Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 144/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 B 508/06 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 15. September 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Versorgung mit nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln beziehungsweise entsprechende Kostenerstattung.
Der 1950 geborene Antragsteller befindet sich nach einem Herzinfarkt am 03. Oktober 2005 im Wachkoma (apallisches Syndrom). Seit Februar 2006 lebt er in einer stationären Pflegeeinrichtung. Ihm wurden eine Trachealkanüle, eine Magensonde und ein Blasenkatheter gelegt.
Unter diesen Voraussetzungen verordnete die HNO Ärztin U auf Privatrezept Kochsalzlösung (NaCl 9 %) und Tracholiquin zur Befeuchtung der Schleimhaut des Trachealbronchialbaumes, um die Sekret-Absaugung zu erleichtern.
Der Urologe Dipl. Med. T verordnete Methionin 500 zur Verhinderung von Verstopfungen des Katheters sowie ebenfalls Kochsalzlösung (NaCl 9 %) zur Blasenspülung.
Den Antrag vom 06. Mai 2006 auf Kostenerstattung für diese und weitere nicht im Einzelnen genannte Medikamente und weitere Versorgung damit lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 15. Mai 2006 und 24. Mai 2006 ab: Es handele sich um apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Verordnung zu Lasten der Krankenkasse nicht möglich sei.
Am 06. Juli 2006 beantragte der Antragsteller durch seine Betreuerin beim Sozialgericht Potsdam,
die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung "zu verurteilen, den Antrag auf Kostenübernahme für diverse Arzneimittel, Schreiben vom 15.05.2006, nochmals zu überprüfen und in diesem Fall dem Leistungsantrag zu entsprechen".
Der Antragsteller habe sich bis Februar 2006 in der Neurologischen Rehabilitationsklinik B befunden. Die im Entlassungsbericht vom 10. März 2006 genannte letzte Medikation sei von den behandelnden Fachärzten übernommen worden. Da ein Teil der notwenigen Medikamente apothekenpflichtig, aber nicht verschreibungspflichtig sei, würden diese durch die Fachärzte auf Privatrezept verordnet und müssten vollständig vom Antragsteller bezahlt werden. Die Kosten hierfür würden monatlich zirka 75,00 EUR betragen, wobei er nur eine monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 754,72 EUR erhalte. Der Zustand des Antragstellers sei lebensbedrohlich, die Gabe der auf Privatrezept verordneten Medikamente sei erforderlich, um einen häufigen Transport ins Klinikum zu ersparen. Zum einen bedeute ein häufiger Transport ins Klinikum einen starken Stress, weshalb der Transport stets ein Erbrechen zur Folge habe und damit der ohnehin schon geschwächte Körper noch schwächer werde. Zum anderen sei die Behandlung in der Notaufnahme mit weitaus höheren Kosten für die Krankenkasse verbunden. In den Monaten Februar, März und April sei der Antragsteller mehrfach ins Klinikum transportiert worden. Aufgrund der sehr starken Belastung sei von diesen Transporten Abstand genommen und die Versorgung im "C Heim" durch die Krankenschwestern gemäß den fachärztlichen Verordnungen durchgeführt worden. In regelmäßigen Abständen und je nach Erfordernis werde der Blasenkatheter von den Schwestern mit NaCl gespült sowie Methionin über die Magensonde verabreicht, um ein schnelles Verstopfen und einen anstrengenden Transport zu vermeiden. Weiterhin atme der Antragsteller über ein Tracheostoma, welches den natürlichen Luftweg umgehe. Um das Sekret, welches Herr H hochhuste, flüssig zu halten, werde über die Trachealkanüle täglich mehrmals in regelmäßigen Abständen mit Kochsalz und Tracholiquin inhaliert und geträufelt. Unter diesen Umständen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragsgegnerin die für den Antragsteller belastenderen und für sie teureren Transporte ins Krankenhaus bevorzuge. Die Liste von nichtverschreibungspflichtigen Arzneimittelwirkstoffen sei bekannt. Diese seien für ihn jedoch lebensnotwendig.
