der Klagefrist nur Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt habe, so dass der Widerspruchsbescheid vom 29.06.2006 bindend geworden sei. Unabhängig davon habe die Bf. einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, weil der Vermieter das Mietverhältnis nicht fristlos kündigen könne.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Bf., die geltend macht, auf den ausstehenden Betrag angewiesen zu sein, weil sie sonst in einen "Schuldenberg reinkomme".
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist dahingehend begründet, dass die Bg. der Bf. vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zusätzlich 90,03 EUR zu zahlen hat.
Diesbezüglich sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben. Ein Anordnungsgrund kann nicht verneint werden, da es der Bf. nicht zuzumuten ist, Vollstreckungsmaßnahmen abzuwarten und gegebenenfalls gezwungen zu sein, gegen eine - wenn auch möglicherweise unrechtmäßige - Kündigung des Mietverhältnisses vorzugehen.
Auch ein Anordnungsanspruch ist in Höhe von 90,03 EUR gegeben. Nach der nachvollziehbaren Berechnung der Bg. beträgt die Nachzahlung, rein bezogen auf die Heizungskosten - die übrige Nachzahlung in Höhe von 225,70 EUR betrifft die Warmwasserkosten, die durch die Regelleistung abgedeckt sind - 523,74 EUR. Da der Bf. nur die Hälfte dieser Kosten in Höhe von 261,87 EUR zuzuordnen sind - die andere Hälfte hat ihr Mitbewohner zu tragen - steht ihr neben den bereits bewilligten 171,84 EUR eine Restzahlung von 90,03 EUR zu.
Bei summarischer Prüfung hat die Bf. grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der tatsächlich anfallenden Heizkosten, soweit sie ihr zurechenbar sind. Die Auffassung der Bg., die Heizkosten von vornherein auf eine Pauschale zu begrenzen, begegnet rechtlichen Bedenken, da nach § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II grundsätzlich die "tatsächlichen Aufwendungen" zu übernehmen sind. Dafür, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung im vorliegenden Fall nicht angemessen sind, liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Wohnung ist offensichtlich 40 qm und damit nicht unangemessen groß. Auch die Grundmiete von 357,91 EUR dürfte nicht unangemessen sein. Wenn somit die Wohnung als solche als angemessen anzusehen ist, hat die Bg. auch die hierfür tatsächlich anfallenden Heizkosten zu erstatten, es sei denn, die Bf. würde in zurechenbarer Weise überhöhte Heizkosten verursachen. Hierfür ergeben sich keine Anhaltspunkte. Sollten tatsächlich wegen eines unzureichenden Zustandes der Fenster und Türen erhöhte Heizkosten anfallen, wäre dies der Bf. nicht zuzurechnen.
Weiterhin kann wohl nicht davon ausgegangen werden, dass die Bf. mit ihrem am 31.07.2006 beim SG eingegangenen Schreiben nur Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt hat. Zwar hat sie das Wort "Klage" durchgestrichen und durch "Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz" ersetzt. Jedoch ist ihr Schreiben wohl dahingehend auszulegen, dass sie auch Klage erheben wollte. Jedenfalls heißt es in dem Schreiben u.a., sie wisse sich nicht anders zu helfen, "als vor dem Sozialgericht zu klagen". Auch in ihrer Beschwerdeschrift ist mehrfach von "Klage" die Rede.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) zahlt der 1953 geborenen Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf.) Arbeitslosengeld (Alg) II. Mit Bescheiden vom 28.06.2006 wurden für Juni 718,89 EUR, für Juli bis November 2006 589,29 EUR und für Dezember 538,16 EUR bewilligt. In der Leistung sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 193,16 EUR enthalten; dies stellt die Hälfte der anfallenden Kosten für die Miete und die Heizkostenvorauszahlung dar, da die Bf. mit dem 1938 geborenen W. zusammenwohnt.
Die Bf. reichte die Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung vom 23.05.2006 für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2005 ein. Mit Bescheid vom 08.06.2006 bewilligte die Beklagte eine Zahlung von 143,20 EUR mit der Begründung, die Obergrenze der Heizkosten betrage im Landkreis Bad T. 45,00 EUR. Dem Widerspruch half sie im Widerspruchsbescheid vom 29.06.2006 teilweise dahingehend ab, dass sie zusätzlich 28,64 EUR bewilligte, wies ihn im Übrigen aber als unbegründet zurück.
