Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 86 KR 2563/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 B 455/06 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wird die Feststellung eines krankenversicherungsrechtlichen Status (hier: die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 1 KSVG) begehrt, so ist das Abwarten der Hauptsacheentscheidung grundsätzlich zumutbar. Der erstrebte (bezahlbare) Krankenversicherungsschutz in der Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache kann im Falle einer finanziellen Notlage durch Leistungen nach dem SGB II (insbesondere Zuschüsse nach § 26 Abs. 3 SGB II) erreicht werden. Ein Verlust der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ist - anders als dies noch unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes eintreten konnte - mit dem Bezug von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II nicht verbunden. Damit ist im Regelfall nicht ersichtlich, dass eine einstweilige Anordnung zur Abwendung unzumutbarer Nachteile erforderlich ist.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Antragstellerin wendet sich mit ihrer Klage in der Hauptsache gegen die Entscheidung der Beklagten und Antragsgegnerin, dass sie nicht der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) unterliege, weil sie zwar als Diplom-Modedesignerin ausgebildet sei, sie aber nicht ausschließlich eine Entwurfstätigkeit als Mode- und Textildesignerin ausübe, sondern aus dem Verkauf von Waren, für deren gesamten Vertriebsweg sie zuständig sei, ihr Einkommen erziele (Bescheid vom 3. Februar 2006, Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2006). Bei manueller Fertigung nach eigenen Entwürfen könne eine Zuordnung zum Bereich Design nicht allein aufgrund des eigenschöpferischen Anteils an der Gesamtleistung, mithin am Entwurf, erfolgen, solange der Produzent seine Wertschätzung und sein Einkommen auch aus den mit handwerklicher Qualität hergestellten Endprodukt beziehe. Bei der Klägerin liege eine Kombination aus Entwurf und handwerklicher Herstellung vor, auch wenn die handwerkliche Umsetzung durch Externe erfolge. Da die Klägerin mit ihrem Namen für das Endprodukt, also auch für dessen handwerkliche Qualität stehe, sei eine Künstlereigenschaft nur dann anzuerkennen, wenn der Betroffene in einschlägigen fachkundigen Kreisen als Künstler anerkannt und behandelt werde, also etwa an Kunstausstellungen teilnehme, Mitglied von Künstlervereinigungen sei etc. Dies sei bei ihr nicht der Fall.
Demgegenüber ist die Klägerin der Auffassung, dass Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung bestehe. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liege im Entwurf eigener Mode. Sie fertige die Kleidungsstücke nicht selbst und habe keine Ausbildung als Damenschneiderin und also keine entsprechenden handwerklichen Fähigkeiten. Sie werde sich als freischaffende Modedesignerin weiterhin wie bisher um Aufträge für Entwurfsarbeiten bemühen. Entsprechend sei sie am Markt tätig, wenn sie auch bisher keine größeren Aufträge für Entwurfstätigkeiten erhalten habe. Sie sei Mitglied im Verband D e.V., der größten berufsständischen Vertretung für Mode- und Textildesigner in Deutschland, was – wie von der Beklagten gefordert – auf den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Bereich Design hinweise.
Mit ihrem zugleich mit der Klage gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 16. August 2006 begehrt die Klägerin die einstweilige Feststellung, in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert zu sein. Der Erlass einer solchen Anordnung sei geboten, da ihr ein Abwarten auf den Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache nicht zuzumuten sei. Derzeit sei sie freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert und kaum in der Lage die anfallenden Beiträge zu zahlen. Durch die sehr viel niedrigeren Kosten zur Krankenversicherung in der Künstlersozialkasse, deren Mitgliedschaft ihr gesetzlich zustehe, würde sich für sie monatlich eine Ersparnis von 200 Euro ergeben. Damit würde es überflüssig werden, ggf. einen Antrag auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu stellen. Einen solchen Antrag wolle sie auch deshalb nicht stellen, weil dies aufgrund der langen Bearbeitungszeit und der langwierigen Behördengänge sowie der Unsicherheit der Übernahme der Kosten sie in der Ausübung ihrer eigentlichen Tätigkeit zu sehr einschränken würde.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat den Antrag mit Beschluss vom 8. September 2006 zurückgewiesen. Der Antrag könne keinen Erfolg haben, weil die Klägerin eine Vorwegnahme der Hauptsache begehre, die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich nicht zulässig sei. Das Abwarten auf den Ausgang der Hauptsache erscheine vorliegend zumutbar, zumal der Erfolg in der Hauptsache mehr als unsicher sei. Eine Tätigkeit, die eine Kombination von Entwurf und handwerklicher Umsetzung dieses Entwurfs in Serien darstelle, unterliege nicht der Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung.
