L 3 AS 876/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 1572/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 876/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2006 wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen Aufhebungs-, Erstattungs- und Ablehnungsentscheidungen des Beklagten betreffend die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2005.

Am 20.10.2004 beantragte die im Jahre 1964 geborene geschiedene Klägerin für sich und ihren am 05.10.2004 geborenen Sohn K. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dabei gab sie unter Vorlage ihres am 20.08.2003 abgeschlossenen Wohnungsmietvertrages u. a. an, sie entrichtete für die gemeinsame, 61 qm große Unterkunft einen monatlichen Mietzins in Höhe von EUR 236,00 zuzüglich Nebenkosten.

Mit Bescheid vom 27.12.2004 bewilligte die Agentur für Arbeit Reutlingen der Klägerin und ihrem Sohn für die Zeit ab dem 01.01.2005 "unter Vorbehalt" Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i. H. v. monatlich EUR 861,28 (Regelleistung Arbeitslosengeld II i. H. v. EUR 345,00, Alleinerziehendenmehrbedarf i. H. v. EUR 124,00, Regelleistung Sozialgeld - abzüglich Kindergeld - i. H. v. EUR 53,00 sowie Kosten der Unterkunft und Heizung i. H. v. EUR 339,28) und forderte die Klägerin zur Ergänzung ihrer Angaben auf.

Unter dem 04.01.2005 teilte die Klägerin daraufhin mit, der Vater ihres Sohnes sei ihr Vermieter K., von dem sie auf Grund einer außergerichtlichen Einigung ab Oktober 2004 einen monatlichen Kindesunterhalt von EUR 100,00 in bar erhalte und an den sie die Mietzahlungen ebenfalls bar entrichte. Da es ca. Mitte des Monats zu einer Veränderung ihrer Verhältnisse komme, bitte sie, die Bearbeitung vorerst auf Eis zu legen.

Am 21.01.2005 reichte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ein. Dabei gab sie an, sie lebe seit dem 07.01.2005 unter der bereits im Erstantrag angegebenen Anschrift mit dem im Jahre 1967 geborenen K. in eheähnlicher Gemeinschaft. Zugleich legte sie eine Einkommenserklärung und Verdienstbescheinigung sowie eine Vermögenserklärung ihres Partners vor. Danach bezieht dieser ein monatliches Einkommen i. H. v. EUR 2.210,00 brutto (EUR 1.436,03 netto) und ist er Eigentümer nicht nur der gemeinsam genutzten unbelasteten Wohnung, sondern darüber hinaus auch einer weiteren, allerdings voll finanzierten Eigentumswohnung. Mietkosten machte die Klägerin mit diesem erneuten Antrag nicht mehr geltend. Als monatliche Heizkosten gab sie einen Betrag von EUR 48,81 an; darüber hinaus fielen Nebenkosten der Wohnung i. H. v. EUR 100,65 und Stromkosten i. H. v. EUR 56,00 an.

Nach erfolgter Leistungseinstellung teilte die Agentur für Arbeit Reutlingen im Anhörungsschreiben vom 15.02.2005 mit, die Klägerin habe nach bisherigem Kenntnisstand in der Zeit vom 01.01. bis zum 28.02.2005 Arbeitslosengeld II i. H. v. EUR 1.722,56 EUR zu Unrecht bezogen. Infolge des Einzuges ihres Partners sei sie nicht mehr bedürftig, da dessen Einkommen den Bedarf der Haushaltsgemeinschaft decke. Nach den vorliegenden Unterlagen habe die Klägerin die Überzahlung verursacht, da sie eine für den Anspruch erhebliche Änderung in ihren Verhältnissen verspätet angezeigt habe. Vor Ergehen einer abschließenden Entscheidung bestehe Gelegenheit zur Stellungnahme.

Mit Bescheid vom 15.02.2005 lehnte die Agentur für Arbeit Reutlingen den Antrag vom 21.01.2005 mangels Hilfebedarfs ab. Dem monatlichen Gesamteinkommen von EUR 1.413,54 der aus der Klägerin, ihrem Partner und dem gemeinsamen Kind bestehenden Bedarfsgemeinschaft stehe lediglich ein Gesamtbedarf von EUR 1.040,75 gegenüber.

