S 26 R 6/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 6/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 R 5/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine rentensteigernde weitergehende Anerkennung und Berücksichtigung ihrer Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten. Streitig ist, ob Zeiten der Kindererziehung, soweit sie in Frankreich zurückgelegt wurden, anerkennungs- und berücksichtigungsfähig sind.

Die Klägerin ist am 00.00.1938 geboren und Deutsche. In der Bundesrepublik Deutschland war sie bis August 1962 rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Ihr Ehemann (geboren am 00.00.1935 und Deutscher) war bis zum 30.06.1962 in der Bundesrepublik Deutschland rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Er nahm ab dem 01.07.1962 ein Fachschulstudium in Frankreich auf, im Rahmen eines europäischen Ingenieurindustrie-Kollegs. Die Klägerin folgte ihm im Januar 1963 ins Ausland nach. Die Fachschulausbildung des Ehemannes dauerte bis zum 15.06.1963. Dann nahm er in Frankreich ab dem 01.07.1963 eine Tätigkeit bei einer deutsch-französischen Firma auf, ohne von seinem früheren deutschen Arbeitgeber Entsandter zu sein; die ab dem 01.07.1963 verrichtete Tätigkeit war nach französischem Recht versicherungspflichtig und entsprechende Beiträge wurden auch ab dem 01.07.1963 zur französischen Sozialversicherung abgeführt, bis in das Jahr 1968 hinein (was sich aus Bl. 84 und 121 der Verwaltungsakte des Ehemannes der Klägerin ergibt). Die Klägerin gebar während dieser Zeit in Frankreich drei Kinder, im Mai 1964, im Mai 1966 und im November 1967, die deutsche Staatsangehörige sind. Sie selbst war in dieser Zeit in Frankreich nicht berufstätig (Bl. 48 der Gerichtsakte). Zum 01.04.1968 kehrten die Klägerin und ihr Ehemann zurück nach Deutschland; für ihn wurden ab dem 01.04.1968 wieder Rentenversicherungspflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet (vom 01.01. bis 31.08.1973 war er nochmal in Frankreich, mit französischen Rentenversicherungsbeiträgen, Bl. 84 Rückseite dessen Verwaltungsakte). Die Klägerin selbst zahlte ab dem 01.01.1974 freiwillige Beiträge an die Beklagte, bis zum 31.12.1976, und war nicht mehr rentenversicherungspflichtig in der deutschen Rentenversicherung beschäftigt.

1987 wurde eine Kontenklärung eingeleitet, auch wegen einer Anfrage der Klägerin zu Kindererziehungszeiten (Bl. 67 der Gerichtsakte). Schließlich erhielt die Klägerin unter dem 14.02.1990 von der Beklagten einen Bescheid zu ihren bisherigen Versicherungszeiten (Bl. 67, 79, 85 der Gerichtsakte). Im Versicherungsverlauf dazu waren Pflichtbeitrags- und Kindererziehungszeiten vom 01.04.1968 bis 30.11.1968 gespeichert. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

Im Juli 1995 erhielt der Ehemann der Klägerin seinen Altersrentenbescheid (Bl. 91 ff. dessen Verwaltungsakte). Eine Petition von ihm, weil in seiner deutschen Rente die französischen Beiträge keine Berücksichtigung fänden, und weil für die Ehefrau in ihrer späteren Rente keine Kindererziehungszeiten angerechnet werden sollten (Bl. 118 f. dessen Verwaltungsakte), blieb ohne Erfolg. Die Beklagte riet, vorsorglich im Namen seiner Ehefrau für diese sogenannte Kindertrimester in der französischen Rentenversicherung zu beantragen, evtl. könne dadurch ein eigener französischer Rentenanspruch für die Klägerin begründet werden (Bl. 137 der Verwaltungsakte des Ehemannes).

Am 20.05.2003 beantragte die Klägerin Altersrente und stellte dabei auch einen Antrag auf Feststellung aller ihrer Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten.

