L 6 U 865/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 839/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 865/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Oktober 2001 und der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2001 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der bei dem Kläger bestehende Zustand nach Tibiaquerfraktur rechts Folge des Arbeitsunfalls vom 27. Juni 1999 ist.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten aller Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der vom Kläger am 27.6.1999 erlittene Unfall ein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist.

Der 1963 geborene Kläger war als Einrichtungsberater bei der Filiale in R. der "B. Möbel-Center GmbH und Co KG ", die noch weitere Möbelhaus-Filialen, u. a. in K. und S. hat, beschäftigt. Am 27.6.1999 fand ein "Familiensonntag" auf dem Sportplatz des Sportvereins in O. statt. Dabei wurde ein Fußballturnier ausgetragen, an dem eine Mannschaft aus den Filialen in S. und K. sowie eine Mannschaft der Filiale in R. teilnahmen. Dieses Fest ging auf eine Initiative des Klägers zurück, der es zusammen mit einem weiteren Beschäftigten aus der Werbeabteilung der Filiale in R. organisierte. Hierzu wurde unter dessen Mitwirkung in der Werbeabteilung ein Plakat entworfen, das am Schwarzen Brett in den Filialen in R., S. und K. ausgehängt wurde. Darin konnten alle Beschäftigten der Filialen sich und ihre Familienangehörigen als Teilnehmer der angekündigten Veranstaltung eintragen. Die auf der Veranstaltung ausgegebenen Speisen und Getränke wurden von der Geschäftsleitung der Filiale R. finanziert. Der Sportverein erhielt eine Spende vom damaligen Geschäftsführer T. B., der auch bei der Veranstaltung zugegen war. Die Teilnehmer am Fußballspiel trugen eigene Trikots der Firma, die unabhängig von der streitgegenständlichen Veranstaltung zuvor zu Werbezwecken angeschafft worden waren.

Während eines Fußballspiels erlitt der Kläger durch einen Pressschlag gegen den rechten Unterschenkel eine Tibiaquerfraktur, die im Kreiskrankenhaus R. am gleichen Tag versorgt wurde (Durchgangsarztbericht - DAB - von Prof. Dr. G. vom 27.6.1999). Der Kläger befand sich vom 27.6. bis 7.7.1999 in stationärer Behandlung im Kreiskrankenhaus R. und musste danach noch weiter behandelt werden.

Die Beklagte holte nach Anzeige des Unfalls unter anderem eine Auskunft des Arbeitgebers des Klägers vom 15.7.1999 ein. Darin wurde mitgeteilt, Betriebssport finde im Unternehmen nicht statt. Die Veranstaltung am 27.6.1999 sei von einigen Mitarbeitern außerhalb des Betriebes initiiert worden und gehe auf ein Treffen mehrerer Beschäftigter auf freiwilliger Basis zurück. Es habe sich nicht um eine Betriebsveranstaltung gehandelt.

Mit Bescheid vom 27.12.2000 lehnte die Beklagte eine Entschädigung des Unfalls ab. Die Voraussetzungen eines versicherten Unfalls im Rahmen des Betriebssports seien nicht erfüllt. Bei dem Fußballturnier habe es sich um eine einmalige Veranstaltung mit Wettkampfcharakter gehandelt. Der erforderliche Ausgleichszweck, die unternehmensbezogene Organisation, die Regelmäßigkeit und der zeitliche Zusammenhang zur Betriebstätigkeit seien nicht gegeben.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Beklagte holte eine weitere Auskunft des Arbeitgebers vom 26.1.2001 ein, in der ausgeführt wurde, es habe sich um eine private, sportliche Veranstaltung außerhalb des Betriebes, die nicht vom Betrieb organisiert worden sei, gehandelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.3.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Der Kläger erhob am 28.3.2001 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage mit der Begründung, der "Familiensonntag" sei eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gewesen. Das Fußballspiel habe im Rahmen dieser Veranstaltung stattgefunden. Vergleichbare Feste, wie beispielsweise die Teilnahme an Hallenturnieren, seien in der Firma üblich gewesen. Auch diese seien vom Betrieb bezahlt worden. Man habe bereits früher eigene Trikots, die in Erwachsenengröße angeschafft worden seien, und eigene Koffer der Firma hierfür zur Verfügung gehabt. Die Idee zum Fest stamme von ihm.

