Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 3712/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1471/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. März 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine operative Verkleinerung des Magens (Gastric-Banding-Operation) als Sachleistung zu bewilligen.
Die am 1965 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Sie leidet an Adipositas. Mit Schreiben vom 03. August 2003 wandte sie sich an die Beklagte und bat um Genehmigung einer so genannten Gastric-Banding-Operation. Nach der Ablehnung ihres letzten Antrags auf Durchführung einer solchen Operation vor sechs Jahren habe sie zwischenzeitlich mehrere Maßnahmen zur Gewichtsreduktion durchgeführt. Sie sei 1999 in L. zur Kur gewesen. Auch 1994 und 1996 habe sie Kuren mit Ernährungsberatungen und Diäten durchgeführt. Sie habe in den Kuren jeweils eine Gewichtsabnahme von bis zu sieben kg erzielt. Dies habe jedoch nur kurze Zeit angehalten. Sie habe über ein Jahr die Präparate Xenical und Reductil eingenommen. Dabei sei in Verbindung mit aktivem Sport eine Gewichtsabnahme von 20 kg erreicht worden. Drei Jahre lang sei sie Mitglied eines Fitnessstudios gewesen und habe Sportarten wie Joggen, Fahrradfahren und Kanufahren betrieben. Das verminderte Gewicht habe sie nur über zwei Jahre halten können. Dann habe sich das Übergewicht wieder bei 110 kg eingependelt. Sie leide sehr unter ihrem hohen Gewicht. Dies zeige sich in schweren Depressionen mit Rückzugssymptomen. Es lägen zahlreiche Beschwerden an Rücken, Hüften, Knien und Füßen vor. Momentan könne sie aufgrund ihrer Leibesfülle und wegen der Schmerzen keine Sportarten mehr ausüben. Ihre Mitgliedschaft im Fitnessstudio habe sie kündigen müssen. Ergänzend legte sie einen Bericht des Prof. Dr. W., Krankenhaus S., vom 08. Juli 2003 vor. Er bestätigte ein Körpergewicht von 110,2 kg und einen Body-Mass-Index (BMI) von 40 und empfahl eine operative Maßnahme zur Gewichtsreduktion. In einem weiteren Bericht des Prof. Dr. K., St. V.-Krankenhäuser K., wird ebenfalls die Durchführung einer operativen Gewichtsreduktion empfohlen. Der Arzt für Allgemeinmedizin Prof. Dr. Kl. führte in einem Attest vom 05. August 2003 aus, mehrere ernsthaft und konsequent durchgeführte Maßnahmen hätten keinen bleibenden Erfolg gehabt. Weiter legte die Klägerin ein von ihr selbst geführtes Ernährungsprotokoll für die Zeit vom 26. September 2003 bis 16. Oktober 2003 vor.
Die Beklagte wandte sich an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. Kü. führte in seinem Gutachten vom 18. Dezember 2003 aus, die geplante operative Gewichtsreduktion stelle keine sinnvolle Behandlungsmethode dar.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2003 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für eine Magenbandimplantation im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung ab. Der wissenschaftliche Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit für die vorgesehene Operation sei nicht erbracht.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2004 legte die Klägerin Widerspruch ein. Andere Behandlungsmethoden stünden nicht mehr zur Verfügung. Die Ärzte der "Greenline" der Beklagten selbst hätten ihr diese Methode bei einem Telefonanruf als ausgewogen und nützlich geschildert. Die Komplikationsrate und die Mortalität bei dem Eingriff lägen in einem vertretbaren Bereich. Außerdem seien die Kriterien des Urteils des Bundessozialgerichts vom 18. "März" (richtig Februar) 2003 (B 1 KR 2/02 R) erfüllt. Bei ihr liege ein BMI von 40 und Begleiterkrankungen vor. Sie sei mehr als ein Jahr lang wegen der Adipositas durch Prof. Dr. Kl. erfolglos behandelt worden. Ihre Motivation sei sehr hoch. Die Depression bestehe wegen der Adipositas, der Unbeweglichkeit und der Ausgrenzung, die sie erfahre.
Die Beklagte wandte sich nochmals an den MDK. Nach Anforderung weiterer Unterlagen führte Dr. Ke. in seinem Gutachten vom 15. April 2004 aus, bei der Klägerin sei bereits 1998 eine sozialmedizinische Begutachtung wegen eines Antrags auf Implantation eines Magenbands durchgeführt worden. Bereits damals habe Dr. L. keine positive Empfehlung abgegeben. Nach Auswertung der jetzt vorliegenden Unterlagen sei davon auszugehen, dass ambulante Therapiemöglichkeiten noch nicht konsequent ausgeschöpft seien. Die angegebene schwere Depression stelle eine Kontraindikation für den Eingriff dar. Es könne nicht unterstellt werden, dass die Klägerin in der Lage sei, sich lebenslang einer konsequenten Diät zu unterwerfen. Mit Schreiben vom 21. April 2004 teilte die Beklagte der Klägerin die Ergebnisse der weiteren gutachterlichen Stellungnahme des MDK mit.
Die Klägerin hielt ihren Widerspruch aufrecht und legte ein weiteres Attest des Prof. Dr. Kl. vom 10. Mai 2004 vor. Er gab an, er behandle die Klägerin seit August 1998 u.a. auch wegen der ausgeprägten Adipositas. Es hätten intensive diätische Beratungen stattgefunden. Auch gruppentherapeutische Interventionen seien erfolgt. Die Klägerin habe deutlich an Gewicht abgenommen, nämlich bis zu 30 kg. Trotz konsequenter Maßnahmen sei es zum Stillstand der Gewichtsreduktion gekommen. Es sei eine sekundäre depressive Verstimmung mit einer Minderung der Lebensqualität aufgetreten. Der BMI liege jetzt bei über 40. Ein Magenband sei indiziert. Daneben seien diätische Maßnahmen weiter fortzuführen.
Die Beklagte leitete diese Unterlagen erneut an den MDK. Dr. C. teilte mit Schreiben vom 21. Mai 2004 mit, eine Änderung der bisherigen Einschätzung ergebe sich nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2004 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Sie verwies auf die Urteile des BSG vom 19. Februar 2003 (B 1 KR 1/02 R und B 1 KR 14/02 R) und führte weiter aus, die Gutachter des MDK hätten die Notwendigkeit einer operativen Intervention nicht bestätigt. Die angegebene schwere Depression stelle eine Kontraindikation dar. Eine Kostenübernahme sei nicht möglich.
