Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 9 RJ 1561/04
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 133/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (noch), ob die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) zu gewähren hat.
Der im Jahre 1958 geborene Kläger stammt aus der Türkei. Er lebt seit 1972 in Deutschland und hat hier von 1984 bis 1986 eine Ausbildung zum Feinmechaniker absolviert. Ab 1988 war der Kläger bei der Bergedorfer Zeitung beschäftigt, zunächst als Packer, dann wegen seiner Vorkenntnisse als Maschineneinrichter mit Entlohnung nach Lohngruppe IV des einschlägigen Tarifvertrages. Ab etwa 1992/1993 wurde der Kläger bei der Bergedorfer Zeitung als Schichtführer beschäftigt und von da an nach Lohngruppe V entlohnt. Etwa ab 1997 konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im Schichtdienst arbeiten und wurde daher in anderen Abteilungen eingesetzt, z.B. beim Bogendruck. Die Tätigkeit als Maschineneinrichter betrug damals nur noch etwa 10 % seiner Arbeitszeit. Im Übrigen setzte man ihn im Büro ein, insbesondere für Planungsarbeiten nach vorbereitetem Schichtplan, Koordination von Beilagen, Informationen und Maschinenbelegungen im vorbereiteten Produktionsplan, Beilagenbearbeitung im Versandbüro und Vertretung des Abteilungsleiters. Bezahlt wurde er nach Lohngruppe VI zum einen wegen der von ihm zu erfüllenden Aufgaben und außerdem als Ausgleich für den Wegfall der Schichtzulage. Im April 2003 wurde sein Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Ab November 2003 war der Kläger arbeitslos und erhielt Leistungen vom Arbeitsamt.
Am 8. Dezember 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Er begründete den Antrag im Wesentlichen mit bestehenden Knie- und Halswirbelsäulenbeschwerden sowie Schmerzen und Depressionen. Die Beklagte holte ärztliche Befundberichte ein und ließ den Kläger orthopädisch-chirurgisch und neurologisch-psychiatrisch untersuchen. Danach war der Kläger noch in der Lage, mittelschwere, gelegentlich schwere Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten.
Mit Bescheid vom 5. März 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI ab, da der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, er leide an einem Carpaltunnelsyndrom; er könne mit beiden Händen nicht mehr zupacken. Schon bei leichten Berührungen bestünden erhebliche Schmerzen. Das rechte Knie habe zweimal operiert werden müssen, und es seien erhebliche Beschwerden verblieben, wie auch die Beschwerden der Wirbelsäule, wo eine Operation (1980) keine Verbesserung gebracht habe. Außerdem leide er unter einer tiefgreifenden Depression. Als Feinmechaniker genieße er Berufsschutz.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Der Kläger besitze zwar eine abgeschlossene Berufsausbildung, er habe sich jedoch in der Vergangenheit von seinem erlernten Beruf gelöst und sich berufsfremden Hilfs- bzw. Anlerntätigkeiten zugewandt, ohne dass dafür gesundheitliche Gründe maßgebend gewesen wären. Die Verweisungsmöglichkeit sei deshalb nicht eingeschränkt. Er könne auf Arbeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes verwiesen werden. Im Hinblick auf das von den ärztlichen Gutachtern beschriebene Leistungsvermögen stehe fest, dass bei ihm keine Erwerbsminderung eingetreten sei.
Am 25. Oktober 2004 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben, zunächst mit dem Ziel, ihm Rente wegen Erwerbsminderung, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2005 hat er sein Begehren auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beschränkt und die Klage im Übrigen zurückgenommen.
