Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 RA 252/03
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 5/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. November 2004 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Regelaltersrente des Klägers auch für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Januar 2002 zu erhöhen ist. Der Kläger begehrt die Einbeziehung der im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen Entgeltpunkte für Zeiten vor Rechtskraft des Urteils über den Versorgungsausgleich.
Der am XX.XXXXXXXXX 1930 geborene Kläger ist Jurist und Professor für Internationales Recht. Er besitzt die türkische Staatsangehörigkeit. Seine 1967 mit E.-M. A. eingegangene Ehe wurde auf Antrag der Ehefrau vom 4. August 1989 am 2. April 1993 nach deutschem Recht geschieden. Anschließend führte das Familiengericht u. a. den zuvor vom Scheidungsverfahren abgetrennten Versorgungsausgleich durch und entschied hierüber mit Schlussurteil vom 29. Dezember 1999 (Amtsgericht Hamburg, Az.: 273 F 2/96). Bei dieser Entscheidung ging es davon aus, dass der Kläger während der Ehe keine Rentenanwartschaften in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erworben hatte. Dieser Annahme lag die wahrheitswidrige Erklärung des Klägers zugrunde, dass er über derartige Anwartschaften nicht verfüge (Fragebogen vom 23. August 1989). Gegen das ihr am 7. Januar 2000 zugestellte Urteil legte die Beklagte Berufungsbeschwerde unter Darlegung der bei ihr für den Kläger bestehenden Rentenanwartschaft ein. Anschließend bemühte sie sich um Kontenklärung. Nachweise über einen Teil der absolvierten Schul- und Hochschulausbildung erhielt sie erst nach mehreren Nachfragen bei dem Kläger, so dass sie dem Familiengericht auch erst unter dem 17. Januar 2001 den Ehezeitanteil der Rentenanwartschaft für den Kläger mitteilen konnte. Über das Rechtsmittel der Beklagten sowie die ebenfalls eingelegte Berufungsbeschwerde der Ehefrau des Klägers entschied das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 18. Oktober 2001 (Az.: 10 UF 8/00), der am 4. Januar 2002 Rechtskraft erlangte.
Nachdem die Beklagte ihn sogleich nach Erhalt des familiengerichtlichen Schlussurteils auf die Erfüllung der Voraussetzungen für einen Bezug von Altersrente hingewiesen hatte, stellte der Kläger am 4. Februar 2000 einen Antrag auf Gewährung von Altersrente. Mit Bescheid vom 31. März 2000 gewährte die Beklagte ihm eine Regelaltersrente ab 1. Januar 1996, welche sie mit Bescheid vom 29. Dezember 2000 aufgrund der Erkenntnisse aus dem Kontenklärungsverfahren insgesamt neu feststellte.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2002 stellte die Beklagte die Rente mit Wirkung ab 1. Februar 2002 unter Vornahme eines Zuschlages an Entgeltpunkten aufgrund des Versorgungsausgleichs neu fest. Ausweislich eines Vermerks der Beklagten brachte der Kläger am 8. Juli 2002 telefonisch Einwände gegen diesen Bescheid vor, wollte diese jedoch nicht schriftlich einreichen. Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 18. Juli 2002 legte der Kläger Widerspruch ein. Bei der Berechnung der Höhe der Rente sei der Zuschlag an Entgeltpunkten bereits ab einem früheren Datum zu berücksichtigen. Auf den Hinweis der Beklagten, dass der Widerspruch verfristet sei, und die Anfrage, ob das Schreiben als Überprüfungsantrag gewertet werden solle, erfolgten Ausführungen zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2003 lehnte die Beklagte den als Antrag auf Rücknahme bzw. Abänderung des Bescheides vom 3. Juni 2002 ausgelegten Widerspruch ab. Die Voraussetzungen des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien nicht gegeben, denn weder sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen noch das Recht unrichtig angewandt worden.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2003 zurück.