L 1 Ar 1188/79

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 5a Ar 181/78
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Ar 1188/79
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Auch über einen sozialrechtlichen Schadensersatz- bzw. Herstellungsanspruch kann bei der Anschluß-Arbeitslosenhilfe nicht die aufgrund der Vorschrift des § 136 Abs. 2 Nr. 1 AFG bestehende Bindung an das Arbeitsentgelt, nach dem sich zuletzt das Arbeitslosengeld gerichtet hat, durchbrochen werden.
2. Im Wege des sozialen Schadensersatzes kann nicht die Abrechnung eines höheren als des tatsächlich erzielten Arbeitsentgeltes unterstellt werden. Insoweit handelt es sich um Gegebenheiten, die ihre rechtliche Grundlage in den zwischen dem Arbeitslosen und seinem Arbeitgeber bestehenden arbeitsrechtlichen Beziehungen haben; an sie sind die Leistungsträger im Sinne einer Tatbestandswirkung auch dann gebunden, wenn ein ihnen vorwerfbares Fehlverhalten die Gestaltung dieser arbeitsrechtlichen Beziehungen beeinflußt hat.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 4. September 1979 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Anschluß-Arbeitslosenhilfe (Anschluß-Alhi).

Die 1921 geborene Klägerin hat den Beruf einer Kinderkrankenschwester erlernt und bis Ende des Jahres 1970 ausgeübt. Da sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in diesem Beruf tätig sein kann, bezieht sie seit dem 1. Januar 1974 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Berlin und eine Zusatzrente von der Zusatzversorgungskasse für die Gemeinden und Gemeindeverbände in Wiesbaden. Nach Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) gewährte ihr die Beklagte unter Anrechnung der Rente Anschluß-Alhi für die Zeit vom 16. März 1973 bis 30. Juli 1977, und zwar zuletzt nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 435,– DM. Auf Vermittlung der Beklagten arbeitete die Klägerin ab dem 1. August 1977 bis zum 31. Januar 1978 bei der Firma H. S. Freizeit- und Damenmoden, W., als kaufmännische Angestellte; die Beklagte leistete insoweit eine Förderung nach dem Schwerbehinderten-Sonderprogramm sowie eine Eingliederungsbeihilfe. Nach dem am 12. Juli 1977 geschlossenen Anstellungsvertrag, der der Leistungsgewährung der Beklagten zugrunde gelegt wurde, sollte die Klägerin ganztags arbeiten und ein Bruttoarbeitsentgelt von 1.684,– DM erhalten. Tatsächlich arbeitete sie jedoch nur halbtags (20 Stunden wöchentlich) zu einem Bruttolohn von 842,– DM monatlich. Der Arbeitgeber Heinz Stock wurde wegen Bertruges zu Lasten der Beklagten verurteilt; dieses Urteil ist rechtskräftig.

Aufgrund Alg-Verfügungen vom 4. April 1978 und 28. Juni 1978 gewährte die Beklagte der Klägerin Alg unter Zugrundelegung eines Monatslohnes von 842,– DM nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 195,– DM für insgesamt 78 Arbeitstage (vom 1. Februar 1978 bis zum 22. April 1978 und vom 26. Juni 1978 bis zum 4. Juli 1978).

Den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Anschluß-Alhi für die Zeit ab dem 5. Juli 1978 lehnte sie mit Bescheid vom 12. Juli 1978 wegen fehlender Bedürftigkeit der Klägerin ab, da diese von der BfA eine Rente von monatlich 579,90 DM und von der Zusatzversorgungskasse eine Rente von monatlich 35,40 DM bezog; den am 13. Juli 1978 eingelegten Widerspruch der Klägerin, mit dem diese geltend machte, sie habe früher jahrelang unter ähnlichen Bedingungen Alhi erhalten, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 1978, zugestellt am 1. August 1978, als unbegründet zurück, wobei im einzelnen wegen der Begründung der fehlenden Bedürftigkeit auf den Inhalt dieses Bescheides verwiesen wird.

Am 8. August 1979 hat die Klägerin beim Sozialgericht Gießen schriftlich Klage erhoben.

