Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 1644/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1161/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. Februar 2004 sowie der Bescheid vom 3. Juni 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2003 aufgehoben. Der Bescheid vom 7. April 2004 wird abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, beim Kläger über das angenommene Teilanerkenntnis hinaus ab Februar 2005 das Merkzeichen "aG" festzustellen.
Der Beklagte trägt drei Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Im Streit steht nur noch die Zuerkennung des Merkzeichens "aG".
Mit Bescheid vom 14. November 2001 anerkannte das Versorgungsamt Ulm (VA) bei dem 1958 geborenen Kläger in Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Ulm (SG) vom 23. Oktober 2001 (Az: S 9 SB 916/00) einen GdB von 50 für die Zeit vom 9. September 1999 bis 30. September 2000, ab 1. Oktober 2000 einen GdB von 60 sowie das Vorliegen des Merkzeichens "G". Dem lagen als Behinderungen degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Bandscheibenschaden sowie Nervenwurzelreizerscheinungen und ein Postnukleotomiesyndrom (Teil-GdB von 50), eine koronare Herzkrankheit mit Stentimplantation (Teil-GdB von 20) sowie ein Bluthochdruck zugrunde. In dem gegen die Entscheidung des SG durchgeführten Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg ([LSG] - Az.: L 11 SB 4644/01) verglichen sich die Beteiligten dahingehend, dass der Beklagte zu prüfen habe, ob ein höherer GdB und der Nachteilsausgleich "aG" festzustellen seien.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2002 lehnte das VA in Ausführung des gerichtlichen Vergleichs die Neufeststellung der Behinderungen und die Anerkennung des Merkzeichens "aG" ab, da gegenüber der letzten maßgeblichen Feststellung im November 2001 keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten sei.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch u.a. mit der Begründung, er habe stärkste Schmerzen in der Lendenwirbelsäule (LWS), in der Hüfte und im linken Fuß. Er erhalte starke Morphiumgaben und könne nur fünf Minuten gehen oder stehen. Auch die Herzbeschwerden hätten zugenommen. Im übrigen befinde er sich mittlerweile in psychologischer Behandlung. Das VA zog daraufhin die gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. M.-F., Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Kreiskrankenhaus H., vom 29. Oktober 2002, erstellt für die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft im Verfahren um die Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung als Berufskrankheit, sowie das nervenfachärztliche Zusatzgutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K., Klinikum H., vom 21. März 2003 bei. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft legte ferner den Bescheid vom 23. April 2003 über die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit wegen des Vorliegens einer Berufskrankheit (bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS nach Nrn. 2108/2110 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung) vor.
Nach Einholung einer versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2003 den Widerspruch des Klägers zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 11. Juli 2003 Klage zum SG. Er legte den Arztbrief des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 25. September 2003 über die am 11. September 2003 erfolgte Revisionsoperation ("Abtragen ausgeprägter narbiger Verwachsungen samt osteochondrotischer Zwischenwirbelraumprotrusionen über Wiedereröffnen der Hemilaminektomie L 5 links und erweiterte interlaminäre Fensterung LW 5/SW 1 rechts incl. Ausräumung des Zwischenwirbelraumes LWK 5/SWK 1 beidseits") vor. Das SG befragte die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Orthopäde Dr. K. führte unter dem 12. November 2003 aus, die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers seien als schwer einzustufen. Aufgrund der bestehenden Gehbehinderungen (der Kläger könne sich nur im häuslichen Bereich und nur unter Zuhilfenahme von Gehstützen bewegen) und Lähmungserscheinungen sei die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" aus seiner Sicht gerechtfertigt. PD Dr. K. vom Bundeswehrkrankenhaus U. führte unter dem 20. November 2003 aus, er erachte die bestehenden Behinderungen auf orthopädischem Fachgebiet mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet. Zu berücksichtigen sei zusätzlich aber noch die Schmerzproblematik. Der Kläger sei selbstständig gehfähig und bedürfe nicht fremder Hilfe. Allerdings sei durch die bestehenden Schmerzen das Gehvermögen durchaus eingeschränkt.
Mit Urteil vom 9. Februar 2004 wies das SG die Klage ab, gestützt im wesentlichen auf die Ausführungen des PD Dr. K ...
Gegen das am 19. Februar 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. März 2004 Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen.
Mit Bescheid vom 7. April 2004 hat das VA den Bescheid vom 14. November 2001 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben und einen GdB von 70 ab 9. September 2003 unter Berücksichtigung folgender Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt: Operierter Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, chronisches Schmerzsyndrom, koronare Herzkrankheit (90 Watt), Lungenfunktionseinschränkung und Depression.
Das Gericht hat den Internisten und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. G., den Orthopäden Dr. K., den Internisten und Kardiologen Dr. B. sowie die Psychologische Psychotherapeutin Dipl.-Psych. K. als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Dr. G. hat in seiner Auskunft vom 26. Juli 2004 angegeben, beim Kläger liege eine leichtgradige chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit Atemnot bei Belastung vor. Die Behinderung sei als leicht zu beurteilen und begründe keine außergewöhnliche Gehbehinderung. Dr. K. hat unter dem 28. Juli 2004 berichtet, beim Kläger bestehe ein schweres Postnukleotomiesyndrom mit Paresen beidseits bei Zustand nach Nukleotomie und Renukleotomie L 5/S 1 bei zunehmender Instabilität L 5/S 1, eine Coxarthrose beidseits mit Minderung der Belastbarkeit und Funktion. Die Behinderung sei als schwer zu bezeichnen. Der Kläger könne sich nur im häuslichen Bereich unter Zuhilfenahme von Gehstützen bewegen. Das Merkzeichen "aG" sei gerechtfertigt. Dr. B. hat ausgeführt, beim Kläger liege eine koronare 2-Gefäßerkrankung vor, die keine funktionellen Behinderungen bedinge. Der Kläger leide jedoch unter starken Angstzuständen, da immer wieder, wenn auch durch das bestehende Asthma mit bedingt, eine Dyspnoesymptomatik auftrete, die der Kläger (auch) auf eine Herzerkrankung zurückführe. Unter Berücksichtigung dieser Angstzustände sei die Behinderung als mittelschwer einzustufen. Dipl.-Psych. K. hat angegeben, sie behandle den Kläger mit den Diagnosen einer Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik nach Suizid des Nachbarn bei chronischer Schmerzsymptomatik sowie einem LWS-Syndrom bei Abhängigkeitssyndrom durch Opioide und Schmerzmittel. Der Kläger könne ohne Gehstützen nur sehr erschwert mehr als einige Meter laufen und sich nur unter größter Anstrengung außerhalb seines Kfz bewegen.