Das Sozialgericht hat weitere Ermittlungen angestellt und nach Einschaltung des Nervenarztes Dr. N. als medizinischem und des Arbeitsberaters W. als berufskundigem Sachverständigen die Klage mit Urteil vom 16. Juni 2005 abgewiesen. In der Begründung heißt es, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Er sei nicht berufsunfähig, denn mit seinen Erkrankungen und Einschränkungen seines Leistungsvermögens könne er noch zumutbare Verweisungstätigkeiten im Umfang von 6 Stunden pro Arbeitstag und mehr ausüben. Sein Leistungsvermögen sei nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. N. zwar in qualitativer, nicht jedoch in quantitativer Hinsicht eingeschränkt. Danach leide der Kläger an einer rezidivierenden depressiven Störung, wobei derzeit eine mittelgradig ausgeprägte depressive Episode mit deutlichen dysphorischen Anteilen und Somatisierungsstörungen bestehe, an einem sensiblen L 5-Syndrom links, bei Zustand nach operiertem Bandscheibenvorfall L 4/5 (1980), sowie an einem Carpaltunnelsyndrom rechts mehr als links, rechtsseitig zweimal operiert. Außerdem bestünden Bluthochdruck, eine Hyperlipidämie, Adipositas und eine Gonarthrose rechts. Mit diesen Erkrankungen könne der Kläger seinen bisherigen Beruf als Schichtführer im Bereich der Maschineneinrichtung und auch nicht mehr seinen Umschulungsberuf als Feinmechaniker ausüben. Das ergebe sich daraus, dass er nur noch leichte und eingestreut mittelschwere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände verrichten könne. Der berufskundige Sachverständige W. habe Tätigkeiten auf der Ebene der Facharbeiter und der oberen Angelernten im gesamten Metallbereich deswegen ausgeschlossen, weil der Anteil mittelschwerer und teilweiser schwerer Arbeiten dort zu hoch sei und feinmechanische Arbeiten wegen der Notwendigkeit einer voll funktionierenden Feinmotorik der Hände ausschieden. Der Kläger könne jedoch zumutbare Verweisungstätigkeiten verrichten, wobei von einer bisherigen Berufsstellung als Facharbeiter auszugehen sei. Er habe schon die Tätigkeit als Maschineneinrichter bei der Bergedorfer Zeitung nur wegen seiner vorherigen Berufsausbildung als Feinmechaniker erhalten. Spätestens nach seinem beruflichen Aufstieg zum Schichtführer sei er auch als Facharbeiter nach Lohngruppe V des Lohntarifvertrages für die Druckindustrie entlohnt worden. Dort seien Tätigkeiten erfasst, die durch eine einschlägige abgeschlossen Berufsausbildung oder einen gleichwertigen Abschluss vermitteltes Fachwissen erforderten, welches auch durch entsprechende Berufserfahrung erworben sein könne. Mindestens diese Lohngruppe V sei für den Kläger als maßgeblich anzusehen. Es könne dahinstehen, ob auch noch seine Entlohnung (ab etwa 1997) nach Lohngruppe VI (Tätigkeiten, die neben der abgeschlossenen Berufsausbildung erweitertes Fachwissen erfordern, das auch durch entsprechende Berufserfahrung erworben sein kann) allein wegen der Qualität der verrichteten Arbeit gezahlt worden sei; nach Auskunft des Arbeitgebers sei hiermit auch ein Ausgleich geschaffen worden, dass der Kläger nicht mehr Schichtarbeit verrichten und als Schichtführer habe tätig sein können.