Mit dem angefochtenen Rentenbescheid vom 09.07.2003 gewährte die Beklagte der Klägerin nun Regelaltersrente ab dem 01.11.2003. Mit diesem Bescheid erkannte sie rentensteigernd auch Pflichtbeiträge für Kindererziehungszeiten in der Zeit vom 01.04. bis 30.11.1968 an - wie schon im Bescheid vom 14.02.1990 - und nun auch Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (Kibüz) vom 01.04.1968 bis 27.11.1977. Eine weitergehende Anerkennung von Kindererziehungszeiten (Kez) und Kibüz lehnte sie ab, weil die Kinder in den ansonsten geltend gemachten Zeiträumen im Ausland erzogen worden seien.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 25.07.2003 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, ihrer Meinung nach würden die alten Gesetze der gegenwärtigen poltischen Entwicklung hinsichtlich Europa in keiner Weise gerecht. Die Kinder seien als Deutsche nur für kurze Zeit in Frankreich aufgezogen worden und seien inzwischen auch Steuern zahlende deutsche Staatsbürger. Sie halte deshalb die Ausklammerung dieser Kindererziehungsleistung für nicht nachvollziehbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung gab sie die gesetzlichen Vorschriften, an die sie gebunden sei, wieder und vertiefte, weshalb diese Vorschriften keine weitergehende Anerkennung von Kez und Kibüz zuließen. Insbesondere führte sie aus, das Bundessozialgericht habe bereits Entscheidungen getroffen dazu, unter welchen Voraussetzungen Erziehungen im Ausland zu berücksichtigen seien. Danach müssten die Erziehenden vor der Geburt des Kindes oder während der Erziehung des Kindes in einer derart engen Beziehung zur Arbeits- und Erwerbswelt in Deutschland gestanden haben, dass die Grundwertung des Gesetzes Platz greifen könne, während dieser Zeit seien ihnen nicht wegen der Integration in eine ausländische Arbeitswelt, sondern im Wesentlichen wegen Kindererziehung deutsche Rentenanwartschaften entgangen. Solches liege aber nach dem Sachverhalt nicht vor. Der gewöhnliche Aufenthalt des Erziehenden und die Erziehung in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder in einem Staat, mit dem ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen wurde, stünden einem gewöhnlichen Aufenthalt und einer Erziehung im Inland nicht gleich. Dazu gebe es diverse Entscheidungen des Bundessozialgerichts z. B. zu Belgien und Großbritannien und auch schon eine Entscheidung des Landessozialgerichts NRW. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2003.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 18.11.2003 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.

Zur Begründung nimmt die Klägerin Bezug auf ihre bisherigen Ausführungen und vertieft diese. Ergänzend trägt sie vor, sie halte es für ungerecht und gegen den Grundgedanken der Europäischen Union verstoßend, dass für ihre deutschen Kinder, die auch deutsche Steuerzahler geworden seien, ihre Zeiten für Kindererziehung nicht in einer deutschen (und auch nicht in der französischen) Rentenversicherung zu Gute kämen, soweit diese Kinder im europäischen Ausland erzogen worden seien. Zum Zeitpunkt des Umzugs nach Frankreich hätten sie und ihr Ehemann auch durchaus einen Rückkehrwillen gehabt. Sie seien aber andererseits jung gewesen mit ausreichendem Auskommen in Frankreich, was hätte sie veranlassen sollen, nach Deutschland zurückzukehren (so der Inhalt der Klageschrift vom 12.11.2003).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheides vom 09.07.2003 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2003 zu verurteilen, den Bescheid vom 14.02.1990 – soweit betreffend die Nichtanrechnung von Kindererziehungszeiten – zurückzunehmen, und für die am 00.00.1964, 00.00.1966 und 00.00.1967 geborenen Kinder N, B1 und B2 zu ihren Gunsten auch Kindererziehungs-Beitragszeiten nach §§ 249, 56 SGB VI vom 01.06.1964 bis 31.05.1965, vom 01.06.1966 bis 31.05.1967 und vom 01.12.1967 bis 31.03.1968 und auch Kinderberücksichtigungszeiten nach §§ 249, 57 SGB VI vom 08.05.1964 bis 31.03.1968 anzuerkennen, in den Versicherungsverlauf aufzunehmen und bei der Feststellung der Rente mit Wirkung ab dem 01.11.2003 rentensteigernd zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. An den gesetzlichen Bestimmungen könne sie nichts ändern. Daran sei sie gebunden. Die Einwände der Klägerin gegen die Ablehnung weitergehender Erziehungszeiten verfingen nicht. Insoweit wird insbesondere auf den Schriftsatz der Beklagten vom 17.01.2006, Bl. 53 ff. der Gerichtsakte, Bezug genommen. Es habe weder unmittelbar vor den Geburten der Kinder die Klägerin Pflichtbeitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung, noch sei der Ehemann der Klägerin vor der Geburt Entsandter einer deutschen Firma gewesen.

