Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 1689/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 B 1173/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerden der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Oktober 2006 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. Januar 2007 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin für Oktober 2006 617,91 EUR auszuzahlen. Der Antragstellerin wird für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Potsdam Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H gewährt. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Auszahlung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von 617,91 EUR für den Oktober 2006.
Die 1973 geborene Antragstellerin steht seit Januar 2005 im Leistungsbezug der Antragsgegnerin. Zuletzt gewährte diese ihr mit Bescheid vom 29. Mai 2006 für sie sowie ihre im Dezember 1995 bzw. im Januar 1999 geborenen Söhne M und J Leistungen in Höhe von 582,91 EUR für Juni 2006 sowie von monatlich 617,91 EUR für die Zeit vom 01. Juli bis zum 30. No¬vember 2006.
Im Juli 2006 zeigte die Antragstellerin an, dass sie in die im Rubrum bezeichnete Wohnung umziehen werde, und legte einen mit T S als Vermieter abgeschlossenen Vertrag über ein am 01. August 2006 beginnendes Mietverhältnis vor. Da die Antragsgegnerin Rückfragen bzgl. der Miethöhe hatte und im Übrigen bereits zuvor vermutet hatte, dass die Antragstellerin mit T S in eheähnlicher Lebensgemeinschaft wohnen könnte, trat sie in Ermittlungen ein. In deren Folge informierte sie die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. September 2006, dass sie vom Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit T S ausgehe. Weiter forderte sie sie unter Hinweis auf § 60 Abs. 1 Nr. 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) bis zum 01. Oktober 2006 zur Vorlage ihn betreffender Einkommens- und Vermögensnachweise auf und kündigte für den Fall fehlender Mitwirkung die Versagung der Leistung an.
Mit ihrem am 05. Oktober 2006 beim Sozialgericht Potsdam eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin begehrt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihr für den Monat Oktober 2006 617,91 EUR auszuzahlen, und ihr unter Beiordnung von Rechtsanwalt H Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die Antragsgegnerin habe die Auszahlung der Leistungen zum Oktober 2006 eingestellt. Dies sei rechtswidrig. Sie unterhalte keine Liebesbeziehung zu ihrem Vermieter und wohne auch nicht mit ihm in einem Haushalt, sei vielmehr lediglich seit einigen Jahren mit ihm befreundet. Sie habe daher keine Verfügungsgewalt über ihn betreffende Unterlagen.
Das Sozialgericht Potsdam hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 23. Oktober 2006 abgelehnt. Es seien weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es liege mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Bedarfsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und T S vor, sodass die Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II nicht widerlegt sei. Aus diesen Gründen biete das einstweilige Rechtsschutzverfahren auch keine hinreichenden Erfolgsaussichten.
Gegen diesen ihr am 26. Oktober 2006 zugestellten Beschluss richten sich die am 27. November 2006 (Montag) eingelegten Beschwerden der Antragstellerin, mit denen sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie meint, dass die Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II für sie nicht gelte, da sie nur auf Partner, nicht aber sonstige Personen anzuwenden sei. Zwischen ihr und ihrem Vermieter bestehe jedoch keine Partnerschaft. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts habe sie nicht schon früher mit ihm zusammengewohnt und auch jetzt bestehe eine weitgehend klare räumliche Trennung. Weiter habe die Antragsgegnerin den Leistungsbescheid vom 29. Mai 2006 nicht innerhalb der Zweimonatsfrist aufgehoben, sodass kein Raum mehr für eine rückwirkende Aufhebung sei. Die Antragsgegnerin sei vielmehr verpflichtet, ihrer Zahlungsverpflichtung aus dem Bewilligungsbescheid nachzukommen. Schließlich träfen sie, die Antragstellerin, keine Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I bzgl. der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des T S, selbst wenn man vom Vorliegen einer Partnerschaft ausgehe. Auch dann hätte die Antragsgegnerin einen Auskunftsanspruch gegen diesen nach § 60 SGB I, nicht aber gegen sie.
