Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 43 AS 7943/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 B 1078/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2006 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des JobCenters Berlin Mitte vom 19. Dezember 2006 wird angeordnet. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller weitere 170,- Euro für den Zeitraum August bis Dezember 2006 auszuzahlen. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das gesamte Verfahren zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 30. Oktober 2006 ist zulässig und begründet.
Bei sachgerechter Auslegung richtet sich das Begehren des Antragstellers allerdings nicht auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 86 b Abs. 2 SGG), sondern auf die Suspendierung des "Änderungsbescheides" vom 19. Dezember 2006 (§ 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Dem Antragsteller waren nämlich mit Bescheid vom 15. Juni 2006 für den Zeitraum 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 Leistungen in Höhe von 495,96 Euro bewilligt worden (345,- Euro Regelsatz sowie 150,96 Euro anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung). Seit August 2006 kamen aber lediglich 461,96 zur Auszahlung (311,- Euro Regelsatz in Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit Frau D sowie 150,96 Euro anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung). Der Antragsteller hat Anspruch auf Zahlung der ungekürzten Leistungen für den gesamten Bewilligungszeitraum (mithin auf Zahlung weiterer 170,- Euro, fünf mal 34,- Euro für August bis Dezember 2006), weil der Antragsgegner die Leistungsbewilligung vom 15. Juni 2006 zunächst gar nicht und nun mit dem formell rechtswidrigen Bescheid vom 19. Dezember 2006 aufgehoben hat. Die als Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2006 zu wertende Beschwerde des Antragstellers entfaltet damit aufschiebende Wirkung.
Im Einzelnen:
Mit Erlass des Bewilligungsbescheides vom 15. Juni 2006 hatte der Antragsteller Anspruch auf Auszahlung der darin bewilligten Leistungen in voller Höhe. Grundsätzlich hätte der Antragsgegner dieses Recht des Antragstellers nur über eine nach vorheriger Anhörung (§ 24 Abs. 1 SGB X) erfolgte Aufhebung des Bewilligungsbescheides nach §§ 45 oder 48 SGB X modifizieren dürfen. In verfahrensfehlerhafter Weise stellte der Antragsgegner dagegen zunächst lediglich die Leistungen teilweise ein, ohne den Bewilligungsbescheid auch teilweise aufzuheben ("faktische Vollziehung"). Soweit mit dem "Änderungsbescheid" vom 19. Dezember 2006 der Versuch unternommen wurde, die Leistungsbewilligung nachträglich zu ändern und den Kläger sowie Frau D nun als Bedarfsgemeinschaft zu behandeln, ist schon fraglich, ob damit überhaupt die ursprüngliche Leistungsbewilligung vom 15. Juni 2005 im Sinne der §§ 45, 48 SGB X aufgehoben wurde, denn der Bescheid erschöpft sich seinem Entscheidungssatz nach darin, die Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum August bis Dezember 2006 in bestimmter Höhe zu bewilligen. Sofern man darin auch die unausgesprochene teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeit ab 1. August 2006 sehen sollte (nämlich in Höhe von 34,- Euro monatlich), ist dieser Verwaltungsakt jedenfalls formell rechtswidrig, denn es mangelt an jeglicher Begründung; in ihr sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X). Hierzu enthält der Bescheid jedoch keine Ausführungen, und nicht einmal die Vorschrift, nach der die teilweise rückwirkende Aufhebung erfolgen sollte, wurde benannt.
Ein Widerspruch gegen den "Änderungsbescheid" vom 19. Dezember 2006 hat von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II). Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und in sachgerechter Auslegung des Begehrens war der Senat danach gehalten, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den "Änderungsbescheid" vom 19. Dezember 2006 anzuordnen (§ 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Einen sinngemäßen Widerspruch sieht der Senat dabei in der Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 30. Oktober 2006; mit der Durchführung des Verfahrens hat der Antragsteller von Beginn an deutlich gemacht, mit der Leistungskürzung nicht einverstanden zu sein. Ob tatsächlich Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2006 eingelegt wurde, musste der Senat nicht klären, zumal die Widerspruchsfrist noch läuft und der Antragsgegner sich im Laufe des Beschwerdeverfahrens trotz Aufforderung vom 23. November 2006 und weiterer Nachfrage vom 13. Dezember 2006 nicht geäußert hat. Das gesamte Verfahren dürfte dem Antragsgegner Anlass geben, seine Arbeitsabläufe zu überprüfen, denn das Verfahren gegenüber dem Antragsteller war – wie dargestellt – von erheblichen Fehlern geprägt, der Änderungsbescheid kam überhaupt wohl nur aufgrund der gerichtlichen Nachfrage vom 13. Dezember 2006 zustande, und noch am 4. Januar 2007 wurde dem Senat telefonisch mitgeteilt, dass ein Beschwerdeverfahren nicht registriert sei.
Die Verurteilung des Antragsgegners zur Auszahlung der vollen mit Bescheid vom 15. Juni 2006 bewilligten Leistungen beruht auf § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG.