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24. November 2004 die Klage gegen den Bescheid vom 26. Februar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2003 abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte die Gewährung einer höheren Rente für die Zeit vor dem 1. Februar 2002 unter Änderung der Rentenbescheide vom 31. März 2000, 29. Dezember 2000 und 3. Juni 2002 abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X seien nicht gegeben. Insbesondere sei die Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs erst ab dem Folgemonat der Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung hierüber rechtmäßig. Im geschriebenen Recht gebe es keine Härteregelung, die eine frühere Erhöhung der Rentenzahlung möglich mache. Im Übrigen sei es auch nicht angezeigt, die Dauer und Kompliziertheit des familiengerichtlichen Verfahrens zu Lasten der Beklagten und damit der Versichertengemeinschaft auszugleichen, zumal sich der Kläger die Dauer des Verfahrens über den Versorgungsausgleich im Wesentlichen selbst zuzuschreiben habe.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt. Zwar könne er sich nicht auf geschriebenes Recht zur Durchsetzung seines Anspruchs berufen. Jedoch seien die Gerichte nicht nur an das "Gesetz", sondern auch an das "Recht" gebunden und der Grundsatz der Einzelfallgerechtigkeit gebiete im Wege der "schöpferischen Rechtsfindung" eine Entscheidung zu seinen Gunsten. Es sei nicht gerecht und stelle eine unbillige Härte dar, wenn er als Konsequenz der Dauer und Kompliziertheit des familiengerichtlichen Verfahrens einen späteren Beginn der Rentenerhöhung und damit einen erheblichen finanziellen Verlust aufgrund der im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften hinzunehmen habe. Auch seine geringfügige Mitschuld an der Dauer des familiengerichtlichen Verfahrens rechtfertige eine solche Konsequenz nicht.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. November 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Bescheide vom 31. März 2000, 29. Dezember 2000 und 3. Juni 2002 zu ändern und ihm höhere Altersrente wegen der im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften bereits ab 1. Januar 1996, hilfsweise ab 1. Januar 2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Prozessakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten des Scheidungsverfahrens (Amtsgericht Hamburg 273 F 2/96=Hanseatisches Oberlandesgericht 10 UF 8/00) verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 124 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet. Das die Rechtmäßigkeit des ablehnenden Überrprüfungsbescheides der Beklagten bestätigende Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die durch den Versorgungsausgleich bewirkte Änderung der Höhe der Regelaltersrente des Klägers ist erst ab dem 1. Februar 2002 zu berücksichtigen.
Zu Recht ist die Beklagte von einem Überprüfungsantrag bezüglich der früheren bindenden Rentenbescheide ausgegangen, obwohl der Kläger auf die Nachfrage nicht antwortete. Zumindest zeigt sein nachfolgendes Verhalten, dass es ihm nicht (mehr) um die Einlegung eines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 3. Juni 2002 (mit der Folge, dass die Beklagte diesen dann als verfristet zurückgewiesen hätte) ging.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Die Rentenbescheide erweisen sich als rechtmäßig. Zutreffend berücksichtigen sie den Zuschlag an Entgeltpunkten aufgrund des Versorgungsausgleichs im Rahmen der Berechnung der Rentenhöhe erst ab 1. Februar 2002.
Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach deren Beginn, wird gemäß § 100 Abs. 1 Sechstes Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu
dessen Beginn die Änderung wirksam ist. Gemäß § 76 Abs. 1 SGB VI wird ein zu Gunsten oder zu Lasten von Versicherten durchgeführter Versorgungsausgleich durch einen Zuschlag oder Abschlag an Entgeltpunkten berücksichtigt. Dies setzt die Vollziehung der familiengerichtlichen Entscheidung, also deren Rechtskraft voraus (vgl. Bundessozialgericht (BSG) 11.02.1982, 11 RA 8/81, BSGE 53,78 und 29.01.1991, 4 RA 67/90, SozR 3-2200 § 1304b Nr. 1). Da die Entscheidung über den Versorgungsausgleich bei dem Kläger erst am 4. Januar 2002 rechtskräftig wurde, ist der Zuschlag an Entgeltpunkten erst ab 1. Februar 2002 zu berücksichtigen.