Das SG hörte den früheren Geschäftsführer T. B. in der mündlichen Verhandlung als Zeugen. Hierbei gab er an, es habe sich seiner Meinung nach um eine private Veranstaltung einiger Mitarbeiter gehandelt. Er sei zuvor vom Kläger gefragt worden, ob er etwas gegen die Veranstaltung habe, was er verneint habe. Einer betrieblichen Veranstaltung hätte er wegen der Gefährlichkeit des geplanten Fußballspiels nicht zugestimmt. Die Frage des Klägers habe im wesentlichen dazu gedient, herauszufinden, ob die Veranstaltung von der Firma gesponsert werde. Die Firma habe dann auch Getränke und eventuell Essen zur Verfügung gestellt. Die Einladungen zu der Veranstaltung seien an die Mehrzahl der Mitarbeiter im Hause, vielleicht sogar an alle, möglicherweise durch Rundschreiben gegangen. Sie seien nicht von ihm unterzeichnet worden. Möglicherweise seien sie auf Briefpapier mit Briefkopf der Firma verfasst gewesen, jedenfalls hätte er dies nicht unterbunden. In der Filiale in R. bestehe keine Personalvertretung. Zur Zeit der Veranstaltung seien in R. 200 Personen beschäftigt gewesen. An der Veranstaltung hätten seiner Schätzung nach unter Berücksichtigung der ebenfalls anwesenden Familienmitglieder ca. 30 Personen aus R. teilgenommen, von den Filialen in S. und K. hätten mehr Personen teilgenommen. Einen betrieblichen Ausgleich habe es für die an einem Sonntag durchgeführte Veranstaltung nicht gegeben. Er meine, er habe sich vor der Veranstaltung mit dem Leiter der Filiale S. in Verbindung gesetzt, ob er auch an der Veranstaltung teilnehme. Denn er sei an einem Erfahrungsaustausch mit dem Leiter dort interessiert gewesen. Ob in S. oder K. Einladungen von offizieller Seite oder privat initiiert worden seien, wisse er nicht, möglicherweise sei von dort die Teilnahme als Betriebsausflug organisiert gewesen. Eine offizielle Spende an den Sportverein habe es nicht gegeben, möglicherweise habe er aber einen Barbetrag aus seiner eigenen Kasse gespendet. Es sei möglich, dass ein Aushang am Schwarzen Brett angebracht gewesen sei, dort würden aber auch private Angebote, z. B. Wohnungssuche oder Autokauf, ausgehängt.

Mit Urteil vom 18.10.2001 wies das SG die Klage ab. Bei der Veranstaltung habe es sich nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt. Sie sei dem Bereich der Freizeitgestaltung und damit dem eigenwirtschaftlichen Handeln des Klägers zuzuordnen. Die Finanzierung von Freizeitaktivitäten durch den Arbeitgeber begründe noch keinen Versicherungsschutz, ein wesentlicher betrieblicher Zusammenhang sei daraus nicht herzuleiten. Außerdem sei fraglich, ob die Veranstaltung der Pflege der Verbundenheit und des Vertrauensverhältnisses zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft gedient habe. Von wesentlicher Bedeutung sei jedoch, dass die Veranstaltung nicht von der Autorität der Unternehmensleitung getragen worden sei. Aus der Erklärung des Zeugen ergebe sich, dass die Veranstaltung zwar finanziell unterstützt und auch begrüßt worden sei, eine von der Autorität der Unternehmensleitung getragene Gemeinschaftsveranstaltung jedoch nicht vorgelegen habe.

Gegen das ihm am 5.11.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.11.2001 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Unternehmensleitung habe die Veranstaltung nicht nur unterstützt, sondern sie in jeglicher Hinsicht auch finanziert. Dies bestärke und belege den Eindruck einer vom Unternehmen getragenen Veranstaltung. Auf die Wertung der Geschäftsleitung bzw. des Zeugen komme es nicht an, sondern auf die juristische Beurteilung des Sachverhalts. Die Tatsache, dass die Veranstaltung für die anderen Filialen ein Betriebsausflug gewesen sei, unterstreiche den Charakter einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung. Es sei schwer vorstellbar, dass eine gemeinsame Veranstaltung eines Unternehmens für einen Teil der Teilnehmer privaten, für den anderen Teil betrieblichen Charakter haben solle.