Die Klägerin hat am 30. September 2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie leide seit nunmehr 25 Jahren unter extremer Adipositas. Der BMI betrage derzeit mehr als 40. Diverse Begleiterkrankungen hätten sich bereits eingestellt. Es handle sich dabei um Verschleißerscheinungen am Halte- und Bewegungsapparat, im Bereich der Wirbelsäule, der Hüften und der Knie. Sie habe seit Jahren unterschiedliche gruppentherapeutische Interventionen durchgeführt. Ein Erfolg habe sich nicht eingestellt. Das Operationsrisiko sei tolerabel. Ob eine schwere Depression oder überhaupt eine Depression vorliege, sei unerheblich. Es sei klar, dass die Depression eine Folge der Adipositas und nicht deren Ursache sei. Die sie behandelnden Ärzte hätten die Notwendigkeit des operativen Eingriffs bestätigt. Es könne auch nicht darauf ankommen, dass es mit anderen Methoden möglich sei, den BMI auf unter 40 zu senken. Eine länger andauernde ärztlich kontrollierte Diätmaßnahme habe stattgefunden. Dies habe Prof. Dr. Kl. bestätigt. Stationäre Rehabilitationsaufenthalte hätten zwar zu einer vorübergehenden Gewichtsverringerung geführt. Dabei sei auf medizinisch strukturierte, planmäßige und sinnvolle Weise versucht worden, eine dauerhafte Gewichtsreduktion zu erreichen. Entscheidend sei aber nur ein dauerhafter Erfolg. Auch die lebenslängliche medizinische Nachsorge sei gewährleistet. Die Klägerin hat einen Arztbrief des Dr. D., Radiologe, vom 11. März 2005 vorgelegt. Dr. D. beschreibt entzündliche Veränderungen in den Weichteilen. Ein Überlastungsschaden komme in Betracht.
Die Beklagte hat dem entgegengehalten, die Unfähigkeit der Klägerin, bereits erreichte Gewichtsverringerungen auf Dauer zu halten, spreche für die Richtigkeit der Feststellungen des MDK, wonach eine bestehende Essstörung als psychische Erkrankung zu werten sei. Stoffwechselerkrankungen als Ursache für die Adipositas seien auszuschließen. Psychische Störungen seien aber mit Mitteln der Psychiatrie bzw. Psychotherapie zu behandeln. Operative Eingriffe zur Behebung psychischer Defekte seien nicht Aufgabe der Krankenkasse. Die Verwaltungsunterlagen bezüglich des ersten Antrags der Klägerin aus dem Jahr 1996 seien nicht mehr greifbar, da die Aufbewahrungsfrist abgelaufen sei.
Das SG hat Entlassungsberichte beigezogen. Nach dem Kurbericht der Dr. A., Müttergenesungswerk Elly-Heuss-Knapp-Stiftung, vom 24. August 1999 über die Rehabilitationsmaßnahme vom 03. August 1999 bis 24. August 1999 ist u.a. eine Diätschulung durchgeführt und Reduktionskost angesetzt worden und die Kur habe zu einer guten Erholung geführt. Die chronischen Beschwerden hätten sich gebessert. Der Organstatus habe sich verbessert. Aus dem Entlassungsbericht des Dr. S., Haus St. H. B. S., vom 12. August 1996 ergibt sich, dass die Klägerin dort vom 12. Juli 1996 bis 09. August 1996 wegen psychosomatischer Beschwerden und einer raschen Erschöpfung eine Kurmaßnahme durchgeführt hat. Dr. S. hat auch eine Adipositas per magna diagnostiziert. U.a. ist eine Reduktionskost angesetzt worden. Eine Gewichtsabnahme von 2,5 kg sei erfolgt.
Mit Urteil vom 17. März 2005 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 22. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2004 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Magenbandoperation zu gewähren. Eine operative Behandlung sei zur Erreichung der Behandlungsziele erforderlich und notwendig. Unter Zugrundelegung der maßgeblichen Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft seien die Voraussetzungen für einen operativen Eingriff gegeben. Konservative Therapieversuche seien erfolglos ausgeschöpft. Diätmaßnahmen und Ernährungsberatung sowie sportliche Betätigung und verhaltenstherapeutische Maßnahmen seien erfolglos durchgeführt worden. Die beschriebene Depression hindere den operativen Eingriff nicht. Diese sei Folge der Adipositas.
Gegen das ihr am 07. April 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. April 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, zwar habe sich das Sozialgericht grundsätzlich an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts orientiert, aber keine Ermittlungen über die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der geplanten Operation durchgeführt. Das Sozialgericht habe sich ausschließlich auf die Angaben der Klägerin und der sie behandelnden bzw. voraussichtlich operierenden Ärzte gestützt. Die Feststellungen des MDK seien dagegen unberücksichtigt geblieben. Auch habe das Sozialgericht angeführt, eine Stoffwechselerkrankung als Ursache der Adipositas liege nicht vor. Damit habe es letztlich die Auffassung des MDK bestätigt, wonach bestehende Essstörungen eine psychische Erkrankung darstellten. Sie hat die weitere Stellungnahme des MDK von Dr. Ko. vom 19. Januar 2006 vorgelegt. Dieser führt zusammenfassend aus, die ärztlichen Unterlagen würden bestätigen, dass mit konservativen Therapien eine erhebliche Gewichtsreduktion erreichbar sei. Die Gewichtsreduktion hätte durch Beibehaltung einer kalorienreduzierten Kost und auch mit Hilfe von Ernährungsberatung und psychotherapeutischer Hilfe stabilisiert werden können. Der mühsame Weg der Beibehaltung einer Verhaltensänderung im Ernährungsbereich solle durch den nur scheinbar leichteren Weg einer Magenbandoperation ersetzt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. März 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen des Sozialgerichts. Die Abklärung eines metabolischen Syndroms sei nicht Voraussetzung für einen Leistungsanspruch. Sie hat vorgelegt: &61485; das weitere Attest des Prof. Dr. Kl. vom 27. Juni 2005, in dem dieser seine bereits dokumentierte Einschätzung bestätigt. &61485; die Aufstellung des Prof. Dr. Kl. vom 29. Juli 2005 mit einer Angabe der verschiedenen Behandlungsmaßnahmen zwischen 1998 und 2005, ergänzt mit den Gewichtsangaben durch das ärztliche Attest vom 24. August 2005, &61485; das Attest des Prof. Dr. Kl. vom 28. September 2006, in dem er die Ergebnisse der Gewichtsmessungen zwischen Juli 2005 und September 2006 mitteilt (113 kg bis 120 kg) &61485; die Bestätigung der Klinik Dr. De., B.-B., vom 13. Juni 2005, wonach sie am Gesundheitskurs "Konzept für längerfristige Gewichtsabnahme" teilgenommen und acht von zehn Kursterminen besucht habe. &61485; das Attest des Prof. Dr. K., St. V.-Krankenhäuser vom 24. November 1997, wonach eine operative Therapie im Sinne eines Gastric Banding gerechtfertigt sei, &61485; den Befundbericht des Unfallchirurgen Dr. Le. vom 14. Januar 1997 mit der Diagnose atypische Fettspeicherung bei Adipositas, DD Lipom, Verdacht auf Nerveneinklemmung linker Arm, &61485; eine von ihr gefertigte Aufstellung über die von ihr seit 1996 durchgeführten Gewichtsreduktionsmaßnahmen, &61485; die Bescheinigung des Rastatter Kanuclubs 1925 e.V. über ihre dortige Mitgliedschaft seit 01. Juli 2002, &61485; die Bescheinigung des Fitnessforum Baden-Baden vom 01. August 2005 über eine zwei- bis dreimal wöchentliche Teilnahme am gesundheitsorientierten Einzel- und Gruppentraining in Wirbelsäulengymnastik, Stretching und Pilates vom 01. April 2000 bis 30. September 2003, &61485; die Bestätigung des Herrn B. vom 01. August 2005, wonach sie während einer dreiwöchigen Mutter-Kind-Maßnahme im August 1999 ihr Gewicht um 3600 Gramm durch eine gezielte Reduktionskostschulung sowie eine 1200 Kilokalorien Diätkost habe reduzieren können, &61485; die Rechnung der Diätassistentin Ki., Praxis für Ernährungstherapie, über die Teilnahme an zehn Terminen zwischen Juli 2006 und August 2006 an einem Seminars "Schritt für Schritt zum Wohlfühlgewicht", &61485; die Teilnahmebestätigung der Frau Ki. vom 10. Januar 2007, wonach sie (die Klägerin) im Rahmen des DMP seit 02. Mai 2006 an fünf Einzelberatungen, anschließend an mehreren Terminen der Gruppenberatung sowie regelmäßig 14-täglich am Motivationstreff teilnehme und der Blutzucker und das Gewicht sich verbessert hätten.
