L 11 R 4600/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 4678/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4600/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 3. August 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat, insbesondere wann der Versicherungsfall eingetreten ist und ob die Klägerin danach die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt hat.

Die 1951 geborene Klägerin stammt aus Portugal und hat ihren Angaben zufolge keine Ausbildung absolviert. Sie war zuletzt bis 31. Januar 1998 versicherungspflichtig als Köchin tätig und hat danach bis 9. Juni 1998 Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen. Anschließend hat sie ihre zuletzt nach Pflegestufe III pflegebedürftige Mutter bis zu deren Tod im Jahr 2001 gepflegt. In den Jahren 2002/2003 hat sie sich mit einer Baufirma selbstständig gemacht. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Sinsheim vom 1. März 2005 (Aktenzeichen 11 Cs 32 Js 24699/03 - AK 113/05) wurde sie als verantwortliche Geschäftsführerin der Firma N+M B. L. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten zur Bewährung unter anderem deswegen verurteilt, weil sie u.A. von August 2002 bis Mai 2003 für insgesamt zwölf Beschäftigte die fälligen Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nicht an die zuständigen Einzugsstellen abgeführt hatte.

Am 14. April 2004 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Zur Begründung führte sie aus, sie erachte sich seit 1995 wegen verschiedener Gesundheitsstörungen für erwerbsgemindert.

Die Beklagte veranlasste daraufhin eine internistische Begutachtung nach ambulanter Untersuchung. Dr. P. stellte eine unzureichende Einstellung eines langjährig bekannten Diabetes mellitus mit Hinweis auf diabetische Polyneuropathie Grad I und einen Zustand nach laserbehandelter diabetischer Rhetinopathie, eine Adipositas mit Fettstoffwechselstörung, eine latente Hypothyreose, eine Medikamentenimcompliance sowie eine Anpassungsstörung bei privater Überforderungssituation fest. Die Klägerin könne damit noch ihre zuletzt ausgeführte Tätigkeit in der Baufirma mit überwiegenden Büroarbeiten sechs Stunden und mehr verrichten. Auch für leichte bis kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von unregelmäßigem Essen, Akkord, Ersteigen von Leitern und Gerüsten, häufigem Knien sowie besonderer Anforderungen an Konzentrations- und Reaktionsvermögen bestehe noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Gutachterin gegenüber berichtete die Klägerin, sie habe in der Baufirma Telefondienste durchgeführt, Notizen gemacht und auch Rechnungen einsortiert. Einen PC habe sie ebenso wenig wie eine Schreibmaschine bedienen können. Diese Tätigkeiten habe sie stundenweise nach Bedarf ausgeübt. Nach dem Konkurs der Firma im Juni 2003 seien verschiedene Gerichtsverfahren wegen Betruges eingeleitet worden. Sie habe im letzten Jahr ihr Gewicht um 20 Kilo reduzieren können, mittlerweile aber wieder 6 Kilo zugenommen.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2004 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag mit der Begründung ab, in dem maßgeblichen Zeitraum vom 14. April 1999 bis 13. April 2004 seien keine Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden. Die erforderliche Wartezeit mit 5 Jahren anrechenbarer Zeiten sei dagegen erfüllt. Nach den getroffenen Feststellungen bestehe auch weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit.

Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie fühle sich seit 1997 (Diagnose eines Typ 2 Diabetes) sowie der chronischen Kreuzschmerzen in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert. Die Beklagte holte hierauf eine Stellungnahme von Dr. P. ein. Diese führte aus, dass neue medizinische Befunde nicht vorgelegt würden. Die Diagnosen seien bereits in dem Gutachten berücksichtigt und entsprechend gewürdigt worden. Sowohl 1997 als auch jetzt könne eine verminderte Erwerbsfähigkeit aus sozialmedizinischer Sicht nicht bestätigt werden. Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2004 den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Klägerin könne noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Dieses Leistungsvermögen habe auch schon 1997 bestanden. Darüber hinaus seien auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht erfüllt.

Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, ihre Erwerbsminderung müsse spätestens im Juni 2000 eingetreten sein. Hiervon sei aufgrund des Auftretens des Diabetes auszugehen. Dem stehe auch ihre Tätigkeit in der Baufirma nicht entgegen. Sie habe diesen Beruf nicht erlernt, sondern sei vielmehr von dritter Seite in eine Richtung geschoben worden, die sie besser nicht eingeschlagen hätte. Im Grunde genommen sei sie nur hin und wieder in der Firma anwesend gewesen. Gearbeitet habe sie aber nicht. Der Niedergang der Firma habe ihre psychischen Defekte verstärkt.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen gehört und die Klägerin anschließend nervenärztlich begutachten lassen.