Eine Ausnahme hiervon ist gesetzlich nicht vorgesehen. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit dieser Regelungen sind nicht erkennbar. Soweit das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Vergangenheit die Verfassungswidrigkeit von Teilen der Regelung des § 1587b Bürgerliches Gesetzbuch festgestellt hatte (BVerfG 27.01.1983, 1 BvR 1008/79, 1 BvR 1091/81, 1 BvR 322/80, BVerfGE 63, 88 und 08.04.1986, 1 BvR 1186/83, 1 BvR 1574/83, 1 BvR 1704/83, 1 BvR 291/84, 1 BvR 334/84, 1 BvR 271/84, BVerfGE 71, 364), trug der Gesetzgeber dem durch Schaffung des Versorgungsausgleichshärteregelungsgesetzes (VAHRG) bzw. dessen Ergänzung hinreichend Rechnung (vgl. hierzu z. B. BVerfG 05.07.1989, 1 BvL 11/87, 1 BvR 1053/87, 1 BvR 556/88, BVerfGE 80, 297). So findet sich die vom Kläger in seinem Schreiben vom 15. November 2002 angesprochene Härtefallregelung in § 5 VAHRG. Wie nach § 101 Abs. 3 SGB VI wird darin demjenigen, der im Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils über den Versorgungsausgleich bereits eine Rente bezieht, diese Rente noch ohne einen Abzug (in Ausführung des Versorgungsausgleichs) für eine bestimmte Zeit belassen. Dieser Regelung ist aufgrund ihrer Voraussetzungen auf den Kläger nicht anwendbar. Dies verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere ist kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gegeben, weil der Kläger im Gegensatz zu einem Rentner, von dessen Rente ein Abschlag vorzunehmen wäre, noch keinen Anspruch auf die höhere Rente erworben hatte, so dass seine Position nicht unter den Eigentumsschutz im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG fällt, denn der Zuschlag zu seiner Altersrente resultiert aus der ursprünglich seiner Ehefrau zustehenden Rentenanwartschaft. Eine Eigentumsposition des Klägers ist deswegen nicht tangiert. Ebenso wenig ist das sog. Übermaßverbot verletzt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 29. Januar 1991 (a. a. O.) an und verweist auf diese.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Regelaltersrente des Klägers auch für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Januar 2002 zu erhöhen ist. Der Kläger begehrt die Einbeziehung der im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen Entgeltpunkte für Zeiten vor Rechtskraft des Urteils über den Versorgungsausgleich.
Der am XX.XXXXXXXXX 1930 geborene Kläger ist Jurist und Professor für Internationales Recht. Er besitzt die türkische Staatsangehörigkeit. Seine 1967 mit E.-M. A. eingegangene Ehe wurde auf Antrag der Ehefrau vom 4. August 1989 am 2. April 1993 nach deutschem Recht geschieden. Anschließend führte das Familiengericht u. a. den zuvor vom Scheidungsverfahren abgetrennten Versorgungsausgleich durch und entschied hierüber mit Schlussurteil vom 29. Dezember 1999 (Amtsgericht Hamburg, Az.: 273 F 2/96). Bei dieser Entscheidung ging es davon aus, dass der Kläger während der Ehe keine Rentenanwartschaften in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erworben hatte. Dieser Annahme lag die wahrheitswidrige Erklärung des Klägers zugrunde, dass er über derartige Anwartschaften nicht verfüge (Fragebogen vom 23. August 1989). Gegen das ihr am 7. Januar 2000 zugestellte Urteil legte die Beklagte Berufungsbeschwerde unter Darlegung der bei ihr für den Kläger bestehenden Rentenanwartschaft ein. Anschließend bemühte sie sich um Kontenklärung. Nachweise über einen Teil der absolvierten Schul- und Hochschulausbildung erhielt sie erst nach mehreren Nachfragen bei dem Kläger, so dass sie dem Familiengericht auch erst unter dem 17. Januar 2001 den Ehezeitanteil der Rentenanwartschaft für den Kläger mitteilen konnte. Über das Rechtsmittel der Beklagten sowie die ebenfalls eingelegte Berufungsbeschwerde der Ehefrau des Klägers entschied das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 18. Oktober 2001 (Az.: 10 UF 8/00), der am 4. Januar 2002 Rechtskraft erlangte.