Der Berichterstatter hat Prof. Dr. Kl. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. In seiner Auskunft vom 02. Januar 2006 schildert er den Behandlungsverlauf seit August 1998 und führt aus, die Klägerin leide physisch und psychisch erheblich unter der Adipositas. Sie habe nachweislich bis zu 30 kg abgenommen, eine weitere Gewichtsreduktion sei nicht mehr zu erreichen gewesen. Die Angaben der Klägerin seien glaubhaft.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts und die Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Durchführung einer operativen Maßnahme zur Verringerung des Magenvolumens in Form einer Gastric-Banding-Operation. Das Sozialgericht hat den Bescheid zu Unrecht aufgehoben.
Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Behandlung ist § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V). Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 5 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung u.a. auch die Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Der Adipositas als solcher kommt Krankheitswert zu. Einigkeit besteht in der Medizin darüber, dass bei starkem Übergewicht (im Allgemeinen ab einem BMI von 30) eine Behandlung mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erforderlich ist, weil andernfalls ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Begleit- und Folgeerkrankungen wie Stoffwechselkrankheiten, Herz- und Kreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen, gastrointestinale Erkrankungen, Krankheiten des Bewegungsapparates und bösartige Neubildungen besteht (vgl. Nrn. 1 und 2.1 der von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin herausgegebenen "Evidenzbasierte Leitlinie Prävention und Therapie der Adipositas" (Version 2006, Leitlinie 2006); www.adipositas-gesellschaft.de/leitlinien.php). Erfordert die Adipositas mithin eine ärztliche Behandlung, so belegt dies zugleich die Regelwidrigkeit des bestehenden Zustandes und damit das Vorliegen einer Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (vgl. Urteile vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 14/02 R und B 1 KR 1/02 R -), der der Senat folgt, kann die Leistungspflicht für eine chirurgische Therapie dieser Krankheit nicht mit der Erwägung verneint werden, dass für das Übergewicht das krankhafte Essverhalten des Patienten und nicht eine Funktionsstörung des Magens verantwortlich ist. Zwar stellt die operative Verkleinerung bzw. Veränderung des Magens keine kausale Behandlung dar, vielmehr soll damit die Verhaltensstörung des Patienten durch eine zwangsweise Begrenzung der Nahrungsmenge lediglich indirekt beeinflusst werden. Eine solche mittelbare Therapie wird jedoch vom Leistungsanspruch grundsätzlich mit umfasst, wenn sie ansonsten die in § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V aufgestellten Anforderungen erfüllt, also ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist sowie dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. Für chirurgische Eingriffe hat das BSG diesen Grundsatz jedoch eingeschränkt, wenn durch eine solche Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert wird, wie das bei der Applikation eines Magenbandes geschieht. In diesem Fall bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSG a.a.O., m.w.N.).
Eine chirurgische Behandlung der extremen Adipositas kann demnach eine Leistung der Krankenversicherung sein. Es ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob bei dem jeweiligen Patienten die Indikation für eine solche Therapie gegeben ist. Da das Behandlungsziel einer Gewichtsreduktion auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, ist zunächst zu prüfen, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung der Behandlungsalternativen (diätetische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie) notwendig und wirtschaftlich ist (§ 12 Abs. 1, § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sodann muss untersucht werden, ob nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention gegeben sind. Die Implantation eines Magenbandes kommt nur als Ultima Ratio und nur bei Patienten in Betracht, die eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung (BMI &8805; 40 oder &8805; 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen; Erschöpfung konservativer Behandlungsmethoden; tolerables Operationsrisiko; ausreichende Motivation, keine manifeste psychiatrische Erkrankung; Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung u. a.) erfüllen (BSG a.a.O.). Dies bedeutet insbesondere, dass vor einer Operation zunächst sämtliche konservativen Behandlungsalternativen in einem ärztlich geleiteten Gesamtkonzept konsequent als Langzeitbehandlung erfolglos durchzuführen sind (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27. Oktober 2006, L 4 KR 434/06; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07. Dezember 2004, L 11 KR 1905/04). Dies ergibt sich auch aus der zuvor bereits genannten von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin herausgegebenen Evidenzbasierten Leitlinie Prävention und Therapie der Adipositas (Version 2006, Leitlinie 2006), die den derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft dokumentiert. Nach Nr. 6.4.7 der Leitlinie 2006 kann die Indikation für eine chirurgische Intervention nach Scheitern aller konservativen Therapie bei Patienten mit Adipositas Grad III (BMI &8805; 40) oder Adipositas Grad II (BMI &8805; 35) mit erheblichen Komorbiditäten (z.B. Diabetes mellitus Typ 2) gestellt werden. Vor der Stellung der Indikation sollte wenigstens eine sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung nach definierten Qualitätskriterien stattfinden. Bestandteile der Therapie sind dabei als Grundlage ein Basisprogramm, das die Komponenten Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie umfasst (Nr. 6.4.1 der Leitlinie 2006), eine Ernährungstherapie in verschiedenen Stufen (Nr. 6.4.2 der Leitlinie 2006), eine Bewegungstherapie (Nr. 6.4.3 der Leitlinie 2006), eine Verhaltenstherapie (Nr. 6.4.4 der Leitlinie 2006), Gewichtsreduktionsprogramme (Nr. 6.4.5 der Leitlinie 2006) und bei entsprechender Indikation eine adjuvante medikamentöse Therapie (Nr. 6.4.6 der Leitlinie 2006).