In der Folgezeit legte die Klägerin einen Bescheid der Landeskreditbank Baden-Württemberg vom 11.02.2005 über die Bewilligung von Bundeserziehungsgeld unter anderem i. H. v. monatlich EUR 300,00 für die Zeit vom dritten bis zum zwölften Lebensmonat ihres Sohnes sowie eine von K. als Zeuge unterzeichnete Urkunde über ihre am 20.02.2005 erfolgte Aufnahme in die Evangelische Landeskirche vor.

Im Rahmen der Anhörung und zur Begründung ihres gegen den Bescheid vom 15.02.2005 erhobenen Widerspruchs trug sie vor, sie verstehe nicht, weshalb ihr für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum Einzug ihres Partners am 07.01.2005 keine Leistung zustehen solle. Darüber hinaus dürfe dessen Einkommen bei der Ermittlung ihrer Bedürftigkeit ohnehin nicht angerechnet werden. Ihr Einkommen betrage derzeit EUR 454,00 (EUR 154,00 Kindergeld und EUR 300,00 Erziehungsgeld). Abzüglich der Kosten für die freiwillige Krankenversicherung sowie für Strom und Rundfunkgebühren verbleibe ihr zum Leben lediglich einen Betrag von monatlich EUR 256,34. Im Übrigen habe sie bereits mit Schreiben vom 04.01.2005 auf die bevorstehende Änderung ihrer Verhältnisse hingewiesen. Zu der verspäteten Veränderungsmitteilung sei es gekommen, weil der Arbeitgeber ihres Partners die für die Vollständigkeit der Unterlagen notwendige Lohnabrechnung nicht schneller vorgelegt habe.

In einer von K. eingereichten schriftlichen Erklärung vom 18.02.2005 ist im Wesentlichen ausgeführt, er wohne zwar mit der Klägerin in seiner Wohnung, jedoch bestünden getrennte Kassen und Konten. Darüber hinaus verbleibe ihm nach Abzug seiner fixen monatlichen Belastungen und der anteilsmäßig umgerechneten jährlichen Ausgaben ein Restbetrag von lediglich EUR 236,62 im Monat. Hiervon müsse er seinen gesamten Lebensunterhalt bestreiten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2005 wies die Agentur für Arbeit Reutlingen den Widerspruch zurück. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei das Einkommen ihres Partners zu berücksichtigen. Das anzurechnende Gesamteinkommen sei mit monatlich EUR 1.413,54 zutreffend ermittelt und übersteige den monatlichen Gesamtbedarf von EUR 1.040,75. Danach bestehe keine Hilfebedürftigkeit.

Am 18.05.2005 hat die Klägerin beim Sozialgericht Reutlingen Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, eine eheähnliche Gemeinschaft liege nicht vor, da sie und ihr Lebensgefährte getrennte Kassen und Konten führten. Darüber hinaus lebten sie nicht bereits seit drei Jahren zusammen. Ferner verstoße die Schlechterstellung heterosexueller Lebensgemeinschaften gegenüber homosexuellen Paaren gegen die Verfassung. Schließlich verbleibe ihrem Lebensgefährten nach Abzug aller Belastungen ein weitaus geringerer Betrag als in den angegriffenen Bescheiden angenommen.

In der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2006 hat die Bevollmächtigte des Beklagten zur Niederschrift des Gerichts den Bewilligungsbescheid vom 27.12.2004 für die Zeit vom 07.01. bis zum 30.06.2004 aufgehoben und von der Klägerin die Erstattung von EUR 1.550,30 gefordert.