Ausgehend von der Facharbeiterstellung könne er zumutbar auf Tätigkeiten als Facharbeiter und als oberer Angelernter verwiesen werden. Solche Tätigkeiten, die seinen Leistungsvermögen entsprächen, seien auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Insbesondere könne er mit seinem Leistungsvermögen für leichte und eingestreut auch mittelschwere Tätigkeiten sowie mit seinen vielfältigen Vorkenntnissen gerade auch im Bürobereich einschließlich Sachbearbeitung unter Verwendung des Computers noch Tätigkeiten auf der oberen Angelerntenebene im Bürobereich zumutbar verrichten. Einarbeitungszeiten von weniger als 3 Monaten reichten hierfür nach den Ausführungen des berufskundigen Sachverständigen aus. Auch der Einschränkung des Klägers auf Arbeiten einfacher, eingestreut auch durchschnittlicher geistiger Art mit geringer, eingestreut auch durchschnittlicher Verantwortung sei Rechnung getragen. Die übrigen qualitativen Leistungseinschränkungen, nämlich für Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände, nicht unter besonderen Zeitdruck, nicht in Akkord- und Nachtarbeit, nicht auf Leitern oder Gerüsten, seien dabei gewahrt. Das gleiche gelte für Tätigkeiten als Lagerleiter und in dem Bereich Logistik für Tätigkeiten entsprechend einer Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr, z.B. bei Paketdiensten, Speditionen oder bei der Post.
Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg ist dem Kläger am 30. Juni 2005 zugestellt worden. Am 1. August 2005 (Montag) hat er Berufung eingelegt.
Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor: Entgegen der Auffassung des Gutachters Dr. N. bestehe bei ihm eine psychische Erkrankung, die ihn selbst daran hindere, leichte Arbeiten in einiger Regelmäßigkeit noch auszuüben. Auch nach Auffassung des Gutachters leide er an einer mittelgradig ausgeprägten depressiven Episode mit deutlichen dysphorischen Anteilen und Somatisierungsstörungen und darüber hinaus an einem L 5-Syndrom links bei Zustand nach operiertem Bandscheibenvorfall, schließlich an einem Carpaltunnelsyndrom, an Bluthochdruck, Hyperlipidämie, Adipositas und Gonarthrose. In seinem bisherigen Beruf könne er bei diesen gesundheitlichen Problemen nicht mehr tätig werden. Es seien allerdings auch keine anderen Tätigkeiten zumutbarer Art mehr zu verrichten. Die vom Sozialgericht genannten Verweisungsmöglichkeiten erschlössen sich ihm bei seinem Gesundheitsbild gerade nicht. Die aufgezeigten Tätigkeiten seien im Übrigen seiner eigentlichen Tätigkeit so wenig vergleichbar, dass sie nicht wirklich als Verweisungstätigkeiten angenommen werden könnten. Im Rahmen des Berufungsverfahrens sollten seine gesundheitlichen Einschränkungen erneut umrissen und mit einem berufskundlichen Berater in Frage kommende Verweisungsmöglichkeiten erörtert werden. Dies werde ergeben, dass angemessene Verweisungsmöglichkeiten nicht vorhanden seien, da er gesundheitlich die vorgeschlagenen Beschäftigungen nicht ausführen könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Dezember 2003 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer zu gewähren.
die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts.
Der Senat hat eine Stellungnahme des Nervenarztes Dr. L. eingeholt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 11. August 2006 aus, bei der körperlichen Untersuchung sei die Beurteilbarkeit durch das von außerordentlicher Klagsamkeit und uneingeschränktem Bemühen um Mitarbeit bestimmten Verhalten des Klägers erschwert worden. Es hätten sich eindeutig als bewusstseinsnah einzuordnende Ausgestaltungs- und Aggravationstendenzen gezeigt. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei beeinträchtigt durch eine maximal mittelschwere, stark dysphor geprägte depressive Störung mit Somatisierung; demgegenüber habe sich für ein manifestes Karpaltunnelsyndrom oder eine nennenswerte Nervenwurzelreizerscheinung kein Anhaltspunkt ergeben. Er könne ganz überwiegend leichte körperliche Tätigkeit einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung und ohne Stressoren in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltungen, ohne schwere Trage-, Hebe- oder Bückbelastung, nicht unter erhöhtem Zeitdruck, Akkord-, Schicht- oder Nachtarbeitsbedingungen vollschichtig und regelmäßig verrichten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Einschränkungen bestünden seit Antragstellung.
Der Kläger widerspricht der Einschätzung des Gutachters, dass bei dem vorliegenden Krankheitsbild leichte körperliche Arbeiten noch vollschichtig verrichtbar seien.