Mit Urteil vom 24. Oktober 2002 hob das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG vom 18. Oktober 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2001 auf und stellte fest, dass der bei dem Kläger bestehende Zustand nach Tibiaquerfraktur rechts Folge des Arbeitsunfalls vom 27. Juni 1999 sei. Zur Begründung führte es aus, es stehe einem betrieblichen Zusammenhang nicht entgegen, dass an der Veranstaltung nicht alle Filialen des Unternehmens beteiligt gewesen seien. Es genüge, wenn die ca. 200 Betriebsangehörigen der Filiale in R. die Möglichkeit zur Teilnahme gehabt hätten. Die Veranstaltung habe auch nicht überwiegend der Freizeitgestaltung, sondern mindestens in gleichem Maß auch der Vertiefung und Bestätigung des Zusammengehörigkeitsgefühls der Belegschaft und der Unternehmensleitung gedient. Dafür spreche neben dem Fehlen betriebsfremder Teilnehmer das Auftreten der Fußballmannschaft in Trikots mit firmeneigenem Logo. Darüber hinaus sei die Veranstaltung auch durch die Autorität der Unternehmensleitung getragen worden, denn sie habe sich damit auch identifiziert. Dies werde beispielsweise aus der Zurverfügungstellung von Getränken und Essen für die Veranstaltung, die Spende des Pokals oder die Vorbereitung von Werbeplakaten in der Werbeabteilung des Unternehmens deutlich. Auch ein Vertreter der Unternehmensleitung sei bei der Veranstaltung anwesend gewesen. Daher sei die Teilnahme des Klägers an der Veranstaltung versichert gewesen, auch wenn nicht feststellbar gewesen sei, ob die für eine betriebliche Veranstaltung erforderliche Mindestteilnehmerzahl erreicht worden sei. Jedenfalls sei aus Gründen des Vertrauensschutzes Unfallversicherungsschutz gegeben, da sich einem Rechtsunkundigen der Gedanke des fehlenden Versicherungsschutzes bei einer zu geringen Teilnehmerzahl nicht aufdrängen müsse bzw. er der Veranstaltung auch nicht mehr ohne weiteres fernbleiben könne.

Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Revision ein mit der Begründung, es habe sich deshalb nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt, weil von den ca. 200 Beschäftigten der Filiale in R. nur 30 an der Veranstaltung teilgenommen hätten. Damit werde die vom Bundessozialgericht (BSG) aufgestellte Forderung einer Mindestbeteiligung von 20% der Betriebsangehörigen nicht erreicht. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er als Organisator gewusst habe, wie viele Beschäftigte der Filiale in R. teilnehmen würden.

Das BSG hob mit Urteil vom 9. Dezember 2003 das Urteil des LSG auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück. Zur Begründung führte es aus, es könne nicht klar ersehen werden, ob von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung der Filiale in R. oder des Gesamtunternehmens mit seinen Filialen in R., S. und K. auszugehen sei. Es sei aus den getroffenen Feststellungen des weiteren nicht nachvollziehbar, ob die Filialleitung die Veranstaltung tatsächlich als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung habe ansehen wollen. Es sei auch unklar, ob sich die Veranstaltung überhaupt an einen größeren Teil der Beschäftigten gerichtet habe oder aber wegen des Fußballturniers nur einen begrenzten Teil der Belegschaft angesprochen habe. Letztlich sei zwar Vertrauensschutz beim Kläger nicht auszuschließen, es sei aber noch zu klären, ob er im Vorfeld der Veranstaltung gewusst habe, wie viele Beschäftigte aus allen Filialen bzw. der Filiale in R. teilnehmen würden.