Sie hat geltend gemacht, sie habe die Halbtagstätigkeit bei der Firma S. nur deshalb gezwungenermaßen angenommen, weil ihr von seiten der Beklagten für den Fall einer Ablehnung die Streichung der Alhi angedroht worden sei. Der Beklagten sei bekannt gewesen, daß es sich, jedenfalls zunächst, nur um eine Halbtagsbeschäftigung gehandelt habe; der Bedienstete W. H. als zuständiger Sachbearbeiter habe ihr sogar zugeredet, diese Halbtagsstelle anzunehmen. Zumindest sei die Beklagte unter diesen Umständen verpflichtet gewesen, sie darauf aufmerksam zu machen, daß sie bei Annahme einer Halbtagsstelle einen evtl. Anspruch auf Alhi verliere. Die Beklagte hat demgegenüber die Ausübung jeglichen Zwanges hinsichtlich der Annahme der Beschäftigung bei der Firma S. bestritten und sich darauf berufen, daß sie davon ausgegangen sei, daß die Klägerin entsprechend dem abgeschlossenen Anstellungsvertrag eine Ganztagsbeschäftigung ausübe; die Ausübung einer Halbtagstätigkeit sei ihr nicht bekannt gewesen.

Mit Urteil vom 4. September 1979 hat das Sozialgericht Gießen die auf Gewährung von Anschluß-Alhi gerichtete Klage der Klägerin abgewiesen und dabei im einzelnen ausgeführt, daß eine Bedürftigkeit der Klägerin nicht gegeben sei. Die Beklagte habe bei der Frage der Bewilligung von Anschluß-Alhi davon ausgehen müssen, daß der vorangegangenen bestandskräftigen Alg-Gewährung ein Arbeitsentgelt in Höbe von 842,– DM zugrunde gelegt worden sei; ein eventuelles Fehlverhalten des Arbeitgebers H. S. sei ihr nicht anzulasten.

Gegen dieses ihr am 18. September 1979 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, eingelegt mit einem am 12. Oktober 1979 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangenen Schriftsatz des Bevollmächtigten der Klägerin vom 9. Oktober 1979.

Die Klägerin begründet ihre Berufung im wesentlichen mit dem Vorliegen einer Verletzung der der Beklagten aus dem angeknüpften Sozialrechtsverhältnis obliegenden Betreuungspflichten. Die Beklagte habe sie nicht nur vor Eingehung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma Stock auf nachteilige Folgen hinweisen, sondern auch während diesen Beschäftigungsverhältnisses die Einhaltung des Anstellungsvertrages überwachen und sie, die Klägerin, aus diesem Beschäftigungsverhältnis abberufen müssen. Wegen dieser Pflichtverletzung, für deren Vorliegen sie den früheren Arbeitgeber H. S. und den Arbeitsamtsbediensteten W. H. als Zeugen benennt, sei sie, die Beklagte, verpflichtet ihr, der Klägerin, im Wege der Schadensersatzleistung die begehrte Anschluß-Alhi zu gewähren, da sie bei entsprechender Beratung und Betreuung durch die Beklagte auf der Übernahme bzw. Einhaltung einer Vollzeitbeschäftigung bestanden hätte.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 4. September 1979 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 1978 und den Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Anschluß-Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 5. Juli 1978 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verneint das Vorliegen einer Pflichtverletzung, da für sie keine begründeten Zweifel hinsichtlich der Einhaltung des abgeschlossenen Anstellungsvertrages bestanden hätten.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Leistungsakten der Beklagten, Arbeitsamt G., Stamm-Nr. der Akten, betreffend die Gewährung von Eingliederungsbeihilfe an den Arbeitgeber H. S. der Akten des Arbeitsgerichts W., betreffend den Arbeitsgerichtsrechtsstreit der Klägerin gegen den Arbeitgeber H. S. sowie der Akten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht L. Zweigstelle W. betreffend das Strafverfahren gegen H. S. der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) sowie an sich statthaft (§ 143 SGG).