Im Übrigen hat der Senat jedoch keinen Zweifel daran, dass der Antragsteller und Frau D als Bedarfsgemeinschaft zu behandeln sind. Auf die Ausführungen in dem Frau D betreffenden Beschluss des 19. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. September 2006 (L 19 B 698/06 AS ER) wird insoweit Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 30. Oktober 2006 ist zulässig und begründet.
Bei sachgerechter Auslegung richtet sich das Begehren des Antragstellers allerdings nicht auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 86 b Abs. 2 SGG), sondern auf die Suspendierung des "Änderungsbescheides" vom 19. Dezember 2006 (§ 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Dem Antragsteller waren nämlich mit Bescheid vom 15. Juni 2006 für den Zeitraum 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 Leistungen in Höhe von 495,96 Euro bewilligt worden (345,- Euro Regelsatz sowie 150,96 Euro anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung). Seit August 2006 kamen aber lediglich 461,96 zur Auszahlung (311,- Euro Regelsatz in Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit Frau D sowie 150,96 Euro anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung). Der Antragsteller hat Anspruch auf Zahlung der ungekürzten Leistungen für den gesamten Bewilligungszeitraum (mithin auf Zahlung weiterer 170,- Euro, fünf mal 34,- Euro für August bis Dezember 2006), weil der Antragsgegner die Leistungsbewilligung vom 15. Juni 2006 zunächst gar nicht und nun mit dem formell rechtswidrigen Bescheid vom 19. Dezember 2006 aufgehoben hat. Die als Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2006 zu wertende Beschwerde des Antragstellers entfaltet damit aufschiebende Wirkung.
Im Einzelnen:
Mit Erlass des Bewilligungsbescheides vom 15. Juni 2006 hatte der Antragsteller Anspruch auf Auszahlung der darin bewilligten Leistungen in voller Höhe. Grundsätzlich hätte der Antragsgegner dieses Recht des Antragstellers nur über eine nach vorheriger Anhörung (§ 24 Abs. 1 SGB X) erfolgte Aufhebung des Bewilligungsbescheides nach §§ 45 oder 48 SGB X modifizieren dürfen. In verfahrensfehlerhafter Weise stellte der Antragsgegner dagegen zunächst lediglich die Leistungen teilweise ein, ohne den Bewilligungsbescheid auch teilweise aufzuheben ("faktische Vollziehung"). Soweit mit dem "Änderungsbescheid" vom 19. Dezember 2006 der Versuch unternommen wurde, die Leistungsbewilligung nachträglich zu ändern und den Kläger sowie Frau D nun als Bedarfsgemeinschaft zu behandeln, ist schon fraglich, ob damit überhaupt die ursprüngliche Leistungsbewilligung vom 15. Juni 2005 im Sinne der §§ 45, 48 SGB X aufgehoben wurde, denn der Bescheid erschöpft sich seinem Entscheidungssatz nach darin, die Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum August bis Dezember 2006 in bestimmter Höhe zu bewilligen. Sofern man darin auch die unausgesprochene teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeit ab 1. August 2006 sehen sollte (nämlich in Höhe von 34,- Euro monatlich), ist dieser Verwaltungsakt jedenfalls formell rechtswidrig, denn es mangelt an jeglicher Begründung; in ihr sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X). Hierzu enthält der Bescheid jedoch keine Ausführungen, und nicht einmal die Vorschrift, nach der die teilweise rückwirkende Aufhebung erfolgen sollte, wurde benannt.
Ein Widerspruch gegen den "Änderungsbescheid" vom 19. Dezember 2006 hat von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 SGB II). Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und in sachgerechter Auslegung des Begehrens war der Senat danach gehalten, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den "Änderungsbescheid" vom 19. Dezember 2006 anzuordnen (§ 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Einen sinngemäßen Widerspruch sieht der Senat dabei in der Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 30. Oktober 2006; mit der Durchführung des Verfahrens hat der Antragsteller von Beginn an deutlich gemacht, mit der Leistungskürzung nicht einverstanden zu sein. Ob tatsächlich Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2006 eingelegt wurde, musste der Senat nicht klären, zumal die Widerspruchsfrist noch läuft und der Antragsgegner sich im Laufe des Beschwerdeverfahrens trotz Aufforderung vom 23. November 2006 und weiterer Nachfrage vom 13. Dezember 2006 nicht geäußert hat. Das gesamte Verfahren dürfte dem Antragsgegner Anlass geben, seine Arbeitsabläufe zu überprüfen, denn das Verfahren gegenüber dem Antragsteller war – wie dargestellt – von erheblichen Fehlern geprägt, der Änderungsbescheid kam überhaupt wohl nur aufgrund der gerichtlichen Nachfrage vom 13. Dezember 2006 zustande, und noch am 4. Januar 2007 wurde dem Senat telefonisch mitgeteilt, dass ein Beschwerdeverfahren nicht registriert sei.
Die Verurteilung des Antragsgegners zur Auszahlung der vollen mit Bescheid vom 15. Juni 2006 bewilligten Leistungen beruht auf § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG.
Im Übrigen hat der Senat jedoch keinen Zweifel daran, dass der Antragsteller und Frau D als Bedarfsgemeinschaft zu behandeln sind. Auf die Ausführungen in dem Frau D betreffenden Beschluss des 19. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. September 2006 (L 19 B 698/06 AS ER) wird insoweit Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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