Nachdem die Beklagte ihn sogleich nach Erhalt des familiengerichtlichen Schlussurteils auf die Erfüllung der Voraussetzungen für einen Bezug von Altersrente hingewiesen hatte, stellte der Kläger am 4. Februar 2000 einen Antrag auf Gewährung von Altersrente. Mit Bescheid vom 31. März 2000 gewährte die Beklagte ihm eine Regelaltersrente ab 1. Januar 1996, welche sie mit Bescheid vom 29. Dezember 2000 aufgrund der Erkenntnisse aus dem Kontenklärungsverfahren insgesamt neu feststellte.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2002 stellte die Beklagte die Rente mit Wirkung ab 1. Februar 2002 unter Vornahme eines Zuschlages an Entgeltpunkten aufgrund des Versorgungsausgleichs neu fest. Ausweislich eines Vermerks der Beklagten brachte der Kläger am 8. Juli 2002 telefonisch Einwände gegen diesen Bescheid vor, wollte diese jedoch nicht schriftlich einreichen. Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 18. Juli 2002 legte der Kläger Widerspruch ein. Bei der Berechnung der Höhe der Rente sei der Zuschlag an Entgeltpunkten bereits ab einem früheren Datum zu berücksichtigen. Auf den Hinweis der Beklagten, dass der Widerspruch verfristet sei, und die Anfrage, ob das Schreiben als Überprüfungsantrag gewertet werden solle, erfolgten Ausführungen zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2003 lehnte die Beklagte den als Antrag auf Rücknahme bzw. Abänderung des Bescheides vom 3. Juni 2002 ausgelegten Widerspruch ab. Die Voraussetzungen des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien nicht gegeben, denn weder sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen noch das Recht unrichtig angewandt worden.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2003 zurück.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 24. November 2004 die Klage gegen den Bescheid vom 26. Februar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2003 abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte die Gewährung einer höheren Rente für die Zeit vor dem 1. Februar 2002 unter Änderung der Rentenbescheide vom 31. März 2000, 29. Dezember 2000 und 3. Juni 2002 abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X seien nicht gegeben. Insbesondere sei die Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs erst ab dem Folgemonat der Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung hierüber rechtmäßig. Im geschriebenen Recht gebe es keine Härteregelung, die eine frühere Erhöhung der Rentenzahlung möglich mache. Im Übrigen sei es auch nicht angezeigt, die Dauer und Kompliziertheit des familiengerichtlichen Verfahrens zu Lasten der Beklagten und damit der Versichertengemeinschaft auszugleichen, zumal sich der Kläger die Dauer des Verfahrens über den Versorgungsausgleich im Wesentlichen selbst zuzuschreiben habe.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt. Zwar könne er sich nicht auf geschriebenes Recht zur Durchsetzung seines Anspruchs berufen. Jedoch seien die Gerichte nicht nur an das "Gesetz", sondern auch an das "Recht" gebunden und der Grundsatz der Einzelfallgerechtigkeit gebiete im Wege der "schöpferischen Rechtsfindung" eine Entscheidung zu seinen Gunsten. Es sei nicht gerecht und stelle eine unbillige Härte dar, wenn er als Konsequenz der Dauer und Kompliziertheit des familiengerichtlichen Verfahrens einen späteren Beginn der Rentenerhöhung und damit einen erheblichen finanziellen Verlust aufgrund der im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften hinzunehmen habe. Auch seine geringfügige Mitschuld an der Dauer des familiengerichtlichen Verfahrens rechtfertige eine solche Konsequenz nicht.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. November 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Bescheide vom 31. März 2000, 29. Dezember 2000 und 3. Juni 2002 zu ändern und ihm höhere Altersrente wegen der im Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften bereits ab 1. Januar 1996, hilfsweise ab 1. Januar 2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Prozessakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten des Scheidungsverfahrens (Amtsgericht Hamburg 273 F 2/96=Hanseatisches Oberlandesgericht 10 UF 8/00) verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 124 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet. Das die Rechtmäßigkeit des ablehnenden Überrprüfungsbescheides der Beklagten bestätigende Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die durch den Versorgungsausgleich bewirkte Änderung der Höhe der Regelaltersrente des Klägers ist erst ab dem 1. Februar 2002 zu berücksichtigen.