Das Sozialgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen und die Sachen dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Auf die Anfrage des Senats vom 04. Januar 2007, ob ein Aufhebungs-/Rücknahmebescheid ergangen sei, hat die Antragsgegnerin einen "Versagungs-/Entziehungsbescheid nach § 66 SGB I" vom 16. Januar 2007 vorgelegt, in dem es gestützt auf §§ 60, 66 SGB I heißt, dass die Leistungen ab dem 01. Oktober 2006 ganz versagt würden. Die mit Schreiben vom 14. Sep¬tember 2006 angeforderten fehlenden Unterlagen/Nachweise seien trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt worden. Die Antragstellerin sei ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 18. Januar 2007 Widerspruch gegen diesen Bescheid eingelegt.
II.
Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Oktober 2006 sind gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Potsdam mit seinem angefochtenen Beschluss den seinerzeit berechtigten Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war nicht die Klärung der abstrakten Frage, ob die Antragstellerin mit T S in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebt, sondern der Antrag der Antragstellerin, ihr für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder für den Oktober 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 617,91 EUR auszuzahlen. Mit diesem Begehren musste sie zur Überzeugung des Senats Erfolg haben. Die Antragsgegnerin hatte ihr mit Bescheid vom 29. Mai 2006 Leistungen für den streitgegenständlichen Zeitraum in der begehrten Höhe gewährt, hat die Leistungen jedoch nicht ausgezahlt, ohne zu diesem Zeitpunkt den Bewilligungsbescheid aufhoben oder zurückgenommen bzw. der Antragstellerin die Leistungen versagt oder entzogen zu haben. Die Antragstellerin hatte daher aus dem Bewilligungsbescheid grundsätzlich einen Auszahlungsanspruch, ohne dass es darauf angekommen wäre, ob ihr die dort gewährten Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum materiellrechtlich tatsächlich (noch) zustanden oder nicht. Diesen Auszahlungsanspruch konnte sie im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch mit einem Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG verfolgen, da sie in der Hauptsache mangels Anwendbarkeit des § 66 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) für die Vollstreckung zu Lasten der Behörde und mangels sonstiger Vollstreckungsvorschriften gegen die Antragsgegnerin Leistungsklage hätte erheben müssen (vgl. Krasney in Kasseler Kommentar, § 66 SGB X Rn. 2 m.w.N.).
Anderes ergab sich – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - vorliegend auch nicht aus der Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 331 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III). Zwar kann nach § 331 Abs. 1 Satz 1 SGB III, der für Leistungen nach dem SGB II gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 SGB II entsprechend gilt, die Zahlung einer laufenden Leistung ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig eingestellt werden. Dies setzt aber voraus, dass zum einen die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhält, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen, und zum anderen der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen, die das Sozialgericht im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens zu überprüfen gehabt hätte (vgl. zum Rechtsschutz gegen vorläufige Zahlungseinstellungen: Niesel SGB III 3. Aufl., 2005, § 331 Rn. 7; Coseriu/Jakob in PK-SGB III, § 331 Rn. 7) und für die die Antragsgegnerin die Beweislast trägt (Coseriu/Jakob in PK-SGB III, § 331 Rn. 7), konnte zum fraglichen Zeitpunkt aber offensichtlich nicht ausgegangen werden. Wie das Vorgehen der Antragsgegnerin – und insoweit nicht zuletzt ihr Bescheid vom 16. Januar 2007 – zeigt, ist nicht einmal sie selbst zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung davon überzeugt gewesen, dass sie ihren Bewilligungsbescheid vom 29. Mai 2006 für die Vergangenheit hätte aufheben können, wobei hier dahinstehen kann, ob insoweit eine Aufhebung nur auf § 48 SGB X (so Coseriu/Jakob in PK-SGB III, § 331 Rn. 11) oder auch auf § 45 SGB X (so Niesel, SGB III, 3. Aufl., 2005,§ 331 Rn. 5; Conradis in LPK-SGB II, 2. Aufl., 2007, § 40 Rn. 12) hätte gestützt werden dürfen. Denn definitiv nicht ausreichend ist insoweit eine Leistungsversagung oder –entziehung nach § 66 SGB I, von der die Antragsgegnerin hier zwischenzeitlich unter dem 16. Januar 2007 Gebrauch gemacht hat. Abgesehen davon, dass dies schon kaum mit dem Wortlaut des § 331 