Das Verfahren hat zeitweilig geruht, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, aus ihren Erziehungszeiten französische Rentenleistungen aus sog. "Trimestern" zu beantragen und zu erhalten. Die französische Sozialversicherung hat inzwischen mitgeteilt, dass die Klägerin mangels einer eigenen Erwerbstätigkeit in Frankreich keinen Anspruch auf eine französische Rente habe, auf die eventuelle Erziehungszeiten angerechnet werden könnten (Bl. 49 f. der Gerichtsakte).

Die Beklagte hat im Wege einer Proberechnung mitgeteilt, dass im Fall der Anerkennung der streitigen Zeiten die Rente sich von monatlich derzeit 139,10 Euro auf 204,56 Euro steigern würde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Klägerin und ihres Ehemannes, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 09.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2003, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die Beklagte mit diesen Bescheiden die Anerkennung und Berücksichtigung weitergehender Kez und Kibüz für Zeiten in Frankreich abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war damit nicht zu entsprechen und es war auch nicht der Bescheid vom 14.02.1990 nach § 44 SGB X zurückzunehmen, da weder heute noch nach damaliger Rechtslage die Vormerkung weitergehender Tatbestände möglich war.

Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, insbesondere im Widerspruchsbescheid vom 15.10.2003, erklärt sie für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Ergänzend führt das Gericht noch Folgendes aus: Nach der Vorschrift des § 249 des Sozialgesetzbuchs (SGB) VI (Übergangsvorschrift für vor 1992 geborene Kinder) i.V.m. den allgemeinen Grundsätzen für die Anerkennung von Kez und Kibüz nach §§ 56, 57 SGB VI kommen Kindererziehungszeiten bis ein Jahr pro Kind und Kinderberück-sichtigungszeiten bis zum vollendeten 10. Lebensjahr der Kinder nur in Betracht, soweit die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Kez dem Grund nach vorliegen; die Kindeserziehung muss demnach im Inland stattgefunden haben (§ 56 Abs. 1, 3 SGB VI). Eine Ausnahme kommt nur nach der gesetzlichen Vorschrift des § 56 Abs. 3 SGB VI in Betracht. Danach wird eine Erziehung im Ausland einer Erziehung im Inland nur dann gleichgestellt, wenn der erziehende Elternteil (oder dessen Ehegatte) während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten (in der deutschen Rentenversicherung) hat. Das ist hier aber nicht der Fall; nur bis zum August 1962 bzw. bis zum Juni 1962 waren die Klägerin bzw. ihr Ehemann noch rentenversicherungspflichtig in der deutschen Rentenversicherung gewesen, die Kinder wurden aber erst knapp zwei Jahre danach oder noch später geboren (in 1964, 1966 und 1967). Dass der Ehemann der Klägerin in Frankreich Pflichtbeiträge zur französischen Sozialversicherung (bereits ab dem 01.07.1963) entrichtete, also zu einem Mitgliedsstaat der EU, ist irrelevant (vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 25.04.1990 – 4 RA 48/89 – und Kasseler Kommentar - Gürtner -, § 56 SGB VI, Rdn. 60, 61, 62). Eine andere Beurteilung gilt nur für nach dem 31.12.1985 geborene Kinder (Anhang VI C Nr. 19 der EWG-Verordnung 1408/71). Die Kinder der Klägerin sind vor 1985 geboren. Eine Anerkennung von Kindererziehungszeiten im Ausland kommt nun über den engen Wortlaut des Gesetzes hinaus nur noch in Betracht nach den Grundsätzen des inländischen sog. "Rumpfarbeitsverhältnisses", nach speziellen von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aufgestellten Kriterien (vgl. dazu die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid und grundlegend auch Kasseler Kommentar - Gürtner -, § 56 SGB VI Rdn. 66). Danach besteht noch eine hinreichende Anknüpfung an das inländische Arbeits- und Erwerbsleben, wenn für die Dauer eines Auslandsaufenthaltes praktisch zwei Rechtsverhältnisse bestehen, sowohl zum inländischen Arbeitgeber wie auch zum ausländischen Arbeitgeber. Kernpunkt aller Grundsätze ist aber, dass die vorgesehene Auslandsbeschäftigung befristet sein musste, und das von vornherein (Bundessozialgericht Urteil vom 29.09.1999 - B 4 RA 9/98 R - in Sgb 1999, 23 f.). So lag es aber hier nicht. Die