Die den Kläger betreffenden Sachakten der Beklagten und Akten des Versorgungsamtes Hamburg haben vorgelegen. Auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher zulässig. Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet.
Der nach ausführlichen medizinischen und berufskundlichen Ermittlungen ergangenen Entscheidung des Sozialgerichts ist zu folgen. Danach ist der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 SGB VI. Sein Vorbringen im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Der Kläger trägt in der Sache nichts Neues vor, vielmehr behauptet er lediglich unsubstantiiert, der Gutachter Dr. N. habe aus seinen (vom Kläger nicht angezweifelten) medizinischen Feststellungen den falschen Schluss gezogen, dass er, der Kläger, wenigstens leichte Arbeiten in einiger Regelmäßigkeit noch ausüben könne. War schon zweifelhaft, ob dieses dünne Vorbringen überhaupt zwingend eine erneute medizinische Beurteilung hätte veranlassen müssen, so wird jedenfalls die Einschätzung des Sozialgerichts durch das ausführlich und überzeugend begründete Gutachten von Dr. L. bestätigt. Gegen dieses hat der Kläger nichts Substantiiertes einzuwenden.
Auch das Vorbringen des Klägers zu den berufskundlichen Einschätzungen einer Verweisungsmöglichkeit gibt keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Das Sozialgericht hat dem Kläger Berufsschutz ja eingeräumt. Dem Kläger geht es offenbar nur darum, eine "zweite Meinung" zu erhalten in der Hoffnung, dass ein anderer Sachverständiger die Verweisungsmöglichkeiten anders beurteile. Es ist jedoch nicht Sinn des Berufungsverfahrens, gut begründete und nachvollziehbare Darlegungen eines Gutachters, denen das erstinstanzliche Gericht gefolgt ist, nur deswegen in Frage zu stellen, weil der Rechtsmittelkläger diese ohne nähere Begründung für falsch hält.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (noch), ob die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) zu gewähren hat.
Der im Jahre 1958 geborene Kläger stammt aus der Türkei. Er lebt seit 1972 in Deutschland und hat hier von 1984 bis 1986 eine Ausbildung zum Feinmechaniker absolviert. Ab 1988 war der Kläger bei der Bergedorfer Zeitung beschäftigt, zunächst als Packer, dann wegen seiner Vorkenntnisse als Maschineneinrichter mit Entlohnung nach Lohngruppe IV des einschlägigen Tarifvertrages. Ab etwa 1992/1993 wurde der Kläger bei der Bergedorfer Zeitung als Schichtführer beschäftigt und von da an nach Lohngruppe V entlohnt. Etwa ab 1997 konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im Schichtdienst arbeiten und wurde daher in anderen Abteilungen eingesetzt, z.B. beim Bogendruck. Die Tätigkeit als Maschineneinrichter betrug damals nur noch etwa 10 % seiner Arbeitszeit. Im Übrigen setzte man ihn im Büro ein, insbesondere für Planungsarbeiten nach vorbereitetem Schichtplan, Koordination von Beilagen, Informationen und Maschinenbelegungen im vorbereiteten Produktionsplan, Beilagenbearbeitung im Versandbüro und Vertretung des Abteilungsleiters. Bezahlt wurde er nach Lohngruppe VI zum einen wegen der von ihm zu erfüllenden Aufgaben und außerdem als Ausgleich für den Wegfall der Schichtzulage. Im April 2003 wurde sein Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Ab November 2003 war der Kläger arbeitslos und erhielt Leistungen vom Arbeitsamt.
Am 8. Dezember 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Er begründete den Antrag im Wesentlichen mit bestehenden Knie- und Halswirbelsäulenbeschwerden sowie Schmerzen und Depressionen. Die Beklagte holte ärztliche Befundberichte ein und ließ den Kläger orthopädisch-chirurgisch und neurologisch-psychiatrisch untersuchen. Danach war der Kläger noch in der Lage, mittelschwere, gelegentlich schwere Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten.