Der Neurologe und Psychiater Dr. W. berichtete über ein Sulcus-ulnaris-Syndrom beidseits sowie eine reaktive depressive Episode. Letztere könne dazu führen, dass die Klägerin psychophysisch nur sehr eingeschränkt belastbar sei. Das könne er aber nicht zuverlässig beurteilten, da sie sich nur von März bis Mai 2004 in seiner Behandlung befunden habe. Der Allgemeinmediziner Dr. W. gab an, dass im Vordergrund der Leistungseinschränkungen die Schmerzstörung und die Depression, letztere gegenwärtig in Form einer mittelschweren Episode, stünde. Es komme zu Konzentrationsstörungen und Erschöpfungszuständen, so dass die Klägerin seiner Auffassung nur noch phasenweise in der Lage sei, einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Dieser Zustand bestehe seit dem Tod der Mutter im November 2001. Der Orthopäde Dr. R. führte aus, dass die Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet (Rundrücken, Wirbelsäulenverkrümmung, beginnende degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule) einer leichten körperlichen Tätigkeit in vollschichtigem Umfang nicht entgegen ständen. Der Neurologe und Psychiater Dr. G., der die Klägerin erstmalig im November 1995 behandelt hatte, gab an, dass im psychischen Feld von Anfang an eine neurotische Fehlhaltung im Sinne einer somatisierten Depression imponiert habe. Im Laufe der niederfrequent verlaufenden Behandlung (wenn man überhaupt von Behandlung sprechen könne) habe er über eine Verschlimmerung zu berichten, so dass er der Auffassung sei, dass sie nicht in der Lage wäre, einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit im Rahmen einer 5-Tage-Woche von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Dieser Zustand bestehe seit mindestens zwei Jahren. Er könne dies nicht genau datieren, da er die Patientin zuletzt 1998 gesehen habe.

Der Sachverständige, Privatdozent Dr. W., kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin gegenwärtig nur noch in der Lage sei, vier Stunden Arbeitszeit je Arbeitstag zu verrichten. Die depressive Störung sei gegenwärtig in leichter Ausprägung, wäre aber von 1995 bis 2001 ausgeprägter als jetzt gewesen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sie in der jetzigen Ausprägung etwa seit dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung bestanden habe. Die Dauerschmerzen, die aus seiner Sicht das eingeschränkte Leistungsvermögen begründeten, hätten sich mit Beginn der 90er Jahre durch das zunehmende Übergewicht verbunden mit Fehlhaltung und Überbelastung von Wirbelsäule und Gelenken verstärkt. Durch Gewichtsverringerung bzw. spezielle Schmerztherapie ließe sich der Gesundheitszustand innerhalb eines Jahres erheblich verbessern, wenngleich es bei den orthopädischen Veränderungen an Wirbelsäule und Gelenken der unteren Körperhälfte verbleibe.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom 4. April 2006 hörte das SG ergänzend noch den Neurologen und Psychiater Dr. J. an, der die Klägerin einmalig am 7. Februar 2000 behandelt hatte. Weitere vereinbarte Behandlungstermine habe diese nicht mehr wahrgenommen. Er habe sie wegen eines Cubitaltunnelsyndroms beiderseits linksbetont behandelt, welches schmerzhafte Bewegungseinschränkungen vorwiegend bei Beugebewegungen der Hand und der Finger begründe.