Die Antragsgegnerin ist dem unter Hinweis auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) und § 34 Abs. 1 SGB V entgegengetreten. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel seien nur verschreibungspflichtig, wenn sie in der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (§ 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V) festgesetzten Liste enthalten seien. Diese Liste sei für sie maßgebliches Recht. Soweit der Antragsteller sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (B 1 KR 7/05 R) beziehe, liege die dortige Fallgestaltung hier nicht vor, da es sich nicht um "Importarzneimittel" handele.
Mit Beschluss vom 15. September 2006 hat das Sozialgericht entschieden:
Tenor:
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
2. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Das Sozialgericht hat zur Begründung ausgeführt: Gemäß § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr bestehe, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen seien zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sei die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Der Anordnungsgrund bestehe in der Eilbedürftigkeit der einstweiligen Anordnung, der Anordnungsanspruch sei der materiell-rechtliche Anspruch, in Bezug auf den vorläufiger Rechtsschutz begehrt werde, wonach der Antragsteller glaubhaft machen müsse, dass ihm aus dem Rechtsverhältnis ein Recht zustehe, für das wesentliche Gefahr drohe. Eine Anordnung könne ergehen, wenn das Gericht aufgrund hinreichender Tatsachen durch Glaubhaftmachung (§ 86 b Satz 4 SGG) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund zur Abwendung eines wesentlichen Nachteils bejahen könne.
Hinsichtlich der bereits erfolgten Zahlungen durch den Antragsteller sei bereits ein Anordnungsgrund nicht gegeben. Eine Eilbedürftigkeit für bereits erfolgte Zahlungen und somit für eine Kostenerstattung könne nicht bejaht werden, da es sich um zurückliegende Zeiträume handele. Insoweit müsste der Antragsteller ein Hauptsacheverfahren führen. Hinsichtlich einer künftigen Kostenübernahme von zirka 75,00 EUR monatlich fehle es sowohl an einem Anordnungsgrund als auch an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller beziehe ab 01. Mai 2006 eine monatliche Rente von 754,72 EUR. Eine monatliche Belastung von 75,00 EUR für notwendige, nicht verschreibungspflichtige Medikamente, sei bei der bereits erfolgten vollstationären Unterbringung in einem Pflegeheim durchaus zumutbar. Es fehle aber auch an einem Anordnungsanspruch. Wie die Antragsgegnerin sowohl in dem Bescheid vom 15. Mai 2006 als auch vom 24. Mai 2006 sowie in der Antragserwiderung vom 11. Juli 2006 richtig ausgeführt habe, handele es sich bei den hier zwar lebensnotwendigen Medikamenten um nichtverschreibungspflichtige, aber apothekenpflichtige Medikamente, die seit dem 01. Januar 2004 nicht mehr der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse unterlägen. Eine Kostenübernahme oder eine Kostenerstattung sei damit gesetzlich ausgeschlossen, so dass auch ein Erfolg in einem eventuellen Hauptsacheverfahren zu verneinen wäre. Ausnahmen seien durch das Gesetz nicht vorgesehen, so dass der Antrag abzuweisen gewesen sei. Gegen den seiner Betreuerin am 21. September 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 17. Oktober 2006 eingegangene Beschwerde des Antragstellers: Kern des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz sei die Kostenübernahme für die Medikamente, um den ständigen Transport eines schwerstkranken Menschen ins Klinikum, der weitaus höhere Transport- und Arztkosten verursache, zu vermeiden. Das Gericht habe sich in seinem Beschluss vom 19. September 2006 nur den Vortrag der Gegenseite zu Eigen gemacht und sich nicht ansatzweise mit dem Sachverhalt des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz beschäftigt. Die Entscheidung beruhe nur darauf, die Gegenseite zu begünstigen. Auf das schwere Krankheitsbild und die daraus resultierende Mehrbelastung durch ständige Krankentransporte des Herrn H werde in keiner Weise Bezug genommen, dies werde nicht einmal im Beschluss erwähnt. Der Antrag sei gestellt worden, um ständige Transporte ins Klinikum zu vermeiden und nicht deshalb, ob die auf Privatrezept verordneten Medikamente der Wirkstoffliste unterlägen. Das Gericht weise auf § 86 b Abs. 2 SGG hin, wo eindeutig geregelt sei, dass eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand getroffen werden könne, "wenn die Gefahr bestehe, dass ". Genau dies habe das Gericht in Bezug auf den Streitgegenstand nicht berücksichtigt. Es sei richtig, dass die auf Privatrezept verordneten Medikamente durch den Antragsteller bezahlt worden seien, gerade deshalb, um ständige Krankentransporte für einen schwerstkranken Menschen zu vermeiden. Es mache keinen Sinn, die Kosten nicht zu bezahlen und langwierige Zivilprozesse zu führen, ebenso sei ein Hauptsacheverfahren sinnlos, denn es sei hinreichend bekannt, über wie viele Jahre sich Verfahren vor dem Sozialgericht hinzögen.