Mit einem am 31.07.2006 beim Sozialgericht München (SG) eingegangenen Schreiben hat die Klägerin einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Ihre Hausvermieterin sitze ihr "im Nacken", so dass sie damit rechnen müsse, "aus der Wohnung zu fliegen". Sie habe darauf aufmerksam gemacht, dass sämtliche Fenster und Türen undicht seien und die Temperatur im Winter nicht über 18 Grad betrage.
Mit Beschluss vom 25.08.2006 hat das SG den Antrag abgelehnt. Dieser sei bereits unzulässig, weil die Bf. innerhalb der Klagefrist nur Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt habe, so dass der Widerspruchsbescheid vom 29.06.2006 bindend geworden sei. Unabhängig davon habe die Bf. einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, weil der Vermieter das Mietverhältnis nicht fristlos kündigen könne.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Bf., die geltend macht, auf den ausstehenden Betrag angewiesen zu sein, weil sie sonst in einen "Schuldenberg reinkomme".
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist dahingehend begründet, dass die Bg. der Bf. vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zusätzlich 90,03 EUR zu zahlen hat.
Diesbezüglich sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben. Ein Anordnungsgrund kann nicht verneint werden, da es der Bf. nicht zuzumuten ist, Vollstreckungsmaßnahmen abzuwarten und gegebenenfalls gezwungen zu sein, gegen eine - wenn auch möglicherweise unrechtmäßige - Kündigung des Mietverhältnisses vorzugehen.
Auch ein Anordnungsanspruch ist in Höhe von 90,03 EUR gegeben. Nach der nachvollziehbaren Berechnung der Bg. beträgt die Nachzahlung, rein bezogen auf die Heizungskosten - die übrige Nachzahlung in Höhe von 225,70 EUR betrifft die Warmwasserkosten, die durch die Regelleistung abgedeckt sind - 523,74 EUR. Da der Bf. nur die Hälfte dieser Kosten in Höhe von 261,87 EUR zuzuordnen sind - die andere Hälfte hat ihr Mitbewohner zu tragen - steht ihr neben den bereits bewilligten 171,84 EUR eine Restzahlung von 90,03 EUR zu.
Bei summarischer Prüfung hat die Bf. grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der tatsächlich anfallenden Heizkosten, soweit sie ihr zurechenbar sind. Die Auffassung der Bg., die Heizkosten von vornherein auf eine Pauschale zu begrenzen, begegnet rechtlichen Bedenken, da nach § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II grundsätzlich die "tatsächlichen Aufwendungen" zu übernehmen sind. Dafür, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung im vorliegenden Fall nicht angemessen sind, liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Wohnung ist offensichtlich 40 qm und damit nicht unangemessen groß. Auch die Grundmiete von 357,91 EUR dürfte nicht unangemessen sein. Wenn somit die Wohnung als solche als angemessen anzusehen ist, hat die Bg. auch die hierfür tatsächlich anfallenden Heizkosten zu erstatten, es sei denn, die Bf. würde in zurechenbarer Weise überhöhte Heizkosten verursachen. Hierfür ergeben sich keine Anhaltspunkte. Sollten tatsächlich wegen eines unzureichenden Zustandes der Fenster und Türen erhöhte Heizkosten anfallen, wäre dies der Bf. nicht zuzurechnen.
Weiterhin kann wohl nicht davon ausgegangen werden, dass die Bf. mit ihrem am 31.07.2006 beim SG eingegangenen Schreiben nur Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt hat. Zwar hat sie das Wort "Klage" durchgestrichen und durch "Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz" ersetzt. Jedoch ist ihr Schreiben wohl dahingehend auszulegen, dass sie auch Klage erheben wollte. Jedenfalls heißt es in dem Schreiben u.a., sie wisse sich nicht anders zu helfen, "als vor dem Sozialgericht zu klagen". Auch in ihrer Beschwerdeschrift ist mehrfach von "Klage" die Rede.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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