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass eine mit dem Behandlungsziel einer Gewichtsreduktion durchgeführte vollstationäre chirurgische Behandlung in einem Vertragskrankenhaus unter Berücksichtigung der konservativen Behandlungsalternativen (diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie) und der maßgebenden Leitlinien der Fachgesellschaften als so genannte ultima ratio im Sinne der §§ 12 Abs. 1, 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V zur Erreichung des Behandlungszieles, nämlich der Gewichtsreduktion notwendig und wirtschaftlich ist Die Klägerin hat nicht sämtliche ambulante Behandlungsmaßnahmen erfolglos ausgeschöpft. Die Klägerin hat eine konzentrierte, mindestens sechs bis zwölf Monate dauernde konservative Behandlung, vor allen Dingen in Form einer interdisziplinären, kombinierten Maßnahme weder unmittelbar vor der Diagnosestellung zum Zeitpunkt ihres Antrags bei der Beklagten noch zum jetzigen Zeitpunkt durchgeführt. Aus der Aufstellung des Prof. Dr. Kl. vom 24. August 2005 ergibt sich, dass er die Klägerin wegen der Adipositas bereits seit 1998 behandelt. Bis Juni 1999 wurde dabei eine Gewichtsabnahme durch eine konsequente diätische Maßnahme erreicht. Im November 1999 begann eine medikamentöse Therapie, zunächst mit Xenical, die später auf die Einnahme von Reductil wechselte. Dadurch nahm die Klägerin bis September 2001 insgesamt 30 kg ab. Im April 2003 wurde ein chirurgischer Eingriff besprochen. Die von Prof. Dr. Kl. geschilderte Behandlung im Lauf von nahezu sieben Jahren stellt keine konzentrierte, verschiedene Ansätze kombinierende und durch einen Arzt koordinierte längerfristige Behandlungsmethode dar. Zunächst wurde allein auf diätische Maßnahmen gesetzt, die in der Folge durch die Einnahme von Medikamenten ergänzt wurden. Weitere koordinative Elemente finden sich nicht. Dass die Klägerin daneben sich sportlich betätigte und verschiedene Kurse besuchte, ändert daran nichts. Dies ist durchaus zu würdigen. Es bleibt jedoch bei isolierten, nebeneinander und nacheinander laufenden Versuchen, Gewicht abzunehmen. Ein multidisziplinärer Behandlungsansatz ist darin nicht zu sehen. Diese Einschätzung bestätigt sich auch durch die von der Klägerin vorgelegte Aufstellung über die von ihr seit 1996 bis 2005 durchgeführten Maßnahmen zur Gewichtsreduktion. Auch in dieser Aufstellung (Bl. 32 LSG) zeigt sich, dass die Klägerin zwar durchaus motiviert ist und viele verschiedene Maßnahmen ergriffen hat, um Gewicht zu reduzieren, eine konzentrierte, kombinierte Behandlung über einen längerfristigen Zeitraum lässt sich dem allerdings nicht entnehmen.
Insbesondere dürfte eine psychotherapeutische Behandlung von ausschlaggebender Bedeutung sein. Die Klägerin hat ihr Gewicht erheblich bis zu 30 kg reduziert. Der Klägerin ist es aber nicht gelungen, diese Gewichtsabnahme zu halten. Bis Juli 2005 hatte die Klägerin wieder 30 kg zugenommen. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb es trotz der von der Klägerin geschilderten Bemühungen und der vorgetragenen Behandlungen des Prof. Dr. Kl. bis Juli 2005 wieder zu der Gewichtszunahme um 30 kg kam und der erreichte Erfolg damit wieder beseitigt war. Allein die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Senats angegebene Handoperation vermag dies nicht zu erklären. Die Gewichtszunahme erstaunt auch deshalb, weil die Klägerin nach den vorgelegten Bescheinigungen an Kursen teilnimmt, die eine Gewichtsreduzierung zum Inhalt haben. Wenn es gleichwohl nicht zu einer Gewichtsreduzierung kommt bzw. die einmal erreichte Gewichtsreduzierung nicht gehalten werden kann, spricht vieles dafür, dass sich die Klägerin insbesondere an die notwendigen Erfordernisse einer richtigen Ernährung nicht hält.
Dies zeigt, dass die Gewichtsreduktion als solche kein Problem ist, das die Klägerin nicht durch ambulante und konservative Behandlungsmaßnahmen erreichen könnte. Das Problem stellt sich eher, worauf Dr. Ko. in seiner Stellungnahme vom 19. Januar 2006 zu Recht hinweist, in der Beibehaltung veränderter Ernährungsgewohnheiten dar. Da auch nach Einschätzung des Prof. Dr. Kl. in seiner Stellungnahme vom 10. Mai 2004 nach einer Magenbandoperation die Essgewohnheiten dauerhaft geändert und diese Änderungen beibehalten werden müssen, dürfte eine psychotherapeutische Mitbehandlung, wie sie auch die Deutsche Adipositas-Gesellschaft in ihren Leitlinien 2006 bei dem Verdacht auf Vorliegen von Essstörungen vorschlägt, unvermeidbar sein. Eine solche hat auch isoliert bisher noch nicht stattgefunden.
Insgesamt bleibt deshalb festzuhalten, dass nach Einschätzung des Senats trotz der zahlreichen Bemühungen der Klägerin noch konservative Behandlungsansätze vorhanden sind, die durchaus Erfolg versprechend sind. Insofern stellt sich ein operativer Eingriff nicht als ultima ratio dar.
Diese Möglichkeiten haben bereits Dr. Ko. in seiner Stellungnahme vom 19. Januar 2006, Dr. C. in der Stellungnahme vom 21. Mai 2004 und die bereits im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachter Dr. Kü. (vom 18. Dezember 2003) und Dr. Ke. (vom 15. April 2004) zutreffend aufgezeigt. Aus den anders lautenden Einschätzungen der Prof. Dr. W., Prof. Dr. K. und Prof. Dr. Kl. folgt nichts anderes. Diese Ärzte legen für die Frage, ob alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten erfolglos ausgereizt sind, andere, von den genannten Leitlinien abweichende Maßstäbe an, denen der Senat nicht folgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine operative Verkleinerung des Magens (Gastric-Banding-Operation) als Sachleistung zu bewilligen.