Die Antragsgegnerin hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II. Die gemäß §§ 172, 173 SGG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Senat weist sie aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Das Sozialgericht hat die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften mit zutreffendem Ergebnis angewandt.
Soweit der Antragsteller rügt, das Sozialgericht habe sich mit seinem eigentlichen Anliegen nicht befasst, kann dies zu keiner anderen Entscheidung führen. Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung kann nur sein, ob ein Anspruch besteht, nicht aber, weshalb er geltend gemacht wird. Schließt also eine gesetzliche Vorschrift bestimmte Leistungen hier die Versorgung mit nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus, dann besteht ein Anspruch darauf auch dann nicht, wenn die alternative Behandlung erheblich teurer oder mit sonstigen Nachteilen verbunden ist. Es gibt jedenfalls keine Vorschrift, die unter diesen Umständen eine Kostenübernahme für die preisgünstigere Behandlungsvariante ermöglichen würde, insbesondere keine "Härtefall – Regelung". Sowohl das Gericht als auch die Antragsgegnerin ist insoweit an die maßgeblichen Vorschriften gebunden. Die Arzneimittelrichtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V sind untergesetzliche Normen, die innerhalb des Leistungsrechts zu beachten sind (BSG, Urteil vom 26. Januar 2006 B 3 KR 4/05 R). Soweit der Antragsteller sich auf das Urteil des BSG vom 04. April 2004 (B 1 KR 7/05 R) bezieht, verkennt er dessen Inhalt. Das BSG hatte dort die Kostenübernahme für ein in Deutschland nicht zugelassenes, aus Kanada importiertes Fertigarzneimittel nur deshalb zuerkannt, weil andere Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland nicht bestanden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, auch wenn die Betreuerin diese alternative Behandlung für weniger geeignet hält.
Soweit sich der Antragsteller auf die Zulässigkeit einer einstweiligen Anordnung für den Fall bezieht, "wenn die Gefahr besteht, dass ", lässt er den entscheidenden Satzteil weg, denn es folgt " , dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.". Vorliegend droht aber nicht die Veränderung eines gegenwärtig bestehenden Zustands, durch den ein Recht des Antragstellers nicht verwirklicht werden könnte. Vorliegend geht es nicht darum, die Veränderung eines bestehenden Zustands (durch die Antragsgegnerin) zu verhindern, vielmehr will der Antragsteller einen neuen Zustand, nämlich die Kostenübernahme durch die Antragsgegnerin, erreichen. Dies wäre allenfalls über § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG möglich, wonach einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Diese Vorschrift des Prozessrechts ermächtigt das Gericht allerdings nicht zu beliebigen Entscheidungen, sondern nur zu solchen, die sich aus dem "streitigen Rechtsverhältnis" ergeben. Auch ein noch so schwerer Nachteil auf der einen Seite begründet nicht die Zulässigkeit einer entsprechenden Anordnung, wenn das materielle Recht keine Grundlage für den geltend gemachten Anspruch gibt. Letzteres ist vorliegend der Fall. Die streitigen, nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel sind durch die Arzneimittel-Richtlinien von der Versorgung ausgeschlossen, eine Ausnahme nach den Arzneimittel-Richtlinien liegt nicht vor. Es gibt jedenfalls zumindest eine Behandlungsalternative, auch wenn diese mit einem Transport zum Krankenhaus verbunden sein mag.