Abs. 1 Satz 1 SGB III ("aufzuheben") in Einklang zu bringen wäre, scheitert es daran, dass eine Leistungsversagung oder –entziehung nach § 66 Abs. 1 SGB I niemals für die Vergangenheit, sondern stets nur für die Zukunft ausgesprochen werden kann (BSG, Urteil vom 26.05.1983 – 10 RKg 13/82 – SozR 1200 § 66 Nr. 10 sowie Urteil vom 28.02.1990 – 10 RKg 17/89 – SozR 3-5870 § 11 Nr. 1) und als Ermessensentscheidung bereits nach der Gesetzesbegründung nicht dem Anwendungsbereich des § 331 Abs. 1 Satz 1 SGB III unterfällt (vgl. Coseriu/Jakob in PK-SGB III, § 331 Rn. 9 und Niesel, SGB III, 3. Aufl., 2005, § 331 Rn. 5 jeweils m.w.N.). Schließlich dient die Möglichkeit der Leistungsversagung oder –entziehung nach § 66 Abs. 1 SGB I der Behörde gerade zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten in Fällen, in denen der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt ist. Ist er aber noch nicht hinreichend geklärt, steht konsequenterweise gerade noch nicht fest, dass ein Anspruch kraft Gesetzes weggefallen oder zum Ruhen gekommen ist. Ein diesbezüglicher Verdacht – und sei er auch konkret – reicht indes für die vorläufige Zahlungseinstellung nicht aus. Vorliegend befand die Antragsgegnerin sich zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung mitten in den Ermittlungen zur Frage der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin und hatte deshalb die Androhung im Schreiben vom 14. September 2006, weitere Leistungen zu versagen oder zu entziehen, konsequenterweise auch auf §§ 60, 66 SGB X gestützt. Nachdem die Antragstellerin der von ihr – sei es zu Recht, sei es zu Unrecht - geforderten Mitwirkung nicht nachgekommen ist, hätte die Antragsgegnerin ihr die Leistungen nach Ablauf der im Schreiben vom 14. September 2006 gesetzten Frist ggfs. sofort – und zwar durch Verwaltungsakt – versagen oder entziehen müssen. Sie durfte hingegen die Leistungsgewährung nicht einfach gestützt auf § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 331 Abs. 1 SGB III vorläufig einstellen.
Nach dem zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung vorliegenden Sachverhalt lag damit der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG erforderliche Anordnungsanspruch vor. Am Vorliegen eines Anordnungsgrundes, an den angesichts des hier offensichtlich fehlerhaften Verwaltungshandelns keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen, bestehen angesichts des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II durch die Antragstellerin seit Januar 2005 keine Zweifel.
Soweit die Antragsgegnerin zwischenzeitlich mit dem Bescheid vom 16. Januar 2007 der Antragstellerin die Leistungen ab dem 01. Oktober 2006 ganz versagt hat, hat sich damit die prozessuale Situation geändert, nichts aber an dem deutlich fehlerhaften Vorgehen der Antragsgegnerin. Der Bescheid vom 16. Januar 2007, mit dem die Rechtsgrundlage für den Leistungsanspruch der Antragstellerin – der Bewilligungsbescheid vom 29. Mai 2006 – beseitigt werden sollte, ist offensichtlich rechtswidrig. Dabei kommt es auch hinsichtlich dieses Bescheides nicht darauf an, ob die Antragstellerin mit T S in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebt oder nicht und ob die Antragsgegnerin hinsichtlich seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse einen Auskunftsanspruch nach § 60 SGB I gegen ihn oder die Antragstellerin hatte. Maßgeblich ist insoweit vielmehr allein, dass Leistungen – wie bereits oben ausgeführt - gestützt auf § 66 SGB I niemals für die Vergangenheit, sondern stets nur für die Zukunft versagt oder entzogen werden können. Die Antragsgegnerin hat die Leistungen hier jedoch rückwirkend ab dem 01. Oktober 2006 versagt. Als Rechtsgrundlagen für eine rückwirkende Aufhebung einer Leistungsbewilligung kommen jedoch allein §§ 45, 48 SGB X in Betracht. Eine Umdeutung des Bescheides scheidet zur Überzeugung des Senats schon angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts des Bescheides aus und scheitert weiter an § 43 Abs. 1 SGB X, weil bisher überhaupt nicht geklärt ist, ob die Voraussetzungen für eine entsprechende Aufhebung/Rücknahme vorliegen. Schließlich ist eine Umdeutung auch im Hinblick auf die Regelung des § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB X ausgeschlossen. Denn die Rechtsfolgen der Entziehung gemäß § 66 SGB I sind im Hinblick auf § 67 SGB I für den Betroffenen günstiger als die der endgültigen Rücknahme/Aufhebung nach §§ 45, 48 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.2006, B 11a AL 5/05 R, zitiert nach juris, Rn. 21).
