L 5 R 4866/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3483/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4866/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13.7.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1946 geborene Kläger, bosnischer Staatsangehöriger, der nach eigenen Angaben gelernter Schlosser sei, arbeitete nach der Einreise nach Deutschland im Jahr 1970 bis 1984 als Maschinenarbeiter und nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit von 1988 bis 2003 (Verwaltungsakte - VA - S. 63) als Bauhelfer.

Am 3.12.2004 beantragte der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung; er habe Beschwerden an den Knien und der Wirbelsäule und könne deshalb nicht mehr arbeiten.

Zuvor hatte der Kläger vom 14.1. bis 11.2.2004 eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Reha-Klinik S., D., absolviert. Im Entlassungsbericht der Klinik vom 1.3.2004 ist ausgeführt, der Kläger könne mittelschwere Arbeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen sechs Stunden täglich und mehr verrichten. Bei der Entlassung habe der Kläger (u. a.) über Schmerzen im Bereich des rechten Knies geklagt, die vor allem beim Treppengehen und bei sehr langen Spaziergängen aufträten.

Die Beklagte erhob das Gutachten des Lungenarztes und Sozialmediziners Dr. H. vom 2.3.2005. Der Gutachter diagnostizierte einen Außenmeniskusschaden und Chondromalazie Grad III bis IV am medialen Femurcondylus rechts ASK im Juli 2003 (Arbeitsunfall durch Schlag einer Maschine ans Knie) und Re-ASK im April 2004, eine bleibende Schmerzsymptomatik und ein Streckdefizit, ein rezidivierendes LWS-Syndrom mit Schmerzproblematik bei Aufbraucherscheinungen, jedoch ohne Wurzelreizung, leichtes Übergewicht sowie eine gut eingestellte Hypertonie. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bauhelfer mit schweren Arbeiten, aber auch mit leichten Arbeiten teils im Knien und mit Treppensteigen, könne der Kläger nicht mehr verrichten. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, überwiegend im Sitzen, seien aber (unter qualitativen Einschränkungen) vollschichtig möglich. An einem Stück könne der Kläger 400 Meter zurücklegen und diese Strecke nach kurzer Pause zwei bis dreimal bewältigen.

Mit Bescheid vom 14.3.2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Nachdem der Kläger dagegen Widerspruch eingelegt hatte, holte die Beklagte das Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 11.5.2005 ein. Dieser fand Verschleißveränderungen am rechten Knie bei Chondromalazie medialer Condylus Grad III sowie laterales Tibiaplateau Grad II bei Außenmensikusvorderhornteilresektion und Mikrofrakturierung von 2003 sowie Knorpelshaving 2004, eine Chondropathia patellae links, ein chronisch rezidivierendes belastungsinduziertes Lumbalsyndrom mit Pseudoischialgie rechts bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und Facettenarthropathie, eine Skoliose sowie Sacroiliacalgelenksblockierung rechts (fachfremd: Hypertonie, medikamentös eingestellt und Hörverschlechterung mit rezidivierendem Tinnitus beidseits). Im Vordergrund des Beschwerdebildes stünden Probleme mit dem rechten Kniegelenk. Hier zeige sich bei eingeschränkter Beweglichkeit eine schonungsbedingt zwischenzeitlich aufgetretene Verschmächtigung der Beinbemuskelung rechts. Die geklagten Rückenschmerzen schätze der Kläger als nachgeordnet ein. Aus der Minderbelastbarkeit des rechten Beines wegen des Verschleißleidens am rechten Kniegelenk folge eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Leichte Arbeiten im Wechselrhythmus könne der Kläger unter qualitativen Einschränkungen aber sechs Stunden täglich und mehr verrichten. Nicht möglich seien Tätigkeiten im Knien, hockend, gebückt, mit häufigem Klettern oder Steigen auf Leitern und Gerüste sowie in Wirbelsäulenzwangshaltung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.8.2005 wies die Beklagte den Widerspruch gestützt auf das Gutachten des Dr. K., zurück, worauf der Kläger am 1.9.2005 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhob. Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte und erhob das Gutachten des Orthopäden Dr. M. vom 12.4.2006. Außerdem holte es die Arbeitgeberauskunft der Firma H. und C. vom 11.5.2006 (SG-Akte S. 74) ein.