Das Gericht hat den Orthopäden Dr. F., Oberarzt der Abteilung Orthopädie/ Sporttraumatologie am Bundeswehrkrankenhaus U. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Unter dem 25. Februar 2005 führt er aus, beim Kläger bestehe auf orthopädischem Fachgebiet ein chronisch-rezidivierendes LWS-Syndrom mit ausgeprägten Schmerzzuständen und funktioneller Beeinträchtigung sowie ein akutes Wurzelreizsyndrom S 1 links mit Hyposensibilität im betroffenen Dermatom, eine alte muskuläre Verletzung der Fingerstreckmuskulatur links mit funktioneller Beeinträchtigung sowie eine Hüftgelenksarthrose I bis II links mit beginnender funktioneller Einschränkung. Das LWS-Syndrom sei als sehr schwer (Teil-GdB 50), die Hüftgelenksarthrose (Teil-GdB 10) sowie die Verletzung der Fingerstreckmuskulatur (Teil-GdB 10) seien als leicht zu bezeichnen. Die koronare Herzkrankheit bewerte er mit einem Teil-GdB von 20, die Lungenfunktionsstörung mit 20 und die Depression auch mit 20. Den Gesamt-GdB bewerte er mit 70. Der Kläger könne sich wegen der Schwere des gesamten Leidenszustands, vor allem aber auch unter Berücksichtigung der inneren Leiden, zwar ohne fremde Hilfe, jedoch dauernd nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeugs bewegen. Er müsse zum Gehen 2 Unterarmgehstützen verwenden. Hinzu komme die aufgrund der Herzkrankheit bestehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf 90 Watt. Er erfülle daher die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG". Die Voraussetzungen des Merkzeichens "B" seien dagegen nicht erfüllt. Dem Gutachten beigefügt war der Arztbrief des Facharztes für Radiologie Dr. R. vom 14. Dezember 2004 über die am 13. Dezember 2004 durchgeführte Kernspintomographie der LWS.
Der Beklagte hat die vä Stellungnahme vom 20. Mai 2005 (Dr. W.) vorgelegt, der zwar die von Dr. F. vorgeschlagene Bewertung des Gesamt-GdB mit 70 teilt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" jedoch nicht als gegeben ansieht. Zur Begründung wird ausgeführt, dass schon kein GdB von 80 vorliege, der die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" rechtfertigen könne. Zum anderen sei unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 50 für die Wirbelsäulenerkrankung und 10 für die Einschränkung der Hüftgelenksbeweglichkeit eine außergewöhnliche Gehbehinderung nicht begründbar. Die Teil-GdB-Werte für die Herzerkrankung, die Lungenfunktionsstörung und die Depression würden zu einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nichts beitragen.
Der Kläger hat ergänzend den Arztbrief des Kardiologen Dr. B. vom 30. März 2005 sowie den Konsiliarbericht von Dr. K. (ohne Datum) vorgelegt.
Das Gericht hat weiter Dr. F. um eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme zum Merkzeichen "aG" gebeten. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. November 2005 hat Dr. F. u.a. ausgeführt, das Bewerkstelligen von 50 m Gehstrecke am Stück mit Hilfe von Unterarmgehstützen, die beim Kläger wegen der Wirbelsäulen- und Schmerzerkrankung indiziert seien, stellten für diesen wegen der zusätzlich bestehenden Einschränkung der Belastbarkeit infolge der bestehenden Herzerkrankung eine körperliche Hochleistung dar. Dabei seien die ersten 50 Meter bis zur notwendigen Pause nach klinischer Erfahrung "leichter" zurückzulegen als die nachfolgenden Wegstrecken. Dies bedeute, dass die dann notwendig werdenden Pausen immer länger würden, wenn man die erste Pause mit etwa 5 bis 10 Minuten veranschlage. Zudem spiele gerade bei Herz- und Lungenerkrankten die Tagesform eine erhebliche Rolle für die mögliche Gehstrecke, so dass keine Zeitangaben für Gehstrecken und Pausen gemacht werden könnten. Es sei davon auszugehen, dass das Gehvermögen des Klägers schon vom ersten Schritt an auf das Schwerste eingeschränkt sei.
Der Beklagte hat daraufhin das Vergleichsangebot vom 23. Januar 2006 unterbreitet (GdB von 80 ab 2/2005), das der Kläger nicht angenommen hat. Das Gericht hat den Arzt für Innere Medizin Dr. R. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt (Auskunft vom 6. April 2006), sowie den Internisten und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. G. (Auskunft vom 7. April 2006).
Unter dem 26. April 2006 hat der Beklagte ein weiteres Vergleichsangebot unterbreitet, wonach ab 2/2005 der GdB 80 betrage und 100 ab 2/2006, die Merkzeichen "G" und "B" festgestellt blieben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet würden. Dem Angebot hat die vä Stellungnahme vom 24. April 2006 zugrunde gelegen, in der ein Teil-GdB von 50 für das chronische Schmerzsyndrom und den Bandscheibenschaden, ein Teil-GdB von 20 für die koronare Herzkrankheit, ein Teil-GdB von 40 ab 2/2006 für eine chronische Bronchitis/Lungenfunktionsein¬schränkung, ein Teil-GdB von 20 für Depression, ein Teil-GdB von 30 ab 2/2005 für eine Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks sowie ein Teil-GdB von 10 für die Gebrauchseinschränkung der linken Hand vorgeschlagen worden ist.