Da der Bescheid vom 16. Januar 2007 offensichtlich rechtswidrig ist und dementsprechend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides nicht das Interesse der Antragstellerin überwiegt, von der Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, hat der Senat von der sich aus § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ergebenden Möglichkeit, in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen, Gebrauch gemacht und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 16. Januar 2007 angeordnet (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation schon Senatsbeschluss vom 10.01.2007, L 5 B 1078/06 AS ER). Zwar hat die Antragstellerin dies nicht ausdrücklich beantragt. Bei sachdienlicher Auslegung unter Berücksichtigung des "Meistbegünstigungsprinzips" (vgl. hierzu, BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R) ist ihr Antrag jedoch dahin auszulegen, dass sie diesbezüglich um einstweiligen Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nachsucht. Mit einer erfolgreichen Anfechtung des Bescheides vom 16. Januar 2007 lebte die vorherige Leistungsbewilligung im Bescheid vom 29. Mai 2006 auf, sodass ihrem Begehren mit Widerspruch und Anfechtungsklage genüge getan wäre. Weiter kommt ihrem Widerspruch gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. Januar 2007 – ohne eine entsprechende Anordnung - keine aufschiebende Wirkung zu. Denn in Ausnahme zu dem in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG normierten Grundsatz haben nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 SGB II Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der – so Ziffer 1 – über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Der Senat geht davon aus, dass die Antragsgegnerin mit dem hier ergangenen Versagungsbescheid einen unter den Regelungsbereich des § 39 Ziffer 1 SGB II fallenden Verwaltungsakt erlassen hat, da es sich bei einer Entscheidung über die Versagung oder Entziehung einer Leistung ebenso wie bei der über die Rücknahme oder Aufhebung eines Bewilligungsbescheides – selbst soweit er sich auf die Vergangenheit beziehen sollte – um eine Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung handelt. Denn mit der entsprechenden Verfügung bringt der Leistungsträger zum Ausdruck, dass dem Betroffenen die ursprünglich gewährten Leistungen der Grundsicherung – jedenfalls vorübergehend - nicht zustanden oder ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr zustehen.
Soweit der Senat schließlich die Auszahlung von 617,91 EUR an die Antragstellerin angeordnet hat, stützt er sich auf § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG. Da der Versagungsbescheid vom 16. Januar 2007 zum Zeitpunkt der hiesigen Entscheidung – im Wege des Vorabvollzuges - bereits vollzogen ist, hielt es der Senat für geboten, die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen. Die Antragstellerin hat im Hinblick auf den Charakter der Leistungen zur Grundsicherung als Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums ein sachliches Rückabwicklungsinteresse. Der Antragsgegnerin steht es nach Abschluss ihrer Ermittlungen frei, die Leistungsgewährung ggfs. gemäß §§ 45, 48 SGB X auch für die Vergangenheit zurückzunehmen bzw. aufzuheben und einen Erstattungsanspruch geltend zu machen.
Schließlich verkennt der Senat bei seiner Entscheidung nicht, dass es vorliegend nicht um einen Anspruch der aus der Antragstellerin und ihren beiden Kindern bestehenden Bedarfsgemeinschaft als solcher, sondern um die jeweiligen Individualansprüche geht, sodass ein ordnungsgemäßes Aktivrubrum wohl auch die beiden Kinder der Antragstellerin enthalten müsste. Er nimmt indes im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Sache davon Abstand, auf eine entsprechende Klarstellung durch die Beteiligten hinzuwirken.