Die am 1965 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Sie leidet an Adipositas. Mit Schreiben vom 03. August 2003 wandte sie sich an die Beklagte und bat um Genehmigung einer so genannten Gastric-Banding-Operation. Nach der Ablehnung ihres letzten Antrags auf Durchführung einer solchen Operation vor sechs Jahren habe sie zwischenzeitlich mehrere Maßnahmen zur Gewichtsreduktion durchgeführt. Sie sei 1999 in L. zur Kur gewesen. Auch 1994 und 1996 habe sie Kuren mit Ernährungsberatungen und Diäten durchgeführt. Sie habe in den Kuren jeweils eine Gewichtsabnahme von bis zu sieben kg erzielt. Dies habe jedoch nur kurze Zeit angehalten. Sie habe über ein Jahr die Präparate Xenical und Reductil eingenommen. Dabei sei in Verbindung mit aktivem Sport eine Gewichtsabnahme von 20 kg erreicht worden. Drei Jahre lang sei sie Mitglied eines Fitnessstudios gewesen und habe Sportarten wie Joggen, Fahrradfahren und Kanufahren betrieben. Das verminderte Gewicht habe sie nur über zwei Jahre halten können. Dann habe sich das Übergewicht wieder bei 110 kg eingependelt. Sie leide sehr unter ihrem hohen Gewicht. Dies zeige sich in schweren Depressionen mit Rückzugssymptomen. Es lägen zahlreiche Beschwerden an Rücken, Hüften, Knien und Füßen vor. Momentan könne sie aufgrund ihrer Leibesfülle und wegen der Schmerzen keine Sportarten mehr ausüben. Ihre Mitgliedschaft im Fitnessstudio habe sie kündigen müssen. Ergänzend legte sie einen Bericht des Prof. Dr. W., Krankenhaus S., vom 08. Juli 2003 vor. Er bestätigte ein Körpergewicht von 110,2 kg und einen Body-Mass-Index (BMI) von 40 und empfahl eine operative Maßnahme zur Gewichtsreduktion. In einem weiteren Bericht des Prof. Dr. K., St. V.-Krankenhäuser K., wird ebenfalls die Durchführung einer operativen Gewichtsreduktion empfohlen. Der Arzt für Allgemeinmedizin Prof. Dr. Kl. führte in einem Attest vom 05. August 2003 aus, mehrere ernsthaft und konsequent durchgeführte Maßnahmen hätten keinen bleibenden Erfolg gehabt. Weiter legte die Klägerin ein von ihr selbst geführtes Ernährungsprotokoll für die Zeit vom 26. September 2003 bis 16. Oktober 2003 vor.
Die Beklagte wandte sich an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. Kü. führte in seinem Gutachten vom 18. Dezember 2003 aus, die geplante operative Gewichtsreduktion stelle keine sinnvolle Behandlungsmethode dar.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2003 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für eine Magenbandimplantation im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung ab. Der wissenschaftliche Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit für die vorgesehene Operation sei nicht erbracht.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2004 legte die Klägerin Widerspruch ein. Andere Behandlungsmethoden stünden nicht mehr zur Verfügung. Die Ärzte der "Greenline" der Beklagten selbst hätten ihr diese Methode bei einem Telefonanruf als ausgewogen und nützlich geschildert. Die Komplikationsrate und die Mortalität bei dem Eingriff lägen in einem vertretbaren Bereich. Außerdem seien die Kriterien des Urteils des Bundessozialgerichts vom 18. "März" (richtig Februar) 2003 (B 1 KR 2/02 R) erfüllt. Bei ihr liege ein BMI von 40 und Begleiterkrankungen vor. Sie sei mehr als ein Jahr lang wegen der Adipositas durch Prof. Dr. Kl. erfolglos behandelt worden. Ihre Motivation sei sehr hoch. Die Depression bestehe wegen der Adipositas, der Unbeweglichkeit und der Ausgrenzung, die sie erfahre.
Die Beklagte wandte sich nochmals an den MDK. Nach Anforderung weiterer Unterlagen führte Dr. Ke. in seinem Gutachten vom 15. April 2004 aus, bei der Klägerin sei bereits 1998 eine sozialmedizinische Begutachtung wegen eines Antrags auf Implantation eines Magenbands durchgeführt worden. Bereits damals habe Dr. L. keine positive Empfehlung abgegeben. Nach Auswertung der jetzt vorliegenden Unterlagen sei davon auszugehen, dass ambulante Therapiemöglichkeiten noch nicht konsequent ausgeschöpft seien. Die angegebene schwere Depression stelle eine Kontraindikation für den Eingriff dar. Es könne nicht unterstellt werden, dass die Klägerin in der Lage sei, sich lebenslang einer konsequenten Diät zu unterwerfen. Mit Schreiben vom 21. April 2004 teilte die Beklagte der Klägerin die Ergebnisse der weiteren gutachterlichen Stellungnahme des MDK mit.
Die Klägerin hielt ihren Widerspruch aufrecht und legte ein weiteres Attest des Prof. Dr. Kl. vom 10. Mai 2004 vor. Er gab an, er behandle die Klägerin seit August 1998 u.a. auch wegen der ausgeprägten Adipositas. Es hätten intensive diätische Beratungen stattgefunden. Auch gruppentherapeutische Interventionen seien erfolgt. Die Klägerin habe deutlich an Gewicht abgenommen, nämlich bis zu 30 kg. Trotz konsequenter Maßnahmen sei es zum Stillstand der Gewichtsreduktion gekommen. Es sei eine sekundäre depressive Verstimmung mit einer Minderung der Lebensqualität aufgetreten. Der BMI liege jetzt bei über 40. Ein Magenband sei indiziert. Daneben seien diätische Maßnahmen weiter fortzuführen.
Die Beklagte leitete diese Unterlagen erneut an den MDK. Dr. C. teilte mit Schreiben vom 21. Mai 2004 mit, eine Änderung der bisherigen Einschätzung ergebe sich nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2004 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Sie verwies auf die Urteile des BSG vom 19. Februar 2003 (B 1 KR 1/02 R und B 1 KR 14/02 R) und führte weiter aus, die Gutachter des MDK hätten die Notwendigkeit einer operativen Intervention nicht bestätigt. Die angegebene schwere Depression stelle eine Kontraindikation dar. Eine Kostenübernahme sei nicht möglich.