Der Chirotherapeut Dr. J. teilte unter dem 17.11.2005 mit, die von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen des Klägers wirkten sich auf die Verrichtung leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht aus; diese könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich leisten. Der HNO-Arzt Dr. H. führte im Bericht vom 23.11.2005 ebenfalls aus, der Kläger sei in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Der Allgemeinarzt Dr. Ha. (Hausarzt des Klägers) gab an (Eingang des Berichts beim Sozialgericht am 20.2.2006), es müsse berücksichtigt werden, dass die chronisch rezidivierenden Schmerzzustände auch bei einer körperlich leichten beruflichen Tätigkeit je nach Körperhaltung exacerbieren dürften. Leichte Tätigkeiten seien mindestens drei Stunden, nicht aber sechs Stunden täglich möglich. Das maßgebliche Leiden liege auf dem Fachgebiet der Orthopädie.

Dr. M. fand beim Gangbild einen etwas appellativen Charakter, beim Beschwerderapport aber keine aggravativen Tendenzen. Beim Kläger lägen eine Funktionsstörung des rechten Kniegelenks bei arthroskopisch und standardröntgenologisch gesicherten gelenkumbildenden Veränderungen und eine Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule ohne Hinweis auf Ischiassymptomatik vor; außerdem leide der Kläger an subjektiven Beschwerden der Halswirbelsäule ohne gravierenden objektiven Befund. Im Vordergrund der subjektiven Beschwerdesymptomatik und der vorgebrachten Leistungseinschränkung stünden offensichtlich die Beschwerden am rechten Kniegelenk. Bei der Untersuchung sei ein erheblich hinkendes Gangbild aufgefallen, das in vermeintlich unbeobachteten Augenblicken zwar etwas reduziert, aber immer noch deutlich vorhanden gewesen sei. Es habe sich bei der Aufforderung, den Fritz-Stock links zu tragen, verbessert. Am Kniegelenk sei angesichts nur mittelgradiger Veränderungen noch ein erhebliches Besserungspotenzial durch geeignete konservative Behandlungsmaßnahmen vorhanden. Insoweit sei erstaunlich, dass der Kläger niemals einem Orthopäden vorgestellt worden sei und außer Krankengymnastik nach der letzten Operation konservative Behandlungsmaßnahmen nicht stattgefunden hätten. Entsprechendes gelte für die Behandlung der Lendenwirbelsäule; auch insoweit sei noch ein großes Therapiepotenzial auszuschöpfen. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne der Kläger sechs Stunden täglich und mehr (unter qualitativen Einschränkungen) verrichten. Er sei auch wegefähig und könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

Die Firma H. und C. teilte in ihrer Arbeitgeberauskunft (vgl. Bl 74 SG-Akte) mit, der Kläger habe als Bauhelfer gearbeitet. Über eine abgeschlossene Berufsausbildung habe er nicht verfügt. Seine praktischen und theoretischen Kenntnisse hätten denjenigen eines Facharbeiters nicht entsprochen. Er sei mit Abdichtungs- und Verpressungsarbeiten beschäftigt worden. Eine ungelernte Kraft müsse etwa ein Jahr eingearbeitet bzw. angelernt werden, bis sie die Tätigkeit des Klägers vollwertig verrichten könne.

Mit Urteil vom 13.7.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger, der im Hinblick auf die zuletzt langjährig ausgeübte Beschäftigung als Bauhelfer auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden und Berufsschutz nicht reklamieren könne, sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und könne Erwerbsminderungsrente deshalb nicht beanspruchen (§§ 43 Abs. 1 und 2, 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Er sei nämlich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das ergebe sich aus dem Gutachten des Orthopäden Dr. M. vom 12.4.2006. Auch die Wegefähigkeit sei nicht in rentenberechtigendem Maße beeinträchtigt.

Auf das ihm am 25.8.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8.9.2006 Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung hat er nicht vorgelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13.7.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.8.2005 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1.12.2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er, was vorliegend in Betracht komme, die Berufung gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Sie haben nichts mehr vorgetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen; sie haben nichts vorgetragen.

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren; er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Vorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) der geltend gemachte Anspruch zu beurteilen ist, und weshalb der Kläger danach Rente nicht beanspruchen kann. Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung nichts vorgetragen. Der Senat verweist daher auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt, dass das vom Sozialgericht erhobene Gutachten des Dr. M. auch den Senat überzeugt, zumal es im Kern in Einklang steht mit den im Verwaltungsverfahren erhobenen Gutachten der Dres. H. und K ...

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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