Da die Rechtsverfolgung vor dem Sozialgericht Potsdam zur Überzeugung des Senats erfolgreich hätte sein müssen, war der Antragstellerin für das erstinstanzliche Verfahren nach § 73a SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung auch Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Auszahlung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von 617,91 EUR für den Oktober 2006.
Die 1973 geborene Antragstellerin steht seit Januar 2005 im Leistungsbezug der Antragsgegnerin. Zuletzt gewährte diese ihr mit Bescheid vom 29. Mai 2006 für sie sowie ihre im Dezember 1995 bzw. im Januar 1999 geborenen Söhne M und J Leistungen in Höhe von 582,91 EUR für Juni 2006 sowie von monatlich 617,91 EUR für die Zeit vom 01. Juli bis zum 30. No¬vember 2006.
Im Juli 2006 zeigte die Antragstellerin an, dass sie in die im Rubrum bezeichnete Wohnung umziehen werde, und legte einen mit T S als Vermieter abgeschlossenen Vertrag über ein am 01. August 2006 beginnendes Mietverhältnis vor. Da die Antragsgegnerin Rückfragen bzgl. der Miethöhe hatte und im Übrigen bereits zuvor vermutet hatte, dass die Antragstellerin mit T S in eheähnlicher Lebensgemeinschaft wohnen könnte, trat sie in Ermittlungen ein. In deren Folge informierte sie die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. September 2006, dass sie vom Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit T S ausgehe. Weiter forderte sie sie unter Hinweis auf § 60 Abs. 1 Nr. 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) bis zum 01. Oktober 2006 zur Vorlage ihn betreffender Einkommens- und Vermögensnachweise auf und kündigte für den Fall fehlender Mitwirkung die Versagung der Leistung an.
Mit ihrem am 05. Oktober 2006 beim Sozialgericht Potsdam eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin begehrt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihr für den Monat Oktober 2006 617,91 EUR auszuzahlen, und ihr unter Beiordnung von Rechtsanwalt H Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die Antragsgegnerin habe die Auszahlung der Leistungen zum Oktober 2006 eingestellt. Dies sei rechtswidrig. Sie unterhalte keine Liebesbeziehung zu ihrem Vermieter und wohne auch nicht mit ihm in einem Haushalt, sei vielmehr lediglich seit einigen Jahren mit ihm befreundet. Sie habe daher keine Verfügungsgewalt über ihn betreffende Unterlagen.
Das Sozialgericht Potsdam hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 23. Oktober 2006 abgelehnt. Es seien weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es liege mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Bedarfsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und T S vor, sodass die Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II nicht widerlegt sei. Aus diesen Gründen biete das einstweilige Rechtsschutzverfahren auch keine hinreichenden Erfolgsaussichten.
Gegen diesen ihr am 26. Oktober 2006 zugestellten Beschluss richten sich die am 27. November 2006 (Montag) eingelegten Beschwerden der Antragstellerin, mit denen sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie meint, dass die Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II für sie nicht gelte, da sie nur auf Partner, nicht aber sonstige Personen anzuwenden sei. Zwischen ihr und ihrem Vermieter bestehe jedoch keine Partnerschaft. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts habe sie nicht schon früher mit ihm zusammengewohnt und auch jetzt bestehe eine weitgehend klare räumliche Trennung. Weiter habe die Antragsgegnerin den Leistungsbescheid vom 29. Mai 2006 nicht innerhalb der Zweimonatsfrist aufgehoben, sodass kein Raum mehr für eine rückwirkende Aufhebung sei. Die Antragsgegnerin sei vielmehr verpflichtet, ihrer Zahlungsverpflichtung aus dem Bewilligungsbescheid nachzukommen. Schließlich träfen sie, die Antragstellerin, keine Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I bzgl. der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des T S, selbst wenn man vom Vorliegen einer Partnerschaft ausgehe. Auch dann hätte die Antragsgegnerin einen Auskunftsanspruch gegen diesen nach § 60 SGB I, nicht aber gegen sie.