Zu Recht ist die Beklagte von einem Überprüfungsantrag bezüglich der früheren bindenden Rentenbescheide ausgegangen, obwohl der Kläger auf die Nachfrage nicht antwortete. Zumindest zeigt sein nachfolgendes Verhalten, dass es ihm nicht (mehr) um die Einlegung eines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 3. Juni 2002 (mit der Folge, dass die Beklagte diesen dann als verfristet zurückgewiesen hätte) ging.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Die Rentenbescheide erweisen sich als rechtmäßig. Zutreffend berücksichtigen sie den Zuschlag an Entgeltpunkten aufgrund des Versorgungsausgleichs im Rahmen der Berechnung der Rentenhöhe erst ab 1. Februar 2002.
Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach deren Beginn, wird gemäß § 100 Abs. 1 Sechstes Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu
dessen Beginn die Änderung wirksam ist. Gemäß § 76 Abs. 1 SGB VI wird ein zu Gunsten oder zu Lasten von Versicherten durchgeführter Versorgungsausgleich durch einen Zuschlag oder Abschlag an Entgeltpunkten berücksichtigt. Dies setzt die Vollziehung der familiengerichtlichen Entscheidung, also deren Rechtskraft voraus (vgl. Bundessozialgericht (BSG) 11.02.1982, 11 RA 8/81, BSGE 53,78 und 29.01.1991, 4 RA 67/90, SozR 3-2200 § 1304b Nr. 1). Da die Entscheidung über den Versorgungsausgleich bei dem Kläger erst am 4. Januar 2002 rechtskräftig wurde, ist der Zuschlag an Entgeltpunkten erst ab 1. Februar 2002 zu berücksichtigen.
Eine Ausnahme hiervon ist gesetzlich nicht vorgesehen. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit dieser Regelungen sind nicht erkennbar. Soweit das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Vergangenheit die Verfassungswidrigkeit von Teilen der Regelung des § 1587b Bürgerliches Gesetzbuch festgestellt hatte (BVerfG 27.01.1983, 1 BvR 1008/79, 1 BvR 1091/81, 1 BvR 322/80, BVerfGE 63, 88 und 08.04.1986, 1 BvR 1186/83, 1 BvR 1574/83, 1 BvR 1704/83, 1 BvR 291/84, 1 BvR 334/84, 1 BvR 271/84, BVerfGE 71, 364), trug der Gesetzgeber dem durch Schaffung des Versorgungsausgleichshärteregelungsgesetzes (VAHRG) bzw. dessen Ergänzung hinreichend Rechnung (vgl. hierzu z. B. BVerfG 05.07.1989, 1 BvL 11/87, 1 BvR 1053/87, 1 BvR 556/88, BVerfGE 80, 297). So findet sich die vom Kläger in seinem Schreiben vom 15. November 2002 angesprochene Härtefallregelung in § 5 VAHRG. Wie nach § 101 Abs. 3 SGB VI wird darin demjenigen, der im Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils über den Versorgungsausgleich bereits eine Rente bezieht, diese Rente noch ohne einen Abzug (in Ausführung des Versorgungsausgleichs) für eine bestimmte Zeit belassen. Dieser Regelung ist aufgrund ihrer Voraussetzungen auf den Kläger nicht anwendbar. Dies verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere ist kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gegeben, weil der Kläger im Gegensatz zu einem Rentner, von dessen Rente ein Abschlag vorzunehmen wäre, noch keinen Anspruch auf die höhere Rente erworben hatte, so dass seine Position nicht unter den Eigentumsschutz im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG fällt, denn der Zuschlag zu seiner Altersrente resultiert aus der ursprünglich seiner Ehefrau zustehenden Rentenanwartschaft. Eine Eigentumsposition des Klägers ist deswegen nicht tangiert. Ebenso wenig ist das sog. Übermaßverbot verletzt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 29. Januar 1991 (a. a. O.) an und verweist auf diese.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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