Sie ist jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 4. September 1979 sowie der Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 1978 und der Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 1978 sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin Anschluß-Alhi für die Zeit ab 5. Juli 1978 zu gewähren. Der Klägerin steht ein Alhi-Anspruch weder als unmittelbarer Leistungsanspruch nach §§ 134 ff. Arbeitsförderungsgesetz (AFG) noch mittelbar über einen sozialrechtlichen Schadensersatz- bzw. Herstellungsanspruch zu. Die diesbezüglichen Voraussetzungen sind nicht gegeben.

Ein Leistungsanspruch nach § 134 Abs. 1 AFG scheitert daran, daß die Klägerin nicht die gesetzliche Leistungsvoraussetzung der Bedürftigkeit (§ 134 Abs. 1 Nr. 3 AKJ) erfüllt. Die als Einkommen anzurechnende Rente der Klägerin übersteigt die ihr zustehende Alhi. wenn dabei, ausgehend von einem monatlichen Arbeitsentgelt von 842,– DM, als Bemessungsgrundlage ein wöchentliches Arbeitsentgelt von 195,– DM zugrunde gelegt wird. Insoweit wird auf die ausführlichen Darlegungen der Beklagten in dem Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 1978 und des Sozialgerichts in dem Urteil vom 4. September 1979 verwiesen, die keinen Fehler erkennen lassen und deren Richtigkeit auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen wird. Von diesem Arbeitsentgelt von 195,– DM wöchentlich mußte die Beklagte jedoch ausgehen, denn es handelt sich dabei um das Arbeitsentgelt, nach dem das vorangegangene, bindend festgestellte Alg berechnet worden ist. Insoweit gilt § 136 Abs. 2 Nr. 1 AEG, wonach Arbeitsentgelt im Falle des § 134 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a AFG, d.h., wenn der Alhi-Anspruch auf dem vorhergehenden Bezug von Alg beruht, das Arbeitsentgelt ist, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat. Die in § 136 Abs. 2 Nr. 1 AFG genannten Ausnahmefälle einer hiervon abweichenden Festlegung des Arbeitsentgeltes greifen vorliegend nicht ein. Aufgrund des Vierten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 12. Dezember 1977 (BGBl. I S. 2557) galten ab 1. Januar 1978 Sonderregelungen für die Fälle, in denen das dem Alg zugrunde gelegte Arbeitsentgelt nach § 112 Abs. 5 Nr. 2 a oder § 112 Abs. 8 AFG bemessen worden war. Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 23. Juli 1979 (BGBl. I S. 1189) gilt ab 1. August 1979 nur noch die auf die Vorschrift des § 112 Abs. 8 AFG Bezug nehmende Sonderregelung. Bei dem der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar 1978 bis 22. April 1978 und vom 26. Juni 1978 bis 4. Juli 1978 gewährten Alg wurde jedoch das maßgebliche Arbeitsentgelt weder nach § 112 Abs. 5 Nr. 2 a noch nach § 112 Abs. 8 AFG festgestellt. Es kann auch dahinstehen, ob es nicht richtigerweise unter Anwendung der Vorschrift des § 112 Abs. 5 Nr. 2 a AFG festzustellen gewesen wäre. Für die Zeit vor dem 1. August 1979 ergibt sich deshalb kein Vorteil für die Klägerin, weil die Vergünstigung des § 112 Abs. 5 Nr. 2 a AFG bis dahin für die Anschluß-Alhi nicht galt (vgl. Schönefelder/Kranz/Wanka, Kommentar zum Arbeitsförderungsgesetz, 5. Lieferung, Stand: Juni 1978, § 136 AFG, Randnummer 2). Für die Zeit ab 1. August 1978 ist vorliegend ohnehin von dem Arbeitsentgelt auszugehen, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat; offen bleiben kann, ob eine eventuelle Neufeststellung des Alg insoweit Auswirkungen hätte; sie ist im vorliegenden Falle, jedenfalls derzeit, nicht gegeben, so daß von den nach wie vor bindenden Alg-Bescheiden der Beklagten auszugehen ist.