Der Senat weist zudem nochmals auf die Begründung des Sozialgerichts hin, wonach nicht nur der Anordnungsanspruch also der sich aus dem materiellen Recht ergebende Leistungsanspruch vorliegen muss. Eine einstweilige Anordnung kann jedenfalls nur ergehen, wenn ein Anordnungsgrund vorliegt. Hierzu hat der Antragsteller mit der Beschwerde nichts vorgetragen. Auch wenn also was hier nicht der Fall ist das materielle Recht den geltend gemachten Leistungsanspruch hergeben würde, muss zusätzlich das Erfordernis einer sofortigen Leistung durch die Antragsgegnerin gegeben sein. Auch dafür ist nach dem vom Antragsteller unterbreiteten Sachverhalt nichts ersichtlich. Da es um die Versorgung mit Arzneimitteln geht, könnte auch bei Bestehen des Anspruchs eine einstweilige Anordnung nur dann ergehen, wenn ohne eine derartige Anordnung die notwendigen Arzneimittel nicht beschafft werden könnten. Auch insoweit zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass die bisher durchgeführte Versorgung mit dem Arzneimittel nicht fortgesetzt werden könnte.
Unter den gegebenen Umständen geht es allein um finanzielle Interessen, die jedenfalls in Bezug auf beide Beteiligte gleich zu bewerten sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 SGG. Da der Antragsteller nicht erfolgreich war, steht ihm ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten gegen die Antragsgegnerin nicht zu.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Versorgung mit nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln beziehungsweise entsprechende Kostenerstattung.
Der 1950 geborene Antragsteller befindet sich nach einem Herzinfarkt am 03. Oktober 2005 im Wachkoma (apallisches Syndrom). Seit Februar 2006 lebt er in einer stationären Pflegeeinrichtung. Ihm wurden eine Trachealkanüle, eine Magensonde und ein Blasenkatheter gelegt.
Unter diesen Voraussetzungen verordnete die HNO Ärztin U auf Privatrezept Kochsalzlösung (NaCl 9 %) und Tracholiquin zur Befeuchtung der Schleimhaut des Trachealbronchialbaumes, um die Sekret-Absaugung zu erleichtern.
Der Urologe Dipl. Med. T verordnete Methionin 500 zur Verhinderung von Verstopfungen des Katheters sowie ebenfalls Kochsalzlösung (NaCl 9 %) zur Blasenspülung.
Den Antrag vom 06. Mai 2006 auf Kostenerstattung für diese und weitere nicht im Einzelnen genannte Medikamente und weitere Versorgung damit lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 15. Mai 2006 und 24. Mai 2006 ab: Es handele sich um apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Verordnung zu Lasten der Krankenkasse nicht möglich sei.
Am 06. Juli 2006 beantragte der Antragsteller durch seine Betreuerin beim Sozialgericht Potsdam,
die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung "zu verurteilen, den Antrag auf Kostenübernahme für diverse Arzneimittel, Schreiben vom 15.05.2006, nochmals zu überprüfen und in diesem Fall dem Leistungsantrag zu entsprechen".