Hiergegen richtet sich die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages mit der Beschwerde. Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), der das Sozialgericht (SG) Berlin nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet.
Eine einstweilige Anordnung, wie sie die Klägerin vorliegend begehrt, ist nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Voraussetzungen einer solchen Regelungsanordnung, die auch auf eine feststellende einstweilige Anordnung gerichtet sein kann, sind vorliegend nicht erfüllt.
Zwar ist durchaus möglich, dass ein Anordnungsanspruch im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG besteht, d. h. der materiell-rechtliche Anspruch auf gegenwärtige Feststellung der Versicherungspflicht im Sinne des § 1 KSVG. Mittlerweile unstreitig scheidet dieser Anspruch nicht schon deshalb aus, weil die Klägerin die von ihr entworfenen, aber nicht selbst gefertigten Kleindungsstücke selbst vermarktet. Entscheidend ist nach der im Beschwerdeverfahren näher dargelegten Auffassung der Beklagten vielmehr, ob die Klägerin in einschlägigen fachkundigen Kreisen als Modedesignerin und somit als Künstlerin anerkannt und behandelt werde oder ob – angesichts ihrer Haupteinnahmequelle durch den Verkauf von fertigen Kleidungsstücken – vor allem die handwerkliche Qualität ihres Produkts im Vordergrund stehe und der eigenschöpferische, künstlerische Anteil demgegenüber zurücktrete. Diese Auffassung erscheint in ihrem rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend; ob die Tätigkeit sich danach als künstlerische Tätigkeit darstellt, bedarf einer Prüfung im Einzelnen. Die Erfolgaussichten in der Hauptsache sind damit zumindest offen.
Die Klägerin hat jedoch das Vorliegen eines nach § 86b Abs. 2 SGG erforderlichen Anordnungsgrundes nicht mit der für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, so dass die Frage nach einem Anordnungsanspruch nicht abschließend geklärt werden musste. Denn die begehrte vorläufige Feststellung ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Klägerin nicht nötig. Die Tatsache, dass mit einer Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Hauptsache vorweggenommen würde, schließt den Erlass einstweiliger Anordnungen zwar nicht in jedem Falle aus. "Vorläufiger" Rechtschutz muss jedoch auch im Lichte von Art. 19 Absatz 4 Satz 1 Grundgesetz nur dann gewährt werden, wenn dem Betroffenen das Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zugemutet werden kann. Auch aus Sicht der Klägerin geht es im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes allein um die mit der Feststellung der Versicherungspflicht nach § 1 KSVG verbundene Absicherung gegen das Risiko einer Krankheit. Wegen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung ist auch die Klägerin der Auffassung, dass eine Feststellung der Versicherungspflicht erst mit dem Obsiegen in der Hauptsache, die auf den Tag ihrer Meldung bei der Künstlersozialkasse zurückwirkte (vgl. § 8 KSVG), ausreichend ist. Auch gegen das Risiko der Krankheit ist die Klägerin aber derzeit durch ihre (freiwillige) Mitgliedschaft in einer der gesetzlichen Krankenkassen abgesichert. Wird für die Zeit einer freiwilligen Mitgliedschaft nachträglich festgestellt, dass Versicherungspflicht bestand, sind die zuviel entrichteten Beiträge auf Antrag zu erstatten, so dass auch der derzeit bestehende Nachteil nachträglich im Falle des Obsiegens ausgeglichen werden kann. Es ist auch nicht zu befürchten, dass die Klägerin im Laufe des Verfahrens des Krankenversicherungsschutzes verlustig geht, weil sie die (gemessen an ihren Einnahmen erhebliche) Beitragslast nicht mehr tragen könnte. Selbst wenn dies zukünftig der Fall sein sollte, besteht bei Nachweis einer übermäßigen Belastung durch Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung die Möglichkeit, bei der Bundesagentur einen Antrag auf Übernahme der Kosten für die freiwilligen Krankenversicherung nach § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB II zu stellen, wenn die Klägerin allein durch diese Aufwendungen hilfebedürftig würde. Ggf. liegt bei den dargelegten Einkommensverhältnissen auch unabhängig von der Höhe der Krankenversicherungsbeiträge Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vor. Mit dem Bezug von Arbeitslosengeld II entstünde ebenfalls Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V). Ein Verlust der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ist – anders als dies noch unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes eintreten konnte – mit dem Bezug von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II nicht verbunden. Wenn der erstrebte (bezahlbare) Krankenversicherungsschutz in der Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache gleichwertig auch durch ein System der sozialen Sicherheit erreicht werden kann, das – anders als die Künstlersozialversicherung - die Aufgabe hat, in finanziellen Notlagen für erwerbsfähige Hilfebedürftige entstehende Lücken abzudecken, ist aber nicht ersichtlich, dass die begehrte Anordnung zur Abwendung unzumutbarer Nachteile erforderlich ist.