Das Sozialgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen und die Sachen dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Auf die Anfrage des Senats vom 04. Januar 2007, ob ein Aufhebungs-/Rücknahmebescheid ergangen sei, hat die Antragsgegnerin einen "Versagungs-/Entziehungsbescheid nach § 66 SGB I" vom 16. Januar 2007 vorgelegt, in dem es gestützt auf §§ 60, 66 SGB I heißt, dass die Leistungen ab dem 01. Oktober 2006 ganz versagt würden. Die mit Schreiben vom 14. Sep¬tember 2006 angeforderten fehlenden Unterlagen/Nachweise seien trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt worden. Die Antragstellerin sei ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 18. Januar 2007 Widerspruch gegen diesen Bescheid eingelegt.
II.
Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Oktober 2006 sind gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Potsdam mit seinem angefochtenen Beschluss den seinerzeit berechtigten Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war nicht die Klärung der abstrakten Frage, ob die Antragstellerin mit T S in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebt, sondern der Antrag der Antragstellerin, ihr für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder für den Oktober 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 617,91 EUR auszuzahlen. Mit diesem Begehren musste sie zur Überzeugung des Senats Erfolg haben. Die Antragsgegnerin hatte ihr mit Bescheid vom 29. Mai 2006 Leistungen für den streitgegenständlichen Zeitraum in der begehrten Höhe gewährt, hat die Leistungen jedoch nicht ausgezahlt, ohne zu diesem Zeitpunkt den Bewilligungsbescheid aufhoben oder zurückgenommen bzw. der Antragstellerin die Leistungen versagt oder entzogen zu haben. Die Antragstellerin hatte daher aus dem Bewilligungsbescheid grundsätzlich einen Auszahlungsanspruch, ohne dass es darauf angekommen wäre, ob ihr die dort gewährten Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum materiellrechtlich tatsächlich (noch) zustanden oder nicht. Diesen Auszahlungsanspruch konnte sie im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch mit einem Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG verfolgen, da sie in der Hauptsache mangels Anwendbarkeit des § 66 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) für die Vollstreckung zu Lasten der Behörde und mangels sonstiger Vollstreckungsvorschriften gegen die Antragsgegnerin Leistungsklage hätte erheben müssen (vgl. Krasney in Kasseler Kommentar, § 66 SGB X Rn. 2 m.w.N.).
Anderes ergab sich – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - vorliegend auch nicht aus der Regelung des § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 331 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III). Zwar kann nach § 331 Abs. 1 Satz 1 SGB III, der für Leistungen nach dem SGB II gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 SGB II entsprechend gilt, die Zahlung einer laufenden Leistung ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig eingestellt werden. Dies setzt aber voraus, dass zum einen die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhält, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen, und zum anderen der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen, die das Sozialgericht im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens zu überprüfen gehabt hätte (vgl. zum Rechtsschutz gegen vorläufige Zahlungseinstellungen: Niesel SGB III 3. Aufl., 2005, § 331 Rn. 7; Coseriu/Jakob in PK-SGB III, § 331 Rn. 7) und für die die Antragsgegnerin die Beweislast trägt (Coseriu/Jakob in PK-SGB III, § 331 Rn. 7), konnte zum fraglichen Zeitpunkt aber offensichtlich nicht ausgegangen werden. Wie das Vorgehen der Antragsgegnerin – und insoweit nicht zuletzt ihr Bescheid vom 16. Januar 2007 – zeigt, ist nicht einmal sie selbst zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung davon überzeugt gewesen, dass sie ihren Bewilligungsbescheid vom 29. Mai 2006 für die Vergangenheit hätte aufheben können, wobei hier dahinstehen kann, ob insoweit eine Aufhebung nur auf § 48 SGB X (so Coseriu/Jakob in PK-SGB III, § 331 Rn. 11) oder auch auf § 45 SGB X (so Niesel, SGB III, 3. Aufl., 2005,§ 331 Rn. 5; Conradis in LPK-SGB II, 2. Aufl., 2007, § 40 Rn. 12) hätte gestützt werden dürfen. Denn definitiv nicht ausreichend ist insoweit eine Leistungsversagung oder –entziehung nach § 66 SGB I, von der die Antragsgegnerin hier zwischenzeitlich unter dem 16. Januar 2007 Gebrauch gemacht hat. Abgesehen davon, dass dies schon kaum mit dem Wortlaut des § 