Der Beklagte hat unter dem 26. September 2006 mitgeteilt, er halte das Vergleichsangebot auch als Teilanerkenntnis aufrecht. Der Kläger hat unter dem 9. Oktober 2006 erklärt, er nehme das Teilanerkenntnis an, halte an seiner Berufung im Hinblick auf das Merkzeichen "aG" allerdings fest.
Der Kläger beantragt daher nur noch, sinngemäß gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. Februar 2004 sowie den Bescheid vom 3. Juni 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2003 aufzuheben, den Bescheid vom 7. April 2004 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm über das angenommene Teilanerkenntnis vom 26. April 2006 hinaus ab Antragstellung das Merkzeichen "aG" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die angefochtenen Entscheidungen unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses vom 26. April 2006 als zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist überwiegend begründet. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" liegen zwar nicht seit Antragstellung, aber jedenfalls seit Februar 2005 vor.
Streitgegenstand ist vorliegend nur noch das Merkzeichen "aG", nachdem sich der Rechtsstreit im übrigen durch das angenommene Teilanerkenntnis vom 26. April 2006 erledigt hat.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind insoweit seit 01.07.2001 die Vorschriften des 9. Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63, 68 des SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046).
Der Nachteilsausgleich "aG" steht Schwerbehinderten zu, die außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) oder anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften sind.
Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "aG" befreit den Behinderten von Beschränkungen des Haltens und Parkens im Straßenverkehr und eröffnet ihm besonders gekennzeichnete Parkmöglichkeiten. Darüber hinaus ist er als Halter eines Kraftfahrzeuges von der Kraftfahrzeugsteuer befreit (§ 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz). Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO (vgl. BAnz 1976 Nr. 142 vom 31.07.1976 , S. 3. ff) sind als Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht , Ausgabe 2004 (AP), die der Senat im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung anwendet (vgl. BSG 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 aaO; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R), sind als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigen, beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz anzusehen (S. 140), was insoweit einen GdB von mindestens 80 voraussetzt (S. 72). Nach den AP ist von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nur dann auszugehen, wenn die Fortbewegung auf das Schwerste eingeschränkt ist (Abschnitt 31 Abs. 4; vgl. auch BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nrn. 11, 18). Der begünstigte Personenkreis ist daher eng zu fassen, weil eine Ausweitung desselben die Verknappung des ortsnahen Parkraums - der im übrigen nicht beliebig vermehrbar ist - nach sich ziehen würde, wodurch dem gesamten begünstigten Personenkreis letztlich eine längere Wegstrecke zugemutet würde (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 28). Deshalb ist ein Betroffener der Gruppe der in der Verwaltungsvorschrift beispielhaft aufgeführten schwerbehinderten Menschen nur gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Schwerbehinderten oder nur mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Der vollständige Verlust des Gehvermögens ist daher nicht zu fordern. Das Restgehvermögen muss aber so weit eingeschränkt sein, dass es dem Betroffenen unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (BSG, Urteil vom 10.12.2002 -B 9 SB 7/01 R).
Einen exakten Beurteilungsmaßstab zur Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises nach dem gesteigerten Energieaufwand beim Gehen gibt es nicht. Das BSG hält eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke hierfür grundsätzlich nicht für tauglich. Die mögliche Weglänge bis zu den ersten auftretenden Zeichen der Erschöpfung ist aber ein gewichtiges Indiz für die Beurteilung des Restgehvermögens (vgl. BSG vom 10.12.2002 zu einer Gehpause wegen Erschöpfung nach 30 Metern).
Aus dem Gebot, den begünstigten Personenkreis eng zu fassen, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. stellvertretend Urteil vom 27.09.2001 - L 6 SB 1340/00 mwN) abgeleitet, dass die Sonderparkplätze in der Nähe von Behörden, anderen öffentlichen Einrichtungen oder Kliniken sowie die Sonderparkrechte vor Wohnungen und Arbeitsstätten denjenigen vorbehalten bleiben sollen, denen nur noch Wegstrecken zumutbar sind, die sie von diesen Sonderparkplätzen aus üblicherweise bis zum Eingang des zu erreichenden Gebäudes zurücklegen können. Solche Wegstrecken in die Eingangsbereiche der betreffenden Gebäude betragen in der Regel unter 100 m (vgl. LSG aaO; ebenso der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 19.03.2002 - L 11 SB 942/01). Die Fähigkeit des Behinderten, Wegstrecken über 100 Meter ohne Erholungspausen und Zeichen der Überanstrengung in angemessener Zeit zurücklegen zu können, erachtet der Senat unter Berücksichtigung der Entscheidung des BSG vom 10.12.2002 in Fortentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung als gewichtiges Indiz für ein anspruchsausschließendes Restgehvermögen.
Unter Berücksichtigung dieser und der in den Anhaltspunkten niedergelegten Grundsätze ist im Fall des Klägers von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung, nachgewiesen seit Februar 2005, auszugehen.
Dabei stützt sich der Senat bei seiner Beurteilung insbesondere auf die Ausführungen von Dr. F. sowie die Folgen der bestehenden Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet.
Der Kläger leidet auf orthopädischem Fachgebiet an einem schweren, chronisch-rezidivierenden LWS-Syndrom mit ausgeprägten Schmerzzuständen und funktioneller Beeinträchtigung, einem akuten Wurzelreizsyndrom S 1 links mit Hyposensibilität im betroffenen Dermatom, einer alten muskulären Verletzung der Fingerstreckmuskulatur links mit funktioneller Beeinträchtigung sowie einer Hüftgelenksarthrose I bis II links mit beginnender funktioneller Einschränkung. Zusätzlich besteht eine koronare Herzkrankheit, eine Lungenfunktionsstörung, eine Depression sowie im Zusammenhang mit der schweren Erkrankung der LWS ein chronisches Schmerzsyndrom.