Mit Gerichtsbescheid vom 3. August 2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 10. August 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle zwar die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, da sie zum Zeitpunkt der Untersuchung von Privatdozent Dr. W. nur noch zu einer täglich vierstündigen Tätigkeit in der Lage gewesen sei. Das Gericht habe sich aber nicht davon überzeugen können, dass die Erwerbsminderung bis 31. Juli 2000 eingetreten sei. Zwar hätten sich Hinweise auf eine bereits seit 1995 bestehende depressive Erkrankung gefunden. Gegen den Eintritt der dauerhaften Erwerbsminderung spreche aber, dass sie 2001 noch eine belastende Pflegetätigkeit für ihre Mutter ausgeübt habe und in den Jahren 2002/2003 Inhaberin einer Baufirma gewesen wäre. Sie habe zwar vorgetragen, sie sei als Inhaberin nur vorgeschoben worden und habe von der Baubranche keine Ahnung gehabt. Ihre Tätigkeit habe sich auf einige Stunden Büroarbeit in Form von Telefondienst und Ordnung von Belegen beschränkt. Für diesen Einwand sei allerdings Beweis weder erbracht noch angeboten worden. Auch aus den vorliegenden Arztberichten ergebe sich nicht mit hinreichender Sicherheit ein Verlauf der depressiven Erkrankung. Der Hausarzt Dr. W. habe zwar rezidivierende depressive Phasen in der Zeit von 1995 bis Ende 1998 beschrieben. Damals sei allerdings eine nervenärztliche Mitbehandlung nicht bekannt gewesen. Im Zusammenhang mit der Pflegebedürftigkeit der Mutter seien 1997 verschiedene Beschwerden hinzugekommen, welche in der Summe eine depressive Phase annehmen ließen, die durch die Konzentration auf die Hilfestellung für die Mutter kompensiert worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe sich auch eine Schmerzstörung mit wechselndem Charakter, jedoch zunehmend seit 1997, entwickelt. Zu Beginn des Jahres 1998 hätten Übergewicht und Depressivität im Vordergrund gestanden, jedoch beide Mitte 1998 abgenommen. In den Jahren 1999/2000 hätte die Depressionen im Hintergrund gestanden. Der von Dr. W. mitgeteilte Verlauf entspreche der Behandlungshäufigkeit, die seit Beginn des Jahres 2000 im Vergleich zu den Vorjahren erheblich abgenommen habe und sei damit für das Gericht schlüssig. Er sei auch durch Dr. G. bestätigt worden, der die Klägerin nur von 1995 bis 1998 wegen den neurotischen Fehlhaltungen im Sinne einer somatisierten Depression behandelt habe. Er habe deswegen zur Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Jahr 2000 keine Angaben machen können. Dr. J. habe über eine psychiatrische Erkrankung nichts berichten können, sondern lediglich über eine qualitative Einschränkung aufgrund der Bewegungseinschränkung der Hand und der Finger. Deswegen sei für das Gericht die Feststellung von Privatdozent Dr. W., bei der Klägerin habe von 1995 bis 2001 eine depressive Störung vorgelegen, nicht nachvollziehbar. Er habe sich insoweit zu Unrecht auf den Bericht von Dr. W. gestützt, denn Dr. W. habe ausdrücklich mitgeteilt, dass die Depression in den Jahren 1999 und 2000 im Hintergrund gestanden hätten. Auch auf internistischem Fachgebiet sei der Eintritt einer Erwerbsminderung bis Juli 2000 nicht nachweisbar. Die Klägerin sei zwar seit 1997 an Diabetes mit Hinweis auf diabetische Folgeerkrankungen wie Polyneuropathie und Rhetinopathie erkrankt. Diese seien aber nicht so schwerwiegend, dass sie über qualitative Leistungseinschränkungen hinaus auch eine quantitative Leistungsminderung rechtfertigten. Dies gelte auch für die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet.

Mit ihrer dagegen am 7. September 2006 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, die Pflegetätigkeit für ihre Mutter sei nicht körperlich belastend gewesen, sondern allein psychisch, was gerade ihre depressive Erkrankung verstärkt habe. Ihre Mitarbeit als Inhaberin einer Baufirma habe sich auf wenige Stunden Büroarbeit beschränkt. Auch habe Dr. W. eindeutig bestätigt, dass sie seit November 2001 arbeitsunfähig sei. Sie verkenne nicht, dass ein 16 Monate vor diesem Zeitpunkt liegender Bewertungsstichtag ausschlaggebend sei. Dr. W. habe allerdings für die Jahre 1995 bis Ende 1998 Leistungsminderungen wegen rezidivierender depressiver Phasen bestätigt. Es sei unverständlich, warum dies der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. J. nicht bestätigt habe. Bei diesem sei sie auch mehr als ein einziges Mal in Behandlung gewesen. Auch sei ihre seit 1997 bestehende Diabeteserkrankung nicht ausreichend gewürdigt worden. Sie hat hierzu noch ergänzend ihre Gewichtsschwankungen von 1995 bis 2005 mitgeteilt sowie dem Senat auszugsweise den Strafbefehl vom 1. März 2005 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03. August 2006 sowie den Bescheid vom 8. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass sich keine neuen Gesichtspunkte ergäben hätten, die eine Änderung des bisherigen Standpunktes zuließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und damit insgesamt zulässig.

Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid vom 8. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 7. Oktober 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erwerbsminderung in der hier maßgebenden ab 01.01.2001 geltenden Fassung sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.

Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Dies hat das SG ausführlich begründet dargelegt, weswegen sich der Senat auch insoweit den Ausführungen des SG anschließt. Ergänzend ist auszuführen, dass die Klägerin zwar nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch zur Überzeugung des Senats nunmehr erwerbsgemindert ist, allerdings kann sie nicht einen Eintritt der Leistungsfalles vor dem 31. Juli 2000 nachweisen, so dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, wie sich auch aus dem Versicherungsverlauf vom 8. Juni 2004 ergibt, nicht vorliegen. Diese Nichterweislichkeit geht nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Auflage 2005, § 103 Rdnr. 19 a) zu Lasten der Klägerin.