Der Antragsteller habe sich bis Februar 2006 in der Neurologischen Rehabilitationsklinik B befunden. Die im Entlassungsbericht vom 10. März 2006 genannte letzte Medikation sei von den behandelnden Fachärzten übernommen worden. Da ein Teil der notwenigen Medikamente apothekenpflichtig, aber nicht verschreibungspflichtig sei, würden diese durch die Fachärzte auf Privatrezept verordnet und müssten vollständig vom Antragsteller bezahlt werden. Die Kosten hierfür würden monatlich zirka 75,00 EUR betragen, wobei er nur eine monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 754,72 EUR erhalte. Der Zustand des Antragstellers sei lebensbedrohlich, die Gabe der auf Privatrezept verordneten Medikamente sei erforderlich, um einen häufigen Transport ins Klinikum zu ersparen. Zum einen bedeute ein häufiger Transport ins Klinikum einen starken Stress, weshalb der Transport stets ein Erbrechen zur Folge habe und damit der ohnehin schon geschwächte Körper noch schwächer werde. Zum anderen sei die Behandlung in der Notaufnahme mit weitaus höheren Kosten für die Krankenkasse verbunden. In den Monaten Februar, März und April sei der Antragsteller mehrfach ins Klinikum transportiert worden. Aufgrund der sehr starken Belastung sei von diesen Transporten Abstand genommen und die Versorgung im "C Heim" durch die Krankenschwestern gemäß den fachärztlichen Verordnungen durchgeführt worden. In regelmäßigen Abständen und je nach Erfordernis werde der Blasenkatheter von den Schwestern mit NaCl gespült sowie Methionin über die Magensonde verabreicht, um ein schnelles Verstopfen und einen anstrengenden Transport zu vermeiden. Weiterhin atme der Antragsteller über ein Tracheostoma, welches den natürlichen Luftweg umgehe. Um das Sekret, welches Herr H hochhuste, flüssig zu halten, werde über die Trachealkanüle täglich mehrmals in regelmäßigen Abständen mit Kochsalz und Tracholiquin inhaliert und geträufelt. Unter diesen Umständen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragsgegnerin die für den Antragsteller belastenderen und für sie teureren Transporte ins Krankenhaus bevorzuge. Die Liste von nichtverschreibungspflichtigen Arzneimittelwirkstoffen sei bekannt. Diese seien für ihn jedoch lebensnotwendig.
Die Antragsgegnerin ist dem unter Hinweis auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) und § 34 Abs. 1 SGB V entgegengetreten. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel seien nur verschreibungspflichtig, wenn sie in der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (§ 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V) festgesetzten Liste enthalten seien. Diese Liste sei für sie maßgebliches Recht. Soweit der Antragsteller sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (B 1 KR 7/05 R) beziehe, liege die dortige Fallgestaltung hier nicht vor, da es sich nicht um "Importarzneimittel" handele.
Mit Beschluss vom 15. September 2006 hat das Sozialgericht entschieden:
Tenor:
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
2. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Das Sozialgericht hat zur Begründung ausgeführt: Gemäß § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr bestehe, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen seien zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sei die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Der Anordnungsgrund bestehe in der Eilbedürftigkeit der einstweiligen Anordnung, der Anordnungsanspruch sei der materiell-rechtliche Anspruch, in Bezug auf den vorläufiger Rechtsschutz begehrt werde, wonach der Antragsteller glaubhaft machen müsse, dass ihm aus dem Rechtsverhältnis ein Recht zustehe, für das wesentliche Gefahr drohe. Eine Anordnung könne ergehen, wenn das Gericht aufgrund hinreichender Tatsachen durch Glaubhaftmachung (§ 86 b Satz 4 SGG) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund zur Abwendung eines wesentlichen Nachteils bejahen könne.