Dr. F. hat in seinem Gutachten und der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme überzeugend dargestellt, dass die Gehfähigkeit des Klägers ab dem ersten Schritt auf das Schwerste eingeschränkt und nur noch eine Gehstrecke von etwa 50 Metern bis zur ersten Pause von etwa 5 bis 10 Minuten möglich ist. Diese Beurteilung ist unter Berücksichtigung nicht nur der Erkrankungen und funktionellen Einschränkungen auf orthopädischem, sondern im Zusammenwirken mit den Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet nachvollziehbar und schlüssig. Der Kläger bewegt sich nur noch an zwei Unterarmgehstützen fort. Die Benutzung von Unterarmgehstöcken wird bei der Behandlung von Wirbelsäulenbeschwerden nur selten angewandt, nämlich dann, wenn andere Therapiemaßnahmen zur Schmerzlinderung nicht ausreichen. Dies ist beim Kläger der Fall, wie Dr. F. nachvollziehbar dargestellt hat. Die Benutzung der Unterarmgehstöcke ist infolge der Schwere der Wirbelsäulenerkrankung medizinisch indiziert und nicht nur als Ausdruck möglicher psychosomatischer Folgeerkrankungen zu werten. Darüber hinaus liegen, nachgewiesen seit der Untersuchung durch Dr. F. im Februar 2005, zusätzlich noch Funktionsbehinderungen des linken Hüftgelenks vor, die die Belastbarkeit der unteren linken Extremität einschränken und daher weiter limitierend auf das Gehvermögen einwirken.
Die Benutzung von Unterarmgehstöcken allein würde zwar die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" nicht rechtfertigen können. Unter Berücksichtigung der zusätzlich erheblich eingeschränkten cardio-pulmonalen Belastbarkeit kommt aber das Bewältigen einer auch sehr kurzen Gehstrecke mit Unterarmgehstützen einer körperlichen Höchstleistung gleich, wie Dr. F. für den Senat nachvollziehbar ausgeführt hat. Es kann dabei aus Sicht des Senats offen bleiben, ob die eingeschränkte körperliche Belastbarkeit (der Kläger hat ein Belastungs-EKG infolge Luftnot ohne Herzenge oder EKG-Veränderungen abgebrochen, war über 4 Minuten bei 60 Watt belastbar) auf einer Lungenfunktionseinschränkung oder auf einem Trainingsmangel beruht. Denn auch dann, wenn die von Dr. G. diagnostizierte chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und restriktive Ventilationsstörung alleine nicht ausreicht, um den Abbruch der Ergometerbelastung zu rechtfertigen und auch das Röntgenbild des Thorax knöcherne Verwachsungen, die die restriktive Ventilationsstörung vollständig erklären könnten, nicht bestätigen kann, ist jedoch von allen Ärzten, die auf dem Gebiet der inneren Medizin mit dem Gesundheitszustand des Klägers befasst sind, das Bestehen einer restriktiven Ventilationsstörung bestätigt worden und durch entsprechende Untersuchungen belegt.
Als weiter limitierend wirkt sich auf die Gehfähigkeit des Klägers die bestehende koronare Herzkrankheit aus, die zwar einerseits stabil ist, andererseits aber Leistungsbeeinträchtigungen bei mittelschwerer Belastung mit sich bringt, worunter auch das Sich-Fortbewegen mit zwei Unterarmgehstützen bei funktionellen Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule und des linken Hüftgelenks zu verstehen ist.
Berücksichtigt man die erheblichen funktionellen Einschränkungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet, bestehen zur Überzeugung des Senats keine Zweifel an einer außergewöhnlichen Gehbehinderung, nachgewiesen ab der Begutachtung durch Dr. F. im Februar 2005. Die Gehfähigkeit des Klägers ist in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt. Er kann sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Schwerbehinderten oder nur mit fremder Hilfe fortbewegen. Insbesondere ist er auch nicht mehr in der Lage, eine Wegstrecke von 100 m ohne Pause oder ohne Zeichen größerer Anstrengung zurückzulegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger bereits nach einer kurzen Wegstrecke von etwa 50 m gezwungen ist, eine erste Pause von 5 bis 10 Minuten einzulegen.
Die abweichende Beurteilung des Gehvermögens durch den Beklagten in den vä Stellungnahmen vom 18. Januar 2006 und 24. April 2006, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag zu bewerten sind, vermag den Senat nicht zu überzeugen.
Soweit in der vä Stellungnahme vom 18. Januar 2006 ausgeführt wird, die Angaben zur Gehstrecke im Gutachten des Dr. F. könnten nicht als absolut zutreffend angenommen werden, es sei vielmehr denkbar, dass längere Gehstrecken möglich seien und jedenfalls keine Rollstuhlpflichtigkeit bestehe, beruht diese Äußerung auf spekulativen Erwägungen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass Angaben zur möglichen Gehstrecke subjektiv geprägt sind und daher auch kritisch hinterfragt werden müssen. Allerdings hat Dr. F. auch auf ergänzende Anfrage des Gerichts bestätigt, dass die Angaben des Klägers angesichts seiner Multimorbidität glaubhaft und objektiv nachvollziehbar sind. Anlass, an den Angaben des Klägers zu zweifeln, hat der Senat in Übereinstimmung mit Dr. F. deshalb nicht.
Soweit in der vä Stellungnahme vom 24. April 2006 darauf abgestellt wird, dass die Erkrankungen des Klägers auf lungenfachärztlichem Gebiet eine erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit nicht rechtfertigen könnten, wird dies auch durch den Senat nicht abweichend beurteilt. Allerdings lässt die vä Stellungnahme die insoweit notwendige Auseinandersetzung mit den weiteren Erkrankungen des Klägers, insbesondere der koronaren Herzkrankheit, sowie den erheblichen Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule und auch des linken Hüftgelenks und ihrer Auswirkungen auf die Gehfähigkeit in einer Gesamtbetrachtung vermissen, so dass die darauf gestützte Ablehnung des Merkzeichens "aG" nicht überzeugen konnte.
Nach alldem waren die angefochtenen Entscheidungen, wie tenoriert, abzuändern bzw. aufzuheben und der Berufung im zuletzt streitigen Umfang teilweise stattzugeben.