Die Klägerin hat am 30. September 2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie leide seit nunmehr 25 Jahren unter extremer Adipositas. Der BMI betrage derzeit mehr als 40. Diverse Begleiterkrankungen hätten sich bereits eingestellt. Es handle sich dabei um Verschleißerscheinungen am Halte- und Bewegungsapparat, im Bereich der Wirbelsäule, der Hüften und der Knie. Sie habe seit Jahren unterschiedliche gruppentherapeutische Interventionen durchgeführt. Ein Erfolg habe sich nicht eingestellt. Das Operationsrisiko sei tolerabel. Ob eine schwere Depression oder überhaupt eine Depression vorliege, sei unerheblich. Es sei klar, dass die Depression eine Folge der Adipositas und nicht deren Ursache sei. Die sie behandelnden Ärzte hätten die Notwendigkeit des operativen Eingriffs bestätigt. Es könne auch nicht darauf ankommen, dass es mit anderen Methoden möglich sei, den BMI auf unter 40 zu senken. Eine länger andauernde ärztlich kontrollierte Diätmaßnahme habe stattgefunden. Dies habe Prof. Dr. Kl. bestätigt. Stationäre Rehabilitationsaufenthalte hätten zwar zu einer vorübergehenden Gewichtsverringerung geführt. Dabei sei auf medizinisch strukturierte, planmäßige und sinnvolle Weise versucht worden, eine dauerhafte Gewichtsreduktion zu erreichen. Entscheidend sei aber nur ein dauerhafter Erfolg. Auch die lebenslängliche medizinische Nachsorge sei gewährleistet. Die Klägerin hat einen Arztbrief des Dr. D., Radiologe, vom 11. März 2005 vorgelegt. Dr. D. beschreibt entzündliche Veränderungen in den Weichteilen. Ein Überlastungsschaden komme in Betracht.
Die Beklagte hat dem entgegengehalten, die Unfähigkeit der Klägerin, bereits erreichte Gewichtsverringerungen auf Dauer zu halten, spreche für die Richtigkeit der Feststellungen des MDK, wonach eine bestehende Essstörung als psychische Erkrankung zu werten sei. Stoffwechselerkrankungen als Ursache für die Adipositas seien auszuschließen. Psychische Störungen seien aber mit Mitteln der Psychiatrie bzw. Psychotherapie zu behandeln. Operative Eingriffe zur Behebung psychischer Defekte seien nicht Aufgabe der Krankenkasse. Die Verwaltungsunterlagen bezüglich des ersten Antrags der Klägerin aus dem Jahr 1996 seien nicht mehr greifbar, da die Aufbewahrungsfrist abgelaufen sei.
Das SG hat Entlassungsberichte beigezogen. Nach dem Kurbericht der Dr. A., Müttergenesungswerk Elly-Heuss-Knapp-Stiftung, vom 24. August 1999 über die Rehabilitationsmaßnahme vom 03. August 1999 bis 24. August 1999 ist u.a. eine Diätschulung durchgeführt und Reduktionskost angesetzt worden und die Kur habe zu einer guten Erholung geführt. Die chronischen Beschwerden hätten sich gebessert. Der Organstatus habe sich verbessert. Aus dem Entlassungsbericht des Dr. S., Haus St. H. B. S., vom 12. August 1996 ergibt sich, dass die Klägerin dort vom 12. Juli 1996 bis 09. August 1996 wegen psychosomatischer Beschwerden und einer raschen Erschöpfung eine Kurmaßnahme durchgeführt hat. Dr. S. hat auch eine Adipositas per magna diagnostiziert. U.a. ist eine Reduktionskost angesetzt worden. Eine Gewichtsabnahme von 2,5 kg sei erfolgt.
Mit Urteil vom 17. März 2005 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 22. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2004 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Magenbandoperation zu gewähren. Eine operative Behandlung sei zur Erreichung der Behandlungsziele erforderlich und notwendig. Unter Zugrundelegung der maßgeblichen Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft seien die Voraussetzungen für einen operativen Eingriff gegeben. Konservative Therapieversuche seien erfolglos ausgeschöpft. Diätmaßnahmen und Ernährungsberatung sowie sportliche Betätigung und verhaltenstherapeutische Maßnahmen seien erfolglos durchgeführt worden. Die beschriebene Depression hindere den operativen Eingriff nicht. Diese sei Folge der Adipositas.
Gegen das ihr am 07. April 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. April 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, zwar habe sich das Sozialgericht grundsätzlich an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts orientiert, aber keine Ermittlungen über die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der geplanten Operation durchgeführt. Das Sozialgericht habe sich ausschließlich auf die Angaben der Klägerin und der sie behandelnden bzw. voraussichtlich operierenden Ärzte gestützt. Die Feststellungen des MDK seien dagegen unberücksichtigt geblieben. Auch habe das Sozialgericht angeführt, eine Stoffwechselerkrankung als Ursache der Adipositas liege nicht vor. Damit habe es letztlich die Auffassung des MDK bestätigt, wonach bestehende Essstörungen eine psychische Erkrankung darstellten. Sie hat die weitere Stellungnahme des MDK von Dr. Ko. vom 19. Januar 2006 vorgelegt. Dieser führt zusammenfassend aus, die ärztlichen Unterlagen würden bestätigen, dass mit konservativen Therapien eine erhebliche Gewichtsreduktion erreichbar sei. Die Gewichtsreduktion hätte durch Beibehaltung einer kalorienreduzierten Kost und auch mit Hilfe von Ernährungsberatung und psychotherapeutischer Hilfe stabilisiert werden können. Der mühsame Weg der Beibehaltung einer Verhaltensänderung im Ernährungsbereich solle durch den nur scheinbar leichteren Weg einer Magenbandoperation ersetzt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. März 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen des Sozialgerichts. Die Abklärung eines metabolischen Syndroms sei nicht Voraussetzung für einen Leistungsanspruch. Sie hat vorgelegt: &61485; das weitere Attest des Prof. Dr. Kl. vom 27. Juni 2005, in dem dieser seine bereits dokumentierte Einschätzung bestätigt. &61485; die Aufstellung des Prof. Dr. Kl. vom 29. Juli 2005 mit einer Angabe der verschiedenen Behandlungsmaßnahmen zwischen 1998 und 2005, ergänzt mit den Gewichtsangaben durch das ärztliche Attest vom 24. August 2005, &61485; das Attest des Prof. Dr. Kl. vom 28. September 2006, in dem er die Ergebnisse der Gewichtsmessungen zwischen Juli 2005 und September 2006 mitteilt (113 kg bis 120 kg) &61485; die Bestätigung der Klinik Dr. De., B.-B., vom 13. Juni 2005, wonach sie am Gesundheitskurs "Konzept für längerfristige Gewichtsabnahme" teilgenommen und acht von zehn Kursterminen besucht habe. &61485; das Attest des Prof. Dr. K., St. V.-Krankenhäuser vom 24. November 1997, wonach eine operative Therapie im Sinne eines Gastric Banding gerechtfertigt sei, &61485; den Befundbericht des Unfallchirurgen Dr. Le. vom 14. Januar 1997 mit der Diagnose atypische Fettspeicherung bei Adipositas, DD Lipom, Verdacht auf Nerveneinklemmung linker Arm, &61485; eine von ihr gefertigte Aufstellung über die von ihr seit 1996 durchgeführten Gewichtsreduktionsmaßnahmen, &61485; die Bescheinigung des Rastatter Kanuclubs 1925 e.V. über ihre dortige Mitgliedschaft seit 01. Juli 2002, &61485; die Bescheinigung des Fitnessforum Baden-Baden vom 01. August 2005 über eine zwei- bis dreimal wöchentliche Teilnahme am gesundheitsorientierten Einzel- und Gruppentraining in Wirbelsäulengymnastik, Stretching und Pilates vom 01. April 2000 bis 30. September 2003, &61485; die Bestätigung des Herrn B. vom 01. August 2005, wonach sie während einer dreiwöchigen Mutter-Kind-Maßnahme im August 1999 ihr Gewicht um 3600 Gramm durch eine gezielte Reduktionskostschulung sowie eine 1200 Kilokalorien Diätkost habe reduzieren können, &61485; die Rechnung der Diätassistentin Ki., Praxis für Ernährungstherapie, über die Teilnahme an zehn Terminen zwischen Juli 2006 und August 2006 an einem Seminars "Schritt für Schritt zum Wohlfühlgewicht", &61485; die Teilnahmebestätigung der Frau Ki. vom 10. Januar 2007, wonach sie (die Klägerin) im Rahmen des DMP seit 02. Mai 2006 an fünf Einzelberatungen, anschließend an mehreren Terminen der Gruppenberatung sowie regelmäßig 14-täglich am Motivationstreff teilnehme und der Blutzucker und das Gewicht sich verbessert hätten.