Mit Bescheid vom 5. März 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI ab, da der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, er leide an einem Carpaltunnelsyndrom; er könne mit beiden Händen nicht mehr zupacken. Schon bei leichten Berührungen bestünden erhebliche Schmerzen. Das rechte Knie habe zweimal operiert werden müssen, und es seien erhebliche Beschwerden verblieben, wie auch die Beschwerden der Wirbelsäule, wo eine Operation (1980) keine Verbesserung gebracht habe. Außerdem leide er unter einer tiefgreifenden Depression. Als Feinmechaniker genieße er Berufsschutz.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Der Kläger besitze zwar eine abgeschlossene Berufsausbildung, er habe sich jedoch in der Vergangenheit von seinem erlernten Beruf gelöst und sich berufsfremden Hilfs- bzw. Anlerntätigkeiten zugewandt, ohne dass dafür gesundheitliche Gründe maßgebend gewesen wären. Die Verweisungsmöglichkeit sei deshalb nicht eingeschränkt. Er könne auf Arbeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes verwiesen werden. Im Hinblick auf das von den ärztlichen Gutachtern beschriebene Leistungsvermögen stehe fest, dass bei ihm keine Erwerbsminderung eingetreten sei.
Am 25. Oktober 2004 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben, zunächst mit dem Ziel, ihm Rente wegen Erwerbsminderung, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2005 hat er sein Begehren auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beschränkt und die Klage im Übrigen zurückgenommen.
Das Sozialgericht hat weitere Ermittlungen angestellt und nach Einschaltung des Nervenarztes Dr. N. als medizinischem und des Arbeitsberaters W. als berufskundigem Sachverständigen die Klage mit Urteil vom 16. Juni 2005 abgewiesen. In der Begründung heißt es, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Er sei nicht berufsunfähig, denn mit seinen Erkrankungen und Einschränkungen seines Leistungsvermögens könne er noch zumutbare Verweisungstätigkeiten im Umfang von 6 Stunden pro Arbeitstag und mehr ausüben. Sein Leistungsvermögen sei nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. N. zwar in qualitativer, nicht jedoch in quantitativer Hinsicht eingeschränkt. Danach leide der Kläger an einer rezidivierenden depressiven Störung, wobei derzeit eine mittelgradig ausgeprägte depressive Episode mit deutlichen dysphorischen Anteilen und Somatisierungsstörungen bestehe, an einem sensiblen L 5-Syndrom links, bei Zustand nach operiertem Bandscheibenvorfall L 4/5 (1980), sowie an einem Carpaltunnelsyndrom rechts mehr als links, rechtsseitig zweimal operiert. Außerdem bestünden Bluthochdruck, eine Hyperlipidämie, Adipositas und eine Gonarthrose rechts. Mit diesen Erkrankungen könne der Kläger seinen bisherigen Beruf als Schichtführer im Bereich der Maschineneinrichtung und auch nicht mehr seinen Umschulungsberuf als Feinmechaniker ausüben. Das ergebe sich daraus, dass er nur noch leichte und eingestreut mittelschwere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände verrichten könne. Der berufskundige Sachverständige W. habe Tätigkeiten auf der Ebene der Facharbeiter und der oberen Angelernten im gesamten Metallbereich deswegen ausgeschlossen, weil der Anteil mittelschwerer und teilweiser schwerer Arbeiten dort zu hoch sei und feinmechanische Arbeiten wegen der Notwendigkeit einer voll funktionierenden Feinmotorik der Hände ausschieden. Der Kläger könne jedoch zumutbare Verweisungstätigkeiten verrichten, wobei von einer bisherigen Berufsstellung als Facharbeiter auszugehen sei. Er habe schon die Tätigkeit als Maschineneinrichter bei der Bergedorfer Zeitung nur wegen seiner vorherigen Berufsausbildung als Feinmechaniker erhalten. Spätestens nach seinem beruflichen Aufstieg zum Schichtführer sei er auch als Facharbeiter nach Lohngruppe V des Lohntarifvertrages für die Druckindustrie entlohnt worden. Dort seien Tätigkeiten erfasst, die durch eine