Mit Urteil vom 26.01.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26.01.2006 sei unter Zugrundelegung des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht zu beanstanden, da nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 27.12.2005 durch Begründung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft und der daher zu berücksichtigenden Einkommenserzielung des Lebensgefährten eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sei. Von einer solchen Lebensgemeinschaft sei hier unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auszugehen. Dass die Lebenspartner getrennt wirtschafteten, sei ebenso unerheblich wie der Umstand, dass sie noch nicht drei Jahre zusammenlebten. Danach sei das Einkommen und Vermögen des Partners der Klägerin anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Eine gleichheitswidrige Schlechterstellung eheähnlicher Lebensgemeinschaften gegenüber lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften liege nicht vor. Der Bedarf der danach bestehenden Bedarfsgemeinschaft liege bei allenfalls monatlich EUR 987,46 (zweimal EUR 311,00 Regelbedarf, einmal EUR 207,00 Regelbedarf sowie max. EUR 158,46 Unterkunftskosten [Hausgeld und anteilige Grundsteuer]). Dem stünden nach der seinerzeit geltenden Rechtslage anzurechnende Einnahmen in Höhe von EUR 1.148,27 gegenüber. Abzusetzen von den Einnahmen (Nettoeinkommen von EUR 1.436,03 und Kindergeld von EUR 154,00) seien nämlich lediglich EUR 36,69 anteilige Kfz-Haftpflicht, EUR 182,14 Erwerbstätigenfreibetrag, EUR 15,33 Werbungskostenpauschale, EUR 30,00 Versicherung pauschale, EUR 49,02 Fahrtkosten des Erwerbstätigen und EUR 125,58 freiwillige Krankenversicherungsbeiträge der Klägerin. Die Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit der weiteren Eigentumswohnung des Partners der Klägerin seien ebenso wenig berücksichtigungsfähig, wie die Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz. Die einjährige Handlungsfrist für die Rücknahme sei eingehalten. Auch unterliege das Erstattungsverlangen nach Grund und Höhe keinen Bedenken. Die Ablehnung des Antrages vom 21.01.2005, die sich nur für die Zeit vom 01.07. bis zum 31.07. 2005 auswirken könne, sei nicht zu beanstanden

Am 22.02.2006 hat die Klägerin Berufung eingelegt.

Im Verlaufe des Berufungsverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 28.02.2006 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 07.01. bis zum 28.02. 2005 aufgehoben und von der Klägerin die Erstattung von EUR 1.550,30 gefordert.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 15.11.2006 hat der Berichterstatter die Klägerin zu den Umständen ihres Zusammenlebens mit dem Vater ihres Sohnes persönlich angehört und darüber hinaus Herrn K. als Zeugen vernommen. Wegen der Angaben der Klägerin und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift verwiesen.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin ergänzend vor, sie lebe nur deshalb mit dem Vater ihres Sohnes zusammen, weil beide vor Ort die Erziehung zu gleichen Anteilen leisten wollten. Sie seien hingegen nicht bereit, gegenseitig für einander einzustehen. Mangels Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft sei sie hilfebedürftig und die Aufhebung des Bewilligungsbescheides für die Zeit vom 07.01. bis zum 30.06. 2005 zu Unrecht erfolgt. Darüber hinaus beruhe die Erstattungsforderung auf einer unzulässigen, weil rückwirkend erfolgten und für sie nachteiligen Verwaltungsentscheidung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2005 sowie die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide der Beklagten vom 26. Januar 2006 und vom 28. Februar 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2005 abzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil und ist der Auffassung, die Aufhebung der Leistungsbewilligung sei wegen Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft und des Einkommens des Partners der Klägerin ebenso rechtmäßig, wie das Erstattungsverlangen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Freiburg sowie die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Klägerin erstrebt mit ihrem Anfechtungsbegehren zunächst die Aufhebung der die Leistungsbewilligung vom 27.12.2004 betreffenden Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26.01.2006 und vom 28.02.2006, die gem. § 96 SGG Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden sind. Über den letztgenannten, nach Anhängigkeit des Berufungsverfahrens ergangenen Verwaltungsakt entscheidet der Senat (erstinstanzlich) auf Klage. Ferner begehrt die Klägerin die Aufhebung des ihren Bewilligungsantrag vom 21.01.2005 ablehnenden Bescheides vom 15.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2005.