Ebenso scheitert aber auch ein auf die Gewährung von Anschluß-Alhi gerichteter sozialrechtlicher Schadensersatz- oder Herstellungsanspruch, unabhängig davon, ob seine sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, jedenfalls an der bei der Anschluß-Alhi nach § 136 Abs. 2 Nr. 1 AFG bestehenden Bindung an das Arbeitsentgelt, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat. Richtig ist zwar, daß sich aus dem bereits mit der Beantragung von Leistungen zwischen der Klägerin und der Beklagten entstandenen Sozialrechtsverhältnis für die Beklagte eine besondere Betreuungspflicht gegenüber der Klägerin ergab; sie mußte alles in ihren Kräften Stehende und ihr Zumutbare tun, um die Klägerin vor vermeidbarem Schaden zu bewahren und ihre Interessen verständnisvoll zu fördern. Im Falle einer Verletzung dieser Pflichten kann die Klägerin verlangen, daß – durch Vornahme entsprechender Amtshandlungen – der Zustand hergestellt wird, der bestehen würde, wenn die Beklagte sich pflichtgemäß verhalten hätte (vgl. aus der neueren Rechtsprechung insbesondere BSG, Urteil vom 10. Oktober 1979 – 12 RK 47/77; BSG, Urteil vom 24. April 1980 – 1 RA 33/79; BSG, Urteil vom 21. Mai 1980 – 7 RAr 31/79 sowie allgemein Grüner, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, Einleitung IV. 4, 5 c, S. 40 ff., 54 ff., mit weiteren Nachweisen). Dieser sozialrechtliche Schadensersatz- oder Herstellungsanspruch findet seine Grenzen aber darin, daß keine Verwaltungsentscheidungen verlangt werden können, für die das Recht keinerlei Grundlage bietet (so BSG, Urteil vom 10. Oktober 1979 – 12 RK 47/77). Vielmehr kann nur das verlangt werden, was der Art nach rechtlich zulässig ist (so BSG, Urteil vom 22. Februar 1980 – 12 RK 34/79). Der Leistungsträger muß sich bei Vornahme der begehrten Amtshandlung im Rahmen von Gesetz und Recht halten (so BSG, Urteil vom 24. April 1980 – 1 RA 33/79; vgl. auch Hess. LSG, Urteil vom 13. März 1980 – L 1 Ar 852/78 sowie Grüner, a.a.O., S. 58 f.).

Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, daß bei der Anschluß-Alhi auch über einen sozialrechtlichen Schadensersatz- bzw. Herstellungsanspruch nicht die aufgrund der Vorschrift des § 136 Abs. 2 Nr. 1 AFG bestehende Bindung an das Arbeitsentgelt, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat, durchbrochen werden kann. Würde man von der Beklagten im Wege des sozialrechtlichen Schadensersatzes verlangen, daß sie der Anschluß-Alhi ein von dem Alg-Bemessungsentgelt abweichendes Arbeitsentgelt zugrunde legt, so würde man sie zu einer Leistungsbewilligung zwingen, die im Gesetz nicht nur keine Grundlage findet, sondern sogar ausdrücklich der gesetzlichen Regelung widerspricht. Der von der Klägerin geltend gemachte sozialrechtliche Schadensersatz- bzw. Herstellungsanspruch scheitert damit jedenfalls daran, daß er, zumindest solange die bindende Alg-Bewilligung in ihrer derzeit vorliegenden Form fortbesteht, auf keine zulässige Rechtsfolge gerichtet ist.