331 Abs. 1 Satz 1 SGB III ("aufzuheben") in Einklang zu bringen wäre, scheitert es daran, dass eine Leistungsversagung oder –entziehung nach § 66 Abs. 1 SGB I niemals für die Vergangenheit, sondern stets nur für die Zukunft ausgesprochen werden kann (BSG, Urteil vom 26.05.1983 – 10 RKg 13/82 – SozR 1200 § 66 Nr. 10 sowie Urteil vom 28.02.1990 – 10 RKg 17/89 – SozR 3-5870 § 11 Nr. 1) und als Ermessensentscheidung bereits nach der Gesetzesbegründung nicht dem Anwendungsbereich des § 331 Abs. 1 Satz 1 SGB III unterfällt (vgl. Coseriu/Jakob in PK-SGB III, § 331 Rn. 9 und Niesel, SGB III, 3. Aufl., 2005, § 331 Rn. 5 jeweils m.w.N.). Schließlich dient die Möglichkeit der Leistungsversagung oder –entziehung nach § 66 Abs. 1 SGB I der Behörde gerade zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten in Fällen, in denen der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt ist. Ist er aber noch nicht hinreichend geklärt, steht konsequenterweise gerade noch nicht fest, dass ein Anspruch kraft Gesetzes weggefallen oder zum Ruhen gekommen ist. Ein diesbezüglicher Verdacht – und sei er auch konkret – reicht indes für die vorläufige Zahlungseinstellung nicht aus. Vorliegend befand die Antragsgegnerin sich zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung mitten in den Ermittlungen zur Frage der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin und hatte deshalb die Androhung im Schreiben vom 14. September 2006, weitere Leistungen zu versagen oder zu entziehen, konsequenterweise auch auf §§ 60, 66 SGB X gestützt. Nachdem die Antragstellerin der von ihr – sei es zu Recht, sei es zu Unrecht - geforderten Mitwirkung nicht nachgekommen ist, hätte die Antragsgegnerin ihr die Leistungen nach Ablauf der im Schreiben vom 14. September 2006 gesetzten Frist ggfs. sofort – und zwar durch Verwaltungsakt – versagen oder entziehen müssen. Sie durfte hingegen die Leistungsgewährung nicht einfach gestützt auf § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 331 Abs. 1 SGB III vorläufig einstellen.
Nach dem zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung vorliegenden Sachverhalt lag damit der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG erforderliche Anordnungsanspruch vor. Am Vorliegen eines Anordnungsgrundes, an den angesichts des hier offensichtlich fehlerhaften Verwaltungshandelns keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen, bestehen angesichts des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II durch die Antragstellerin seit Januar 2005 keine Zweifel.
Soweit die Antragsgegnerin zwischenzeitlich mit dem Bescheid vom 16. Januar 2007 der Antragstellerin die Leistungen ab dem 01. Oktober 2006 ganz versagt hat, hat sich damit die prozessuale Situation geändert, nichts aber an dem deutlich fehlerhaften Vorgehen der Antragsgegnerin. Der Bescheid vom 16. Januar 2007, mit dem die Rechtsgrundlage für den Leistungsanspruch der Antragstellerin – der Bewilligungsbescheid vom 29. Mai 2006 – beseitigt werden sollte, ist offensichtlich rechtswidrig. Dabei kommt es auch hinsichtlich dieses Bescheides nicht darauf an, ob die Antragstellerin mit T S in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebt oder nicht und ob die Antragsgegnerin hinsichtlich seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse einen Auskunftsanspruch nach § 60 SGB I gegen ihn oder die Antragstellerin hatte. Maßgeblich ist insoweit vielmehr allein, dass Leistungen – wie bereits oben ausgeführt - gestützt auf § 66 SGB I niemals für die Vergangenheit, sondern stets nur für die Zukunft versagt oder entzogen werden können. Die Antragsgegnerin hat die Leistungen hier jedoch rückwirkend ab dem 01. Oktober 2006 versagt. Als Rechtsgrundlagen für eine rückwirkende Aufhebung einer Leistungsbewilligung kommen jedoch allein §§ 45, 48 SGB X in Betracht. Eine Umdeutung des Bescheides scheidet zur Überzeugung des Senats schon angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts des Bescheides aus und scheitert weiter an § 43 Abs. 1 SGB X, weil bisher überhaupt nicht geklärt ist, ob die Voraussetzungen für eine entsprechende Aufhebung/Rücknahme vorliegen. Schließlich ist eine Umdeutung auch im Hinblick auf die Regelung des § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB X ausgeschlossen. Denn die Rechtsfolgen der Entziehung gemäß § 66 SGB I sind im Hinblick auf § 67 SGB I für den Betroffenen günstiger als die der endgültigen Rücknahme/Aufhebung nach §§ 45, 48 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 31.01.2006, B 11a AL 5/05 R, zitiert nach juris, Rn. 21).