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Klägerin und Antragstellerin wendet sich mit ihrer Klage in der Hauptsache gegen die Entscheidung der Beklagten und Antragsgegnerin, dass sie nicht der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) unterliege, weil sie zwar als Diplom-Modedesignerin ausgebildet sei, sie aber nicht ausschließlich eine Entwurfstätigkeit als Mode- und Textildesignerin ausübe, sondern aus dem Verkauf von Waren, für deren gesamten Vertriebsweg sie zuständig sei, ihr Einkommen erziele (Bescheid vom 3. Februar 2006, Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2006). Bei manueller Fertigung nach eigenen Entwürfen könne eine Zuordnung zum Bereich Design nicht allein aufgrund des eigenschöpferischen Anteils an der Gesamtleistung, mithin am Entwurf, erfolgen, solange der Produzent seine Wertschätzung und sein Einkommen auch aus den mit handwerklicher Qualität hergestellten Endprodukt beziehe. Bei der Klägerin liege eine Kombination aus Entwurf und handwerklicher Herstellung vor, auch wenn die handwerkliche Umsetzung durch Externe erfolge. Da die Klägerin mit ihrem Namen für das Endprodukt, also auch für dessen handwerkliche Qualität stehe, sei eine Künstlereigenschaft nur dann anzuerkennen, wenn der Betroffene in einschlägigen fachkundigen Kreisen als Künstler anerkannt und behandelt werde, also etwa an Kunstausstellungen teilnehme, Mitglied von Künstlervereinigungen sei etc. Dies sei bei ihr nicht der Fall.
Demgegenüber ist die Klägerin der Auffassung, dass Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung bestehe. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liege im Entwurf eigener Mode. Sie fertige die Kleidungsstücke nicht selbst und habe keine Ausbildung als Damenschneiderin und also keine entsprechenden handwerklichen Fähigkeiten. Sie werde sich als freischaffende Modedesignerin weiterhin wie bisher um Aufträge für Entwurfsarbeiten bemühen. Entsprechend sei sie am Markt tätig, wenn sie auch bisher keine größeren Aufträge für Entwurfstätigkeiten erhalten habe. Sie sei Mitglied im Verband D e.V., der größten berufsständischen Vertretung für Mode- und Textildesigner in Deutschland, was – wie von der Beklagten gefordert – auf den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Bereich Design hinweise.
Mit ihrem zugleich mit der Klage gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 16. August 2006 begehrt die Klägerin die einstweilige Feststellung, in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert zu sein. Der Erlass einer solchen Anordnung sei geboten, da ihr ein Abwarten auf den Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache nicht zuzumuten sei. Derzeit sei sie freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert und kaum in der Lage die anfallenden Beiträge zu zahlen. Durch die sehr viel niedrigeren Kosten zur Krankenversicherung in der Künstlersozialkasse, deren Mitgliedschaft ihr gesetzlich zustehe, würde sich für sie monatlich eine Ersparnis von 200 Euro ergeben. Damit würde es überflüssig werden, ggf. einen Antrag auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu stellen. Einen solchen Antrag wolle sie auch deshalb nicht stellen, weil dies aufgrund der langen Bearbeitungszeit und der langwierigen Behördengänge sowie der Unsicherheit der Übernahme der Kosten sie in der Ausübung ihrer eigentlichen Tätigkeit zu sehr einschränken würde.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat den Antrag mit Beschluss vom 8. September 2006 zurückgewiesen. Der Antrag könne keinen Erfolg haben, weil die Klägerin eine Vorwegnahme der Hauptsache begehre, die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich nicht zulässig sei. Das Abwarten auf den Ausgang der Hauptsache erscheine vorliegend zumutbar, zumal der Erfolg in der Hauptsache mehr als unsicher sei. Eine Tätigkeit, die eine Kombination von Entwurf und handwerklicher Umsetzung dieses Entwurfs in Serien darstelle, unterliege nicht der Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung.
Hiergegen richtet sich die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages mit der Beschwerde. Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), der das Sozialgericht (SG) Berlin nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet.
Eine einstweilige Anordnung, wie sie die Klägerin vorliegend begehrt, ist nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Voraussetzungen einer solchen Regelungsanordnung, die auch auf eine feststellende einstweilige Anordnung gerichtet sein kann, sind vorliegend nicht erfüllt.