Eines darüber hinausgehenden Leistungsantrages bedarf sie mit Blick auf eine Leistungsgewährung für die Zeit vom 07.01. bis zum 30.06.2005 nicht. Denn im Falle des Erfolges ihres gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26.01.2006 und vom 28.02.2006 gerichteten Anfechtungsbegehrens lebt die ursprüngliche Leistungsbewilligung wieder auf, so dass der Klägerin auf dieser Grundlage - noch ausstehende - Leistungen für den genannten Zeitraum zu gewähren sind. Insbesondere ist nämlich ihre im Schreiben vom 04.01.2005 geäußerte Bitte, die Bearbeitung vorerst auf Eis zu legen, nicht als Verzicht auf die erfolgte Bewilligung, sondern allenfalls als Einverständnis mit einer vorübergehenden Aussetzung der Bearbeitung und der Auszahlung der bewilligten Leistungen anzusehen. Die Bewilligung von Leistungen für die an den Zeitraum vom 07.01. zum 30.06.2005 anschließende Zeit bis zum 31.07.2005 ist nach den sachdienlichen (§ 123 SGG) Klage- und Berufungsanträgen der Klägerin nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Das am 21.01.2005 angebrachte erneute Leistungsbegehren bezog sich nämlich nicht auf die Zeit nach Ende des erst seit drei Wochen laufenden sechsmonatigen Bewilligungszeitraums, sondern diente nach seinem Sinn und Zweck - anknüpfend an die unter dem 04.01.2005 geäußerte Bitte, die Bearbeitung vorerst auf Eis zu legen und in Erfüllung der nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bestehenden Mitteilungsobliegenheit - der Weitergewährung von Leistungen unter Mitteilung der eingetretenen Änderung leistungsrelevanter Umstände.

Mit diesem Inhalt ist das Klage- und Berufungsbegehren der Klägerin zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 26.01.2006 und vom 28.02.2006 sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dies hat das Sozialgericht im angegriffenen Urteil vom 26.01.2006 ausführlich und fehlerfrei dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist folgendes auszuführen.

Zwar hat die Vertreterin der Beklagten zur Niederschrift des Sozialgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2006 erklärt, der Bewilligungsbescheid vom 27.12.2004 werde "für die Zeit vom 07.01.2004 bis zum 30.06.2004" aufgehoben, obschon der genannte Bescheid den angeführten Zeitraum nicht, sondern vielmehr das erste Halbjahr 2005 betrifft. Indes handelt es sich bei der Bezugnahme auf das Jahr 2004 um eine - wohl anknüpfend an das im selben Zusammenhang angeführte Datum des Ergehens des aufzuhebenden Bescheides erfolgte - unbeachtliche Falschbezeichnung des Kalenderjahres. Im Einklang mit dem wirklichen und im Übrigen auch offensichtlichen Willen der Beklagten hat nämlich der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Berufungsbegründung vom 05.04.2006 ausgeführt, die Aufhebungsentscheidung der Beklagten vom 26.01.2006 beziehe sich auf die Zeit vom 07.01.2005 bis zum 30.06.2005. Dementsprechend betrifft auch der weitere Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 28.02.2006 - der die Entscheidung vom 26.01.2006 lediglich hinsichtlich der Begründung ergänzt - den Zeitraum vom 07.01.2005 bis zum 28.02.2005.

a) Anders als die Klägerin meint, bestand im streitigen Zeitraum vom 07.01.2005 bis zum 30.06.2005 eine zwischen ihr, dem Zeugen K. und dem gemeinsamen Kind eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II - in der seinerzeit geltenden und daher anwendbaren ursprünglichen Fassung dieser Regelung vom 30.7.2004 (BGBl I, 2014) -, so dass gem. § 9 SGB II das Einkommen und Vermögen des Zeugen bei der Ermittlung des Hilfebedarfs der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen war. Ebenso wie das Sozialgericht ist auch der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin während der fraglichen Zeit mit dem Zeugen Kuhn in eheähnlicher Gemeinschaft lebte.

Dies gilt unabhängig davon, dass nach den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und des Zeugen Kuhn in der nichtöffentlichen Sitzung vom 15.11.2006 maßgeblicher Beweggrund für das Zusammenleben die Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes und nicht die gegenseitig gehegten Gefühle waren und sind. Denn bereits die ernsthaften zusammenwirkenden Bemühungen um das Wohl des gemeinsamen Kindes weisen als Indiz auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft hin (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 = BVerfGE 87, 234 = SozR 3-4100 § 137 Nr. 3). Darüber hinaus ist die gefühlsmäßige Verbundenheit der Partner untereinander nach den im angegriffenen Urteil des Sozialgerichts zutreffend dargelegten Anforderungen lediglich insoweit Voraussetzung für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft, als die inneren Bindungen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwarten lassen. Dies ist aber hier angesichts des angeführten Bemühens um das Kindeswohl und der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht angegebenen tiefen Freundschaft zwischen ihr und dem Zeugen K. der Fall.