Da der Bescheid vom 16. Januar 2007 offensichtlich rechtswidrig ist und dementsprechend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides nicht das Interesse der Antragstellerin überwiegt, von der Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, hat der Senat von der sich aus § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ergebenden Möglichkeit, in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen, Gebrauch gemacht und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 16. Januar 2007 angeordnet (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation schon Senatsbeschluss vom 10.01.2007, L 5 B 1078/06 AS ER). Zwar hat die Antragstellerin dies nicht ausdrücklich beantragt. Bei sachdienlicher Auslegung unter Berücksichtigung des "Meistbegünstigungsprinzips" (vgl. hierzu, BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R) ist ihr Antrag jedoch dahin auszulegen, dass sie diesbezüglich um einstweiligen Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nachsucht. Mit einer erfolgreichen Anfechtung des Bescheides vom 16. Januar 2007 lebte die vorherige Leistungsbewilligung im Bescheid vom 29. Mai 2006 auf, sodass ihrem Begehren mit Widerspruch und Anfechtungsklage genüge getan wäre. Weiter kommt ihrem Widerspruch gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. Januar 2007 – ohne eine entsprechende Anordnung - keine aufschiebende Wirkung zu. Denn in Ausnahme zu dem in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG normierten Grundsatz haben nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 SGB II Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der – so Ziffer 1 – über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Der Senat geht davon aus, dass die Antragsgegnerin mit dem hier ergangenen Versagungsbescheid einen unter den Regelungsbereich des § 39 Ziffer 1 SGB II fallenden Verwaltungsakt erlassen hat, da es sich bei einer Entscheidung über die Versagung oder Entziehung einer Leistung ebenso wie bei der über die Rücknahme oder Aufhebung eines Bewilligungsbescheides – selbst soweit er sich auf die Vergangenheit beziehen sollte – um eine Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung handelt. Denn mit der entsprechenden Verfügung bringt der Leistungsträger zum Ausdruck, dass dem Betroffenen die ursprünglich gewährten Leistungen der Grundsicherung – jedenfalls vorübergehend - nicht zustanden oder ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr zustehen.
Soweit der Senat schließlich die Auszahlung von 617,91 EUR an die Antragstellerin angeordnet hat, stützt er sich auf § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG. Da der Versagungsbescheid vom 16. Januar 2007 zum Zeitpunkt der hiesigen Entscheidung – im Wege des Vorabvollzuges - bereits vollzogen ist, hielt es der Senat für geboten, die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen. Die Antragstellerin hat im Hinblick auf den Charakter der Leistungen zur Grundsicherung als Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums ein sachliches Rückabwicklungsinteresse. Der Antragsgegnerin steht es nach Abschluss ihrer Ermittlungen frei, die Leistungsgewährung ggfs. gemäß §§ 45, 48 SGB X auch für die Vergangenheit zurückzunehmen bzw. aufzuheben und einen Erstattungsanspruch geltend zu machen.
Schließlich verkennt der Senat bei seiner Entscheidung nicht, dass es vorliegend nicht um einen Anspruch der aus der Antragstellerin und ihren beiden Kindern bestehenden Bedarfsgemeinschaft als solcher, sondern um die jeweiligen Individualansprüche geht, sodass ein ordnungsgemäßes Aktivrubrum wohl auch die beiden Kinder der Antragstellerin enthalten müsste. Er nimmt indes im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Sache davon Abstand, auf eine entsprechende Klarstellung durch die Beteiligten hinzuwirken.
Da die Rechtsverfolgung vor dem Sozialgericht Potsdam zur Überzeugung des Senats erfolgreich hätte sein müssen, war der Antragstellerin für das erstinstanzliche Verfahren nach § 73a SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung auch Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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