Der Senat hat daraufhin die B. Möbel-Center GmbH & Co.KG schriftlich um Auskunft gebeten. In ihrem Schreiben vom 13. Januar 2005 führte diese aus, dass neben den Filialen in R., S. und K. weitere Möbelhäuser in F., B. D., R., B., H.-E., G. und F. existierten. Im Möbelhaus in R. seien Ende Dezember 1999 insgesamt 208 Mitarbeiter beschäftigt gewesen, davon 49 in Teilzeit und 12 Auszubildende, in den drei Filialen S., K. und R. insgesamt 290, in den übrigen Filialen insgesamt 229 Mitarbeiter. Seitens des Unternehmens seien weder regelmäßig noch in unregelmäßigen Abständen sogenannte Familiensonntage für die Mitarbeiter organisiert worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben inhaltlich Bezug genommen.

Die vormalige Berichterstatterin hat in nichtöffentlicher Sitzung vom 18. März 2005 den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert und den Kläger zu der Veranstaltung befragt. Dieser hat ausgeführt, er habe bereits im Vorfeld gewusst, dass aus der Filiale R. ca. 40 Mitarbeiter am Familiensonntag teilnehmen würden, aus K. und S. etwa 50 Personen. Diese seien mit einem Bus angereist. Die Teilnehmerzahl habe er aus Gesprächen mit den Geschäftsführern gewusst, als es um die Besorgung von Getränken und Essen für die Teilnehmer gegangen sei. R. habe eine Mannschaft gestellt, die beiden übrigen Filialen eine gemeinsame Mannschaft. Es habe nur ein Entscheidungsspiel gegeben, das gegen 14 Uhr angefangen habe. Die gesamte Verpflegung sei von der B. Möbel GmbH & Co. KG bezahlt worden, die Rechnungen seien direkt an die Firmenleitung gegangen. Seitens der Firmenleitung sei keine Ansprache bei der Veranstaltung erfolgt, lediglich er und ein Kollege hätten zu den Teilnehmern gesprochen. Der Pokal sei von der Firmenleitung finanziert worden und stehe seines Wissens noch immer in der Filiale in R ... Er selbst sei im Jahr 2000 aus dem Unternehmen ausgeschieden.

Der Kläger beantragt, sinngemäß gefasst,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18.10.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 27.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.3.2001 aufzuheben und festzustellen, dass der bei ihm bestehende Zustand nach Tibiaquerfraktur rechts Folge des Arbeitsunfalls vom 27. Juni 1999 ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist unter Berücksichtigung der Entscheidung des BSG auf ihr bisheriges Vorbringen und auf die für überzeugend erachteten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten aller Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Die nach Zurückverweisung durch das BSG wieder anhängige Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Beim Ereignis vom 27. Juni 1999 hat es sich um einen versicherten Arbeitsunfall gehandelt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird bezüglich der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze sowie im Hinblick auf die bisherige Beweiswürdigung auf die Entscheidungsgründe des Urteils des LSG vom 24. Oktober 2002 verwiesen.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen im zurückverweisenden Urteil des BSG sowie der Ergebnisse der weiteren Sachverhaltsaufklärung im Berufungsverfahren ist ergänzend auszuführen:

Der Senat hat keine Zweifel daran, dass es sich bei der Veranstaltung am 27. Juni 1999 um eine von der Autorität der Unternehmensleitung getragene Gemeinschaftsveranstaltung der Filialen R., S. und K. gehandelt hat.

Soweit fehlende Feststellungen zur Frage gerügt worden sind, ob es sich um eine Gemeinschaftsveranstaltung lediglich der Filiale R. oder der Filialen R., S. und K. handelte, ist zur Überzeugung des Senats bereits aus dem Organisationsrahmen und dem Sinn der Veranstaltung von einer Gemeinschaftsveranstaltung aller drei Filialen auszugehen.