einschlägige abgeschlossen Berufsausbildung oder einen gleichwertigen Abschluss vermitteltes Fachwissen erforderten, welches auch durch entsprechende Berufserfahrung erworben sein könne. Mindestens diese Lohngruppe V sei für den Kläger als maßgeblich anzusehen. Es könne dahinstehen, ob auch noch seine Entlohnung (ab etwa 1997) nach Lohngruppe VI (Tätigkeiten, die neben der abgeschlossenen Berufsausbildung erweitertes Fachwissen erfordern, das auch durch entsprechende Berufserfahrung erworben sein kann) allein wegen der Qualität der verrichteten Arbeit gezahlt worden sei; nach Auskunft des Arbeitgebers sei hiermit auch ein Ausgleich geschaffen worden, dass der Kläger nicht mehr Schichtarbeit verrichten und als Schichtführer habe tätig sein können.
Ausgehend von der Facharbeiterstellung könne er zumutbar auf Tätigkeiten als Facharbeiter und als oberer Angelernter verwiesen werden. Solche Tätigkeiten, die seinen Leistungsvermögen entsprächen, seien auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Insbesondere könne er mit seinem Leistungsvermögen für leichte und eingestreut auch mittelschwere Tätigkeiten sowie mit seinen vielfältigen Vorkenntnissen gerade auch im Bürobereich einschließlich Sachbearbeitung unter Verwendung des Computers noch Tätigkeiten auf der oberen Angelerntenebene im Bürobereich zumutbar verrichten. Einarbeitungszeiten von weniger als 3 Monaten reichten hierfür nach den Ausführungen des berufskundigen Sachverständigen aus. Auch der Einschränkung des Klägers auf Arbeiten einfacher, eingestreut auch durchschnittlicher geistiger Art mit geringer, eingestreut auch durchschnittlicher Verantwortung sei Rechnung getragen. Die übrigen qualitativen Leistungseinschränkungen, nämlich für Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik der Hände, nicht unter besonderen Zeitdruck, nicht in Akkord- und Nachtarbeit, nicht auf Leitern oder Gerüsten, seien dabei gewahrt. Das gleiche gelte für Tätigkeiten als Lagerleiter und in dem Bereich Logistik für Tätigkeiten entsprechend einer Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr, z.B. bei Paketdiensten, Speditionen oder bei der Post.
Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg ist dem Kläger am 30. Juni 2005 zugestellt worden. Am 1. August 2005 (Montag) hat er Berufung eingelegt.
Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor: Entgegen der Auffassung des Gutachters Dr. N. bestehe bei ihm eine psychische Erkrankung, die ihn selbst daran hindere, leichte Arbeiten in einiger Regelmäßigkeit noch auszuüben. Auch nach Auffassung des Gutachters leide er an einer mittelgradig ausgeprägten depressiven Episode mit deutlichen dysphorischen Anteilen und Somatisierungsstörungen und darüber hinaus an einem L 5-Syndrom links bei Zustand nach operiertem Bandscheibenvorfall, schließlich an einem Carpaltunnelsyndrom, an Bluthochdruck, Hyperlipidämie, Adipositas und Gonarthrose. In seinem bisherigen Beruf könne er bei diesen gesundheitlichen Problemen nicht mehr tätig werden. Es seien allerdings auch keine anderen Tätigkeiten zumutbarer Art mehr zu verrichten. Die vom Sozialgericht genannten Verweisungsmöglichkeiten erschlössen sich ihm bei seinem Gesundheitsbild gerade nicht. Die aufgezeigten Tätigkeiten seien im Übrigen seiner eigentlichen Tätigkeit so wenig vergleichbar, dass sie nicht wirklich als Verweisungstätigkeiten angenommen werden könnten. Im Rahmen des Berufungsverfahrens sollten seine gesundheitlichen Einschränkungen erneut umrissen und mit einem berufskundlichen Berater in Frage kommende Verweisungsmöglichkeiten erörtert werden. Dies werde ergeben, dass angemessene Verweisungsmöglichkeiten nicht vorhanden seien, da er gesundheitlich die vorgeschlagenen Beschäftigungen nicht ausführen könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Juni 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Dezember 2003 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer zu gewähren.
