L 11 B 724/06 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 51 SO 332/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 724/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 09.08.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Übernahme der sich aus einer Nebenkostenabrechnung vom 15.05.2006 ergebenden Kosten für die Unterkunft durch die Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin bezog Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom Antragsgegner. Zum 01.06.2006 ist sie nach M. umgezogen. Der Antragsgegner stellte die Bewilligung von Sozialhilfe daher ab diesem Zeitpunkt ein (Bescheid vom 22.05.2006). Am 19.06.2006 legte sie eine Nebenkostenabrechnung für ihre bisherige Wohnung in F. dem Antragsgegner vor. Dieser lehnte mit Bescheid vom 20.06.2006 die Übernahme der weiteren Nebenkosten ab; für die Antragstellerin sei der Sozialhilfeträger am neuen Wohnort zuständig. Hiergegen legte die Antragstellerin nach Auskunft des Antragsgegners Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

Am 28.06.2006 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht München den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die Nebenkostennachzahlung für 2005 zu übernehmen. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 09.08.2006 den Antrag abgelehnt. Es fehle an einem Anordnungsanspruch. Nach dem Umzug nach M. sei der Antragsgegner nicht mehr zuständig.

Hiergegen hat die Antragstellerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung vorgetragen, sie habe die Nebenkostenabrechnung im Mai beim Antragsgegner einreichen wollen, sei aber an den Sozialhilfeträger in M. verwiesen worden. Es gebe auch Schwierigkeiten mit den Umzugskosten und mit der Übernahme der ersten Miete für die neue Wohnung in M ...

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegt Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch nicht als begründet.

Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtstreit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar.

Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74, vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, RdNr 643).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8.Aufl, § 86b RdNr 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 und vom 22.11.2002 aaO).

Vorliegend fehlt es bereits am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Die Notwendigkeit einer einstweiligen Anordnung ist hier nicht ersichtlich. Der Antragstellerin ist ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache zumutbar. Es handelt sich um Leistungen für einen vergangenen Zeitraum. Eine Entscheidung über vergangene Zeiträume ist jedoch grundsätzlich nicht eilbedürftig, denn mit Leistungen für die Vergangenheit wird ein gegenwärtiger Bedarf nicht gedeckt. Die Antragstellerin ist deshalb in zumutbarer Weise auf ein Hauptsacheverfahren zu verweisen. Es ist weder aus den Akten ersichtlich noch von der Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass in ihrem Falle ausnahmsweise anders zu entscheiden wäre. Insbesondere stehen existenssichernde Leistungen nicht infrage.

Die Umzugskosten und die Übernahme der ersten Miete am neuen Wohnort sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Nach alledem hat die Beschwerde der Antragstellerin keine Aussicht auf Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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