Hinsichtlich der bereits erfolgten Zahlungen durch den Antragsteller sei bereits ein Anordnungsgrund nicht gegeben. Eine Eilbedürftigkeit für bereits erfolgte Zahlungen und somit für eine Kostenerstattung könne nicht bejaht werden, da es sich um zurückliegende Zeiträume handele. Insoweit müsste der Antragsteller ein Hauptsacheverfahren führen. Hinsichtlich einer künftigen Kostenübernahme von zirka 75,00 EUR monatlich fehle es sowohl an einem Anordnungsgrund als auch an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller beziehe ab 01. Mai 2006 eine monatliche Rente von 754,72 EUR. Eine monatliche Belastung von 75,00 EUR für notwendige, nicht verschreibungspflichtige Medikamente, sei bei der bereits erfolgten vollstationären Unterbringung in einem Pflegeheim durchaus zumutbar. Es fehle aber auch an einem Anordnungsanspruch. Wie die Antragsgegnerin sowohl in dem Bescheid vom 15. Mai 2006 als auch vom 24. Mai 2006 sowie in der Antragserwiderung vom 11. Juli 2006 richtig ausgeführt habe, handele es sich bei den hier zwar lebensnotwendigen Medikamenten um nichtverschreibungspflichtige, aber apothekenpflichtige Medikamente, die seit dem 01. Januar 2004 nicht mehr der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse unterlägen. Eine Kostenübernahme oder eine Kostenerstattung sei damit gesetzlich ausgeschlossen, so dass auch ein Erfolg in einem eventuellen Hauptsacheverfahren zu verneinen wäre. Ausnahmen seien durch das Gesetz nicht vorgesehen, so dass der Antrag abzuweisen gewesen sei. Gegen den seiner Betreuerin am 21. September 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 17. Oktober 2006 eingegangene Beschwerde des Antragstellers: Kern des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz sei die Kostenübernahme für die Medikamente, um den ständigen Transport eines schwerstkranken Menschen ins Klinikum, der weitaus höhere Transport- und Arztkosten verursache, zu vermeiden. Das Gericht habe sich in seinem Beschluss vom 19. September 2006 nur den Vortrag der Gegenseite zu Eigen gemacht und sich nicht ansatzweise mit dem Sachverhalt des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz beschäftigt. Die Entscheidung beruhe nur darauf, die Gegenseite zu begünstigen. Auf das schwere Krankheitsbild und die daraus resultierende Mehrbelastung durch ständige Krankentransporte des Herrn H werde in keiner Weise Bezug genommen, dies werde nicht einmal im Beschluss erwähnt. Der Antrag sei gestellt worden, um ständige Transporte ins Klinikum zu vermeiden und nicht deshalb, ob die auf Privatrezept verordneten Medikamente der Wirkstoffliste unterlägen. Das Gericht weise auf § 86 b Abs. 2 SGG hin, wo eindeutig geregelt sei, dass eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand getroffen werden könne, "wenn die Gefahr bestehe, dass ". Genau dies habe das Gericht in Bezug auf den Streitgegenstand nicht berücksichtigt. Es sei richtig, dass die auf Privatrezept verordneten Medikamente durch den Antragsteller bezahlt worden seien, gerade deshalb, um ständige Krankentransporte für einen schwerstkranken Menschen zu vermeiden. Es mache keinen Sinn, die Kosten nicht zu bezahlen und langwierige Zivilprozesse zu führen, ebenso sei ein Hauptsacheverfahren sinnlos, denn es sei hinreichend bekannt, über wie viele Jahre sich Verfahren vor dem Sozialgericht hinzögen.
Die Antragsgegnerin hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II. Die gemäß §§ 172, 173 SGG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Senat weist sie aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Das Sozialgericht hat die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften mit zutreffendem Ergebnis angewandt.