die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts.
Der Senat hat eine Stellungnahme des Nervenarztes Dr. L. eingeholt. Dieser führt in seinem Gutachten vom 11. August 2006 aus, bei der körperlichen Untersuchung sei die Beurteilbarkeit durch das von außerordentlicher Klagsamkeit und uneingeschränktem Bemühen um Mitarbeit bestimmten Verhalten des Klägers erschwert worden. Es hätten sich eindeutig als bewusstseinsnah einzuordnende Ausgestaltungs- und Aggravationstendenzen gezeigt. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei beeinträchtigt durch eine maximal mittelschwere, stark dysphor geprägte depressive Störung mit Somatisierung; demgegenüber habe sich für ein manifestes Karpaltunnelsyndrom oder eine nennenswerte Nervenwurzelreizerscheinung kein Anhaltspunkt ergeben. Er könne ganz überwiegend leichte körperliche Tätigkeit einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung und ohne Stressoren in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltungen, ohne schwere Trage-, Hebe- oder Bückbelastung, nicht unter erhöhtem Zeitdruck, Akkord-, Schicht- oder Nachtarbeitsbedingungen vollschichtig und regelmäßig verrichten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Einschränkungen bestünden seit Antragstellung.
Der Kläger widerspricht der Einschätzung des Gutachters, dass bei dem vorliegenden Krankheitsbild leichte körperliche Arbeiten noch vollschichtig verrichtbar seien.
Die den Kläger betreffenden Sachakten der Beklagten und Akten des Versorgungsamtes Hamburg haben vorgelegen. Auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher zulässig. Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet.
Der nach ausführlichen medizinischen und berufskundlichen Ermittlungen ergangenen Entscheidung des Sozialgerichts ist zu folgen. Danach ist der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 SGB VI. Sein Vorbringen im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Der Kläger trägt in der Sache nichts Neues vor, vielmehr behauptet er lediglich unsubstantiiert, der Gutachter Dr. N. habe aus seinen (vom Kläger nicht angezweifelten) medizinischen Feststellungen den falschen Schluss gezogen, dass er, der Kläger, wenigstens leichte Arbeiten in einiger Regelmäßigkeit noch ausüben könne. War schon zweifelhaft, ob dieses dünne Vorbringen überhaupt zwingend eine erneute medizinische Beurteilung hätte veranlassen müssen, so wird jedenfalls die Einschätzung des Sozialgerichts durch das ausführlich und überzeugend begründete Gutachten von Dr. L. bestätigt. Gegen dieses hat der Kläger nichts Substantiiertes einzuwenden.
Auch das Vorbringen des Klägers zu den berufskundlichen Einschätzungen einer Verweisungsmöglichkeit gibt keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Das Sozialgericht hat dem Kläger Berufsschutz ja eingeräumt. Dem Kläger geht es offenbar nur darum, eine "zweite Meinung" zu erhalten in der Hoffnung, dass ein anderer Sachverständiger die Verweisungsmöglichkeiten anders beurteile. Es ist jedoch nicht Sinn des Berufungsverfahrens, gut begründete und nachvollziehbare Darlegungen eines Gutachters, denen das erstinstanzliche Gericht gefolgt ist, nur deswegen in Frage zu stellen, weil der Rechtsmittelkläger diese ohne nähere Begründung für falsch hält.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
Saved