Der Berichterstatter hat Prof. Dr. Kl. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. In seiner Auskunft vom 02. Januar 2006 schildert er den Behandlungsverlauf seit August 1998 und führt aus, die Klägerin leide physisch und psychisch erheblich unter der Adipositas. Sie habe nachweislich bis zu 30 kg abgenommen, eine weitere Gewichtsreduktion sei nicht mehr zu erreichen gewesen. Die Angaben der Klägerin seien glaubhaft.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts und die Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Durchführung einer operativen Maßnahme zur Verringerung des Magenvolumens in Form einer Gastric-Banding-Operation. Das Sozialgericht hat den Bescheid zu Unrecht aufgehoben.
Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Behandlung ist § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V). Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 5 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung u.a. auch die Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Der Adipositas als solcher kommt Krankheitswert zu. Einigkeit besteht in der Medizin darüber, dass bei starkem Übergewicht (im Allgemeinen ab einem BMI von 30) eine Behandlung mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erforderlich ist, weil andernfalls ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Begleit- und Folgeerkrankungen wie Stoffwechselkrankheiten, Herz- und Kreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen, gastrointestinale Erkrankungen, Krankheiten des Bewegungsapparates und bösartige Neubildungen besteht (vgl. Nrn. 1 und 2.1 der von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin herausgegebenen "Evidenzbasierte Leitlinie Prävention und Therapie der Adipositas" (Version 2006, Leitlinie 2006); www.adipositas-gesellschaft.de/leitlinien.php). Erfordert die Adipositas mithin eine ärztliche Behandlung, so belegt dies zugleich die Regelwidrigkeit des bestehenden Zustandes und damit das Vorliegen einer Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (vgl. Urteile vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 14/02 R und B 1 KR 1/02 R -), der der Senat folgt, kann die Leistungspflicht für eine chirurgische Therapie dieser Krankheit nicht mit der Erwägung verneint werden, dass für das Übergewicht das krankhafte Essverhalten des Patienten und nicht eine Funktionsstörung des Magens verantwortlich ist. Zwar stellt die operative Verkleinerung bzw. Veränderung des Magens keine kausale Behandlung dar, vielmehr soll damit die Verhaltensstörung des Patienten durch eine zwangsweise Begrenzung der Nahrungsmenge lediglich indirekt beeinflusst werden. Eine solche mittelbare Therapie wird jedoch vom Leistungsanspruch grundsätzlich mit umfasst, wenn sie ansonsten die in § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V aufgestellten Anforderungen erfüllt, also ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist sowie dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. Für chirurgische Eingriffe hat das BSG diesen Grundsatz jedoch eingeschränkt, wenn durch eine solche Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert wird, wie das bei der Applikation eines Magenbandes geschieht. In diesem Fall bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSG a.a.O., m.w.N.).
Eine chirurgische Behandlung der extremen Adipositas kann demnach eine Leistung der Krankenversicherung sein. Es ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob bei dem jeweiligen Patienten die Indikation für eine solche Therapie gegeben ist. Da das Behandlungsziel einer Gewichtsreduktion auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann, ist zunächst zu prüfen, ob eine vollstationäre chirurgische Behandlung unter Berücksichtigung der Behandlungsalternativen (diätetische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie) notwendig und wirtschaftlich ist (§ 12 Abs. 1, § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Sodann muss untersucht werden, ob nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention gegeben sind. Die Implantation eines Magenbandes kommt nur als Ultima Ratio und nur bei Patienten in Betracht, die eine Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung (BMI &8805; 40 oder &8805; 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen; Erschöpfung konservativer Behandlungsmethoden; tolerables Operationsrisiko; ausreichende Motivation, keine manifeste psychiatrische Erkrankung; Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung u. a.) erfüllen (BSG a.a.O.). Dies bedeutet insbesondere, dass vor einer Operation zunächst sämtliche konservativen Behandlungsalternativen in einem ärztlich geleiteten Gesamtkonzept konsequent als Langzeitbehandlung erfolglos durchzuführen sind (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27. Oktober 2006, L 4 KR 434/06; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07. Dezember 2004, L 11 KR 1905/04). Dies ergibt sich auch aus der zuvor bereits genannten von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin herausgegebenen Evidenzbasierten Leitlinie Prävention und Therapie der Adipositas (Version 2006, Leitlinie 2006), die den derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft dokumentiert. Nach Nr. 6.4.7 der Leitlinie 2006 kann die Indikation für eine chirurgische Intervention nach Scheitern aller konservativen Therapie bei Patienten mit Adipositas Grad III (BMI &8805; 40) oder Adipositas Grad II (BMI &8805; 35) mit erheblichen Komorbiditäten (z.B. Diabetes mellitus Typ 2) gestellt werden. Vor der Stellung der Indikation sollte wenigstens eine sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung nach definierten Qualitätskriterien stattfinden. Bestandteile der Therapie sind dabei als Grundlage ein Basisprogramm, das die Komponenten Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie umfasst (Nr. 6.4.1 der Leitlinie 2006), eine Ernährungstherapie in verschiedenen Stufen (Nr. 6.4.2 der Leitlinie 2006), eine Bewegungstherapie (Nr. 6.4.3 der Leitlinie 2006), eine Verhaltenstherapie (Nr. 6.4.4 der Leitlinie 2006), Gewichtsreduktionsprogramme (Nr. 6.4.5 der Leitlinie 2006) und bei entsprechender Indikation eine adjuvante medikamentöse Therapie (Nr. 6.4.6 der Leitlinie 2006).