In Auswertung der Angaben der sachverständigen Zeugen wie des Gutachtens von Privatdozent Dr. W. muss davon ausgegangen werden, dass im Vordergrund der leistungseinschränkenden Befunde nicht die mittlerweile nur leicht ausgeprägte Depression steht. Diese mag zwar 1995 bis 1998 stärker ausgeprägt gewesen sein, hat sich aber erst im November 2001 erheblich verschlechtert und ist nunmehr wieder nur leichtgradiger Ausprägung. Die stärkere Ausprägung der Depression spricht für sich genommen noch nicht dafür, dass sie eine Erwerbsminderung zur Folge hat. Offensichtlich war die Depression nämlich einer erfolgreichen Behandlung zugänglich, die nicht sehr engmaschig war und sogar 1998 beendet werden konnte, was ebenfalls nicht die erforderliche Dauerhaftigkeit der Erkrankung belegt. Das hat sowohl der die Klägerin durchgängig behandelnde Allgemeinmediziner Dr. W. bestätigt und im Hinblick darauf begründet, dass die Verschlimmerung vor dem Hintergrund des Todes ihrer Mutter erfolgt sei, wie auch der die Klägerin bis 1998 behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. G ... Die Klägerin war auch in der Lage, von 1995 bis Januar 1998 durchgängig zu arbeiten, welches einen sehr starken Beweiswert für ihre Erwerbsfähigkeit hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12). Dies wird weiter dadurch belegt, dass die Klägerin bis 2001 ihre immerhin in Pflegestufe III erkrankte Mutter betreuen konnte, wenngleich sie dafür ergänzend einen Pflegedienst in Anspruch genommen hat. Des weiteren hat sie einen Pflegesohn in die Familie aufgenommen und auch diesen bis heute betreut. Schließlich hat sie 2002 eine Baufirma mit mehr als 10 Angestellten betrieben. Insofern kommt es nicht darauf an, welchen zeitlichen Umfang die Tätigkeit in Anspruch genommen hat und was sie im einzelnen für Arbeiten erledigt hat. Selbst wenn sie hier im Sinne einer Strohfrau für die Firma vorgeschoben wäre, so belegt dies, dass die Klägerin zumindest noch 2002 bis 2003 durchgängig zu einer Bürotätigkeit in der Lage gewesen ist.

Der gerichtliche Sachverständige hat demzufolge im Vordergrund der von ihm beschriebenen Leistungseinschränkungen die Dauerschmerzen gesehen, die er zwar grundsätzlich einer Behandlung, aber nicht einer vollständigen restitutio ad integrum zugänglich erachtet hat. Diese Dauerschmerzen haben sich mit Beginn der 90er Jahre entwickelt und verbunden mit dem zunehmenden Übergewicht seit dem Zeitpunkt der Antragstellung auf Rente in einem rentenberechtigenden Ausmaß verstärkt. Für die Richtigkeit dieser Bewertung spricht zum einen, dass die Klägerin, obwohl sie seit Februar 1998 nicht mehr in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand, sich erst im April 2004 zu einer Rentenantragstellung entschloss. Ein solcher Antrag belegt zwar nicht objektiv den Eintritt der Erwerbsminderung, wohl aber die subjektive Empfindung der Leistungseinschränkung in Gestalt des Rentenbegehrens (DRV 1990, 211). Allerdings hat sie damals angegeben, sie erachte sich seit 1995 für erwerbsgemindert. Dieser Aussage kommt aber kein selbständiger Beweiswert zu, denn es bestehen keinerlei Anhalspunkte dafür, dass die Erwerbsminderung in diesem frühen Stadium eingetreten ist, zumal sie zu diesem Zeitpunkt noch voll berufstätig war. Sie hat denn auch ihre Selbsteinschätzung im Laufe des Verfahrens relativiert und sich einmal erst 1997, dann sogar spätestens Juni 2000 für erwerbsgemindert bezeichnet. Die Aussage des Sachverständigen wird auch durch das von der Klägerin mitgeteilte Gewicht bestätigt. Denn dieses ist für die Verstärkung der Schmerzen ursächlich und hat erst nach dem 31. Juli 2000 ein massives Ausmaß erreicht. Noch im Dezember 1998 konnte die Klägerin nämlich ihr Gewicht noch auf 85 Kilo reduzieren, hat dann im Januar 2000 acht Kilo zugenommen und erst seit 2004 wieder ein Gewicht von über 104 kg erlangt.

Der Diabetes allein, der 1997 diagnostiziert wurde, begründet nur die Erforderlichkeit von Blutzuckermessungen, Insulinspritzen wie gegebenenfalls Zwischenmahlzeiten, welches in der Regel keine quantitative Leistungsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß begründet (vgl. Urteil des Senats vom gleichen Tag, L 11 R 4905/06).

Nach alledem kann die Klägerin daher auch nicht zur Überzeugung des Senats nachweisen, dass sie vor dem 31. Juli 2000 erwerbsgemindert war. Ihre Berufung musste deswegen zurückgewiesen werden, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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