Dafür spricht zum einen, dass die organisatorische Vorbereitung alle drei Filialen gemeinsam umfasste. So wurde Essen und Getränke für alle Mitarbeiter organisiert, die Veranstaltung auch in den anderen Filialen bekannt gemacht. Vor allem diente sie gerade der Verbesserung des Kontakts und damit auch der beruflichen Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern der einzelnen Filialen, die sich bis dahin im wesentlichen nur von telefonischen Kontakten bekannt waren. Der Sinn der Veranstaltung war damit ohne die Integration der Filialen S. und K. nicht erreichbar. Sie gewann damit erst ihren Charakter als Gemeinschaftsveranstaltung über den engen Radius der eigenen Filiale hinaus. Dass der Kläger dabei, zusammen mit zwei anderen Mitarbeitern der Filiale R., die wesentliche Organisationsarbeit leistete, spricht nicht gegen eine Gemeinschaftsveranstaltung aller drei Filialen. Die Zentrierung der Organisationsaufgaben in R. war vielmehr durch den Veranstaltungsort sowie den Umstand bedingt, dass vom Kläger und seinen Kollegen die Initiative zu diesem Vorhaben ausging und sie daher auch als zentrale Ansprechpartner fungierten. Letztlich waren nach den glaubhaften Angaben des Klägers aber auch die Leiter der anderen Filialen im Vorfeld in die Organisation eingebunden, da sie durch die Aushänge am Schwarzen Brett in ihren jeweiligen Filialen über Name und Anzahl der teilnehmenden Mitarbeiter informiert waren und diese Information auch an den Kläger weitergaben.

Zur Überzeugung des Senats war diese Veranstaltung auch vom Leiter der Filiale R. gebilligt und gefördert worden sowie von seiner Autorität getragen. Es handelte sich beim Beitrag der Unternehmensleitung nicht nur um die finanzielle Unterstützung einer Freizeitveranstaltung für den fußballinteressierten Teil der Beschäftigten.

Angesprochen von dieser Veranstaltung waren zunächst alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der drei Filialen. Nach den überzeugenden Angaben des Klägers, denen auch von dem in erster Instanz als Zeugen gehörten Geschäftsführer B. nicht widersprochen werden konnte, wandte sich der Aushang am Schwarzen Brett an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der jeweiligen Filiale. Es fand weder ausdrücklich noch durch die Gestaltung der Veranstaltung eine Beschränkung des Teilnehmerkreises statt.

Daran vermag der Senat auch nicht unter Berücksichtigung des Umstands zu zweifeln, dass nur eine begrenzte Mitarbeiterzahl an diesem Familiensonntag teilnahm. Es ist auch - anderen - betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, beispielsweise Weihnachtsfeiern, Betriebsfesten oder Betriebsausflügen eigen, dass nicht alle Mitarbeiter durch die Aufforderung zur Teilnahme erreicht werden können, sei es aus Zeitmangel, aus subjektiv fehlender Attraktivität des Angebots oder aus sonstigen Gründen. Da es Veranstaltungen, die an eine große Zahl von Mitarbeitern gerichtet sind, nahezu wesenseigen ist, nicht alle - vielfältigen - Interessen der Mitarbeiter gleichermaßen ansprechen zu können, kann daraus nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angesprochen werden sollten.

Gerade im vorliegenden Fall erscheint dem Senat vielmehr deutlich, dass nicht nur der fußballinteressierte Teil der Mitarbeiter als begrenzter Teilnehmerkreis von den Organisatoren avisiert war. Dafür spricht bereits der zeitliche Rahmen der Veranstaltung, die von 12 Uhr bis 20 Uhr gehen sollte, während das - einzige - Fußballspiel lediglich die Zeit von 14 Uhr bis etwa 16 Uhr beanspruchte. Dagegen spricht auch die Zahl der Teilnehmer. Es ist nicht zu erwarten, dass ansonsten rund 50 Personen aus den Filialen S. und K. mit dem Bus angereist wären - selbst unterstellt, es hat sich dabei nicht nur um Mitarbeiter, sondern auch um Familienangehörige gehandelt - wenn man die Fußball-Mannschaftsstärke von 11 Personen berücksichtigt; die Anreise der Spieler, ggf. auch im eigenen Pkw, hätte dann wohl genügt. Gegen die Annahme eines nur begrenzten Adressatenkreises spricht des weiteren, dass in den betroffenen Filialen nach Angaben aller Beteiligten kein regelmäßiger Betriebssport, sei es in einer Mannschaft oder im offenen Verbund, durchgeführt wird. Es war dem Kläger und seinen Mitorganisatoren somit gar nicht möglich, einen nur begrenzten - sportinteressierten - Teil der Kolleginnen und Kollegen anzusprechen oder ihr Ansinnen auf diesen Teil der Mitarbeiter zu begrenzen. Zudem erschiene in diesem Fall die Einbeziehung auch der Familien der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht unbedingt nachvollziehbar, deren Anwesenheit bei einer rein sportlichen Veranstaltung, die sich auf den Wettstreit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschiedlicher Filialen begrenzt und allein dem sportlichen oder persönlichen Interesse der Betroffenen gedient hätte, weder erforderlich noch intendiert gewesen wäre. Es ist daher davon auszugehen, dass der sportliche Wettstreit nur einen - wenn auch wesentlichen - Programmpunkt und nicht das ausschließliche Ziel der Veranstaltung gebildet hat und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Filialen eingebunden werden sollten.

Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass das Unternehmen die Veranstaltung lediglich finanziell unterstützen wollte. Dagegen spricht zum einen, dass sich die finanzielle Unterstützung des Unternehmens nicht nur auf die Übernahme der Kosten für das Essen und die Getränke sowie die Nutzung des Sportplatzes beschränkte. Wesentlicher und dem Einfluss- und Verantwortungsbereich der Unternehmensleitung zuordenbar erscheint dem Senat vielmehr der Umstand, dass die Veranstaltung vom Kläger und seinen Kollegen während der üblichen Arbeitszeit organisiert und mit unternehmenseigenen Mitteln vorbereitet wurde und Arbeitszeit und Arbeitskraft der Mitarbeiter gebunden hat. Die Plakate für die Veranstaltung wurden beispielsweise von der Werbeabteilung des Unternehmens entworfen und gefertigt, Telefonate mit den Geschäftsführern anderer Filialen fanden während der Arbeitszeit statt. Im räumlichen Verantwortungsbereich des Unternehmens konnte am Schwarzen Brett für die Veranstaltung geworben und diese bekannt gemacht werden. Angesichts dessen erscheint die finanzielle Unterstützung des Vorhabens durch die Unternehmensleitung allenfalls flankierend, jedenfalls nicht als das entscheidende Unterstützungs- und Billigungsmoment. Auch wenn der Zeuge B. angegeben hat, sich nicht an einen Aushang erinnern zu können und die Frage des Klägers, ob er etwas gegen eine solche Veranstaltung habe, diese nur verneint zu haben, spricht die Inanspruchnahme von Betriebsressourcen über die finanzielle Unterstützung hinaus entscheidend dafür, dass diese Veranstaltung von der Autorität der Filialleitung getragen war. Dass neben unternehmensbezogenen Aushängen am Schwarzen Brett der Filiale - auch - private Anzeigen ausgehängt werden konnten, rechtfertigt keine andere Beurteilung, zumal die Gestaltung der Plakate nicht den Anschein einer privaten Veranstaltung erwecken konnte.

Bei der Beurteilung ist nicht nur auf das Verhalten der Filialleitung in R., sondern auch auf die in den Häusern S. und K. abzustellen. Diese haben es, genau so wie die Filialleitung in R., ausdrücklich oder konkludent gestattet, dass die Veranstaltung in ihren Häusern beworben wurde, haben mit dem Kläger organisatorische Absprachen getroffen und waren in die Vorbereitung im Übrigen wenigstens informativ eingebunden. Die Aussage des Zeugen B., er hätte die Veranstaltung als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung nicht gebilligt, erscheint daher jedenfalls vordergründig von der Motivation getragen, die - finanzielle - Verantwortung für das Geschehen in Bezug auf den klägerischen Unfall nicht übernehmen zu wollen. Für den Senat ist schwer nachvollziehbar, dass ein Unternehmer die - aufwändige - Vorbereitung einer Veranstaltung mit betrieblichen Ressourcen gestattet, den betrieblichen Bezug der Veranstaltung dann aber von sich weist. Seiner - nachträglichen - Interpretation der Veranstaltung als privater Freizeitveranstaltung ist unter diesem Gesichtspunkt jedenfalls kein höherer Stellenwert beizumessen als derjenigen des Klägers, eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung organisiert zu haben.