Hierauf und auf § 193 SGG stützt sich die Kostenentscheidung.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Der Beklagte trägt drei Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Im Streit steht nur noch die Zuerkennung des Merkzeichens "aG".
Mit Bescheid vom 14. November 2001 anerkannte das Versorgungsamt Ulm (VA) bei dem 1958 geborenen Kläger in Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Ulm (SG) vom 23. Oktober 2001 (Az: S 9 SB 916/00) einen GdB von 50 für die Zeit vom 9. September 1999 bis 30. September 2000, ab 1. Oktober 2000 einen GdB von 60 sowie das Vorliegen des Merkzeichens "G". Dem lagen als Behinderungen degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Bandscheibenschaden sowie Nervenwurzelreizerscheinungen und ein Postnukleotomiesyndrom (Teil-GdB von 50), eine koronare Herzkrankheit mit Stentimplantation (Teil-GdB von 20) sowie ein Bluthochdruck zugrunde. In dem gegen die Entscheidung des SG durchgeführten Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg ([LSG] - Az.: L 11 SB 4644/01) verglichen sich die Beteiligten dahingehend, dass der Beklagte zu prüfen habe, ob ein höherer GdB und der Nachteilsausgleich "aG" festzustellen seien.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2002 lehnte das VA in Ausführung des gerichtlichen Vergleichs die Neufeststellung der Behinderungen und die Anerkennung des Merkzeichens "aG" ab, da gegenüber der letzten maßgeblichen Feststellung im November 2001 keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten sei.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch u.a. mit der Begründung, er habe stärkste Schmerzen in der Lendenwirbelsäule (LWS), in der Hüfte und im linken Fuß. Er erhalte starke Morphiumgaben und könne nur fünf Minuten gehen oder stehen. Auch die Herzbeschwerden hätten zugenommen. Im übrigen befinde er sich mittlerweile in psychologischer Behandlung. Das VA zog daraufhin die gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. M.-F., Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Kreiskrankenhaus H., vom 29. Oktober 2002, erstellt für die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft im Verfahren um die Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung als Berufskrankheit, sowie das nervenfachärztliche Zusatzgutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K., Klinikum H., vom 21. März 2003 bei. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft legte ferner den Bescheid vom 23. April 2003 über die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit wegen des Vorliegens einer Berufskrankheit (bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS nach Nrn. 2108/2110 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung) vor.
Nach Einholung einer versorgungsärztlichen (vä) Stellungnahme wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2003 den Widerspruch des Klägers zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 11. Juli 2003 Klage zum SG. Er legte den Arztbrief des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 25. September 2003 über die am 11. September 2003 erfolgte Revisionsoperation ("Abtragen ausgeprägter narbiger Verwachsungen samt osteochondrotischer Zwischenwirbelraumprotrusionen über Wiedereröffnen der Hemilaminektomie L 5 links und erweiterte interlaminäre Fensterung LW 5/SW 1 rechts incl. Ausräumung des Zwischenwirbelraumes LWK 5/SWK 1 beidseits") vor. Das SG befragte die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Orthopäde Dr. K. führte unter dem 12. November 2003 aus, die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers seien als schwer einzustufen. Aufgrund der bestehenden Gehbehinderungen (der Kläger könne sich nur im häuslichen Bereich und nur unter Zuhilfenahme von Gehstützen bewegen) und Lähmungserscheinungen sei die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" aus seiner Sicht gerechtfertigt. PD Dr. K. vom Bundeswehrkrankenhaus U. führte unter dem 20. November 2003 aus, er erachte die bestehenden Behinderungen auf orthopädischem Fachgebiet mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet. Zu berücksichtigen sei zusätzlich aber noch die Schmerzproblematik. Der Kläger sei selbstständig gehfähig und bedürfe nicht fremder Hilfe. Allerdings sei durch die bestehenden Schmerzen das Gehvermögen durchaus eingeschränkt.
Mit Urteil vom 9. Februar 2004 wies das SG die Klage ab, gestützt im wesentlichen auf die Ausführungen des PD Dr. K ...
Gegen das am 19. Februar 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. März 2004 Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen.
Mit Bescheid vom 7. April 2004 hat das VA den Bescheid vom 14. November 2001 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben und einen GdB von 70 ab 9. September 2003 unter Berücksichtigung folgender Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt: Operierter Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, chronisches Schmerzsyndrom, koronare Herzkrankheit (90 Watt), Lungenfunktionseinschränkung und Depression.
Das Gericht hat den Internisten und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. G., den Orthopäden Dr. K., den Internisten und Kardiologen Dr. B. sowie die Psychologische Psychotherapeutin Dipl.-Psych. K. als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Dr. G. hat in seiner Auskunft vom 26. Juli 2004 angegeben, beim Kläger liege eine leichtgradige chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit Atemnot bei Belastung vor. Die Behinderung sei als leicht zu beurteilen und begründe keine außergewöhnliche Gehbehinderung. Dr. K. hat unter dem 28. Juli 2004 berichtet, beim Kläger bestehe ein schweres Postnukleotomiesyndrom mit Paresen beidseits bei Zustand nach Nukleotomie und Renukleotomie L 5/S 1 bei zunehmender Instabilität L 5/S 1, eine Coxarthrose beidseits mit Minderung der Belastbarkeit und Funktion. Die Behinderung sei als schwer zu bezeichnen. Der Kläger könne sich nur im häuslichen Bereich unter Zuhilfenahme von Gehstützen bewegen. Das Merkzeichen "aG" sei gerechtfertigt. Dr. B. hat ausgeführt, beim Kläger liege eine koronare 2-Gefäßerkrankung vor, die keine funktionellen Behinderungen bedinge. Der Kläger leide jedoch unter starken Angstzuständen, da immer wieder, wenn auch durch das bestehende Asthma mit bedingt, eine Dyspnoesymptomatik auftrete, die der Kläger (auch) auf eine Herzerkrankung zurückführe. Unter Berücksichtigung dieser Angstzustände sei die Behinderung als mittelschwer einzustufen. Dipl.-Psych. K. hat angegeben, sie behandle den Kläger mit den Diagnosen einer Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik nach Suizid des Nachbarn bei chronischer Schmerzsymptomatik sowie einem LWS-Syndrom bei Abhängigkeitssyndrom durch Opioide und Schmerzmittel. Der Kläger könne ohne Gehstützen nur sehr erschwert mehr als einige Meter laufen und sich nur unter größter Anstrengung außerhalb seines Kfz bewegen.