Zwar ist durchaus möglich, dass ein Anordnungsanspruch im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG besteht, d. h. der materiell-rechtliche Anspruch auf gegenwärtige Feststellung der Versicherungspflicht im Sinne des § 1 KSVG. Mittlerweile unstreitig scheidet dieser Anspruch nicht schon deshalb aus, weil die Klägerin die von ihr entworfenen, aber nicht selbst gefertigten Kleindungsstücke selbst vermarktet. Entscheidend ist nach der im Beschwerdeverfahren näher dargelegten Auffassung der Beklagten vielmehr, ob die Klägerin in einschlägigen fachkundigen Kreisen als Modedesignerin und somit als Künstlerin anerkannt und behandelt werde oder ob – angesichts ihrer Haupteinnahmequelle durch den Verkauf von fertigen Kleidungsstücken – vor allem die handwerkliche Qualität ihres Produkts im Vordergrund stehe und der eigenschöpferische, künstlerische Anteil demgegenüber zurücktrete. Diese Auffassung erscheint in ihrem rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend; ob die Tätigkeit sich danach als künstlerische Tätigkeit darstellt, bedarf einer Prüfung im Einzelnen. Die Erfolgaussichten in der Hauptsache sind damit zumindest offen.
Die Klägerin hat jedoch das Vorliegen eines nach § 86b Abs. 2 SGG erforderlichen Anordnungsgrundes nicht mit der für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, so dass die Frage nach einem Anordnungsanspruch nicht abschließend geklärt werden musste. Denn die begehrte vorläufige Feststellung ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Klägerin nicht nötig. Die Tatsache, dass mit einer Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Hauptsache vorweggenommen würde, schließt den Erlass einstweiliger Anordnungen zwar nicht in jedem Falle aus. "Vorläufiger" Rechtschutz muss jedoch auch im Lichte von Art. 19 Absatz 4 Satz 1 Grundgesetz nur dann gewährt werden, wenn dem Betroffenen das Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zugemutet werden kann. Auch aus Sicht der Klägerin geht es im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes allein um die mit der Feststellung der Versicherungspflicht nach § 1 KSVG verbundene Absicherung gegen das Risiko einer Krankheit. Wegen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung ist auch die Klägerin der Auffassung, dass eine Feststellung der Versicherungspflicht erst mit dem Obsiegen in der Hauptsache, die auf den Tag ihrer Meldung bei der Künstlersozialkasse zurückwirkte (vgl. § 8 KSVG), ausreichend ist. Auch gegen das Risiko der Krankheit ist die Klägerin aber derzeit durch ihre (freiwillige) Mitgliedschaft in einer der gesetzlichen Krankenkassen abgesichert. Wird für die Zeit einer freiwilligen Mitgliedschaft nachträglich festgestellt, dass Versicherungspflicht bestand, sind die zuviel entrichteten Beiträge auf Antrag zu erstatten, so dass auch der derzeit bestehende Nachteil nachträglich im Falle des Obsiegens ausgeglichen werden kann. Es ist auch nicht zu befürchten, dass die Klägerin im Laufe des Verfahrens des Krankenversicherungsschutzes verlustig geht, weil sie die (gemessen an ihren Einnahmen erhebliche) Beitragslast nicht mehr tragen könnte. Selbst wenn dies zukünftig der Fall sein sollte, besteht bei Nachweis einer übermäßigen Belastung durch Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung die Möglichkeit, bei der Bundesagentur einen Antrag auf Übernahme der Kosten für die freiwilligen Krankenversicherung nach § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB II zu stellen, wenn die Klägerin allein durch diese Aufwendungen hilfebedürftig würde. Ggf. liegt bei den dargelegten Einkommensverhältnissen auch unabhängig von der Höhe der Krankenversicherungsbeiträge Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vor. Mit dem Bezug von Arbeitslosengeld II entstünde ebenfalls Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V). Ein Verlust der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ist – anders als dies noch unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes eintreten konnte – mit dem Bezug von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II nicht verbunden. Wenn der erstrebte (bezahlbare) Krankenversicherungsschutz in der Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache gleichwertig auch durch ein System der sozialen Sicherheit erreicht werden kann, das – anders als die Künstlersozialversicherung - die Aufgabe hat, in finanziellen Notlagen für erwerbsfähige Hilfebedürftige entstehende Lücken abzudecken, ist aber nicht ersichtlich, dass die begehrte Anordnung zur Abwendung unzumutbarer Nachteile erforderlich ist.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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