Gegen eine rein finanzielle Unterstützung spricht des weiteren, dass der Zeuge B. bei der Veranstaltung selbst zugegen war und zwar nicht, um sportlich tätig zu werden, sondern um mit dem Leiter der Filiale S. in einen Erfahrungsaustausch zu treten, wie zwischen beiden auch im Vorfeld abgesprochen war. Bei einer "rein privaten Veranstaltung einiger Mitarbeiter" wäre weder zu erwarten gewesen, dass der Geschäftsführer persönlich an der Veranstaltung teilnimmt, noch dass er mit seinem Kollegen die Gelegenheit zu einem gezielten fachlichen Austausch nutzt. Es ist daher auszuschließen, dass es sich um eine Zusammenkunft handelte, die nur der Pflege der Verbundenheit der Beschäftigten eines Unternehmens untereinander diente (BSG SozR Nr. 25 und 66 zu § 542 Reichsversicherungsordnung [RVO] a.F.). Vielmehr macht die Teilnahme beider Filialleiter deutlich, dass die betriebliche Zielsetzung der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten erreicht werden konnte.

Dass der Zeuge B. keine Ansprache bei der Veranstaltung gehalten hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es erscheint dem Senat auch aus damaliger Sicht gleichermaßen geboten, dem Kläger und seinem Mitorganisator den "Vortritt" bei der offiziellen Begrüßung zu lassen.

Dass die fragliche Veranstaltung an einem Sonntag stattfand, rechtfertigt ebenfalls nicht deren Bewertung als rein private Freizeitveranstaltung (vgl. BSGE 7, 249, 253), zumal die Öffnungszeiten im Einzelhandel eine Verlagerung auf einen Wochentag nicht ermöglicht hätten, ohne dass beispielsweise Filialen hätten geschlossen werden müssen oder nur eingeschränkt hätten öffnen können.

Der Versicherungsschutz des Klägers kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Teilnehmerzahl reiche nicht aus, um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung annehmen zu können. Das BSG hat eine Teilnahme von drei bis fünfzehn Personen, am Unfalltag drei Personen, von 150 Betriebsangehörigen als eindeutiges Missverhältnis bezeichnet (BSG SozR Nr. 25 zu § 542 RVO a.F.), bei einer Beteiligungsquote von 26,5 bzw. 40 v.H. hatte es keine Bedenken, eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zu bejahen (BSGE 7, 249, 252 f bzw. SozR Nr. 24 zu § 548 RVO). Eine feste Mindestbeteiligungsquote ist keiner dieser Entscheidungen zu entnehmen. Eine solche feste Grenze oder Relation ist angesichts der Verschiedenartigkeit der von der gesetzlichen Unfallversicherung umfassten Unternehmen aufgrund ihrer Größe und Struktur auch nicht angebracht. Entscheidend sind immer die konkreten Verhältnisse im Einzelfall im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung (BSG vom 09.12.2003 - B 2 U 52/02 R).

In den drei Filialen R., S. und K. waren Ende 1999 insgesamt 290 Mitarbeiter beschäftigt, davon in der Filiale R. 208 einschließlich Teilzeitkräften und Auszubildenden. Es lässt sich jedoch heute nicht mehr feststellen, wie viele der insgesamt 80 - 90 Teilnehmer am Familiensonntag Betriebsangehörige waren und wie viele Familienangehörige. Der Senat lässt offen, wie viele Betriebsangehörige der Filialen R., S. und K. teilnehmen mussten, um nach objektiven Gesichtspunkten eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung bejahen zu können. Denn wenn eine relevante Beteiligungsquote nicht vorgelegen haben sollte, wäre der Versicherungsschutz aus Gründen des Vertrauensschutzes gegeben.

Wären aus S. bzw. K. weniger Mitarbeiter als Familienangehörige angereist, hätte der Kläger dies erst unmittelbar bei deren Ankunft erfahren. Ihm war vorher nur die Zahl der Teilnehmenden bekannt. Er hatte somit keine Möglichkeit mehr, die Veranstaltung abzusagen oder anders zu gestalten.

Zusammenfassend ist daher von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung auszugehen, die Unfallversicherungsschutz für den Kläger begründete.

Auf die Berufung des Klägers war daher das angefochtene Urteil aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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