Das Gericht hat den Orthopäden Dr. F., Oberarzt der Abteilung Orthopädie/ Sporttraumatologie am Bundeswehrkrankenhaus U. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Unter dem 25. Februar 2005 führt er aus, beim Kläger bestehe auf orthopädischem Fachgebiet ein chronisch-rezidivierendes LWS-Syndrom mit ausgeprägten Schmerzzuständen und funktioneller Beeinträchtigung sowie ein akutes Wurzelreizsyndrom S 1 links mit Hyposensibilität im betroffenen Dermatom, eine alte muskuläre Verletzung der Fingerstreckmuskulatur links mit funktioneller Beeinträchtigung sowie eine Hüftgelenksarthrose I bis II links mit beginnender funktioneller Einschränkung. Das LWS-Syndrom sei als sehr schwer (Teil-GdB 50), die Hüftgelenksarthrose (Teil-GdB 10) sowie die Verletzung der Fingerstreckmuskulatur (Teil-GdB 10) seien als leicht zu bezeichnen. Die koronare Herzkrankheit bewerte er mit einem Teil-GdB von 20, die Lungenfunktionsstörung mit 20 und die Depression auch mit 20. Den Gesamt-GdB bewerte er mit 70. Der Kläger könne sich wegen der Schwere des gesamten Leidenszustands, vor allem aber auch unter Berücksichtigung der inneren Leiden, zwar ohne fremde Hilfe, jedoch dauernd nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeugs bewegen. Er müsse zum Gehen 2 Unterarmgehstützen verwenden. Hinzu komme die aufgrund der Herzkrankheit bestehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf 90 Watt. Er erfülle daher die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG". Die Voraussetzungen des Merkzeichens "B" seien dagegen nicht erfüllt. Dem Gutachten beigefügt war der Arztbrief des Facharztes für Radiologie Dr. R. vom 14. Dezember 2004 über die am 13. Dezember 2004 durchgeführte Kernspintomographie der LWS.
Der Beklagte hat die vä Stellungnahme vom 20. Mai 2005 (Dr. W.) vorgelegt, der zwar die von Dr. F. vorgeschlagene Bewertung des Gesamt-GdB mit 70 teilt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" jedoch nicht als gegeben ansieht. Zur Begründung wird ausgeführt, dass schon kein GdB von 80 vorliege, der die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" rechtfertigen könne. Zum anderen sei unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 50 für die Wirbelsäulenerkrankung und 10 für die Einschränkung der Hüftgelenksbeweglichkeit eine außergewöhnliche Gehbehinderung nicht begründbar. Die Teil-GdB-Werte für die Herzerkrankung, die Lungenfunktionsstörung und die Depression würden zu einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nichts beitragen.
Der Kläger hat ergänzend den Arztbrief des Kardiologen Dr. B. vom 30. März 2005 sowie den Konsiliarbericht von Dr. K. (ohne Datum) vorgelegt.
Das Gericht hat weiter Dr. F. um eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme zum Merkzeichen "aG" gebeten. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. November 2005 hat Dr. F. u.a. ausgeführt, das Bewerkstelligen von 50 m Gehstrecke am Stück mit Hilfe von Unterarmgehstützen, die beim Kläger wegen der Wirbelsäulen- und Schmerzerkrankung indiziert seien, stellten für diesen wegen der zusätzlich bestehenden Einschränkung der Belastbarkeit infolge der bestehenden Herzerkrankung eine körperliche Hochleistung dar. Dabei seien die ersten 50 Meter bis zur notwendigen Pause nach klinischer Erfahrung "leichter" zurückzulegen als die nachfolgenden Wegstrecken. Dies bedeute, dass die dann notwendig werdenden Pausen immer länger würden, wenn man die erste Pause mit etwa 5 bis 10 Minuten veranschlage. Zudem spiele gerade bei Herz- und Lungenerkrankten die Tagesform eine erhebliche Rolle für die mögliche Gehstrecke, so dass keine Zeitangaben für Gehstrecken und Pausen gemacht werden könnten. Es sei davon auszugehen, dass das Gehvermögen des Klägers schon vom ersten Schritt an auf das Schwerste eingeschränkt sei.
Der Beklagte hat daraufhin das Vergleichsangebot vom 23. Januar 2006 unterbreitet (GdB von 80 ab 2/2005), das der Kläger nicht angenommen hat. Das Gericht hat den Arzt für Innere Medizin Dr. R. als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt (Auskunft vom 6. April 2006), sowie den Internisten und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. G. (Auskunft vom 7. April 2006).
Unter dem 26. April 2006 hat der Beklagte ein weiteres Vergleichsangebot unterbreitet, wonach ab 2/2005 der GdB 80 betrage und 100 ab 2/2006, die Merkzeichen "G" und "B" festgestellt blieben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet würden. Dem Angebot hat die vä Stellungnahme vom 24. April 2006 zugrunde gelegen, in der ein Teil-GdB von 50 für das chronische Schmerzsyndrom und den Bandscheibenschaden, ein Teil-GdB von 20 für die koronare Herzkrankheit, ein Teil-GdB von 40 ab 2/2006 für eine chronische Bronchitis/Lungenfunktionsein¬schränkung, ein Teil-GdB von 20 für Depression, ein Teil-GdB von 30 ab 2/2005 für eine Funktionsbehinderung des linken Hüftgelenks sowie ein Teil-GdB von 10 für die Gebrauchseinschränkung der linken Hand vorgeschlagen worden ist.
Der Beklagte hat unter dem 26. September 2006 mitgeteilt, er halte das Vergleichsangebot auch als Teilanerkenntnis aufrecht. Der Kläger hat unter dem 9. Oktober 2006 erklärt, er nehme das Teilanerkenntnis an, halte an seiner Berufung im Hinblick auf das Merkzeichen "aG" allerdings fest.