Soweit der Antragsteller rügt, das Sozialgericht habe sich mit seinem eigentlichen Anliegen nicht befasst, kann dies zu keiner anderen Entscheidung führen. Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung kann nur sein, ob ein Anspruch besteht, nicht aber, weshalb er geltend gemacht wird. Schließt also eine gesetzliche Vorschrift bestimmte Leistungen hier die Versorgung mit nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus, dann besteht ein Anspruch darauf auch dann nicht, wenn die alternative Behandlung erheblich teurer oder mit sonstigen Nachteilen verbunden ist. Es gibt jedenfalls keine Vorschrift, die unter diesen Umständen eine Kostenübernahme für die preisgünstigere Behandlungsvariante ermöglichen würde, insbesondere keine "Härtefall – Regelung". Sowohl das Gericht als auch die Antragsgegnerin ist insoweit an die maßgeblichen Vorschriften gebunden. Die Arzneimittelrichtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V sind untergesetzliche Normen, die innerhalb des Leistungsrechts zu beachten sind (BSG, Urteil vom 26. Januar 2006 B 3 KR 4/05 R). Soweit der Antragsteller sich auf das Urteil des BSG vom 04. April 2004 (B 1 KR 7/05 R) bezieht, verkennt er dessen Inhalt. Das BSG hatte dort die Kostenübernahme für ein in Deutschland nicht zugelassenes, aus Kanada importiertes Fertigarzneimittel nur deshalb zuerkannt, weil andere Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland nicht bestanden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, auch wenn die Betreuerin diese alternative Behandlung für weniger geeignet hält.
Soweit sich der Antragsteller auf die Zulässigkeit einer einstweiligen Anordnung für den Fall bezieht, "wenn die Gefahr besteht, dass ", lässt er den entscheidenden Satzteil weg, denn es folgt " , dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.". Vorliegend droht aber nicht die Veränderung eines gegenwärtig bestehenden Zustands, durch den ein Recht des Antragstellers nicht verwirklicht werden könnte. Vorliegend geht es nicht darum, die Veränderung eines bestehenden Zustands (durch die Antragsgegnerin) zu verhindern, vielmehr will der Antragsteller einen neuen Zustand, nämlich die Kostenübernahme durch die Antragsgegnerin, erreichen. Dies wäre allenfalls über § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG möglich, wonach einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Diese Vorschrift des Prozessrechts ermächtigt das Gericht allerdings nicht zu beliebigen Entscheidungen, sondern nur zu solchen, die sich aus dem "streitigen Rechtsverhältnis" ergeben. Auch ein noch so schwerer Nachteil auf der einen Seite begründet nicht die Zulässigkeit einer entsprechenden Anordnung, wenn das materielle Recht keine Grundlage für den geltend gemachten Anspruch gibt. Letzteres ist vorliegend der Fall. Die streitigen, nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel sind durch die Arzneimittel-Richtlinien von der Versorgung ausgeschlossen, eine Ausnahme nach den Arzneimittel-Richtlinien liegt nicht vor. Es gibt jedenfalls zumindest eine Behandlungsalternative, auch wenn diese mit einem Transport zum Krankenhaus verbunden sein mag.
Der Senat weist zudem nochmals auf die Begründung des Sozialgerichts hin, wonach nicht nur der Anordnungsanspruch also der sich aus dem materiellen Recht ergebende Leistungsanspruch vorliegen muss. Eine einstweilige Anordnung kann jedenfalls nur ergehen, wenn ein Anordnungsgrund vorliegt. Hierzu hat der Antragsteller mit der Beschwerde nichts vorgetragen. Auch wenn also was hier nicht der Fall ist das materielle Recht den geltend gemachten Leistungsanspruch hergeben würde, muss zusätzlich das Erfordernis einer sofortigen Leistung durch die Antragsgegnerin gegeben sein. Auch dafür ist nach dem vom Antragsteller unterbreiteten Sachverhalt nichts ersichtlich. Da es um die Versorgung mit Arzneimitteln geht, könnte auch bei Bestehen des Anspruchs eine einstweilige Anordnung nur dann ergehen, wenn ohne eine derartige Anordnung die notwendigen Arzneimittel nicht beschafft werden könnten. Auch insoweit zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass die bisher durchgeführte Versorgung mit dem Arzneimittel nicht fortgesetzt werden könnte.
Unter den gegebenen Umständen geht es allein um finanzielle Interessen, die jedenfalls in Bezug auf beide Beteiligte gleich zu bewerten sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 SGG. Da der Antragsteller nicht erfolgreich war, steht ihm ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten gegen die Antragsgegnerin nicht zu.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
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