Die genannte "tiefe Freundschaft" zeigt sich zunächst daran, dass die Klägerin und der Zeuge gemeinsam im Schlafzimmer ihrer Wohnung übernachten. Soweit die Klägerin diesen Umstand in der Sitzung vom 15.11.2006 durch die Angabe zu relativieren versucht hat, sie habe zu Beginn mit dem Kind im Wohnzimmer geschlafen, was aber unmöglich gewesen sei, da sie nur bei offenem Fenster schlafen könne, man aber im Wohnzimmer kein Fenster oder keine Tür aufmachen können, ohne dass es hereinregne, überzeugt dies nicht. Denn der Zeuge K. hat demgegenüber im Rahmen der Beweisaufnahme angegebenen, es sei zu Anfang deshalb nicht möglich gewesen, gemeinsam in einem Zimmer zu schlafen, da das Kind nachts geschrieen habe und er seinen Schlaf brauche. Damit hat er im Gegensatz zur Einlassung der Klägerin deren anfängliches Übernachten im Wohnzimmer und nicht den Einzug ins Schlafzimmer als durch äußere Umstände verursacht dargestellt.

Eine starke innere Verbundenheit ergibt sich darüber hinaus auch aus der in der nichtöffentlichen Sitzung des erkennenden Gerichts gezeigten großen Sorge der Klägerin um das gesundheitliche Wohlergehen des Zeugen K ... Dass dieser der im Verlaufe der Zeugenvernehmung geäußerten Bitte der Klägerin, seinen Blutzuckerspiegel zu überprüfen, spontan nachgekommen ist, sagt über die gegenseitigen Bindungen ein Übriges aus. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Klägerin nach Angabe des Zeugen auf dessen Wunsch in die evangelische Kirche eingetreten ist.

Die damit neben der Versorgung des Kindes im gemeinsamen Haushalt als weitere Hinweistatsache auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft bestehende enge Bindung findet ihren Ausdruck aber auch im finanziellen Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Zeugen.

So hat die Klägerin nach den Einzug des Zeugen in die in dessen Eigentum stehende, aber zuvor allein von ihr und dem gemeinsamen Kind genutzte Wohnung zunächst keine Mietzahlungen mehr geleistet. Dies ergibt sich ohne weiteres aus den insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen und dem damit übereinstimmenden Umstand, dass die Klägerin in dem am 21.01.2005 eingereichten Antragsformular nur noch Nebenkosten angegeben, jedoch - im Gegensatz zu ihrem Antrag vom 20.10.2004 - keine Mietkosten mehr geltend gemacht hat. Zweifel an der Einstellung der Mietzahlungen nach Einzug des Zeugen ergeben sich insbesondere nicht aus den diesbezüglichen Angaben der Klägerin in der nichtöffentlichen Sitzung vom 15.11.2006. Denn diese sind im Gegensatz zu der in Rede stehenden Darstellung des Zeugen vage und widersprüchlich. Während die Klägerin nämlich zunächst vorgetragen hatte, sie zahle zwischenzeitlich "wieder" Miete an den Zeugen, erklärte sie auf Nachfrage, sie habe ihres Wissens immer Miete bezahlt. Auf entsprechenden Vorhalt ihres Prozessbevollmächtigten hieß es dann, es sei richtig, dass sie nach den Einzug des Zeugen wohl einige Monate keine Miete bezahlt habe; genau wisse sie dies aber nicht mehr. Auf weitere Nachfrage des Berichterstatters war dann schließlich wiederum davon die Rede, sie sei sich nicht sicher, meine aber, dass sie in der Anfangszeit weiter Miete bezahlt habe. Diese Einlassungen zeigen im Übrigen in ihrer Unterschiedlichkeit nicht nur eine Tendenz zur Anpassung des Vorbringens an die jeweilige Prozesssituation, sondern angesichts der zudem auf konkrete Fragen jeweils erfolgten Berufung auf Erinnerungsschwierigkeiten auch den Versuch der Klägerin, eine Festlegung insbesondere auf für ihr Begehren nachteilige Tatsachen zu vermeiden. Denn im Gegensatz zur Frage der Fortzahlung der Miete vermochte sie über die denselben Zeitraum betreffende - für ihr Begehren auf den ersten Blick vorteilhafte - Fortsetzung der Unterhaltsleistungen und deren Modalitäten im Anschluss an den Einzug des Zeugen detailliert und ohne Rückzug auf Erinnerungsprobleme zu berichten.