Der Kläger beantragt daher nur noch, sinngemäß gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. Februar 2004 sowie den Bescheid vom 3. Juni 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2003 aufzuheben, den Bescheid vom 7. April 2004 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm über das angenommene Teilanerkenntnis vom 26. April 2006 hinaus ab Antragstellung das Merkzeichen "aG" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die angefochtenen Entscheidungen unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses vom 26. April 2006 als zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist überwiegend begründet. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" liegen zwar nicht seit Antragstellung, aber jedenfalls seit Februar 2005 vor.
Streitgegenstand ist vorliegend nur noch das Merkzeichen "aG", nachdem sich der Rechtsstreit im übrigen durch das angenommene Teilanerkenntnis vom 26. April 2006 erledigt hat.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind insoweit seit 01.07.2001 die Vorschriften des 9. Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63, 68 des SGB IX vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1046).
Der Nachteilsausgleich "aG" steht Schwerbehinderten zu, die außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) oder anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften sind.
Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "aG" befreit den Behinderten von Beschränkungen des Haltens und Parkens im Straßenverkehr und eröffnet ihm besonders gekennzeichnete Parkmöglichkeiten. Darüber hinaus ist er als Halter eines Kraftfahrzeuges von der Kraftfahrzeugsteuer befreit (§ 3a Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz). Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO (vgl. BAnz 1976 Nr. 142 vom 31.07.1976 , S. 3. ff) sind als Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht , Ausgabe 2004 (AP), die der Senat im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung anwendet (vgl. BSG 72, 285, 286; BSG SozR 3 - 3870 aaO; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R), sind als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigen, beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz anzusehen (S. 140), was insoweit einen GdB von mindestens 80 voraussetzt (S. 72). Nach den AP ist von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung nur dann auszugehen, wenn die Fortbewegung auf das Schwerste eingeschränkt ist (Abschnitt 31 Abs. 4; vgl. auch BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nrn. 11, 18). Der begünstigte Personenkreis ist daher eng zu fassen, weil eine Ausweitung desselben die Verknappung des ortsnahen Parkraums - der im übrigen nicht beliebig vermehrbar ist - nach sich ziehen würde, wodurch dem gesamten begünstigten Personenkreis letztlich eine längere Wegstrecke zugemutet würde (vgl. BSG SozR 3870 § 3 SchwbG Nr. 28). Deshalb ist ein Betroffener der Gruppe der in der Verwaltungsvorschrift beispielhaft aufgeführten schwerbehinderten Menschen nur gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Schwerbehinderten oder nur mit fremder Hilfe fortbewegen kann. Der vollständige Verlust des Gehvermögens ist daher nicht zu fordern. Das Restgehvermögen muss aber so weit eingeschränkt sein, dass es dem Betroffenen unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen (BSG, Urteil vom 10.12.2002 -B 9 SB 7/01 R).
Einen exakten Beurteilungsmaßstab zur Abgrenzung des anspruchsberechtigten Personenkreises nach dem gesteigerten Energieaufwand beim Gehen gibt es nicht. Das BSG hält eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke hierfür grundsätzlich nicht für tauglich. Die mögliche Weglänge bis zu den ersten auftretenden Zeichen der Erschöpfung ist aber ein gewichtiges Indiz für die Beurteilung des Restgehvermögens (vgl. BSG vom 10.12.2002 zu einer Gehpause wegen Erschöpfung nach 30 Metern).
Aus dem Gebot, den begünstigten Personenkreis eng zu fassen, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. stellvertretend Urteil vom 27.09.2001 - L 6 SB 1340/00 mwN) abgeleitet, dass die Sonderparkplätze in der Nähe von Behörden, anderen öffentlichen Einrichtungen oder Kliniken sowie die Sonderparkrechte vor Wohnungen und Arbeitsstätten denjenigen vorbehalten bleiben sollen, denen nur noch Wegstrecken zumutbar sind, die sie von diesen Sonderparkplätzen aus üblicherweise bis zum Eingang des zu erreichenden Gebäudes zurücklegen können. Solche Wegstrecken in die Eingangsbereiche der betreffenden Gebäude betragen in der Regel unter 100 m (vgl. LSG aaO; ebenso der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 19.03.2002 - L 11 SB 942/01). Die Fähigkeit des Behinderten, Wegstrecken über 100 Meter ohne Erholungspausen und Zeichen der Überanstrengung in angemessener Zeit zurücklegen zu können, erachtet der Senat unter Berücksichtigung der Entscheidung des BSG vom 10.12.2002 in Fortentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung als gewichtiges Indiz für ein anspruchsausschließendes Restgehvermögen.
Unter Berücksichtigung dieser und der in den Anhaltspunkten niedergelegten Grundsätze ist im Fall des Klägers von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung, nachgewiesen seit Februar 2005, auszugehen.
Dabei stützt sich der Senat bei seiner Beurteilung insbesondere auf die Ausführungen von Dr. F. sowie die Folgen der bestehenden Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet.
Der Kläger leidet auf orthopädischem Fachgebiet an einem schweren, chronisch-rezidivierenden LWS-Syndrom mit ausgeprägten Schmerzzuständen und funktioneller Beeinträchtigung, einem akuten Wurzelreizsyndrom S 1 links mit Hyposensibilität im betroffenen Dermatom, einer alten muskulären Verletzung der Fingerstreckmuskulatur links mit funktioneller Beeinträchtigung sowie einer Hüftgelenksarthrose I bis II links mit beginnender funktioneller Einschränkung. Zusätzlich besteht eine koronare Herzkrankheit, eine Lungenfunktionsstörung, eine Depression sowie im Zusammenhang mit der schweren Erkrankung der LWS ein chronisches Schmerzsyndrom.