Die Zugrundelegung eines höheren Arbeitsentgeltes bei der Anschluß-Alhi kann aber auch nicht – mittelbar – damit begründet werden, bereits bei dem vorangehenden Alg müsse das dort zugrunde gelegte Arbeitsentgelt richtigerweise im Wege des sozialen Schadensersatzes entsprechend erhöht werden. Der sozialrechtliche Schadensersatz- bzw. Herstellungsanspruch dient dem Ausgleich von Schäden, die durch fehlerhafte – vorgenommene oder unterlassene – Handlungen des Leistungsberechtigten oder auch des Leistungsträgers verursacht sind; über ihn kann ggf. die Vornahme bzw. die Nichtvornahme von Handlungen sowohl des Leistungsberechtigten, so etwa eine Antragstellung oder Beitragsentrichtung, als auch des Leistungsträgers, so etwa die Stellung eines Konkursantrages zur Sicherung des Konkursausfallgeldes (s. in diesem Sinne BSG, Urteil vom 17. Juli 1979 – 12 RAr 15/78), fingiert werden (vgl. Grüner, a.a.O., S. 55 ff., mit weiteren Nachweisen). Nicht fingiert werden können jedoch Handlungen Dritter, insbesondere dann nicht, wenn sie nicht unmittelbar das Sozialrechtsverhältnis betreffen. Es kann daher nicht die Abrechnung eines höheren als des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts unterstellt werden. Insoweit handelt es sich um Gegebenheiten, die ihre rechtliche Grundlage in den zwischen dem Arbeitslosen und seinem Arbeitgeber bestehenden arbeitsrechtlichen Beziehungen haben; an sie sind die Leistungsträger im Sinne einer Tatbestandswirkung auch dann gebunden, wenn ein ihnen vorwerfbares Fehlverhalten die Gestaltung dieser arbeitsrechtlichen Beziehungen beeinflußt hat. Die Höhe der Leistungen des Arbeitgebers ist damit bei der Prüfung der Leistungsvoraussetzungen als Tatsache hinzunehmen, an der auch im Wege des sozialen Schadensersatzes nichts geändert werden kann. Wenn das Bundessozialgericht (vgl. Urteil vom 13. Mai 1980 – 12 RK 18/79) festgestellt hat, daß außerhalb des Sozialversicherungsrechts liegende Tatbestände, die für das Entstehen eines Anspruchs erforderlich sind, sich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht ersetzen lassen, so gilt dies gleichermaßen für den Bereich des Rechts der Arbeitsförderung. Die Beklagte kann damit auch von daher nicht gezwungen werden, der Leistungsbewilligung ein tatsächlich nicht gegebenes Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Allenfalls kann die Klägerin einen Schadensersatz in Geld geltend machen; dies kann jedoch nicht vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit geschehen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung, § 51 Abs. 1 SGG); zuständig sind hierfür vielmehr die Gerichte der Zivilgerichtsbarkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. Oktober 1979 – 7 RAr 60/78 und 7 RAr 92/78; BSG, Urteil vom 22. Februar 1980 – 12 RK 34/79; Grüner, a.a.O., S. 64 f.).

Weiterhin scheidet aber auch ein Rückgriff auf das Bemessungsentgelt aus, das der vor dem 1. August 1977 gewährten Alhi zugrunde gelegt war. Die Zeiten des eine neue Alg-Anwartschaft begründenden Beschäftigungsverhältnisses vom 1. August 1977 bis 31. Januar 1978 und des Alg-Bezuges vom 1. Februar 1978 bis 22. April 1978 sowie vom 26. Juni 1978 bis 4. Juli 1978, die im vorliegenden Falle den Anknüpfungstatbestand für die von der Klägerin begehrte Anschluß-Alhi bilden, können auch dann nicht als nicht geschehen hinwegfingiert werden, wenn das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Fa. S. aufgrund eines Fehl Verhaltens der Beklagten begründet oder aufrechterhalten worden sein sollte. Auch insoweit handelt es sich um tatsächliche Gegebenheiten, an denen auch im Wege des sozialen Schadensersatzes nichts (mehr) zu ändern ist. Die Klägerin kann allenfalls, wie bereits dargelegt ist, im Wege einer Überprüfung eine Abänderung der bindenden Alg-Bewilligung erreichen, nicht jedoch einen sich über diese Bindungswirkung hinwegsetzenden Rückgriff auf das davor liegende Alhi-Bemessungsentgelt.

Da nach alledem die Leistung der begehrten Anschluß-Alhi von der Rechtsfolgenseite her nicht in Betracht kommt, hat dahinstehen können, ob auf der Tatbestandseite der Beklagten eine Verletzung der ihr aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegenden Pflichten anzulasten ist; eine Vernehmung der von der Klägerin insoweit benannten Zeugen ist nicht erforderlich gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimißt (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved