Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 4734/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 5863/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 2. November 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht Freiburg (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Mithin erforderlich ist sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund, die jedoch, gemessen an dem mit dem Antrag verfolgten Rechtsschutzziel (vgl. BVerfG NVwZ 2004, 95; NVwZ 2005, 927), in einer Wechselbeziehung zueinander stehen, sodass sich die Anforderungen je nach dem zu erwartenden Maß des Erfolgs in der Hauptsache, der Dringlichkeit der erstrebten vorläufigen Regelung oder der Schwere des drohenden Nachteils vermindern können (vgl. Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Januar 2006 - L 7 AS 1/06 ER -; Keller, a.a.O., § 86b Rdnrn. 27, 29; Funke-Kaiser, a.a.O., § 123 Rdnrn. 22, 25 ff.). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Antrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. zuletzt Beschlüsse vom 30. November 2006 - L 7 SO 5206/06 ER-B - und vom 28. Dezember 2006 - L 7 AS 6383/06 ER-B - (beide m.w.N.)).
Hiervon ausgehend hat das SG den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Das SG hat hierzu ausgeführt, dass es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs (auch) deshalb fehlt, weil der Antragsteller eine bis Februar 2009 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht, die nach Aktenlage von der Arbeitsmarktlage abhängig ist, also vor dem Hintergrund eines zeitlichen Leistungsvermögens von täglich mindestens drei Stunden gewährt wird (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)). Mit dieser Argumentation setzt sich die Beschwerdeschrift nicht auseinander, sondern rügt stattdessen, das SG habe die Gewährung von Leistungen nach dem vierten Kapitel des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGG XII) geprüft und verneint, während solche nach dem dritten Kapitel des SGB XII beantragt worden seien. Dabei wird allerdings verkannt, dass unter Zugrundelegung des - mit der Beschwerde nicht angegriffenen - mindestens dreistündigen täglichen Leistungsvermögens des Antragstellers von dessen Erwerbsfähigkeit i.S.v. § 8 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) auszugehen ist mit der Folge, dass dann nach der Bestimmung des § 21 Satz 1 SGB XII, die dem Vorrang der Lebensunterhaltsleistungen nach dem SGB II vor denen nach dem SGB XII Rechnung trägt (vgl. auch die Parallelvorschrift des § 5 Abs. 2 SGB II), gerade kein Anspruch auf die beanspruchte "Hilfe zum Lebensunterhalt" nach dem dritten Kapitel besteht (zur Frage, inwieweit die Grundsätze zur sog. Arbeitsmarktrente im Rahmen des § 8 SGB II Berücksichtigung finden können, vgl. Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 8 Rdnr. 36 ff. m.w.N.). Unter diesen Umständen fehlt es nach wie vor an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
Es bedarf daher keiner Ausführungen zum - vom SG ebenfalls verneinten - Anordnungsgrund, dessen Glaubhaftmachung allerdings angesichts der eher vagen Darlegungen in der Beschwerdeschrift zur sog. "Unterdeckung" beim Antragsteller und der Möglichkeit einer Antragstellung beim SGB II-Träger (vgl. dazu Brühl in LPK-SGB XII, 7. Aufl., § 21 Rdnr. 9) zumindest fraglich erscheint.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der das Sozialgericht Freiburg (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Mithin erforderlich ist sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund, die jedoch, gemessen an dem mit dem Antrag verfolgten Rechtsschutzziel (vgl. BVerfG NVwZ 2004, 95; NVwZ 2005, 927), in einer Wechselbeziehung zueinander stehen, sodass sich die Anforderungen je nach dem zu erwartenden Maß des Erfolgs in der Hauptsache, der Dringlichkeit der erstrebten vorläufigen Regelung oder der Schwere des drohenden Nachteils vermindern können (vgl. Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Januar 2006 - L 7 AS 1/06 ER -; Keller, a.a.O., § 86b Rdnrn. 27, 29; Funke-Kaiser, a.a.O., § 123 Rdnrn. 22, 25 ff.). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Antrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. zuletzt Beschlüsse vom 30. November 2006 - L 7 SO 5206/06 ER-B - und vom 28. Dezember 2006 - L 7 AS 6383/06 ER-B - (beide m.w.N.)).
Hiervon ausgehend hat das SG den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Das SG hat hierzu ausgeführt, dass es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs (auch) deshalb fehlt, weil der Antragsteller eine bis Februar 2009 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht, die nach Aktenlage von der Arbeitsmarktlage abhängig ist, also vor dem Hintergrund eines zeitlichen Leistungsvermögens von täglich mindestens drei Stunden gewährt wird (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)). Mit dieser Argumentation setzt sich die Beschwerdeschrift nicht auseinander, sondern rügt stattdessen, das SG habe die Gewährung von Leistungen nach dem vierten Kapitel des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGG XII) geprüft und verneint, während solche nach dem dritten Kapitel des SGB XII beantragt worden seien. Dabei wird allerdings verkannt, dass unter Zugrundelegung des - mit der Beschwerde nicht angegriffenen - mindestens dreistündigen täglichen Leistungsvermögens des Antragstellers von dessen Erwerbsfähigkeit i.S.v. § 8 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) auszugehen ist mit der Folge, dass dann nach der Bestimmung des § 21 Satz 1 SGB XII, die dem Vorrang der Lebensunterhaltsleistungen nach dem SGB II vor denen nach dem SGB XII Rechnung trägt (vgl. auch die Parallelvorschrift des § 5 Abs. 2 SGB II), gerade kein Anspruch auf die beanspruchte "Hilfe zum Lebensunterhalt" nach dem dritten Kapitel besteht (zur Frage, inwieweit die Grundsätze zur sog. Arbeitsmarktrente im Rahmen des § 8 SGB II Berücksichtigung finden können, vgl. Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 8 Rdnr. 36 ff. m.w.N.). Unter diesen Umständen fehlt es nach wie vor an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
Es bedarf daher keiner Ausführungen zum - vom SG ebenfalls verneinten - Anordnungsgrund, dessen Glaubhaftmachung allerdings angesichts der eher vagen Darlegungen in der Beschwerdeschrift zur sog. "Unterdeckung" beim Antragsteller und der Möglichkeit einer Antragstellung beim SGB II-Träger (vgl. dazu Brühl in LPK-SGB XII, 7. Aufl., § 21 Rdnr. 9) zumindest fraglich erscheint.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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