Dr. F. hat in seinem Gutachten und der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme überzeugend dargestellt, dass die Gehfähigkeit des Klägers ab dem ersten Schritt auf das Schwerste eingeschränkt und nur noch eine Gehstrecke von etwa 50 Metern bis zur ersten Pause von etwa 5 bis 10 Minuten möglich ist. Diese Beurteilung ist unter Berücksichtigung nicht nur der Erkrankungen und funktionellen Einschränkungen auf orthopädischem, sondern im Zusammenwirken mit den Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet nachvollziehbar und schlüssig. Der Kläger bewegt sich nur noch an zwei Unterarmgehstützen fort. Die Benutzung von Unterarmgehstöcken wird bei der Behandlung von Wirbelsäulenbeschwerden nur selten angewandt, nämlich dann, wenn andere Therapiemaßnahmen zur Schmerzlinderung nicht ausreichen. Dies ist beim Kläger der Fall, wie Dr. F. nachvollziehbar dargestellt hat. Die Benutzung der Unterarmgehstöcke ist infolge der Schwere der Wirbelsäulenerkrankung medizinisch indiziert und nicht nur als Ausdruck möglicher psychosomatischer Folgeerkrankungen zu werten. Darüber hinaus liegen, nachgewiesen seit der Untersuchung durch Dr. F. im Februar 2005, zusätzlich noch Funktionsbehinderungen des linken Hüftgelenks vor, die die Belastbarkeit der unteren linken Extremität einschränken und daher weiter limitierend auf das Gehvermögen einwirken.
Die Benutzung von Unterarmgehstöcken allein würde zwar die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" nicht rechtfertigen können. Unter Berücksichtigung der zusätzlich erheblich eingeschränkten cardio-pulmonalen Belastbarkeit kommt aber das Bewältigen einer auch sehr kurzen Gehstrecke mit Unterarmgehstützen einer körperlichen Höchstleistung gleich, wie Dr. F. für den Senat nachvollziehbar ausgeführt hat. Es kann dabei aus Sicht des Senats offen bleiben, ob die eingeschränkte körperliche Belastbarkeit (der Kläger hat ein Belastungs-EKG infolge Luftnot ohne Herzenge oder EKG-Veränderungen abgebrochen, war über 4 Minuten bei 60 Watt belastbar) auf einer Lungenfunktionseinschränkung oder auf einem Trainingsmangel beruht. Denn auch dann, wenn die von Dr. G. diagnostizierte chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und restriktive Ventilationsstörung alleine nicht ausreicht, um den Abbruch der Ergometerbelastung zu rechtfertigen und auch das Röntgenbild des Thorax knöcherne Verwachsungen, die die restriktive Ventilationsstörung vollständig erklären könnten, nicht bestätigen kann, ist jedoch von allen Ärzten, die auf dem Gebiet der inneren Medizin mit dem Gesundheitszustand des Klägers befasst sind, das Bestehen einer restriktiven Ventilationsstörung bestätigt worden und durch entsprechende Untersuchungen belegt.
Als weiter limitierend wirkt sich auf die Gehfähigkeit des Klägers die bestehende koronare Herzkrankheit aus, die zwar einerseits stabil ist, andererseits aber Leistungsbeeinträchtigungen bei mittelschwerer Belastung mit sich bringt, worunter auch das Sich-Fortbewegen mit zwei Unterarmgehstützen bei funktionellen Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule und des linken Hüftgelenks zu verstehen ist.
Berücksichtigt man die erheblichen funktionellen Einschränkungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet, bestehen zur Überzeugung des Senats keine Zweifel an einer außergewöhnlichen Gehbehinderung, nachgewiesen ab der Begutachtung durch Dr. F. im Februar 2005. Die Gehfähigkeit des Klägers ist in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt. Er kann sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Schwerbehinderten oder nur mit fremder Hilfe fortbewegen. Insbesondere ist er auch nicht mehr in der Lage, eine Wegstrecke von 100 m ohne Pause oder ohne Zeichen größerer Anstrengung zurückzulegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger bereits nach einer kurzen Wegstrecke von etwa 50 m gezwungen ist, eine erste Pause von 5 bis 10 Minuten einzulegen.
Die abweichende Beurteilung des Gehvermögens durch den Beklagten in den vä Stellungnahmen vom 18. Januar 2006 und 24. April 2006, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag zu bewerten sind, vermag den Senat nicht zu überzeugen.
Soweit in der vä Stellungnahme vom 18. Januar 2006 ausgeführt wird, die Angaben zur Gehstrecke im Gutachten des Dr. F. könnten nicht als absolut zutreffend angenommen werden, es sei vielmehr denkbar, dass längere Gehstrecken möglich seien und jedenfalls keine Rollstuhlpflichtigkeit bestehe, beruht diese Äußerung auf spekulativen Erwägungen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass Angaben zur möglichen Gehstrecke subjektiv geprägt sind und daher auch kritisch hinterfragt werden müssen. Allerdings hat Dr. F. auch auf ergänzende Anfrage des Gerichts bestätigt, dass die Angaben des Klägers angesichts seiner Multimorbidität glaubhaft und objektiv nachvollziehbar sind. Anlass, an den Angaben des Klägers zu zweifeln, hat der Senat in Übereinstimmung mit Dr. F. deshalb nicht.
Soweit in der vä Stellungnahme vom 24. April 2006 darauf abgestellt wird, dass die Erkrankungen des Klägers auf lungenfachärztlichem Gebiet eine erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit nicht rechtfertigen könnten, wird dies auch durch den Senat nicht abweichend beurteilt. Allerdings lässt die vä Stellungnahme die insoweit notwendige Auseinandersetzung mit den weiteren Erkrankungen des Klägers, insbesondere der koronaren Herzkrankheit, sowie den erheblichen Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule und auch des linken Hüftgelenks und ihrer Auswirkungen auf die Gehfähigkeit in einer Gesamtbetrachtung vermissen, so dass die darauf gestützte Ablehnung des Merkzeichens "aG" nicht überzeugen konnte.
Nach alldem waren die angefochtenen Entscheidungen, wie tenoriert, abzuändern bzw. aufzuheben und der Berufung im zuletzt streitigen Umfang teilweise stattzugeben.
Hierauf und auf § 193 SGG stützt sich die Kostenentscheidung.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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