S 2 KR 947/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Konstanz (BWB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 947/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung aus zwei abgelaufenen Kapitallebensversicherungen.

Der 19 ... geborene Kläger, der früher als Betriebsmittelkonstrukteur tätig war, bezieht seit dem 01.01.2004 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Er ist bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gesetzlich krankenversichert. Mit Schreiben vom 29.12.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass rentenähnliche Einnahmen (Versorgungsbezüge) beitragspflichtig seien und bat um Angabe der dem Kläger zustehenden Bezüge. Die frühere Arbeitgeberin des Klägers, die Firma V. in R., teilte der Beklagten am 14.01.2004 mit, dass der Kläger seit dem 01.01.2004 einen Versorgungsbezug von monatlich 266,76 EUR von ihr erhalte.

Mit Bescheid vom 16.01.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich bei Versorgungsbezügen von 266,76 EUR ein Monatsbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung von 42,42 EUR ergebe und die Beitragspflicht am 01.01.2004 beginne. Der Kläger erhob am 07.03.2004 Widerspruch und bat, das Verfahren bis zur Entscheidung von Musterprozessen ruhen zu lassen. Dem stimmte die Beklagte zu.

Am 02.06.2005 teilte die H. Lebensversicherung AG der Beklagten mit, dass am 01.06.2005 zwei Lebensversicherungen des Klägers mit meldepflichtigen Guthaben von 2.124, 89 EUR und 30.571,92 EUR zur Auszahlung kämen. Mit Bescheid vom 17.06.2005 und vom 16.08.2005 verlangte die Beklagte Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus den einmal gezahlten Abfindungen in Höhe von 40,51 EUR und 2,81 EUR monatlich ab dem 01.07.2005 bis zum 30.06.2015. Der Kläger legte Widerspruch ein und machte Vertrauensschutz geltend. Auch habe er die Direktversicherungen nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 31.12.2003 auf privater Basis fortgesetzt. Die Beklagte hörte den Kläger am 19.09.2005 an und erläuterte ihre Rechtsauffassung. Der Kläger stellte bei ihr am 03.10.2005 Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Die Beklagte reagierte mit einer erneuten Anhörung, Darlegung der Rechtsgrundlagen ihres Vorgehens und verlangte Zahlung der rückständigen Beträge. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers bezüglich der Beitragszahlungen aus den Kapitallebensversicherungen unter Hinweis auf die Regelung des § 229 Abs. 1 S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) als unbegründet zurück.

Am 26.10.2005 stellte der Kläger den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Widersprüche gegen die Beitragsfestsetzung zur Kranken- und Pflegeversicherung aus den Kapitallebensversicherungen anzuordnen. Die Beitragserhebung sei unrechtmäßig, denn die Kapitalauszahlung der Direktversicherung müsse aus verfassungsrechtlichen Gründen beitragsfrei gestellt werden. Wenn er zum Zeitpunkt des Abschlusses der Versicherungen gewusst hätte, dass Direktversicherungen der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherungen unterworfen würden, hätte er sich nicht für diese Anlageform entschieden, denn seine Rendite werde im Nachhinein erheblich geschmälert und er damit zum Teil enteignet, was gleichzeitig eine Ungleichbehandlung mit anderen privaten Anlageformen darstelle. Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen nicht erkannt, was ihre Entscheidungen rechtswidrig mache.

Mit Beschluss vom 08.02.2006 (S 2 KR 2754/05 ER) lehnte das Gericht den Antrag ab. Die Aussetzung der Vollziehung setze ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts voraus, was nicht der Fall sei. Die Kapitallebensversicherungen unterfielen nach § 229 SGB V seit dem 01.01.2004 der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach § 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V würden bei versicherungspflichtig Beschäftigten auch Versorgungsbezüge als der Rente vergleichbare Einnahmen zugrunde gelegt; darunter fielen Direktversicherungen als Bestandteil einer betrieblichen Gesamtversorgung. Die Heranziehung von Kapitalleistungen aus Lebensversicherungen zur Beitragsbemessung der Kranken- und Pflegeversicherung sei nicht verfassungswidrig, denn die geänderten Normen hätten nur unechte Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sei. Die Erwartung, dass geltende Regelungen unverändert fortbestünden, sei rechtlich nicht geschützt, wenn erheblichen öffentlichen Interessen Vorrang - wie hier der Stärkung der finanziellen Grundlage einer Sozialversicherung - einzuräumen sei.

Das Landessozialgericht wies die Beschwerde des Klägers gegen diese Entscheidung durch Beschluss vom 04.05.2006 zurück (L 5 KR 1148/06 ER-B).

Mit der am 06.04.2006 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 17.06.2005, 18.08.2005 und 19.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2006 aufzuheben, die Beklagte zur Erstattung der aufgrund dieser Bescheide gezahlten Beiträge zu verurteilen und festzustellen, dass aus den von der H. Lebensversicherung AG nach Ablauf der Lebensversicherungen Nr ... und ... ausgezahlten Beträgen keine Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung zu erheben sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt ebenfalls ihr bisheriges Vorbringen.

Die Akten der Beklagten sowie die gerichtlichen Vorakten S 2 KR 2754/05 ER und S 2 KR 468/06 ER-B waren beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten sowie der Prozessakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Beklagte hatte ab 01.01.2004 - und hat dies auch weiterhin - der Beitragsbemessung in der Krankenversicherung und in der Pflegeversicherung nicht nur den Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und den Zahlbetrag der Betriebsrente zugrunde zu legen, sondern, in den Grenzen des § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V, auch die von der H. Lebensversicherung AG nach Ablauf der Lebensversicherungen Nr ... und ... ausgezahlten Beträge. Zur Begründung wird auf die Ausführungen unter II. des Beschlusses der Kammer vom 08.02.2006 (S 2 KR 2754/05 ER) sowie des Beschlusses des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 04.05.2006 (L 5 KR 1148/06 ER-B) Bezug genommen. Der Sachverhalt ist auch im Hauptsacheverfahren nicht anders zu beurteilen, als in den genannten Beschlüssen geschehen. Die Kammer hält die zum 01.01.2004 eingeführte Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung in der Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V weiterhin für verfassungsgemäß. Eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (vgl. B 12 KR 36/06 R) steht noch aus.

Der Klage konnte somit nicht stattgegeben werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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