Diese - zunächst erfolgte - Einstellung der Mietzahlungen deutet auf eine im Einklang mit der angeführten persönlichen Verbundenheit stehende Vermengung der wirtschaftlichen Angelegenheiten der Klägerin und des Zeugen hin, die ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwarten lässt. Dies gilt selbst mit Blick darauf, dass der Zeuge die Einstellung der entsprechenden Zahlungen zusammengefasst damit begründet hat, er sei auf Grund einer von ihm missverstandenen Äußerung seines Finanzberaters der Meinung gewesen, steuerliche Gründe stünden der Einnahme von Mietzahlungen nach seinem Einzug in die in seinem Eigentum stehende Wohnung entgegen. Dieser Vortrag erklärt nämlich nicht, weshalb für diese nicht unerhebliche Umverteilung der monatlichen finanziellen Belastungen von der Klägerin auf den Zeugen - angesichts der behaupteten Trennung der wirtschaftlichen Verhältnisse - kein Ausgleich, beispielsweise durch interne Übernahme des vom Zeugen seinerzeit geleisteten Kindesunterhalts in Höhe von EUR 100,00 durch die jedenfalls um den doppelten Betrag entlastete Klägerin vorgenommen wurde, sondern der Zeuge nach deren Angaben in der nichtöffentlichen Sitzung weiterhin Unterhaltsleistungen in unvermindertem Umfang, wenn auch unmittelbar an das gemeinsame Kind, erbracht hat. Angesichts dessen ist der ohnehin wenig überzeugende Hinweis des Zeugen auf ein zudem über mehr als ein Jahr hinweg bestehendes Missverständnis im Übrigen auch nicht glaubhaft.

Das gilt umso mehr, als sich die angeblich strikte Trennung der wirtschaftlichen Verhältnisse auch aus der Wiederaufnahme der gegenseitigen Zahlungen gerade nicht ergibt. Denn zum einen sind die nach Angabe des Zeugen in der nichtöffentlichen Sitzung (erst) im Anschluss an das Ergehen des klagabweisenden erstinstanzlichen Urteils einsetzenden wechselseitigen Überweisungen in monatlich nahezu identischer Höhe (Mietzahlungen der Klägerin in Höhe von EUR 200,00 einerseits sowie Unterhaltszahlungen des Klägers in Höhe von EUR 199,00 andererseits) als gleichsam virtueller Zahlungsaustausch ersichtlich im Wesentlichen auf die Erlangung von Zahlungsbelegen gerichtet und mithin vor allem prozesstaktisch motiviert. Sie vermögen daher allenfalls den Verdacht einer von der Klägerin und dem Zeugen beabsichtigten Verschleierung der tatsächlichen internen Verhältnisse zu begründen. Für eine weitergehende Beurteilung der internen Lastenverteilung geben sie dagegen nichts her. Zum anderen betreffen die erst im Jahre 2006 wieder aufgenommenen Zahlungen den hier streitigen Zeitraum nicht.

Die danach aufgrund objektiver Hinweistatsachen bestehende Erwartung eines gegenseitigen Einstehens in den Not- und Wechselfällen des Lebens wird schließlich auch dadurch bestätigt, dass in der nichtöffentlichen Sitzung selbst die Klägerin und der Zeuge eine regelmäßig auf dessen Kosten erfolgende Anschaffung verschiedener Lebensmittel und Bedarfsgegenstände für alle im Haushalt lebenden Personen eingeräumt haben. Auf die Bekundungen der Klägerin und des Zeugen, sie seien nicht bereit, finanziell für einander einzustehen, kommt es demgegenüber nicht entscheidend an. Gleiches gilt - wie vom Sozialgericht zutreffend dargelegt - vorliegend mit Blick auf die Dauer des Zusammenlebens.

b) Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung verstößt die Anrechnung von Einkommen und Vermögen beider Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft gem. den §§ 7 , 9 SGB II nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Dies gilt auch mit Blick darauf, dass im hier maßgeblichen Zeitraum durch § 7 Abs. 3, § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II - anders als in der seit dem 01.08.2006 geltenden Fassung des § 7 Abs. 3 Buchst. c i. V. m. Abs. 3a SGB II (vgl. hierzu Art. 1 Nr. 7 Buchst. c des Gesetzes vom 20.07.2006, BGBl. I, 1706) - eine Einkommens- und Vermögensberücksichtigung bei Gemeinschaften zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern, die nicht Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz sind, nicht vorgesehen war (vgl. hierzu Sächsisches LSG, Beschluss vom 01.08.2005 - L 3 B 94/05 AS-ER -, zit. nach juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 21.07.2005 - L 7 AS 29/05 ER -, zit. nach juris; LSG Hamburg , Beschluss vom 11.04.2005 - L 5 B 58/05 ER AS -, FEVS 56, 410 ff., jeweils unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.11.1992, a. a. O.). Dem entsprechend hat auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 21.04.2005 (- L 9 B 6/05 SO ER -, NJW 2005, 2253 ff. = Breith 2005, 788 ff) den von der Klägerin bereits in der Vergangenheit angeführten Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.02.2005 - S 35 SO 28/05 ER -, NJW 2005, 845 ff. = FamRZ 2005, 660 ff. = Breith 2005, 327 ff. = NZS 2005, 272 ff.) abgeändert.

In Sonderheit hatte der Gesetzgeber der seit der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erfolgten gesellschaftlichen Entwicklung bereits dadurch in verfassungsrechtlicher Hinsicht ausreichend Rechnung getragen, dass der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, d.h. der Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, anders als noch nach den Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes zur Bedarfsgemeinschaft zu rechnen war. Zu einer weitergehenden Einbeziehung anderer Gemeinschaften, wie etwa der homosexuellen Partnerschaften außerhalb des Lebenspartnerschaftsgesetz, war er im Hinblick auf den ihm bei der Ordnung von Massenerscheinungen durch typisierende Regelungen eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum nicht verpflichtet (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 21.07.2005, a. a. O.). Dies gilt umso mehr, als die partnerschaftsähnliche Lebensgemeinschaft keinen der eheähnlichen Gemeinschaft vergleichbaren sozialen Stellenwert besaß (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 01.08.2005, a. a. O. LSG Hamburg , Beschluss vom 11.04.2005, a. a. O.) und Anhaltspunkte für eine hier erhebliche Zunahme der Zahl partnerschaftsähnlicher Lebensgemeinschaften nicht vorlagen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.04.2005, a. a. O.; LSG Hamburg , Beschluss vom 11.04.2005, a. a. O.). Im Übrigen wäre einer den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Ungleichbehandlung von Partnern eheähnlicher Lebensgemeinschaften einerseits und homosexueller Gemeinschaften andererseits angesichts des zugleich - als Ausgangs- und Bezugspunkt einer Verfassungsbetrachtung (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.04.2005, a. a. O.) - bestehenden Verbots der Schlechterstellung der Ehe allein durch eine mit der o. a. Rechtsänderung zwischenzeitlich vorgenommene Berücksichtigung auch des Einkommens des Partners einer partnerschaftsähnlichen Lebensgemeinschaft, nicht jedoch durch Nichtanrechnung des Partnereinkommens bei eheähnlichen Gemeinschaften Rechnung zu tragen gewesen (vgl. LSG Hamburg , Beschluss vom 11.04.2005, a. a. O.).

Die in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X zugelassene Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung auch für die Vergangenheit ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Nachdem sie bereits im Zeitpunkt des Ergehens der aufgehobenen Entscheidung gesetzlich vorgesehen war, liegt insbesondere eine von der Klägerin gerügte Rückwirkung nicht vor. Ein Verschulden der Klägerin setzt die in Rede stehende Aufhebungsregelung nicht voraus.

Was die einjährige Anfechtungsfrist des § 48 Abs. 4 i. V. m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X betrifft, ist schließlich der Umstand unerheblich, dass die Beklagte ihre rechtzeitig ergangene Entscheidung vom 26.01.2006 nachträglich durch Bescheid vom 28.02.2006 hinsichtlich der Begründung ergänzt hat.

2. Soweit sich die Klägerin gegen den die Gewährung von Leistungen ablehnenden Bescheid vom 15.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2005 wendet, ist ihre Klage angesichts der jedenfalls vorliegenden formellen Beschwer zulässig. In der Sache hat das Anfechtungsbegehren jedoch ebenfalls keinen Erfolg. Denn nachdem die Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 07.01. bis zum 30.06.2005 nicht zu beanstanden ist, verletzt die auf diese Zeitraum bezogene Ablehnung von Leistungen die Klägerin im Ergebnis nicht in ihren Rechten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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