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass eine mit dem Behandlungsziel einer Gewichtsreduktion durchgeführte vollstationäre chirurgische Behandlung in einem Vertragskrankenhaus unter Berücksichtigung der konservativen Behandlungsalternativen (diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie, Psychotherapie) und der maßgebenden Leitlinien der Fachgesellschaften als so genannte ultima ratio im Sinne der §§ 12 Abs. 1, 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V zur Erreichung des Behandlungszieles, nämlich der Gewichtsreduktion notwendig und wirtschaftlich ist Die Klägerin hat nicht sämtliche ambulante Behandlungsmaßnahmen erfolglos ausgeschöpft. Die Klägerin hat eine konzentrierte, mindestens sechs bis zwölf Monate dauernde konservative Behandlung, vor allen Dingen in Form einer interdisziplinären, kombinierten Maßnahme weder unmittelbar vor der Diagnosestellung zum Zeitpunkt ihres Antrags bei der Beklagten noch zum jetzigen Zeitpunkt durchgeführt. Aus der Aufstellung des Prof. Dr. Kl. vom 24. August 2005 ergibt sich, dass er die Klägerin wegen der Adipositas bereits seit 1998 behandelt. Bis Juni 1999 wurde dabei eine Gewichtsabnahme durch eine konsequente diätische Maßnahme erreicht. Im November 1999 begann eine medikamentöse Therapie, zunächst mit Xenical, die später auf die Einnahme von Reductil wechselte. Dadurch nahm die Klägerin bis September 2001 insgesamt 30 kg ab. Im April 2003 wurde ein chirurgischer Eingriff besprochen. Die von Prof. Dr. Kl. geschilderte Behandlung im Lauf von nahezu sieben Jahren stellt keine konzentrierte, verschiedene Ansätze kombinierende und durch einen Arzt koordinierte längerfristige Behandlungsmethode dar. Zunächst wurde allein auf diätische Maßnahmen gesetzt, die in der Folge durch die Einnahme von Medikamenten ergänzt wurden. Weitere koordinative Elemente finden sich nicht. Dass die Klägerin daneben sich sportlich betätigte und verschiedene Kurse besuchte, ändert daran nichts. Dies ist durchaus zu würdigen. Es bleibt jedoch bei isolierten, nebeneinander und nacheinander laufenden Versuchen, Gewicht abzunehmen. Ein multidisziplinärer Behandlungsansatz ist darin nicht zu sehen. Diese Einschätzung bestätigt sich auch durch die von der Klägerin vorgelegte Aufstellung über die von ihr seit 1996 bis 2005 durchgeführten Maßnahmen zur Gewichtsreduktion. Auch in dieser Aufstellung (Bl. 32 LSG) zeigt sich, dass die Klägerin zwar durchaus motiviert ist und viele verschiedene Maßnahmen ergriffen hat, um Gewicht zu reduzieren, eine konzentrierte, kombinierte Behandlung über einen längerfristigen Zeitraum lässt sich dem allerdings nicht entnehmen.
Insbesondere dürfte eine psychotherapeutische Behandlung von ausschlaggebender Bedeutung sein. Die Klägerin hat ihr Gewicht erheblich bis zu 30 kg reduziert. Der Klägerin ist es aber nicht gelungen, diese Gewichtsabnahme zu halten. Bis Juli 2005 hatte die Klägerin wieder 30 kg zugenommen. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb es trotz der von der Klägerin geschilderten Bemühungen und der vorgetragenen Behandlungen des Prof. Dr. Kl. bis Juli 2005 wieder zu der Gewichtszunahme um 30 kg kam und der erreichte Erfolg damit wieder beseitigt war. Allein die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Senats angegebene Handoperation vermag dies nicht zu erklären. Die Gewichtszunahme erstaunt auch deshalb, weil die Klägerin nach den vorgelegten Bescheinigungen an Kursen teilnimmt, die eine Gewichtsreduzierung zum Inhalt haben. Wenn es gleichwohl nicht zu einer Gewichtsreduzierung kommt bzw. die einmal erreichte Gewichtsreduzierung nicht gehalten werden kann, spricht vieles dafür, dass sich die Klägerin insbesondere an die notwendigen Erfordernisse einer richtigen Ernährung nicht hält.
Dies zeigt, dass die Gewichtsreduktion als solche kein Problem ist, das die Klägerin nicht durch ambulante und konservative Behandlungsmaßnahmen erreichen könnte. Das Problem stellt sich eher, worauf Dr. Ko. in seiner Stellungnahme vom 19. Januar 2006 zu Recht hinweist, in der Beibehaltung veränderter Ernährungsgewohnheiten dar. Da auch nach Einschätzung des Prof. Dr. Kl. in seiner Stellungnahme vom 10. Mai 2004 nach einer Magenbandoperation die Essgewohnheiten dauerhaft geändert und diese Änderungen beibehalten werden müssen, dürfte eine psychotherapeutische Mitbehandlung, wie sie auch die Deutsche Adipositas-Gesellschaft in ihren Leitlinien 2006 bei dem Verdacht auf Vorliegen von Essstörungen vorschlägt, unvermeidbar sein. Eine solche hat auch isoliert bisher noch nicht stattgefunden.
Insgesamt bleibt deshalb festzuhalten, dass nach Einschätzung des Senats trotz der zahlreichen Bemühungen der Klägerin noch konservative Behandlungsansätze vorhanden sind, die durchaus Erfolg versprechend sind. Insofern stellt sich ein operativer Eingriff nicht als ultima ratio dar.
Diese Möglichkeiten haben bereits Dr. Ko. in seiner Stellungnahme vom 19. Januar 2006, Dr. C. in der Stellungnahme vom 21. Mai 2004 und die bereits im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachter Dr. Kü. (vom 18. Dezember 2003) und Dr. Ke. (vom 15. April 2004) zutreffend aufgezeigt. Aus den anders lautenden Einschätzungen der Prof. Dr. W., Prof. Dr. K. und Prof. Dr. Kl. folgt nichts anderes. Diese Ärzte legen für die Frage, ob alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten erfolglos ausgereizt sind, andere, von den genannten Leitlinien abweichende Maßstäbe an, denen der Senat nicht folgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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