Klägerin und ihr Ehemann selbst haben eingeräumt, dass zum Zeitpunkt des Umzugs nach Frankreich nicht konkret absehbar war, ob und wann sie nach Deutschland zurückkehren, auch wenn ein gewisser grundsätzlicher Rückkehrwille bestanden haben mag. Der Ehemann der Klägerin war damals auch nicht als Entsandter seiner früheren deutschen Firma ins Ausland gegangen. Gerade und auch die Tatsache, dass für den Ehegatten der Klägerin in Frankreich damals Pflichtbeiträge zur französischen Sozialversicherung ab 01.07.1963 entrichtet wurden, spricht gegen eine nur vorübergehende Entsendung nach Ausstrahlungsgrundsätzen. Darüber hinaus hat das Bundessozialgericht auch entschieden, dass ein noch hinreichender Bezug zum inländischen Erwerbsleben fehlt in Fällen, wo der erziehende nicht berufstätige Elternteil seinem Ehegatten in einen anderen Beschäftigungsstaat folgt, wo dieser - wie hier - nach den dortigen Rechtsvorschriften der (französischen) Versicherungspflicht unterworfen ist (BSG Urteil vom 16.06.1994 - 13 RJ 31/93 - in: Die Beiträge 1995, 242 f.). Nach dieser Entscheidung ist die Bundesrepublik Deutschland auch weder gehalten, jegliche die Familie betreffenden Belastungen auszugleichen, noch hat sie die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern. Demgemäß lässt sich aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher Ausgleich vorzunehmen ist. Im Übrigen hat das Bundessozialgericht auch bereits bestätigt, dass die bisherige Rechtslage nicht nur im Einklang mit den deutschen auch verfassungsrechtlichen Vorschriften steht, sondern auch im Einklang mit europarechtlichen Vorschriften. Denn es verstößt nicht gegen Europarecht, wenn das deutsche Gesetz die Anrechnung einer Kindererziehungszeit in der deutschen Rentenversicherung im Grundsatz von einer Inlandserziehung abhängig macht (BSG-Urteil vom 25.04.1990 - 4 RA 48/89 -). Dass der Klägerin nicht die oben genannte europarechtliche Regelung zu Gute kommt für nach 1985 geborene Kinder, weil ihre bereits vorher geboren sind, führt auch nach allgemeinen Grundsätzen nicht zu einem Verstoß gegen das Grundgesetz oder gegen Europarecht. Denn wenn der Gesetzgeber bzw. die Vertragsstaaten der Europäischen Union i. S. einer "Rechtswohltat" nunmehr für ab einem bestimmten Stichtag geborene Kinder weitergehende Anerkennungen ermöglichen, muss das nicht verpflichten, auch für alle vor diesem Stichtag geborenen Kinder irgendwelche Regelungen zu treffen. Hier ist auch die Anknüpfung an das Jahr 1985 deshalb als sachgerecht anzusehen, weil ab diesem Zeitpunkt überhaupt erstmals in der deutschen Rentenversicherung Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeiten eingeführt wurden. Unerheblich ist auch, dass die Klägerin und ihr Ehemann deutsche Staatsangehörige sind wie auch die Kinder und ob diese inzwischen auch Beitragszahler in der deutschen Rentenversicherung und deutsche Steuerzahler sind; nach § 56 Abs. 1, 3 SGB VI ist dies ohne Belang und von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch immer wieder bestätigt worden. Ohne Bedeutung ist auch, dass sich für die Klägerin auch in der französischen Rentenversicherung kein Rentenanspruch ergeben hat, weil sie weder für das deutsche Rentenversicherungssystem noch für das französische Rentenversicherungssystem alle Voraussetzungen erfüllt, um aus ihren Kindererziehungszeiten Rechte herzuleiten.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahinstehen, dass eigentlich schon der Bescheid der Beklagten vom 14.02.1990 mangels Einlegung eines Widerspruchs bestandskräftig und damit nach § 77 SGG bindend geworden ist, da er bisher nicht im Wege eines förmlichen Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X zur Überprüfung gestellt wurde; denn die Klägerin kann selbst dann, wenn eine solche Überprüfung von der Beklagten noch durchgeführt würde, aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht die Anerkennung weitergehender Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten bei der Berechnung ihrer Rente verlangen als bereits von der Beklagten anerkannt wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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